LG Essen, Urteil vom 20.12.2012 - 10 S 319/12
Fundstelle
openJur 2016, 4134
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.07.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dorsten (21 C 234/11) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

I.

Die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte und gemäß §§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Soweit mit der Berufung weiterhin die funktionelle und sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gerügt wird, kann die Berufung darauf nicht gestützt werden, auch wenn das Amtsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hätte (§ 513 Abs. 2 ZPO).

Allerdings ist die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung zugleich eine Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Unterlassungsklage und damit deren Zulässigkeit (BGH MDR 2012, 985 f. Rdz. 47; OLG Hamm ZUM-RD 2010, 135 ff.).

Von einem Rechtsmissbrauch, der nicht nur im Rahmen des § 8 Abs. 4 UWG, sondern auch im Rahmen von § 242 BGB zu berücksichtigen ist (OLG Hamm ZUM-RD 2010, 135 ff.), ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs beispielsweise das Gebühren erzielungsinteresse ist. Dabei dient die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs vorwiegend dazu, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen über Kosten der Rechtsverfolgung oder Zahlung von Vertragsstrafen entstehen zu lassen. Von einem solchen Gebührenerzielungsinteresse ist auszugehen, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalles aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers deutlich machen, dass der Gläubiger kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung in einem ganz bestimmten Umfang haben kann und deshalb allein oder ganz überwiegend nur ein Gebühreninteresse verfolgt haben muss (OLG Hamm GRUR-RR 2011, 196 ff. Rdz. 44; bestätigt durch BGH MDR 2012, 985 f.). Die Annahme eines derartigen Missbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße abzustellen. Zu berücksichtigen sind aber auch die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß (BGH a.a.O. Rdz. 15).

Aus der Nichtverfolgung des angeblichen Verstoßes aus dem Jahre 2002 vermag die Beklagte nichts für sie Positives herleiten. Im Gegenteil belegt dieser Umstand gerade, dass es der Klägerin nicht darum geht, Forderungen auf Kostenerstattung und Vertragsstrafen zu generieren.

Auch die "Doppelmahnung" im vorliegenden Fall stellt in diesem Fall kein Indiz für ein Gebührenerzielungsinteresse dar. Denn zunächst hatte die Klägerin selbst den Versuch unternommen, der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihren wiederholten Verstoß abzustellen und die Wiederholungsgefahr damit auszuräumen. Auch wenn sie in ihrem ersten Abmahnschreiben angekündigt hatte, vor Klageerhebung keinen weiteren Schriftverkehr mehr zu führen, ist das anwaltliche Mahnschreiben der letzte Versuch nach der abweisenden Reaktion der Beklagten auf das Parteiabmahnschreiben, doch noch zu einer gütlichen Einigung zu kommen.

Dass sich die Klägerin in ihrem Abmahnschreiben und auch mit der Klage eines Aufwandsersatzes von 83,00 € berühmt hat, während das anwaltliche Abmahnschreiben einen solchen von 50,00 € gefordert haben soll, spricht schon gar nicht für ein Gebührenerzielungsinteresse.

Dass die Klägerin durch ihren Anwalt vorprozessual Gebühren nach einem höheren Gegenstandswert als bei der Klage hat abrechnen lassen, könnte zwar im Zusammenhang mit der geforderten Vertragsstrafe von 5.001,00 € ein Indiz für ein Gebühreninteresse, aber wohl nur des Anwalts und nicht der Klägerin, die davon nichts hat, sein. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau kann das aber nicht das maßgebliche Interesse an einer Forderungsgenerierung begründen.

Letztlich überzeugt auch die gleiche Fristsetzung für Unterlassungserklärung und Zahlung des Schadensersatzes nicht.

Im übrigen ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, der Anspruch auf Androhung eines Ordnungsgeldes aus § 890 Abs. 2 ZPO und der Schadensersatzanspruch (83,00 €) aus §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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