VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 17.02.2016 - 2 L 921/15
Fundstelle
openJur 2016, 2290
  • Rkr:
Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die 11 Beförderungsstellen für Statusämter der Besoldungsgruppe A 11 BbgBesG im Polizeipräsidium, F... mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung bzw. den Widerspruch des Antragstellers gegen die Ablehnung seiner Beförderung erneut und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entschieden wurde und eine weitere Rechtsschutzfrist von wenigstens 14 Tagen abgelaufen ist.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

2. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht im Statusamt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10 BbgBesG) im Dienste des Antragsgegners und wird in der Polizeihubschrauberstaffel als Hubschrauberführer verwendet. Von Oktober 2011 bis Juni 2013 absolvierte er bei der Bundespolizei-Fliegergruppe, Luftfahrerschule, damals noch zunächst im Amt eines Kriminalkommissars, eine Ausbildung zum Hubschrauberpiloten. Im Beurteilungsbeitrag des stellvertretenden Leiters der Luftfahrerschule Herrn B... vom 18. Dezember 2012 wurde ihm für den Beurteilungszeitraum 02. November 2011 bis zum 17. Dezember 2012 die Gesamtnote 5 Punkte, „entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“, zuerkannt. Mit dienstlicher Beurteilung vom 05. Oktober 2015, erstellt durch den Leiter der Polizeihubschrauberstaffel, Polizeioberrat E..., wurde der Antragsteller für den Beurteilungszeitraum 01. September 2012 bis 31. August 2015 mit der Gesamtnote 6 Punkte, „zeigt häufig die Anforderungen erkennbar übersteigende Leistungen“, beurteilt. Auf den Beurteilungsbeitrag der Luftfahrerschule vom 18. Dezember 2012 wurde Bezug genommen. Der Beurteilungsentwurf war zuvor Herrn B... von der Luftfahrerschule per E-Mail mit der Bitte um Stellungnahme übersandt worden, worauf dieser mitteilte, dass der Antragsteller von der Luftfahrerschule in gleicher Weise beurteilt worden wäre. „Bessere Bewertungen im Bereich der Befähigungsbeurteilung kämen aus unserer Sicht auch nicht in Frage“. Gegen die Beurteilung erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 Widerspruch. Mit Schreiben vom 10. November 2015 teilte das Polizeipräsidium Brandenburg dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, zum 01. Dezember 2015 insgesamt 11 Beamtinnen bzw. Beamte mit dem Statusamt A 10 BbgBesG (die Beigeladenen), zu befördern. Nach dem bei der Auswahlentscheidung anzuwendenden Prinzip der Bestenauslese habe er aufgrund seines erreichten Beurteilungswertes keine Berücksichtigung finden können. In seiner Vergleichsgruppe würden im Rahmen der Bestenauslese Beamtinnen und Beamte befördert, die in der Anlassbeurteilung mit mindestens 7 Punkten beurteilt worden seien. Auch von den Beamtinnen und Beamten, die mit 7 Punkten beurteilt worden seien, könnten nicht alle befördert werden.

Mit Schreiben vom 27. November 2015 erhob der Antragsteller gegen diese Mitteilung Widerspruch.

