VG Köln, Beschluss vom 27.01.2016 - 2 M 8/16
Fundstelle
openJur 2016, 3130
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf bis zu 500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Vollstreckungsgläubigers auf Anordnung der Ersatzzwangshaft ist unbegründet.

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist und wenn bei Androhung des Zwangsgeldes oder nachträglich hierauf hingewiesen worden ist.

Der Antrag ist abzulehnen, weil sich eine Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW vorliegend nicht feststellen lässt.

Von einer Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes ist auszugehen, wenn ein Beitreibungsversuch nicht zum Erfolg geführt hat oder die Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen offenkundig ist. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist nicht erforderlich. Ein entsprechender Beitreibungsversuch kann nur dann als gescheitert angesehen werden, wenn die Behörde ernsthaft Vollstreckungsversuche unternommen hat. Diese von der Behörde unternommenen Versuche sind zu dokumentieren. Hinsichtlich der Feststellung, ob ein Zwangsgeld uneinbringlich ist, gelten strenge Maßstäbe. Die Anordnung der Ersatzzwangshaft nach § 61 VwVG NRW als freiheitsentziehende Maßnahme ist ultima ratio und kommt erst dann in Betracht, wenn zuvor die der Vollstreckungsbehörde zur Verfügung stehenden Beitreibungsmöglichkeiten effektiv ausgeschöpft worden sind,

vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 16. November 2012 - 2 E 1031/12 -, juris Rdnrn. 11,12; Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 -, juris Rdnr. 29; Beschluss vom 31. März 2004 - 18 E 1162/03 -, juris Rdnrn. 5, 6; Beschluss vom 20. April 1999 - 5 E 251/99 -, juris Rdnr. 6; Beschluss vom 13. Juni 1989 - 17 B 1975/86 -, NWVBl. 1990, 20 ; Sadler, VwVG/VwZG, 8. Auflage 2011, § 16 Rdnr. 19; Marwinski in: Brandt/Sachs, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 3. Auflage 2009, Kapitel E III, Rdnr. 45.

Nach diesen Maßgaben sind die festgesetzten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 250,00 Euro vorliegend nicht uneinbringlich. Der Vollziehungsbeamte der Stadtkasse der Stadt Erftstadt hat vorliegend ausweislich der Niederschrift über eine ergebnislose Pfändung vom 30. November 2015 lediglich zweimal, nämlich am 26. Oktober 2015 um 11.20 Uhr und am 10. November 2015 um 10.10 Uhr versucht, die Vollstreckungsschuldnerin in ihrer Wohnung in der U. -I. -Str. 00 in F. anzutreffen. Ob diese - ausschließlich in den Vormittagsstunden erfolgten - ergebnislosen bzw. fruchtlosen (die Mitteilung des Vollstreckungsbeamten vom 02. Dezember 2015 ist insoweit nicht eindeutig) Vollstreckungsversuche vorher vom Vollziehungsbeamten angekündigt worden waren, lässt sich dem vorgelegten Verwaltungsvorgang des Vollstreckungsgläubigers nicht entnehmen. Eine nähere Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Vollstreckungsschuldnerin ist auch nicht ansatzweise durch den Vollziehungsbeamten erfolgt und auch nicht aus Gründen unterblieben, die z.B. im Falle der vorsätzlichen Vereitelung entsprechender Nachforschungen eine Prüfung der Einbringlichkeit der Schuld unzumutbar erscheinen ließen. Jedenfalls lassen sich dahingehende Anhaltspunkte aus der Niederschrift über die ergebnislose Pfändung nicht entnehmen. Weiterhin hat der Vollstreckungsgläubiger die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte der Vollstreckungsschuldnerin durch Pfändung und Einziehung oder Verwertung in anderer Weise nach §§ 40 ff. VwVG NRW nicht betrieben oder zumindest versucht, jedenfalls sind naheliegende Vollstreckungsversuche in Forderungen (etwa Pfändungs- und Einziehungsverfügung) im vorgelegten Verwaltungsvorgang nicht dokumentiert. Darüber hinaus ist aus dem Bericht des Vollziehungsbeamten auch nicht erkennbar, dass die sich aus § 14 VwVG NRW ergebenden Befugnisse ausgeschöpft worden sind. Schließlich ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Vollstreckungsschuldnerin eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Mit Blick auf das Ziel des Antrags auf Ersatzzwangshaft, der einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit, Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG), des Vollstreckungsschuldners zum Gegenstand hat, sind geringere als die oben aufgezeigten Voraussetzungen dem Gewicht der erstrebten Maßnahme nicht angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert richtet sich nach dem Betrag der ursprünglich festgesetzten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 250,00 Euro, wobei im Hinblick auf den Mindeststreitwert in Höhe von 500,00 Euro die Streitwertfestsetzung wie tenoriert zu erfolgen hat.