KG, Beschluss vom 17.06.2015 - 18 WF 109/14
Fundstelle
openJur 2016, 1818
  • Rkr:
Tenor

I. Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren zu 18 WF 109/14 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwältin ... ..., bewilligt; Raten sind nicht zu zahlen.

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 20. Juni 2014 – 135 F 16931/13 – abgeändert:

Gegen die Mutter wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- € ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Mutter zu ¼ und der Vater zu 3/4 zu tragen. Seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat jeder Beteiligte selbst zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 400.- € festgesetzt.

II. Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren zu 18 WF 136/14 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwältin ... ..., bewilligt; Raten sind nicht zu zahlen.

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 15. Juli 2014 – 135 F 16931/13 – abgeändert:

Gegen die Mutter wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- € ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Mutter hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 1/5 zu tragen; im übrigen werden gerichtliche Gebühren nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat jeder Beteiligte selbst zu tragen.

Der Wert dieses Beschwerdeverfahrens wird auf 500 € festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beschwerdeverfahren nicht zugelassen.

Gründe

Die Mutter und der Vater sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der 6-jährigen E... und streiten seit dem Jahr 2009 in mehreren gerichtlichen Verfahren um die elterliche Sorge und die Regelung des Umgangs. Eine Kommunikation der Eltern miteinander findet nicht statt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7. April 2014 zu 135 F 16931/13 den Umgang zwischen Vater und Kind im einzelnen geregelt, der Beteiligten zu 5. als Umgangspflegerin zur Durchführung des Umgangs im einzelnen aufgeführte Rechte übertragen und unter Ziffer 11 der Mutter für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 € und für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angedroht. Unter anderem hat das Amtsgericht angeordnet, dass der Vater berechtigt und verpflichtet ist, mit dem Kind am 24. Mai 2014 von 10:00 Uhr bis zum 25. Mai 2014, 11:00 Uhr sowie vom 7. Juni 2014 10:00 Uhr bis zum 8. Juni 2014 13:00 Uhr zusammen zu sein. Unter Ziffer 2 der Entscheidung hat es die Mutter verpflichtet, vor der ersten Übernachtung am 24. Mai 2014 an einem gemeinsamen Elterngespräch mit der Umgangspflegerin und dem Kindesvater teilzunehmen. Sie ist danach insbesondere verpflichtet, der Umgangspflegerin und dem Vater über die Abläufe zuhause vor und bei dem zu Bett gehen zu berichten, insbesondere über Einschlafrituale etc. und dem Kind seine persönlichen Sachen, insbesondere die wichtigsten Kuscheltiere zu den Umgängen mitzugeben. Gegen diese gerichtliche Umgangsregelung hat die Mutter kein Rechtsmittel eingelegt.

Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beteiligten zu 5. in ihrem Bericht vom 29. Mai 2014 ist das Kind am 24. Mai 2014 zur angeordneten Zeit dem Vater übergeben worden und mit diesem mitgegangen. Zu einer Übernachtung beim Vater ist es hingegen nicht gekommen. E... ist in den Abendstunden dieses Tages nach 18:00 Uhr von der Beteiligten zu 5. zur Mutter zurückgebracht worden, weil sie sich geweigert hat, beim Vater zu übernachten. Zu einem gemeinsamen Elterngespräch war es bis zu diesem Tag ebenfalls nicht gekommen. Der Beteiligten zu 5. hat die Mutter nach Schilderung der Beteiligten zu 5. erklärt, wenn der Vater Übernachtungsumgänge wolle, müsse er damit alleine klarkommen. Des weiteren hat nach der Darstellung der Beteiligten zu 5. das Kind ihr gegenüber erklärt, nicht beim Vater übernachten zu wollen, weil dies die Mutter nicht wolle.

Unter dem 2. Juni 2014 hat das Amtsgericht der Mutter wegen des fehlgeschlagenen Elterngespräches vor dem ersten Übernachtungsumgang sowie der nicht mitgegebenen persönlichen Sachen und Kuscheltiere ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 € angedroht und ferner für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, angekündigt, ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen.

Unter dem 18. Juni 2014 hat der Vater beantragt, gegen die Mutter ein Ordnungsgeld zu verhängen.

