VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2001 - 1 K 8004/99
Fundstelle
openJur 2011, 15697
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 22. November 1999 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Auf Grund des Ergebnisses der Kommunalwahl 1999 entfallen von den insgesamt 58 Sitzen im Rat der Klägerin jeweils zwei Mandate auf die Parteien xxxxxx und xxxx, womit die gesetzlich vorgegebene Mindestfraktionsstärke um ein Mitglied verfehlt wird. Jeweils beide Ratsmitglieder haben sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen. Beide Gruppen sind über die Entsendung sachkundiger Einwohner als beratende Ausschussmitglieder in die Ausschussarbeit eingebunden. Die Gruppe der xxxxxx wird darüber hinaus durch ein stimmberechtigtes Mitglied im Haupt- und im Finanzausschuss vertreten und arbeitet ferner in Beiräten mit.

Auf Antrag der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen (xxx, xxx und xxxxxxxxxx) beschloss der Rat in seiner Sitzung am 25. Oktober 1999, den neu im Rat vertretenen Gruppen von xxxxxx und xxx für ihre Ratstätigkeit in Anlehnung an die den Fraktionen gewährten Zuwendungen ebenfalls Haushaltsmittel zukommen zu lassen (Drucksache Nr. xxxxxxxx). Im Einzelnen sieht der Ratsbeschluss vor, dass den beiden Gruppen für die Laufzeit der Ratsperiode 1999/2004 jährlich zur Deckung des sächlichen Aufwandes jeweils ein Betrag in Höhe von 50% der Summe zur Verfügung gestellt wird, die eine Fraktion (mit Mindeststärke) als Sockelbetrag erhielte. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 50% des für Fraktionen geltenden Steigerungsbetrages je Ratsmitglied und je Mitglied in einer Bezirksvertretung, ferner eine Personalkosten- und Mietpauschale sowie ein einmaliger Betrag für eine Büroausstattung. Über die Mittelvergabe ist ein Nachweis gemäß § 56 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) zu führen.

Auf Weisung der Beklagten beanstandete der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Klägerin mit Verfügung vom 2. November 1999 den Ratsbeschluss. Mit Beschluss vom selben Tage bestätigte der Rat seinen Beschluss.

Mit Bescheid vom 22. November 1999 hob daraufhin die Beklagte den Ratsbeschluss vom 25. Oktober 1999 auf. Sie begründete dies mit dem Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Gewährung von finanziellen Zuwendungen an im Rat vertretene Gruppen. § 56 Abs. 3 GO NRW regele ausschließlich die Pflicht der Gemeinde, den im Rat vertretenen Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung zu gewähren. Diese Regelung sei abschließend. Der Gesetzgeber habe die Fraktionen bewusst privilegiert, so dass für eine Ausdehnung auf Gruppen kein Raum sei. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollten nur solche Aufwendungen aus öffentlichen Mitteln erstattungsfähig sein, die mit der Vorbereitung der Arbeit des Gemeinderates und seiner Ausschüsse in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Solche Aufwendungen entstünden typischerweise nur den Fraktionen und nicht einzelnen fraktionslosen Ratsmitgliedern. Zu berücksichtigen sei auch, dass durch die Einführung der gesetzlichen Mindeststärke einer Fraktion die Arbeitsfähigkeit des Gemeinderates und eine geordnete Mehrheitsbildung gewährleistet werden und eine Aufsplitterung in Kleinstfraktionen vermieden werden sollte. Diese Zielsetzung würde nicht erreicht, wenn man fraktionslosen Mitgliedern dieselben Rechte einräumte wie Fraktionen, da kein Anlass mehr bestünde, seine politischen Zielvorstellungen mit denen anderer Ratsmitglieder im Interesse geordneter Mehrheitsbildung abzustimmen. Die Ratsarbeit würde letztlich wesentlich erschwert. Die Ablehnung der Ausweitung von § 56 Abs. 3 GO NRW auf Gruppen benachteilige fraktionslose Ratsmitglieder auch nicht unangemessen. Es bleibe diesen unbenommen, sich mit einem weiteren Ratsmitglied zu einer Fraktion zusammen zu schließen und dadurch die Vorteile des Fraktionsstatus zu erhalten. Die somit gesetzlich nicht gedeckte Zuwendung an Gruppen verstoße gegen das Prinzip der sparsamen Verwaltung und begegne ferner Bedenken im Hinblick auf das Verbot der versteckten Parteienfinanzierung. Unter Abwägung aller Umstände sei der rechtswidrige Ratsbeschluss aufzuheben.