Er hat am selben Tage den vorliegenden Antrag gestellt und trägt vor: Vorliegend sei ein falscher Vergleichsmaßstab zugrunde gelegt worden. Er werde als Hubschrauberpilot verwendet, ein Dienstposten mit besonderen spezifischen Anforderungen, der mit „normalen“ Polizeivollzugsbeamten nicht verglichen werden könne. Insoweit könne nicht allein bloß auf das Statusamt abgestellt werden. Die Vergleichsgruppe bestehe aus den 12 Beamten des fliegerischen Dienstes. Der Beurteilungsbeitrag der Luftfahrerschule sei fehlerhaft. Denn es bestehe eine „Beurteilungslücke“ vom 18. Dezember 2012 bis zum 30. Juni 2013. Insbesondere sei vorliegend davon auszugehen, dass im letzten Halbjahr der Ausbildung eine Leistungssteigerung eingetreten sei. In materieller Hinsicht sei der angelegte Maßstab für die Bewertung der während der Ausbildungszeit erbrachten Leistungen zweifelhaft. Denn er habe in seiner Funktion des „Auszubildenden“ in der Fliegerschule keine Aufgaben wahrgenommen, die dem innegehabten Statusamt entsprochen hätten. In der Ausbildung sei er mit grundlegend anderen Dienstaufgaben als in einer Funktion befasst gewesen, die dem Statusamt eines Kriminalkommissars entsprochen habe. Der Teilnehmerkreis für den Ausbildungslehrgang sei nicht auf Beamte im Statusamt eines Polizeioberkommissars beschränkt gewesen, so dass offen sei, mit welchem Maßstab die Leistungen während der Ausbildung gemessen worden seien. Wegen des nicht homogenen zusammengesetzten Teilnehmerkreises des Ausbildungslehrgangs habe keine Vergleichsgruppe bestanden, in die er hätte zugeordnet werden können. Jedenfalls könne der Beurteiler anhand dieses Beurteilungsbeitrags keine verwertbaren Aussagen zu Leistung und Befähigung ableiten, weil dieser keine textliche Einschätzung der im Ausbildungszeitraum gezeigten Leistungen und Befähigungen enthalte. Der Beurteilungsbeitrag beruhe auf einem anderen Bewertungssystem. Die Erstellung der Beurteilung aufgrund der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern über die dienstliche Beurteilung der Beamten im Landesdienst (BeurtVV) sei fehlerhaft, da diese Verwaltungsvorschrift nur eine Anlassbeurteilungspflicht vorsehe. Im Hinblick auf die von ihm gezeigten überobligatorischen Leistungen bei der Erarbeitung eines Musterdienstplans und der Erarbeitung einer Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 4 der Verordnung 923/2012 hätte des Weiteren das Befähigungsmerkmal „Initiative“ höher anstatt lediglich mit dem Ausprägungsgrad „normal ausgeprägt“ bewertet werden müssen.

Der Antragsteller beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu unter- sagen, die 11 Beförderungsstellen für Statusämter der Besoldungsgruppe A 11 BbgBesG im Polizeipräsidium, F..., zu besetzen, bis über die Bewerbung bzw. seinen Widerspruch gegen die Ablehnung seiner Beförderung erneut und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entschieden wurde und eine weitere Rechtsschutzfrist von wenigstens 14 Tagen abgelaufen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor: In der Vergleichsgruppe des Antragstellers innerhalb der D... gebe es zu einem großen Teil „Spezialistendienstposten“. Eine Vergleichsgruppe bestehend nur aus Hubschrauberpiloten könne nicht gebildet werden, da diese Gruppe nur 12 Personen umfassen würde und mithin zu klein sei. Den besonderen Anforderungen an ein Amt werde dadurch Rechnung getragen, dass bei Wahrnehmung eines höherbewerteten Dienstposten der betreffende Beamte in der Regel besser beurteilt werde, als ein Beamter, der die Anforderungen eines geringer bewerteten Dienstpostens in gleicher Weise erfülle. Es bestehe auch keine Beurteilungslücke hinsichtlich des Zeitraums 18. Dezember 2012 bis 30. Juni 2013. Denn der Ausbildungsleiter der Luftfahrerschule sei bei der Erstellung der Beurteilung eingebunden gewesen. Im Übrigen sei dem Antragsteller bereits mit Wirkung vom 18. Juni 2013 der Dienstposten eines Hubschrauberführers nach bestandener Prüfung übertragen worden, so dass davon auszugehen sei, dass der Beurteiler spätestens ab diesem Zeitpunkt auf eigene Erkenntnisse habe zugreifen können. Insoweit sei der übersetzte und besprochene Beitrag für 9,5 Monate in die Beurteilung eingeflossen. Das Anlassbeurteilungssystem sei nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Befähigungsmerkmals „Initiative“ habe der Antragsteller keine herausragenden Leistungen erbracht, so dass insofern keine höhere Bewertung veranlasst gewesen sei.

II.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind hierfür ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsgegner beabsichtigte Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstelle mit den Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereiteln könnte. Ein Anordnungsanspruch im Konkurrentenstreitverfahren setzt voraus, dass im Rahmen der vorzunehmenden Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die in Aussicht gestellte Beförderung eines Mitbewerbers in rechtswidriger Weise in die Rechte des Antragstellers eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5/12 -, unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung, zitiert nach juris). Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann danach eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Ein Beamter hat zwar grundsätzlich weder einen Rechtsanspruch auf Übertragung eines Dienstpostens noch auf Beförderung. Er kann aber beanspruchen, dass über seine Bewerbung ohne Rechtsfehler entschieden und von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird. Dazu zählt insbesondere, dass der Dienstherr nicht zum Nachteil des Beamten vom Grundsatz der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) abweicht (BVerwG, Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 -, DVBl. 1994, 118 f.; OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 4. März 2004 – 3 B 321/02 -, S. 3 f. des E. A.).

Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, welcher Beamte der Bestgeeignete für einen Beförderungsdienstposten ist, kann als Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden (ständige Rechtsprechung vgl. nur BVerwG, Urteile vom 19. März 1998 - 2 C 5.97 -, BVerwGE 106, 263 ff., 266 und vom 10. Februar 2000 - 2 A 10.98 -, ZBR 2000, 303 f.). Bei seiner Auswahlentscheidung ist es dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu dem Beförderungsamt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip der Bestenauslese selbst nicht infrage gestellt wird (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober0 1983 - 2 C 11.82 -, BVerwGE 68, 109; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Februar 2011 - 6 S 35.10 -, zitiert nach juris; OVG Bremen, Beschluss vom 15. Januar 2002 - 2 B 157/01 -, zitiert nach juris; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 25. September 2013, - VG 2 L 82/13 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die von dem Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen als rechtswidrig, da die Beurteilung des Antragstellers vom 05. Oktober 2015 rechtswidrig ist. Rechtsgrundlage für die Beurteilung des Antragstellers vom 5. Oktober 2015 ist § 19 LBG i. V. m. der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Landesdienst (Beurteilungsrichtlinie – BeurtVV - vom 16. November 2010, geändert am 15. August 2013). Danach sind Eignung und Befähigung und fachliche Leistung des Beamten zu beurteilen. Das Nähere regeln Verwaltungsvorschriften.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind dienstliche Beurteilungen als Akte wertender Erkenntnisse des Dienstherrn nur beschränkt von den Verwaltungsgerichten nachprüfbar. Ihnen steht vielmehr eine der gesetzlichen Regelungen immanente Beurteilungsermächtigung zu. Ihr gegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem die sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur prüfen, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 2 C 37.93 -, DVBl. 1994, 112). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seine Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 -, Bay.VBl. 1981, 54). Die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen sind allein am Maßstab des Statusamtes des Beamten zu messen, wobei Besonderheiten des Dienstpostens bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen sind (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1-13 – Rn. 52 ff.). Eine Vergleichsgruppe muss hinreichend groß sein, damit genügend Personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen Leistungs- und Eignungsstufen repräsentiert sein können. Eine Zahl von etwa zwanzig Personen in einer Vergleichsgruppe dürfte sich am unteren Rand der noch akzeptablen Gruppengröße bewegen (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 1 WB 51/10 –, BVerwGE 141, 113 - 122). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gesamturteil – ggf. kurz zu begründen– wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen, da erläutert werden müsse, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet wurde (Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 5.15 -).

Zunächst ist das Anlassbeurteilungssystem der BeurtVV vom 16. November 2010, geändert am 15. August 2013, nicht zu beanstanden. Soweit die Kammer in dem Beschluss vom 10. Oktober 2013 – VG 2 L 137/13 – in dieser Hinsicht Bedenken geäußert hat, hält sie daran im Hinblick auf die Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg nicht mehr fest. Dass der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden muss, erlaubt nicht den Schluss auf die Unentbehrlichkeit von Regelbeurteilungen. Auch im Wege der Anlassbeurteilungen lässt sich die gebotene Vergleichbarkeit herstellen, wenn einheitliche Beurteilungszeiträume zugrunde gelegt werden (OVG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 3. März 2014 – OVG 4 S 70.13 – S. 11; vgl. auch OVG Koblenz, Beschluss vom 28. November 2013 – 2 A 10804/13 – juris, Rn. 9). Gemäß Nr. 4 BeurtVV ist einheitlich ein Beurteilungszeitraum von drei Jahren rückwirkend gerechnet vom Tag der Erstellung der Beurteilung zugrunde zu legen. Waren für den Beamten im Beurteilungszeitraum mehrere Entwerfer zuständig, so sind die ehemaligen Entwerfer zu hören. Gemäß Ziff. 7.1 BeurtVV erfolgt die Beurteilung durch einen Entwerfer und einen Beurteiler. Der Entwerfer soll in der Regel der unmittelbare Vorgesetzte sein. Beurteiler soll ein höherer Vorgesetzter mit breiter Führungsverantwortung sein, der aufgrund seiner Führungserfahrung und der Zahl der unterstellten Mitarbeiter die Einhaltung einheitlicher Maßstäbe und die Vergleichbarkeit der Beurteilung sicherstellen kann.

