LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.09.2015 - L 8 R 405/14
Fundstelle
openJur 2016, 3361
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Rentenanpassung zum 1.7.2013.

Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezieht seit dem 1.4.2006 von der Beklagten eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Mit der Rentenanpassungsmitteilung zum 1.7.2013 teilte die Beklagte dem Kläger im Juli 2013 mit, dass der aktuelle Rentenwert für die Zeit ab dem 1.7.2013 um 0,25 % von 28,07 Euro auf 28,14 Euro steigt.

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 21.7.2013, bei der Beklagten eingegangen am 23.7.2013, Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass die Anpassung der Rente um nur 0,25 % gegen den Gleichheitssatz gem. Art. 3 Grundgesetz (GG) und die allgemeinen Menschenrechte verstoße, weil pensionierte Beamte im Jahr 2013 eine erheblich höhere Erhöhung ihrer Altersbezüge erhalten würden. Seine Rente sei rückwirkend um 8,75 % anzuheben.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 1.10.2013 zurück. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts entspreche dem geltenden Recht.

Am 30.10.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Zur Begründung trug er vor, die Anpassung seiner Rente um lediglich 0,25 % verstoße gegen die Art. 3, 14 GG in Verbindung mit Art. 19, 20 GG. Darüber hinaus würden Art. 17 und 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt. Nach Angaben des statistischen Bundesamts hätten sich die Einkommen in der Privatwirtschaft seit 1998 um etwa 31 %, die Verbraucherpreise um etwa 19 %, die Renten jedoch nur um etwa 11,6 % erhöht. Insoweit bestünde ein "Nachholfaktor" bezüglich der Rentner.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, seine Rente rückwirkend zum 1.7.2013 um 8,75 % anzuheben,

sowie der Beklagten aufzugeben, versicherungsfremde Leistungen für die Jahre 2009 bis 2012 nachvollziehbar auszuweisen, und gegebenenfalls zu prüfen, ob in der Tatsache, dass die Rentenversicherung als Treuhänder der Beitragszahler, vom Gesetzgeber nicht die volle Finanzierung der versicherungsfremden Leistung einfordere, ein Verstoß gegen § 266 Strafgesetzbuch (Untreue) vorliegt,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorzulegen, ob durch die Anpassung der Renten nur um 0,99 % rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden und damit Verstöße u.a. gegen Art. 3 (Gleichheitssatz), Art. 14 (Eigentumsschutz), Art. 19 Abs. 1, 2 und Art. 20 GG (Grundsatz von Treu und Glauben, Prinzip des sozialen Rechtsstaates) vorliegen,

oder das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Frage vorzulegen, ob das deutsche Rentenrecht gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt, insbesondere gegen die Art. 17 und 20,

hilfsweise, im Hinblick auf die beim BVerfG (Az. 1 BvR 3148/10) und beim EGMR (Az. 62071/10) anhängigen Beschwerden zum Thema zu geringe Rentenanpassung das Verfahren bis zu den Entscheidungen in diesen Verfahren ruhen zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des SG ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Mit Urteil vom 10.4.2014 hat das SG Köln ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 15.4.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.5.2014 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass Rentner/innen bei der Anpassung der Bezüge gegenüber Pensionären seit Jahren eklatant benachteiligt würden. Dies gelte insbesondere für das Jahr 2013: 5,6 % Erhöhung für Pensionäre teilweise rückwirkend ab 1.1.2013, Rest 1.1.2014 - Rentner 0,25 % ab 1.7.2013 und ab 1.7.2014 eine Erhöhung von 1,67 %. Das besondere Dienst- und Treueverhältnis zwischen Dienstherr und Beamten rechtfertige nicht die Besserstellung der Pensionäre. Auch die Arbeitnehmer hätten ihren Arbeitgebern treu gedient und jeden Monat im Gegensatz zu den gut versorgten Beamten ihren Beitrag für die Rente geleistet und das in den meisten Fällen 45 Jahre und mehr. Zudem gingen die Beamten nach einer gewissen Arbeitszeit mit 71,25 % von ihrem letzten, naturgemäß höchsten Gehalt in Pension, während an dem Rentner 51 % des Durchschnittsverdienstes seines gesamten Arbeitslebens gewähre.