Die Klägerin hat am 8. Dezember 1999 Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, mit Blick auf die historische Entwicklung der Rechtsgrundlagen betreffend Fraktionen und Gruppen in der Gemeindeordnung und unter Berücksichtigung der kommunalen Organisationshoheit lasse sich eine Rechtswidrigkeit des Ratsbeschlusses vom 25. Oktober 1999 nicht feststellen. Der Rat habe auf Grund seiner Organisationshoheit die Befugnis, seine und die Angelegenheiten der Ratsmitglieder eigenverantwortlich zu regeln, soweit gesetzliche Vorgaben fehlten. Während gesetzliche Vorgaben für Fraktionen zunächst weitgehend nicht bestanden hätten und Gemeinden beispielsweise frei darüber hätten entscheiden können, ob sie Fraktionen Zuwendungen gewährten, seien die Gemeinden in wesentlichen Bereichen nunmehr durch § 56 GO NRW gebunden. Aus dieser gesetzlichen Einschränkung der Regelungskompetenz für Angelegenheiten der Fraktionen lasse sich indes nicht ableiten, dass der Rat bezüglich Gruppen ohne Fraktionsstatus keine Regelungskompetenz habe. Welche freiwilligen Regelungen der Rat insoweit treffen könnte, müsse anhand der konkreten Situation der Ratsgruppen in der betroffenen Gemeinde beurteilt werden. Die Situation im Rat der Klägerin sei dadurch gekennzeichnet, dass die im Zuge der Kommunalwahl 1999 neu in den Rat gekommenen Ratsmitglieder von xxxxxx und xxx sich jeweils zu Gruppen zusammengeschlossen hätten. Die veränderten Gegebenheiten seien zum Anlass genommen worden, die Geschäftsordnung zu ändern und auch Gruppen ohne Fraktionsstatus bestimmte Rechte im Rahmen der Ratsarbeit einzuräumen. Die Gruppen seien in die Ausschussarbeit und, soweit es die Gruppe der xxxxxx betreffe, auch in die Tätigkeit von Beiräten eingebunden. Dadurch entstehe ein Koordinierungsaufwand, der demjenigen einer Fraktion vergleichbar sei. Vor diesem Hintergrund habe der Rat beschlossen, den beiden Gruppen auf freiwilliger Basis ebenfalls finanzielle Zuwendungen zukommen zu lassen. Diese Entscheidung sei nicht unzulässig. Zu berücksichtigen sei, dass auch in größeren Räten je nach den konkreten Umständen ein Bedürfnis nach Bildung von Gruppen mit lediglich zwei Mitgliedern bestehen könne. Im Rat der Klägerin sei dies im Hinblick auf die organisatorische Einbindung der beiden Gruppen in die Ratsarbeit der Fall. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedürfe es, ebenso wie früher für Zuwendungen an Fraktionen, nicht. Allerdings müsse die Gewährung öffentlicher Mittel im öffentlichen Interesse liegen, was hier zu bejahen sei. Den Gruppen komme auf Grund ihre Einbindung in die Ratsarbeit eine Stellung zu, die die Zuwendung von Haushaltsmitteln rechtfertige. Auch § 56 Abs. 3 GO NRW stehe der Regelungskompetenz des Rates nicht entgegen. Es handele sich nicht um eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass nur Fraktionen Zuwendungen zu gewähren seien und andere Gruppen im Rat keine Zuwendungen erhalten dürften. Die Entwicklung der Bestimmung des § 56 GO NRW und seiner Vorgängerregelung belegten, dass der Gesetzgeber eine Verbesserung der Rechtsposition der Fraktion bezweckt habe. Die Frage der Finanzierung von Ratsgruppen sei hingegen nicht mit in den Blick genommen worden und damit in § 56 Abs. 3 GO NRW auch nicht negativ geregelt. Im Übrigen stieße eine Auslegung von § 56 Abs. 3 GO NRW im Sinne der Beklagten mit Rücksicht auf das Gebot gleicher Mitwirkungsbefugnisse für alle Ratsmitglieder auf verfassungsrechtliche Bedenken. Angesichts dessen sei eine verfassungskonforme Auslegung angezeigt, wonach es den Gemeinden unbenommen bleibe, bei entsprechenden Gegebenheiten auch Ratsgruppen Zuwendungen zu gewähren.