Vorliegend ergibt sich aus der Beurteilung vom 05. Oktober 2015 zwar der Beurteiler, nämlich Herr E... der Leiter der Polizeihubschrauberstaffel. Nicht ersichtliche ist hingegen der Entwerfer. Des Weiteren weist die Beurteilung insoweit eine Beurteilungslücke auf, als der Zeitraum der Flugausbildung vom 18. Dezember 2012 bis zum 30. Juni 2013 nicht erfasst ist. Der Leiter der Luftfahrerschule hat zwar einen Beurteilungsbeitrag erstellt, der jedoch nur den Zeitraum vom 2. November 2011 bis zum 17. Dezember 2012 erfasst. Diese Lücke wird auch nicht dadurch geheilt, dass der Verfasser des Beurteilungsbeitrages, des stellvertretenden Leiters der Luftfahrerschule Herr B... bei der Erstellung der Beurteilung durch Übersendung des Entwurfs per E-Mail beteiligt war. Dies ersetzt nicht den Beurteilungsbeitrag für den fehlenden Zeitraum. Auf die weiter aufgeworfene Frage, ob der Beurteilungsbeitrag auch inhaltlich zu beanstanden ist, braucht deshalb nicht abschließend entschieden zu werden. Im Hinblick auf eine Nachholung des fehlenden Beurteilungszeitraums im Rahmen der Neubeurteilung weist die Kammer aber darauf hin, dass der Antragsteller während seiner Ausbildungszeit an der Luftfahrerschule naturgemäß nur an seinen dort gezeigten Leistungen gemessen werden kann, die mit den üblichen Aufgaben eines Kriminalkommissars nichts zu tun haben. Die Beurteilung ist grundsätzlich im Hinblick auf das von dem Beurteilten ausgeübte Statusamt zu erstellen. Insoweit sind Fehler in dem beurteilten Zeitraum (2. November 2011 bis 17. Dezember 2012) nicht ersichtlich. Des Weiteren wurde der Beurteilungsbeitrag der Luftfahrerschule auf einem eigenen Formular unter Verwendung einer von der BeurtVV abweichenden Notenskala mit neun Notenstufen erstellt. Zwar schreibt Ziffer 5.6 BeurtVV die Verwendung der in der Anlage abgedruckten Beurteilungsvordrucke vor, also einschließlich der Verwendung der Notenskala der BeurtVV. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Regelung nur die Fälle betrifft, in denen der Beurteilte im Brandenburger Landesdienst tätig war. Da der Antragsteller zeitweise in einer Einrichtung der Bundespolizei tätig war, durfte bzw. darf ein Beurteilungsvordruck der Bundespolizei verwendet werden. Die erteilte Note ist allerdings in das Brandenburger System der BeurtVV zu übersetzen. Insoweit ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner dies für den beurteilten Zeitraum entsprechend getan hat, vgl. Schriftsatz vom 3. Dezember 2015, Seite 10, 11.