Er bestehe darauf, dass seine Klage solange ruhe, bis die Verfahren beim BVerfG (Az. 1 BvR 3148/10) und beim EGMR (Az. 62071/10) abgeschlossen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.4.2014 zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 1.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.10.2013 zu verurteilen, seine Altersrente zum 1.7.2013 um 8,75 % anzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie stimmt dem Ruhen des Verfahrens nicht zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Rentenanpassung zum 1.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.10.2013 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger damit nicht in seinen Rechten gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn er hat keinen Anspruch auf eine höhere Rentenanpassung zum 1.7.2013. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen bestehen nicht (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6.8.2014, L 2 R 306/14, zitiert nach juris).

1. Nach § 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) hat die Bundesregierung den jeweils ab dem 1. Juli eines Jahres maßgeblichen aktuellen Rentenwert durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Entsprechend dieser Verpflichtung hat die Bundesregierung mit der Verordnung vom 12.6.2013 zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1.7.2013 (BGBl. I, 1573) den ab 1.7.2013 auch für den Kläger maßgeblichen aktuellen Rentenwert (West) auf 28,14 EUR festgesetzt. Die Beklagte hat in korrekter Umsetzung dieser Regelung die Rente des Klägers erhöht.

2. Die Festsetzung des aktuellen Rentenwertes (West) auf 28,14 EUR zum 1.7.2013 in der genannten Verordnung entspricht den gesetzlichen Vorgaben gem. §§ 63 Abs. 7, 65, 68, 68a, 69, 255e SGB VI. Ein Verstoß gegen diese gesetzlichen Bestimmungen ist vom Kläger nicht vorgetragen worden und für den Senat auch nicht ersichtlich.

Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts hat die Bundesregierung insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt (vergleiche Verordnungsentwurf der Bundesregierung betreffend die Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2013 [Rentenwertbestimmungsverordnung 2013 - RWBestV2013]; abrufbar u.a. unter www.bmas.de):

- die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen) nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in den alten Ländern im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2011 um 1,50 Prozent, wobei die Entwicklung der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung (Verhältnis der Veränderung der beitragspflichtigen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld zu der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen vom Jahr 2010 zum Jahr 2011) berücksichtigt wird,

- die Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung des Jahres 2012 (19,6 Prozent) gegenüber dem Jahr 2011 (19,9 Prozent) um minus 0,3 Prozentpunkte sowie die Veränderung bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge (Altersvorsorgeanteil) des Jahres 2012 gegenüber 2011 um plus 0,5 Prozentpunkte, die zusammen im Ergebnis einen Faktor von 0,9974 ergeben,

und

- den Nachhaltigkeitsfaktor 0,9928.

Auf dieser Basis würde sich der bis zum 30.6.2013 maßgebende aktuelle Rentenwert ab dem 1.7.2013 von 28,07 Euro auf 28,21 Euro erhöhen. Dies entspricht einem Anpassungssatz von 0,50 Prozent bzw. einem Anpassungsfaktor von 1,0050.

Auch im Jahr 2013 ist der seit der Rentenanpassung des Jahres 2005 aufgrund nicht realisierter Dämpfungseffekte der Rentenanpassungsformel entstandene Ausgleichsbedarf abzubauen. Der Abbau erfolgt, indem der bisherige aktuelle Rentenwert nur mit dem hälftigen Anpassungsfaktor von 1,0025 anzuheben ist. Der bis zum 30.6.2013 maßgebende aktuelle Rentenwert erhöht sich daher ab dem 1.7.2013 von 28,07 Euro auf 28,14 Euro. Dies entspricht einem Anpassungssatz von 0,25 Prozent. Rechtsfehler bei dieser Ermittlung werden weder konkret vom Kläger aufgezeigt, noch sind solche anderweitig erkennbar.

3. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass die genannten einfachgesetzlichen Bestimmungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, sodass das Verfahren nicht gem. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen war.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2014 (1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10, zitiert nach juris) klargestellt, dass das - auf der Einführung des Altersvorsorgeanteils durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I S. 403) und die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791, 1798) beruhende - Ausbleiben der Rentenanpassung zum 1.7.2005 mit der Verfassung im Einklang steht.

a) Nach den Ausführungen des BVerfG (aaO), denen sich der Senat nach eigener Prüfung voll inhaltlich anschließt und die auch auf die hier streitige Rentenanpassung zum 1.7.2013 übertragbar sind, verstößt die Rentenanpassung zum 1.7.2013 insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

Dabei mag letztlich offen bleiben, ob die regelmäßige Anpassung von Renten überhaupt unter den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fällt (vgl. BVerfG, aaO). Denn die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes im Rentenversicherungsrecht ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 53, 257 (292); 58, 81 (109); 117, 272 (293)). Insofern muss dem Gesetzgeber - so u.a. das BVerfG bereits in dem Nichtannahmebeschluss vom 26.7.2007 (1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07, zitiert nach juris) - bei der eigentumsrechtlichen Prüfung auf die Höhe von Rentenleistungen bezogener gesetzlicher Regelungen eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Zugleich hat das BVerfG ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Systematik der regelmäßigen Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden ist. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung begründen die langfristigen Beitragsverpflichtungen, die erst zu einem sehr viel später liegenden Zeitpunkt zu Leistungen führen, ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen, zu denen auch die Vorschriften über die regelmäßige Rentenanpassung gehören. Zudem folgt aus dem in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich angeordneten, die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berührenden Versicherungszwang mit einem erheblichen Beitragssatzniveau die Pflicht des Gesetzgebers, für die erbrachten Beitragsleistungen im Versicherungsfall adäquate Versicherungsleistungen zu erbringen. Schließlich dürfen die Regelungen über die Rentenanpassung nicht zu einer substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge führen, dass diese im Ergebnis leer laufen (vgl. BVerfG, aaO).

Auch wenn die jährliche Rentenanpassung unter den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallen könnte, liegt unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen des BVerfG im Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2014 schon kein Eingriff in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts vor. Der Grundrechtsschutz bestünde - bei unterstelltem Eigentumsschutz - nur nach Maßgabe der jeweiligen Inhaltsbestimmungen des SGB VI. Der Gesetzgeber hat die Rentenanpassung 2013 nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Regelungen (§§ 63 Abs. 7, 65, 68, 68a, 255e SGB VI) vorgenommen, mit denen er den Inhalt und die Schranken des Renteneigentums ausgestaltet hat (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Bei der Überprüfung der inhaltsgestaltenden Vorschriften iSd Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist allein zu prüfen, ob der Gesetzgeber bei seinen rechtspolitischen Entscheidungen die ihm diesbezüglich von der Verfassung gesetzten Grenzen seines Bewertungsspielraums überschritten hat. Eine solche Grenzüberschreitung ist - wie in Bezug auf die Rentenanpassung zum 1.7.2013 auch schon das LSG Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 6.8.2014, L 2 R 306/14, aaO, festgestellt hat - nicht erfolgt. Die Festlegung des jeweiligen aktuellen Rentenwertes bzw. der hierzu maßgeblichen Berechnungsmodalitäten ist Ausdruck der dem Gesetzgeber durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zugewiesenen Bestimmung des Inhalts des Eigentums der Versicherten an ihren Rentenansprüchen und -anwartschaften. Diese stellt sich zunächst als eine rechtspolitische Entscheidung dar, bei der der Gesetzgeber vielfältige Faktoren zu berücksichtigen hat (LSG Niedersachsen-Bremen, aaO). Dabei muss er insbesondere langfristig die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung und des allgemeinen Staatshaushaltes gewährleisten und die Auswirkungen zusätzlicher Finanzmittel auf die allgemeine Wirtschafts- und Finanzentwicklung sowie die demographische Entwicklung abwägend berücksichtigen.