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. November 1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt sie an, neben dem eindeutigen Wortlaut in § 56 Abs. 3 GO NRW führe auch die systematische Auslegung dazu, dass die Bestimmung Zuwendungen an Ratsgruppen ausschließe. Die Regelung in § 50 Abs. 3 Satz 3 GO NRW erlaube den Umkehrschluss auf den gesetzgeberischen Willen, Fraktionen und Gruppen nur in Bezug auf den dortigen Regelungsgegenstand gleichzubehandeln, nicht aber hinsichtlich der Frage der finanziellen Zuwendungen. Hätte der Gesetzgeber insoweit eine Gleichbehandlung von Fraktionen und Gruppen gewollt, hätte es nahe gelegen, dass er dies im Zuge einer der in den letzten Jahren erfolgten Änderungen der Gemeindeordnung entsprechend geregelt hätte. Für die Ungleichbehandlung von Fraktionen und Gruppen gebe es auch einen sachlichen Grund. Funktion einer Fraktion sei es, die Meinungen der in ihr zusammengeschlossenen Ratsmitglieder zu bündeln und zusammenzuführen und dadurch die Ratsarbeit zu erleichtern. Dies bringe einen nicht unerheblichen sachlichen und finanziellen Aufwand mit sich, der gesonderte Zuwendungen rechtfertige. Der Koordinationsaufwand innerhalb von Gruppen sei demgegenüber allein schon auf Grund der regelmäßig deutlich geringeren Größe wesentlich kleiner, so dass es einer über § 45 GO NRW hinausgehenden Entschädigungsregelung nicht bedürfe. Auch stellten die Anforderungen an eine Fraktionsbildung eine gewisse Kontinuität und Transparenz sicher und führten dazu, dass sich nur Ratsmitglieder in ihr zusammenfänden, bei denen ein bestimmtes Maß an Interessengleichheit bestünde. Eine Gruppe sei hingegen ein schwächerer Verbund, dem es an Transparenz fehle. Es sei zu befürchten, dass sich Ratsmitglieder nur zu einer Gruppe zusammenschlössen, um finanzielle Zuwendungen erhalten zu können. Darüber hinaus weise auch § 56 Abs. 3 Satz 3 GO NRW auf den abschließenden Charakter der Norm hin. Denn bei der Möglichkeit von Mittelzuwendungen außerhalb von § 56 Abs. 3 GO NRW liefe das Kontrollinstrument des Mittelnachweises leer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 22. November 1999 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Soweit die Aufsichtsbehörde gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 GO NRW Beschlüsse des Rates nach vorheriger Beanstandung durch den Ober-/ Bürgermeister und nochmaliger Beratung im Rat aufheben kann, setzt dies voraus, dass der Ratsbeschluss geltendes Recht verletzt, § 119 Abs. 1 Satz 1 GO NRW. Daran fehlt es hier. Der Ratsbeschluss vom 25. Oktober 1999 lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf Verfahren und Form, die dem Beschluss zu Grunde liegen. Diese sind weder von der Beklagte gerügt worden noch liegen sonst Anhaltspunkte für diesbezügliche Fehler vor.

