AG Köln, Urteil vom 31.10.2001 - 261 C 590/00
Fundstelle
openJur 2011, 15993
  • Rkr:
Tenor

1 Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den restlichen Sachverständigenkosten der Firma xxx gemäß der Rechnung der vorgenannten Firma vom 27.06.2000 betreffend das Gutachten xxx in Höhe von 675,09 DM durch Zahlung dieses Betrages an die vorgenannte Firma freizustellen

2 Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 200,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25. Januar 2001 zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 31%, die Beklagte 69%

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet, im übrigen unbegründet.

Die Klägerin kann aufgrund des Verkehrsunfalls vom 15.06.2000 in Köln von der Beklagten als Haftpflichtversicherer der Unfallgegnerin, die den Unfall allein schuldhaft verursacht hat, sowohl verlangen, von der restlichen Forderung des von ihr vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen freigestellt zu werden, als auch ein restliches Schmerzensgeld in der zuerkannten Höhe beanspruchen, § 3 PflVG.

Unstreitig ist die Beklagte der Klägerin aus dem vorgenannten Verkehrsunfall dem Grunde nach zum Schadensersatz in voller Höhe verpflichtet

Zu dem der Klägerin zu ersetzenden Schaden gehören auch diejenigen Kosten, die durch die von ihr vorgerichtlich vorgenommene Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstattung eines Schadengutachtens verursacht worden sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in dem hier zu entscheidenden Haftpflichtprozeß nicht abschließend, sondern lediglich summarisch zu prüfen, ob das Honorar den Leistungen des Sachverständigen angemessen ist. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten. Als notwendig sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.

Wenn er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Rechtsgedanken des § 254 Absatz 2 Satz BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dieses Gebot verlangt jedoch von dem Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers oder der hinter ihm stehenden Versicherung zu sparen oder sich in jedem Falle so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte, und dabei sogenannte überobligationsmäßige Anstrengungen zu unternehmen. Bei allem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsaufwandes bedarf es doch einer Subjekt bezogenen Schadensbetrachtung, einer Rücksichtnahme auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Hier ist zunächst festzuhalten, daß die geschädigte Klägerin nach dem Eintritt des von ihr erlittenen Verkehrsunfalls auf eine schnelle sachverständige Hilfe zum Zwecke der Feststellung des Fahrzeugschadens angewiesen war. Daß sie insoweit die xxx und mithin den Sachverständigen xxx hinzugezogen hat, ist an sich zweifelsfrei nicht zu beanstanden. Als ein sogenanntes Auswahlverschulden kann der Klägerin auch nicht angelastet werden, daß sie es unterlassen habe, sich vor der Auftragserteilung danach zu erkundigen, ob ein verläßliches Schadensgutachten durch einen konkurrierenden Sachverständigen gegen ein niedrigeres Honorar erstattet wird. Eine derartige Marktforschung ist der geschädigten Klägerin zumindest dann nicht zumutbar, wenn sie - wie hier - einen allgemein anerkannten Sachverständigen auswählt. Der Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie die geschädigte Klägerin verpflichtet will, die ihr von dem Sachverständigen erteilte Rechnung abschließend daraufhin zu überprüfen, ob das geforderte Honorar angemessen ist oder nicht. Zumutbar ist vielmehr lediglich eine summarische Untersuchung dahingehend, ob der Sachverständige den Rahmen des angemessenen ohne jeden Zweifel überschritten hat. Nur dann, wenn dies für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar ist, kann ihm die Erstattung der in Rechnung gestellten Sachverständigenvergütung versagt werden. Dies wird allerdings mangels Taxe und im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Ermittlung des üblichen nur in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sein. Dem gemäß scheidet eine Kürzung auch im Streitfall aus. Insbesondere ist das Zeugen- und Sachverständigenentschädigungsgesetz offenkundig für den Streitfall nicht anwendbar, weil der Sachverständige nicht im Auftrage eines Gerichts tätig geworden ist sondern aufgrund eines Auftrags, den die Klägerin vorgerichtlich erteilt hatte. Eine Heranziehung dieses Gesetzes für die Feststellung der Höhe des Sachverständigenhonorars scheidet mithin aus. Ebensowenig kann sich die Beklagte mit Erfolg darauf berufen, das Gutachten des Sachverständigen habe sich lediglich auf die Feststellung des Wiederbeschaffungswertes und des Restwertes beschränken müssen. Es ist weder ersichtlich noch dargetan, wie der Sachverständige, ohne im einzelnen die Schäden an dem Fahrzeug der Klägerin geprüft zu haben, das heißt ohne die voraussichtlichen Reparaturkosten ermittelt zu haben, den Wiederbeschaffungswert sowie auch den Restwert hätte ermitteln sollen. Abgesehen davon ist für den Fall eines Rechtsstreits die Ermittlung der voraussichtlichen Reparaturkosten ohnehin auch dann erforderlich, wenn ein Totalschaden eingetreten ist, weil das Gericht nur dann in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob tatsächlich ein Totalschaden vorliegt oder nicht. Schließlich hat die Klägerin auch nicht dadurch, daß sie das Sachverständigenhonorar in voller Höhe gezahlt hat, gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Sie hat die Zahlung nämlich unter Vorbehalt geleistet, das heißt eine Erfüllung des Anspruchs des Sachverständigen trat dadurch nicht ein. Auf die "Weisung" der Beklagten, keine Zahlungen an den Sachverständigen zu leisten, kommt es hiernach nicht an. Abgesehen davon nahm und nimmt die Beklagte ja nicht die Interessen der Klägerin wahr sondern ihre eigenen sowie diejenigen ihrer Versicherungsnehmer. Sie teilte mithin der Klägerin lediglich die von ihr vertretene Rechtsauffassung mit, soweit das überhaupt konkret geschah, mehr nicht

Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich, daß die Klägerin nicht Zahlung der Sachverständigenkosten an sich selbst verlangen kann, weshalb sie "nur" verlangen kann, von dem Anspruch des Sachverständigen durch die Beklagte freigestellt zu werden. Die Freistellung kann nach ihrem Sinn und Zweck nur dadurch erfolgen, daß die Beklagte die Sachverständigenkosten an den Sachverständigen leistet. Hätte die Klägerin die Zahlung an den Sachverständigen nicht unter Vorbehalt geleistet oder sie für vorbehaltsfrei erklärt, so hätte die Beklagte den entsprechenden Betrag an die Klägerin leisten müssen. Dann aber ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Freistellung nur in eingeschränkter Form gerechtfertigt sein sollte. Daß die restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 675,09 DM bislang offenstehen, ist letztlich unstreitig.

Weiterhin kann die Klägerin ein restliches Schmerzensgeld von der Beklagten beanspruchen, jedoch nur in der zuerkannten Höhe.

Daß sie durch den Unfall verletzt worden ist, ist unstreitig. Die Verletzungen können allerdings glücklicherweise nicht allzu schwerwiegend gewesen sein, weil sie "nur" bis zum 28.06.2000 arbeitsunfähig war. Unter Berücksichtigung der Beschwerden der Klägerin, die nicht verniedlicht werden sollen, erscheint ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM angebracht. Da die Beklagte hierauf vorgerichtlich bereits 800,00 DM gezahlt hat, verbleibt ein Rest in Höhe von 200,00 DM, den die Klägerin noch beanspruchen kann.

Der insoweit geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß § 284 ff. BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert: 1.275,09 DM

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