Die Rentenanpassung zum 1.7.2013 entspricht den vorgenannten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Denn die Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts zählen zu den Maßnahmen, mit denen der Gesetzgeber unter Wahrung des Grundsatzes der Generationengerechtigkeit die langfristige Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung sicherstellen wollte (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2014, 1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10, zitiert nach juris, auch zu Folgendem). Der Gesetzgeber durfte unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des Sozialrechts zukommenden Spielraums die Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts als geeignet, erforderlich und angemessen ansehen (vgl. BVerfG, aaO).

Vorstehende Ausführungen gelten im Hinblick auf den Altersvorsorgeanteil umso mehr, als dieser letztmals zum 1.7.2013 eine anpassungsmindernde Wirkung entfaltete, also zeitlich begrenzt war. Ab dem 1.7.2014 erfolgten die Rentenanpassungen dementsprechend ohne Minderung durch den Altersvorsorgeanteil. U.a. deswegen erfolgte in den alten Bundesländern die Rentenanpassung zum 1.7.2014 um 1,67 Prozent und damit deutlich höher als zum 1.7.2013.

Schließlich liegt auch kein Verfassungsverstoß in der Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs (§ 68a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3 SGB VI), mit der ab dem Jahr 2011 die in den letzten Jahren eigentlich gebotene, aufgrund der Schutzklausel der §§ 68a Abs. 1 Satz 1, 255 e Abs. 5 SGB VI jedoch unterbliebene Kürzung der Rente nachgeholt wird (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 26.6.2013, L 1 R 1046/12; Thüringer LSG, Urteil vom 16.12.2014, L 6 R 1919/12; jeweils zitiert nach juris). Diese Schutzklausel stellt sicher, dass sich der allgemeine Rentenwert nicht vermindert, wenn sich eine rechnerische Verminderung allein durch die Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB VI), des Nachhaltigkeitsfaktors (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, Abs. 4 SGB VI) oder des Altersvorsorgeanteils (§ 255e Abs. 2, 3 SGB VI) ergibt. Diesbezügliche nachteilige Veränderungen sollen also nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu einer Senkung der Bruttorenten führen bzw. bei einer negativen Lohnentwicklung nicht zu einer weiteren Verringerung (BT-Drs. 6/3794 S. 35). Gemäß § 68a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3 SGB VI ist die unterbliebene Minderungswirkung jedoch bei späteren Rentenerhöhungen im Wege einer Verrechnung auszugleichen. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn zu Gunsten der Rentner eine an sich gebotene Absenkung der Renten verhindert wird, die ausgefallene Minusanpassung im Interesse der Generationengerechtigkeit aber in der Folgezeit schrittweise durch die Verringerung einer ansonsten gebotenen höheren Rentenanpassung nachgeholt wird. Die gegenläufigen Interessen der Rentner und Beitragszahler werden nach dem Grundsatz der Generationengerechtigkeit schonend zum Ausgleich gebracht. Die maßgeblichen Regelungen sind damit zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels geeignet, erforderlich und angemessen.