Der Ratsbeschluss ist auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Dem Rat fehlt insbesondere nicht die Regelungskompetenz für die Entscheidung, den Gruppen von xxxxxx und xxx finanzielle Zuwendungen zu gewähren.

Bestandteil der sich aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 78 Abs. 1 Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (Verf NRW) ergebenden institutionellen Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung ist u.a. die Organisationshoheit der Gemeinden.

Vgl. z.B. BVerfG, Urteile vom 10. Dezember 1974 - 2 BvK 1/73, 2 BvK 902/73 -, BVerfGE 38, S. 258 (278), und vom 24. Juli 1979 - 2 BvK 1/87 -, BVerfGE 52, S. 95 (117) -; OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 1984 - 15 A 2626/81 -, OVGE 37, S. 94 (97).

Dabei ist unter Organisationshoheit das Recht der Gemeinden zu verstehen, grundsätzlich in eigener Verantwortung die Art und Weise der Durchführung ihrer Aufgaben zu bestimmen, wozu auch die Ausgestaltung der inneren Organisationsstruktur der Gemeinde gehört. Gemäß Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Abs. 2 Verf NRW ist es dem Gesetzgeber allerdings unbenommen, in den Bereich der Selbstverwaltung der Gemeinden durch Gesetz einzugreifen, soweit er den Kern der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie unberührt lässt und der Eingriff verhältnismäßig ist. Die Regelung der Kommunalverfassung fällt nicht in diesen Kernbereich, so dass der Gesetzgeber u.a. befugt ist, Vorhandensein und Bildung der Gemeindeorgane, ihre Zuständigkeiten und Willensbildung zu regeln und Verfahrensvorschriften aufzustellen. Von dieser Kompetenz hat der Landesgesetzgeber u.a. mit dem Erlass der Gemeindeordnung Gebrauch gemacht. Daraus folgt für den Umfang der Organisationshoheit der Gemeinden, dass deren innere Organisation zwar grundsätzlich der kommunalen Gestaltungsfreiheit unterliegt, den Gemeinden jedoch die Befugnis zur Gestaltung ihrer Eigenverwaltung entzogen ist, soweit der Regelungsgehalt der Gemeindeordnung den Organisationsgegenstand abdeckt.

Vgl. zum Vorstehenden im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 1984 - 15 A 2626/81 -, a.a.O., S. 97 ff.

Danach ist dem Rat der Klägerin die Kompetenz zur Regelung finanzieller Zuwendungen an Ratsgruppen nicht entzogen. Die Gemeindeordnung enthält keine Bestimmung, die diesen Regelungsbereich abdecken würde. Insbesondere lässt sich ihr kein generelles Verbot entnehmen, Ratsgruppen im Hinblick auf ihre Ratstätigkeit Haushaltsmittel zuzuweisen.

Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 GO NRW gewährt die Gemeinde den Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung. Dieser Bestimmung ist nicht das Verständnis beizulegen, dass ausschließlich Fraktionen als Zuwendungsempfänger in Betracht kommen und der Gemeinde die Befugnis zur Mittelzuweisung an andere Ratsgruppen als Fraktionen fehlt. Vielmehr trifft § 56 Abs. 3 Satz 1 GO NRW eine positive, die Fraktionen privilegierende Regelung, ohne damit zugleich negativ zu regeln, dass in sonstigen Gruppen organisierte Ratsmitglieder aus Haushaltsmitteln keine Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung erhalten dürfen. § 56 Abs. 3 GO NRW verhält sich zur Frage von Zuwendungen an Gruppen, die keine Fraktionen sind, nicht.

Der Wortlaut in § 56 Abs. 3 GO NRW spricht weder für noch gegen dieses Normverständnis, sondern lässt offen, ob durch diese Regelung Zuwendungen an andere Ratsgruppierungen als Fraktionen ausgeschlossen sind. Ausdrücklich geregelt wird ein Zuwendungsanspruch der Fraktionen, während der Begriff der „Gruppe" in diesem Zusammenhang nicht genannt wird. Ausgehend davon könnte § 56 Abs. 3 GO NRW im Sinne einer die Frage der Zuwendung abschließenden Regelung verstanden werden, die mit Blick auf die positive Regelung für Fraktionen den Gemeinden untersagt, sonstigen Ratsgruppierungen Zuwendungen zu gewähren. Die Formulierung lässt aber ebenso die Auslegung zu, wonach der Gesetzgeber der Bedeutung der Fraktionen bei der Bewältigung der Ratsarbeit entsprechend diesen einen ausdrücklichen Anspruch zuerkennen wollte, während er hinsichtlich der Gruppen überhaupt keine Vorgaben machen wollte, die den gemeindlichen Handlungsspielraum in der einen oder anderen Richtung einengten.