Gemäß Ziffer 5.4. BeurtVV ist auf der Grundlage der Gesamtnote der Leistungsbeurteilung und den Werten der Befähigungsbeurteilung das Gesamturteil unter Nutzung der Benotungsstufen 1 bis 10 zu bilden. Die Leistungsbeurteilung umfasst gem. Ziffer 5.2.3 eine Notenskala von 10 Stufen, die Befähigungsbeurteilung gem. Ziffer 5.3 fünf Ausprägungsgrade. In der Leistungsbeurteilung erhielt der Antragsteller die Gesamtnote 6 Punkte, Einstufung „übertrifft die Anforderungen erkennbar“, „unterer Bereich“, „zeigt häufig die Anforderungen erkennbar übersteigende Leistungen“. In der Befähigungsbeurteilung erhielt der Antragsteller bei 15 Merkmalen insgesamt einmal die Stufe I, „besonders ausgeprägt“, 12 mal die Bewertung II, „stark ausgeprägt“ und zweimal die Bewertung III, „normal ausgeprägt“. Wie sich daraus das Gesamturteil aus Leistungsbeurteilung und Befähigungsbeurteilung von 6 Punkten ergibt, ist nicht näher begründet worden, weshalb die Beurteilung den dargelegten Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts zu Begründung der Gesamtnote (Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 5.15 -) nicht entspricht. Im Hinblick auf die Festlegungen des Polizeipräsidenten zur Auswahl im Hinblick auf mögliche Beförderungen vom 05. Juli 2013 als besonders herausragend festgelegter Leistungs- und Befähigungsmerkmale stößt die Beurteilung auf Bedenken, weil in der Besoldungsgruppe A 10 die Merkmale „Grad der Sorgfalt, Gründlichkeit und Verwendbarkeit des Arbeitsergebnisses“ (Leistungsmerkmal), „Beachtung von Vorschriften“ (Leistungsmerkmal), „Belastbarkeit“ (Befähigungsmerkmal) und „Fähigkeit zur Zusammenarbeit“ (Befähigungsmerkmal) im Hinblick auf eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 11 als besonders herausragend erachtet werden und der Antragsteller bezüglich des Merkmals „Grad der Sorgfalt, Gründlichkeit und Verwendbarkeit der Arbeitsergebnisse“ 7 Punkte und bei den Befähigungsmerkmalen „Belastbarkeit“ und „Fähigkeit zur Zusammenarbeit“ die Stufe II, „stark ausgeprägt“, erzielt hat, so dass eine Beurteilung mit insgesamt 7 Punkten in Betracht käme. Die Beurteilung des Befähigungsmerkmals „Initiative“ nur mit Stufe III, „normal ausgeprägt“ erscheint der Kammer im Hinblick auf das von dem Antragsteller gezeigte Engagement bei der Erarbeitung eines Musterdienstplans und der Erarbeitung einer Ausnahmegenehmigung gem. Art. 4 VO 923/2012 ungewöhnlich und, zumal letzteres bereits in der Beurteilung gesondert erwähnt. Der von dem Antragsteller vorgelegte Schriftwechsel bzgl. der Dienstplanproblematik zeigt, dass er sich in die einschlägigen Rechtsvorschriften eingearbeitet und eigene Gedanken gemacht hat. Derartige Überlegungen gehören an sich nicht zum Aufgabenbereich des Antragstellers. Eine Bewertung des Merkmals „Initiative“ nur mit „normal“ wäre nur angebracht, wenn auch die übrigen Beamten in der Vergleichsgruppe des Antragstellers ein ähnliches, über den eigentlichen Aufgabenbereich hinausgehendes Engagement aufweisen.

Hinsichtlich der maßgeblichen Vergleichsgruppe ist Folgendes zu berücksichtigen: Gem. Ziffer 5.2.2 BeurtVV sind die auf dem wahrgenommenen Dienstposten insgesamt gezeigten Leistungen mit denen anderer Beamter der gleichen Besoldungsgruppe, Laufbahn und Fachrichtung mit gleichwertigen Funktionen vergleichend zu würdigen. Nehmen Beamte des gleichen Statusamtes unterschiedlich wertige Dienstposten wahr, ist dies bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen etwa zwanzig Personen die untere Grenze einer Vergleichsgruppe dar (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 1 WB 51/10 –, BVerwGE 141, 113-122). Ausgehend davon dürfte es nicht zu beanstanden sein, wenn der Antragsgegner den Antragsteller in der Vergleichsgruppe der sonstigen „Spezialisten“ der Direktion B..., d. h. Polizeivollzugsbeamten mit Spezialausbildung, die sich von der „normalen“ Tätigkeit eines Polizeivollzugsbeamten unterscheiden, eingruppiert und die Bildung einer Vergleichsgruppe bestehend aus nur 12 Personen des fliegerischen Personals ablehnt, da andernfalls eine hinreichend große Vergleichsgruppe nicht gebildet werden könnte. Der Einwand des Antragstellers, die zitierte Rechtsprechung sei vorliegend nicht einschlägig, überzeugt nicht, da eine Vergleichsgruppe nicht beliebig verkleinert werden kann.

Vorliegend wird der Dienstposten des Antragsstellers mit A 12 bewertet, was bei einer Neubeurteilung im Hinblick auf einen Vergleich mit Beamten des Statusamtes A 10, die einen mit A 10 bewerteten Dienstposten bekleiden, zu berücksichtigen und bei der Bildung der Gesamtnote anhand der dargelegten Grundsätze zu begründen ist.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der sich daraus ergibt, dass es möglich erscheint, dass der Antragsteller bei einer Neubeurteilung die Gesamtnote 7 Punkte erhält und damit ein möglicher Beförderungskandidat wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

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