Mit Beschluss vom 20. Juni 2014 hat das Amtsgericht gegen die Mutter ein Ordnungsgeld in Höhe von 400 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- € einen Tag Ordnungshaft festgesetzt. Zur Begründung hat es unter Berufung auf die getroffene Umgangsregelung ausgeführt, dass angeordnete Elterngespräch habe wegen der fehlenden Mitwirkung der Mutter nicht stattfinden können und die Mutter habe der Beteiligten zu 5. oder dem Vater auch sonst keinerlei Informationen über die Abläufe zuhause vor dem zu Bett gehen gegeben; ferner habe sie dem Kind nicht die für eine Übernachtung wichtigen persönlichen Gegenstände mitgegeben. Wegen der beharrlichen Verweigerungshaltung der Mutter und der vollständig ignoranten Haltung gegenüber der gerichtlichen Anordnung sei deshalb ein Ordnungsgeld in noch empfindlicherer Höhe festzusetzen als ursprünglich beabsichtigt.

Gegen diesen ihr am 26. Juni 2014 zugegangenen Beschluss hat die Mutter mit am 27. Juni 2014 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt (18 WF 109/14) und zur Begründung ausgeführt, für das gemeinsame Elterngespräch sei kein konkreter Tag festgesetzt gewesen. Dass ein solches Gespräch nicht zu Stande gekommen sei, habe mehrere Ursachen gehabt. Immerhin habe es Gespräche der Mutter mit der Beteiligten zu 5. gegeben und diese sei auch über die Abläufe der Einschlafrituale unterrichtet worden. Das Fehlen der beanstandeten Einschlafdecke habe darin seine Ursache, dass es eine solche nicht gebe. Im übrigen sei die Höhe des Ordnungsgeldes im Hinblick darauf, dass die Mutter mit dem Kind von Leistungen der Grundsicherung lebe, ermessensfehlerhaft. Sie habe das Kind ordnungsgemäß zum Umgang übergeben. Dessen Weigerung, beim Vater zu übernachten, könne ihr nicht angelastet werden

Zu dem für den 7./8. Juni 2014 angeordneten Übernachtungsumgang ist es ebenfalls nicht gekommen. Für diesen Tag war eine gemeinsame Fahrt des Vaters mit dem Kind zur Großmutter in M... geplant. Das Kind erschien zur Übergabe an der Haustür mit einem kleinen Übernachtungsbeutel und erklärte nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beteiligten zu 5. vom 7. Juni 2014, dass es nicht mitkommen werde, weil das Ziel so weit weg von B... sei. Die nach der Darstellung der Beteiligten zu 5. ”zaghaften” Versuche der Mutter, das Kind umzustimmen, blieben ohne Erfolg. Ein gemeinsames Elterngespräch hat die Mutter erneut mit der Begründung abgelehnt, sie ließe sich hierzu nicht zwingen. Zu der gemeinsamen Fahrt nach M... ist es nicht gekommen.

Mit Beschluss vom 15. Juli 2014 hat das Amtsgericht gegen die Mutter ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 500 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- € einen Tag Ordnungshaft festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Mutter den Verpflichtungen aus der Umgangsregelung erneut nicht nachgekommen ist und der für den 7. Juni 2014 geplante Wochenendausflug deshalb habe ausfallen müssen; die Mutter habe zwar versucht ihre Tochter umzustimmen, aber lediglich ”zaghaft”. Dies lasse erkennen, dass die Mutter den Übernachtungen nur vordergründig zustimme, mit ihrer Körpersprache, ihrem ängstlich wirkenden Tonfall und ihrer gesamten Art aber deutlich zu erkennen gebe, dass sie die Übernachtungen und Umgänge massiv ablehne. Damit habe die Mutter ihre Verpflichtung, die Umgänge zu fördern, weiterhin nachhaltig und zielgerichtet verletzt, weshalb trotz ihrer bescheidenen Einkommensverhältnisse ein noch empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen sei. Gegen diesen ihr am 22. Juli 2014 zugestellten Beschluss hat die Mutter mit am 28. Juli 2014 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt (18 WF 136/14) und zur Begründung ausgeführt, es sei überhaupt nicht feststellbar, dass die Mutter gegen die unklare Verpflichtung verstoßen habe, weil dem Vater die Lieblingsgerichte des Kindes und die Zeit des Schlafengehens bekannt seien. Die Tochter habe ihre persönlichen Sachen und Hygieneartikel bei sich gehabt. Das Kind habe mehrere Kuscheltiere, von dem keines zum Schlafen verwendet werde. Die ihr vorgehaltene Körpersprache werde nur unbestimmt beschrieben und könne einem Menschen nicht vorgeschrieben werden. Auch der Vorwurf, die Mutter versuche lediglich ”zaghaft” die Tochter zum Umgang mit Übernachtung zu überzeugen, sei letztlich nebulös.