Die Heranziehung systematischer Gesichtspunkte führt für die Frage des Regelungsgehalts von § 56 Abs. 3 GO NRW ebenfalls nicht weiter. Gruppen sind lediglich in § 50 Abs. 3 Satz 3 GO NRW erwähnt. Danach sind Gruppen und Fraktionen bei der Verteilung von Wahlstellen auf die Wahlvorschläge für die Besetzung von Ausschüssen gleich zu behandeln. Der Umstand, dass der Gesetzgeber Gruppen in diesem Zusammenhang ausdrücklich benennt, führt indes nicht zwingend zu dem Umkehrschluss, die Nichterwähnung von Gruppen in § 56 Abs. 3 GO NRW bedeute deren generellen Ausschluss von Zuwendungen. Denn dies setzte voraus, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass er den Gemeinden die Befugnis zur Gewährung von Zuwendungen an Gruppen hätte einräumen wollen, sich veranlasst gesehen hätte, eine ausdrückliche Regelung zu treffen. Darauf weist indes bei systematischer Auslegung nichts hin. Zum einen handelt es sich bei § 50 Abs. 3 Satz 3 GO NRW um einen völlig anderen Regelungskomplex, der Rückschlüsse auf die gesetzgeberische Absicht bezüglich § 56 Abs. 3 GO NRW nicht zulässt. Außerdem bedeutet die Auslegung, § 56 Abs. 3 GO NRW lasse die Frage der Zuwendungen an Gruppen offen, nicht, dass Fraktionen und Gruppen systemwidrig gleich behandelt würden. Vielmehr haben Fraktionen einen gesetzlichen Anspruch auf Zuwendungen, während Gruppen bei dieser Auslegung nur dann in den Genuss von Haushaltsmitteln kommen, wenn der jeweilige Rat dies beschließt. Fraktionen wären also auch bei dieser Auslegung des § 56 Abs. 3 GO NRW gegenüber (sonstigen) Gruppen privilegiert. Mit Blick darauf, dass § 56 GO NRW verschiedene Regelungen zur Rechtsstellung von Fraktionen enthält, lässt die systematische Betrachtung gleichermaßen den Schluss zu, dass der Gesetzgeber Gruppen bewusst vom Regelungsgegenstand des § 56 GO NRW ausgenommen habe. Denn erwähnt er die Gruppen in anderem Zusammenhang ausdrücklich, könnte dies genauso gut zu der Annahme führen, dass er für den Fall, dass eine Regelung über Zuwendungen an Gruppen beabsichtigt gewesen wäre, dies wie in § 50 Abs. 3 Satz 3 GO NRW ausdrücklich und nicht in Form eines „beredten Schweigens" erfolgt wäre.

Lassen Wortsinn und Systematik die Auslegung in zwei Richtungen zu, führen die Inblicknahme der Entwicklung des § 56 Abs. 3 GO NRW sowie die Berücksichtigung des Wegfalls der 5%-Sperrklausel zu der (verfassungskonformen) Auslegung, dass § 56 Abs. 3 GO NRW den Gemeinden die Kompetenz zur Regelung von Zuwendungen an Gruppen nicht im Sinne eines generellen Verbots entzieht.

Zieht man die Gesetzesmaterialien zum Entwurf des 2. Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 6. April 1978 heran, ergibt sich aus der Begründung zu § 30 Abs. 7 a.F. GO NRW das gesetzgeberische Ziel, die Stellung der Fraktionen zu verbessern. Weiter heißt es, die Formulierung, die Gemeinden könnten Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen gewähren, setze die diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung um.

Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtags- Drucksache 8/3152, S. 55, 61 der Begründung.