b) Darüber hinaus ist ein durch Art. 2 GG geschütztes Grundrecht des Klägers vorliegend nicht verletzt. Soweit bereits der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG in Bezug auf die jährliche Rentenanpassung dem Grunde nach eröffnet ist, geht dessen Schutz demjenigen aus Art. 2 GG vor (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007, B 4 RA 48/05 R, m.w.N., zitiert nach juris). Soweit der Schutzbereich des Art. 14 GG dagegen nicht eröffnet ist, ist die Rentenanpassung 2013 am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG zu messen. Dieses Grundrecht ist jedoch nur in den Schranken der verfassungsrechtlichen Ordnung gewährleistet. Geschützt ist im vorliegenden Zusammenhang die durch das SGB VI-Rentenrecht eröffnete Freiheit im wirtschaftlichen Bereich, also die einfachgesetzlich eingeräumte Freiheit (BSG, aaO). Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG könnte nur bejaht werden, wenn das einfachgesetzliche Recht auf Altersrente ein Recht auf Zahlung einer jährlich höheren "dynamisch" ansteigenden Rente beinhalten würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall (BSG aaO); es besteht insoweit lediglich ein Recht auf jährliche Neufeststellung des aktuellen Rentenwerts, der - nach einfachgesetzlicher Regelung - zum Schutz der Rentenbezieher vor einer tatsächlichen Rentenabsenkung jedenfalls nicht geringer als im Vorjahr festgesetzt werden darf (§§ 68a Abs. 1 Satz 1, 255e Abs. 5 SGB VI). Auch soweit § 69 SGB VI die verbindliche Festlegung des Anpassungsfaktors und der sich daraus ergebenden Änderung des aktuellen Rentenwertes dem Verordnungsgeber überträgt, ist diese Delegation verfassungsgemäß und garantiert keinen kontinuierlichen, regelhaften Wertanstieg (BSG aaO). Dem jeweiligen Rentenrechtsinhaber kommt daher nur ein Recht gegen den Verordnungsgeber auf zutreffende Feststellung der Veränderung nach Maßgabe des Parlamentsgesetzes zu, nicht aber einen gegen den Deutschen Bundestag gerichteten Anspruch auf (bestimmte) Gesetzgebung oder deren Unterlassung (BSG aaO). Da die Bundesregierung die maßgeblichen Grundlagen zutreffend ermittelt und den sich hieraus ergebenden aktuellen Rentenwert zutreffend bestimmt hat, kommt dem Kläger insoweit auch kein darüber hinausgehender Anspruch zu. Damit ist Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt.

c) Ein Verstoß gegen ein schützenswertes Vertrauen auf die Kontinuität der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und damit gegen das Rechts- und das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Wie das BVerfG bereits zur Aussetzung der Rentenanpassung zum 1.7.2004 (vgl. Nichtannahmebeschluss vom 26.7.2007, 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07, zitiert nach juris) ausgeführt hat, ist der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Systematik der regelmäßigen Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung begründen langfristige Beitragsverpflichtungen, die erst zu einem sehr viel später liegenden Zeitpunkt zu Leistungen führen, ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen. Zudem folgt aus dem in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich angeordneten, die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berührenden Versicherungszwang mit einem erheblichen Beitragssatzniveau die Pflicht des Gesetzgebers, für die erbrachten Beitragsleistungen im Versicherungsfall adäquate Versicherungsleistungen zu erbringen. Schließlich dürfen die Regelungen über die Rentenanpassung nicht zu einer substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge führen, dass diese im Ergebnis leerlaufen (BVerfG, Beschluss vom 26.7.2007, 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07, zitiert nach juris). Mit der vorliegend angegriffenen Rentenanpassung ist diese Grenze offensichtlich nicht erreicht. Denn sie führt lediglich zu einer zeitlich begrenzten, eher geringen Entwertung der Rentenbeträge durch die zwischenzeitliche - moderate - Steigerung der Lebenshaltungskosten.

d) Der von dem Kläger geltend gemachte Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 GG (Verbot von Einzelfallgesetzen) und Art. 19 Abs. 2 GG (Wesensgehaltsgarantie) ist im vorliegenden Zusammenhang nicht verständlich. Diese Normen sind ersichtlich nicht tangiert.