Ausgehend von dieser Gesetzesbegründung ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen positiven Regelung für Fraktionen zugleich negativ Zuwendungen an Gruppen habe ausschließen wollen. Ziel war vielmehr, die zur Frage der Zulässigkeit von Zuwendungen an Fraktionen entwickelte Rechtsprechung umzusetzen und klarzustellen, dass Zuwendungen an Fraktionen zulässig sind. Mit der erwähnten Rechtsprechung dürften u.a. die im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. Januar 1975

- 3 A 551/73 -, Kottenberg/Rehn/von Mutius, Rechtsprechungssammlung, § 30 GO NRW a.F., Nr. 4 -

zum Ausdruck gebrachten Rechtssätze gemeint gewesen sein. In dieser Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, es liege grundsätzlich im Ermessen des Rates einer Gemeinde, ob und in welcher Höhe er seinen Fraktionen Auslagenersatz aus Haushaltsmitteln bewillige. Zugrunde lag die Frage, ob der Rat zulässigerweise die Gewährung von Zuwendungen an Fraktionen von einer Mindestmitgliederzahl abhängig machen durfte, was das Gericht im konkreten Fall bejaht hat. Das Urteil befasst sich indes nicht mit der Frage der Zulässigkeit von Zuwendungen an Gruppen, die keinen Fraktionsstatus haben. Demgemäß ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfes vom 6. April 1978 mit Blick auf das vorgenannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts auch nichts dafür, dass § 56 Abs. 3 GO NRW bzw. § 30 Abs. 7 a.F. GO NRW durch die positive Regelung betreffend Zuwendungen an Fraktionen zugleich die Gewährung von Zuwendungen an Gruppen verbieten wollte.

Auch aus der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer Kommunalverfassungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Februar 1993 ergeben sich keine Hinweise, dass mit der Neuregelung des § 56 GO NRW den Gemeinden die Kompetenz zur Regelung von Zuwendungen an Gruppen entzogen werden sollte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich wiederum nur entnehmen, dass die Stellung der Fraktionen weiter gestärkt werden sollte. So wird darauf verwiesen, dass nach der Anerkennung der Bildung von Fraktionen mit Änderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 nunmehr die rechtlichen Grundlagen für eine wirkungsvolle Fraktionsarbeit näher beschrieben werden sollten. Die Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln für Personal und sächliche Aufwendungen für die Fraktionsarbeit werde ausdrücklich zugelassen.

Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtags- Drucksache 11/4983, S. 1, 2, 13 der Begründung.

Soweit die Begründung hinsichtlich der Regelung der Mindestfraktionsstärke in § 56 Abs. 1 GO NRW anführt, dadurch solle einer Aufsplitterung politischer Gruppierungen entgegengewirkt werden,

vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtags- Drucksache 11/4983, S. 2 und 13 der Begründung,

steht auch dies der Auslegung, § 56 Abs. 3 GO NRW verbiete keine Zuwendungen an Gruppen, nicht entgegen. Das vom Gesetzgeber formulierte Ziel, eine Aufsplitterung des Rates in Kleinstgruppierungen zu vermeiden, wird dabei nicht unterlaufen. Denn die Privilegierung der Fraktionen bleibt dennoch erhalten. Diese haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Zuwendungen aus Gemeindehaushaltsmitteln, während sonstige Gruppierungen davon abhängig sind, ob der jeweilige Rat im Wege einer Ermessensentscheidung eine Zuwendungsregelung trifft. Der Anreiz, sich möglichst zu Fraktionen zusammenzuschließen, besteht also auch in diesem Fall. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass die Einräumung einer Regelungskompetenz für die Frage der Zuwendungen an Gruppen eine Zersplitterung des Gemeinderates nachhaltig förderte.

Spricht somit bereits die Gesetzesentwicklung von § 56 Abs. 3 GO NRW dafür, die Regelung nicht als Zuwendungen an Gruppen ausschließend zu betrachten, ist eine solche Auslegung darüber hinaus auch deshalb angezeigt, weil ein Normverständnis, dass Zuwendungen an Gruppen generell verboten seien, auf verfassungsrechtliche Bedenken stieße. Der durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Status der Mitglieder des Gemeinderates als der Vertretung des Volkes auf Gemeindeebene wird dadurch bestimmt, dass die Vertretung des Volkes vom Gemeinderat als Ganzem, das heißt in der Gesamtheit seiner Mitglieder als Volksvertreter bewirkt wird. Dies setzt grundsätzlich die gleiche Mitwirkungsbefugnis aller voraus. Eine Ungleichbehandlung kann angesichts dessen nur bestehen, wenn dafür sachliche Gründe vorhanden sind und die Ungleichbehandlung die für das Mandat wesentliche gleichberechtigte Mitwirkung im Gemeinderat und gegebenenfalls seinen Ausschüssen nicht beeinträchtigt.

Vgl. VGH München, Urteil vom 16. Februar 2000 - 4 N 98/1341 -, NVwZ-RR 2000, S. 811 (812), unter Hinweis auf den vergleichbaren Status der Volksvertreter auf Bundesebene und Urteil des BVerfG vom 16. Juli 1991 - 2 BvE 1/91 -, BVerfGE 84, S. 304.

Ausgehend davon lässt sich jedenfalls nach Wegfall der 5%- Sperrklausel,

vgl. dazu Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW vom 6. Juli 1999 - VerfGH 14/98 und 15/98 -, NWVBl. 1999, S. 383,

aus denselben Gründen, die zur Nichtigkeitserklärung dieser Normen geführt haben, nicht mehr ohne spezifische Begründung darauf verweisen, Gruppierungen unterhalb der Fraktionsstärke bedrohten die Funktionsfähigkeit des Rates und seien zu einer effektiven Ratsarbeit nicht in der Lage. Entsprechend würde der generelle Ausschluss von Gruppen von der Gewährung von Zuwendungen aus dem Kommunalhaushalt den Vorgaben aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechen. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Gruppe vergleichbar einer Fraktion in die Ratsarbeit eingebunden ist und ob angesichts dessen Zuwendungen auch an diese sachlich gerechtfertigt sind, sind vielmehr die konkreten örtlichen Gegebenheiten in den Blick zu nehmen. Auch der Gesetzgeber geht im Übrigen nicht von vornherein davon aus, dass Gruppen von zwei Ratsmitgliedern nicht arbeitsfähig seien und die Voraussetzungen erfüllen können, die die Gewährung von Haushaltsmitteln als gerechtfertigt erscheinen lassen. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 GO NRW bei Räten mit bis zu 57 Ratssitzen bereits zwei Ratsmitglieder zur Bildung einer Fraktion genügen.

Der Ratsbeschluss vom 25. Oktober 1999, der nach vorstehenden Ausführungen somit nicht mangels Regelungskompetenz des Rates der Klägerin rechtswidrig ist, begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Die Entscheidung des Rates, auch den Gruppen der xxxxxx und xxx Zuwendungen aus Haushaltsmitteln zu gewähren, ist im Hinblick auf die örtlichen Umstände sachlich gerechtfertigt. Ob ein rechtfertigender Grund gegeben ist, beurteilt sich danach, ob der mit der Bewilligung der öffentlichen Mittel erstrebte Zweck im öffentlichen Interesse liegt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1975 - 3 A 551/73 -, a.a.O., S. 26.

Inwieweit dies allgemein der Einschätzungskompetenz der Beklagten unterfällt, kann hier offen bleiben. Jedenfalls ist dies hinsichtlich von Zuwendungen für Ratsgruppierungen dann nicht zu beanstanden, wenn sie in die gemeindliche Ratsarbeit derart eingebunden sind, dass ihre personellen und sächlichen Aufwendungen denen einer Fraktion vergleichbar sind. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Zum einen sind die Gruppen von xxxxxx und xxx auf Grund der Anpassung der Geschäftsordnung für den Rat, die Bezirksvertretungen und die Ausschüsse mit Mitwirkungsrechten entsprechend den Fraktionen ausgestattet worden. Dies betrifft insbesondere die Einräumung von Rederechten (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 3 und § 14 der Geschäftsordnung sowie Ziffer 4 der Richtlinien für die Aktuelle Stunde) sowie die Übersendung von Unterlagen (vgl. § 1 und § 23 der Geschäftsordnung).