e) Die Anpassung der Altersrente des Klägers zum 1.7.2013 verletzt ihn auch nicht in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Art entsprechend verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterscheide von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (st. Rspr , vgl. nur BSG, Urteil vom 20.12.2007, B 4 RA 9/05 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG, zitiert nach juris). Die von dem Kläger gerügte Verletzung des Gleichheitssatzes liegt nicht vor, denn nach den zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben ist es nicht geboten, die Anpassung der Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten und die Anpassung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise, insbesondere in derselben Höhe, vorzunehmen. Denn insoweit unterscheiden sich die Vergleichsgruppen der Normadressaten der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten und deren Rentner einerseits und der Beamten andererseits. Abgesehen von dem Ziel einer nach dem jeweiligen Systemzweck unterschiedlich zu beurteilenden angemessenen Sicherung eines Lebensstandards im Alter bestehen zwischen beiden Systemen Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie die unterschiedliche Ausgestaltung beider Bereiche rechtfertigen (BSG aaO). Die Beamtenversorgung beruht auf einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten und geht deshalb vom Prinzip der amtsangemessenen Alimentation aus; sie wird aus Steuern finanziert und vom Dienstherrn geleistet (BSG aaO). Verfassungsrechtlich ist sie in Art 33 Abs. 5 GG verankert. Systematisch grundlegend anders organisiert ist die gesetzliche Rentenversicherung als Zwangsversicherung, die von öffentlichrechtlichen Körperschaften durchgeführt wird (BSG aaO). Ansprüche werden durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter und im Bereich "versicherungsfremder" Aufgaben durch Steuern gedeckt und sind vom Gedanken des sozialen Ausgleichs geprägt (BSG aaO unter Hinweis auf BVerfG, 30.09.1987, 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 (304 f) sowie BVerfG, 18.02.1998, 1 BvR 1318/86 und 1 BvR 1484/86, BVerfGE 97, 271 ff, zitiert nach juris). Die an diese Systemunterschiede anknüpfenden Unterscheidungen im Leistungsrecht sind nicht willkürlich. Denn die Verschiedenartigkeit der Sicherungssysteme ist zunächst historisch bedingt, liegt aber auch schon der Struktur des Grundgesetzes zugrunde (vgl. Art. 33 Abs. 5 GG einerseits und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG andererseits, der schon in der ursprünglichen Fassung des GG vom 23.5.1949 die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für Angelegenheiten der Sozialversicherung - zu der nach damaligem Verständnis auch schon die gesetzliche Rentenversicherung gehörte - vorsah, so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2011, L 11 R 267/11 m.w.N., zitiert nach juris). Ob der Verfassungsgeber gehalten war bzw. gewesen wäre, diese Verschiedenartigkeit der Alterssicherungssysteme aufzulösen, bedarf keiner weiteren Betrachtung; dies obliegt dem Gestaltungsspielraum des Verfassungs- bzw. im einfachen Recht dem Gesetzgeber (LSG Baden-Württemberg, aaO). Ausgehend von den verfassungsrechtlich vorgegebenen unterschiedlichen Systemen muss der Gesetzgeber diese weitgehend unterschiedlich ausgestalteten Systeme auch nicht isoliert im Hinblick auf den Aspekt der "Anpassung der Alterseinkünfte nach gewissen Zeitabschnitten" gleich behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007, B 4 RA 9/05 R, zitiert nach juris). Soweit der Kläger die Rechtsauffassung vertritt, der Gleichheitssatz gebiete die Gleichbehandlung von Rentnern und Pensionären (Beamte und Richter) bei der in Zeitabständen nötigen Anpassung der Altersbezüge, kann dem nicht gefolgt werden. Denn Art 3 Abs. 1 GG gebietet es gerade nicht, Sachverhalte gleich zu behandeln, die einander systematisch nur hinsichtlich eines einzelnen Aspekts - dem Sicherungszweck - vergleichbar sind, sich im Übrigen aber grundlegend unterscheiden (BSG aaO). Außerdem sind typisierende Regelungen zur Bewältigung von Massenerscheinungen, wie hier zur Bewältigung der jährlichen Rentenanpassung, als notwendig anerkannt und verfassungsrechtlich unbedenklich (BSG aaO).