Vgl. insoweit z.B. OVG Koblenz, Urteil vom 22. Januar 1986 - 10 C 35/85 -, Kottenberg/Rehn/von Mutius, Rechtsprechungssammlung, § 30 Abs. 5 GO NRW/§ 37 Abs. 2 Rh.-Pf. GO, in dem unter Hinweis darauf, dass Fraktionen durch die Geschäftsordnung mit bestimmten Rechten ausgestattet sind, ausgeführt wird, (nur) diese Zuordnung zu einem kommunalverfassungsrechtlichen Organ rechtfertige die Gewährung von öffentlichen Zuschüssen.

Darüber hinaus sind beide Gruppen in die Ausschussarbeit eingebunden. Die Gruppe der xxxxxx entsendet ein stimmberechtigtes Mitglied in den Haupt- sowie Finanzausschuss und ist ferner mit jeweils einem beratenden Mitglied als sachkundigem Einwohner in weiteren acht Ausschüssen vertreten. Darüber hinaus ist die xxxxxx-Gruppe in zwei Beiräten vertreten und nimmt wie die Gruppe der xxx an den Sitzungen des Ältestenrates mit einem Ratsmitglied als ständigem Gast teil. Die Gruppe der xxx ist weiter mit jeweils einem beratenden Mitglied als sachkundigem Einwohner in fünf Ausschüssen vertreten. Danach ergibt sich das Bild zweier in die Ratsarbeit organisatorisch und inhaltlich eingebundener Gruppen, deren Anteil an der Ratstätigkeit demjenigen einer Kleinstfraktion vergleichbar erscheint.

Schließlich kann aus § 75 Abs. 2 GO NRW und sonstigen haushaltsrechtlichen Vorgaben kein Einwand gegen die umstrittene Maßnahme hergeleitet werden. Diese Vorschriften verbieten der Gemeinde nämlich unstreitig nicht, auch außerhalb gesetzlicher Verpflichtungen Ausgaben zu tätigen.

Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 18. August 1989 - 5 A 814/88 -; Urteil der Kammer vom 1. Dezember 2000 - 1 K 10027/98 - .

Rechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht bezüglich der konkreten Höhe der Zuwendungen. Dafür, dass der veranschlagte Betrag sich nicht am zu erwartenden tatsächlichen Bedarf der beiden Gruppen orientieren würde, ist nichts ersichtlich. Die Ausrichtung der Zuwendungen an Gruppen an den den Fraktionen zu gewährenden Zuwendungen ist im Hinblick darauf, dass ein entsprechender Abschlag vorgenommen worden ist, nicht zu beanstanden.

Dazu, dass bezüglich Gruppen eine Kürzung des Sockelbetrages auf die Hälfte des Betrages, den Fraktionen erhalten, sachlich gerechtfertigt ist, vgl. für den Bereich des Bundestages BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1991 - 2 BvE - 1/91 -, BVerfGE 84, S. 304 (333).

Dadurch ist zugleich sichergestellt, dass Fraktionen besser stehen als Gruppen, was missbräuchlichen Gestaltungsformen - etwa der Bildung mehrerer Gruppen statt einer Fraktion - vorbeugt.

Die Aufteilung in Sockelbeträge und Pauschalen begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Vgl. allgemein zu Art und Umfang der Zuwendungen auch Rehn/ Cronauge, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 56 Anm. 2 ff.

Schließlich hat der Rat dadurch, dass auch die Gruppen entsprechend § 56 Abs. 3 Satz 3 GO NRW einen Nachweis über die Mittelverwendung zu führen haben, eine hinreichende Finanzkontrolle sichergestellt.

Ergänzend sei angemerkt, dass auch für den Fall, dass der Ratsbeschluss vom 25. Oktober 1999 (nur) hinsichtlich der Zuwendungshöhe rechtlichen Bedenken unterläge, der angefochtene Beschluss der Beklagten vom 22. November 1999 dennoch rechtswidrig wäre. Denn auf eine dadurch bedingte Rechtswidrigkeit des Ratsbeschlusses hat sie ihre Aufhebungsentscheidung nicht gestützt, so dass es insoweit an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung fehlte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.