Eine Angleichung der Anpassungsregelungen ist verfassungsrechtlich auch deshalb nicht geboten, weil es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft (BSG aaO). Der Gesetzgeber muss allerdings die erforderliche Auswahl nach sachgerechten Gesichtspunkten treffen. Regelungen, die wie diejenigen zur jährlichen Rentenanpassung an sachgerechten Kriterien ausgerichtet sind, müssen auch bei grundsätzlicher Eignung nicht auf andere Rechtsgebiete übertragen werden. Umgekehrt muss auch eine sachgerechte Regelung zur Anpassung von Versorgungsbezügen nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) nicht auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen werden. Selbst innerhalb des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung kann ohne Verletzung von Verfassungsrecht bei der jährlichen Anpassung der Renten in West (§§ 68, 69 SGB VI) und Ost (§ 255c SGB VI) differenziert werden, denn zwischen der Anpassung des Geldwertes von Rechten auf Altersrente nach dem SGB VI, die auf Grund einer im Beitrittsgebiet und in der DDR zurückgelegten Versicherungsbiografie zustehen, und der Rentenanpassung im übrigen Bundesgebiet bestehen Unterschiede von rechtlich erheblichem Gewicht (BSG, 31.7.2002, B 4 RA 120/00 R, m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG, zitiert nach juris). Der Gesetzgeber, der demnach bei der Rentenanpassung schon zwischen den nach dem SGB VI anspruchsberechtigten Rentnern differenzieren darf, ist nicht gehindert, Systeme hinsichtlich der Anpassung ihrer Leistungen in Zeitabständen unterschiedlich zu behandeln, die wesentliche inhaltliche Unterschiede aufweisen und in denen unterschiedliche Rechtsgrundlagen gelten (BSG, Urteil vom 20.12.2007, B 4 RA 51/05 R m.w.N.).

4. Soweit der Kläger eine Verletzung der Art. 17 und 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EuGRCh) rügt, kann er hieraus schon deshalb keine Rechte herleiten, da der Anwendungsbereich der EuGRCh nicht eröffnet ist. Das ist nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EuGRCh für die Mitgliedsstaaten "ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union" der Fall, nicht aber, wenn - wie vorliegend - sie ausschließlich im Rahmen ihrer nationalen Kompetenzen agieren (vgl. BSG, Urteil vom 20.7.2011, B 13 R 40/10 R, zitiert nach juris). Die Anpassung von Renten berührt die Durchführung des Rechts der Union nicht, denn die insoweit maßgeblichen rechtlichen Regelungen sind nicht in Umsetzung von Unionsrecht ergangen und werden auch sonst nicht durch unionsrechtliche Vorschriften determiniert. Im Übrigen wird eine Verletzung der Grundrechte gem. Art. 17, 20 EuGRCh vom Kläger schon nicht nachvollziehbar dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Aus den vorgenannten Gründen kommen eine Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht in Betracht.

5. Anlass, das Verfahren bis zur Entscheidung über die bei dem BVerfG unter dem Aktenzeichen 1 BvR 3148/10 geführte Verfassungsbeschwerde bzw. bis zur Entscheidung über das bei dem EGMR unter dem Aktenzeichen 62071/10 geführte Verfahren ruhen zu lassen, besteht nicht. Einerseits hat das BVerfG mit dem bereits zitierten Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2014 u.a. in dem Verfahren 1 BvR 3148/10 bereits entschieden. Andererseits hat das Gericht gem. § 202 SGG i.V.m. § 251 Abs. 1 Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Beteiligten dies beantragen und anzunehmen ist, dass aus wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es liegt schon kein Antrag der Beklagten vor.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

7. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.