Das Amtsgericht hat beiden sofortigen Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerden der Mutter sind in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet und führen jeweils zur Herabsetzung des gegen die Mutter verhängten Ordnungsgeldes. Deshalb ist der Mutter für beide Beschwerdeverfahren die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Im übrigen sind sie unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Mit dem Beschluss des Amtsgerichts zur Regelung des Umgangs vom 7. April 2014 liegt ein im Grundsatz vollstreckbarer Titel nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG vor. Einer Vollstreckungsklausel bedarf es nach § 86 Abs. 3 FamFG nicht. Der Vollstreckungstitel ist der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter am 9. April 2014 zugestellt worden, § 87 Abs. 2 FamFG. Er enthält in seiner Ziffer 11 die Androhung, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft verhängt werden kann und enthält zugleich den Hinweis, dass das Amtsgericht für jeden weiteren gescheiterten Umgang von Amts wegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes prüfen werde.

12Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass die in Ziffer 2 vom Amtsgericht angeordnete Verpflichtung der Mutter, an einem gemeinsamen Elterngespräch mit der Umgangspflegerin (Beteiligte zu 5.) und dem Vater teilzunehmen und in diesem Gespräch bestimmte Angaben zu machen, nicht vollstreckt werden kann. Dies folgt schon aus § 156 Abs. 1 Satz 5 FamFG. Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 3 FamFG kann das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung teilnehmen. Es kann gemäß § 156 Abs. 1 Satz 4 FamFG ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung teilnehmen. Allerdings ordnet § 156 Abs. 1 Satz 5 FamFG ausdrücklich an, dass diese Anordnungen nicht selbstständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar sind. Damit gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass die Teilnahme an Beratungsgesprächen und Mediationen zur Konfliktbeilegung zwar möglicherweise gerichtlich angeordnet werden kann und schafft damit eine gesetzliche Grundlage für entsprechende Anordnungen; diese Anordnungen sind aber nicht mit den im FamFG vorgesehenen Vollstreckungsmöglichkeiten wie Ordnungsgeld und Ordnungshaft durchsetzbar. Eine andere gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung zur Teilnahme an einem persönlichen Gespräch ist nicht ersichtlich. Sie ergibt sich weder aus § 1666 BGB, der die Anordnung der Teilnahme an Beratungsgesprächen überhaupt nicht vorsieht, noch direkt aus § 86 FamFG, der einen insoweit wirksamen und auf einer gesetzlichen Grundlage beruhenden Vollstreckungstitel voraussetzt. An einer gesetzlichen Grundlage, jemanden zur Teilnahme an einem Gespräch zu verpflichten, fehlt es aber. Es bestehen schon im Hinblick auf Art. 2 GG erhebliche Zweifel daran, ob jemand ohne entsprechende gesetzliche Grundlage durch gerichtliche Anordnungen zu einem persönlichen Gespräch mit einem Dritten gezwungen werden kann. Ein aus Rede und Gegenrede bestehendes Gespräch verlangt grundsätzliche Kommunikationsbereitschaft und eine bestimmte Basis für ein persönliches Zusammentreffen. Die Teilnahme an einem Gespräch setzt eine innere Einstellung und Haltung voraus, zu deren Änderung im Falle einer bestehenden Ablehnung ein Mensch nicht durch eine gerichtliche Anordnung gezwungen werden kann. Die innere Einstellung eines Menschen ist nämlich einer gerichtlichen Überprüfung überhaupt nicht zugänglich. Selbst wenn es infolge der gerichtlichen Anordnung eines Gesprächs zu einem Zusammentreffen der hieran beteiligten Personen und damit zu einer körperlichen Anwesenheit des Verpflichteten kommen sollte, ist damit noch nicht gewährleistet, dass der damit bezweckte Erfolg auch tatsächlich eintritt, denn es liegt auf der Hand, dass niemand durch eine gerichtliche Anordnung gezwungen werden kann, in einem Gespräch auch nur das Wort zu ergreifen. Die gerichtliche Anordnung einer Teilnahme an einem Gespräch, die noch dazu nicht durch ein konkretes Datum bestimmt gewesen ist, begegnet vergleichbaren Bedenken wie etwa die Anordnung der Mitwirkung an einer psychiatrischen Untersuchung (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht in FamRZ 2010, 720 ff.) oder auch nur die Auflage der Fortsetzung einer Psychotherapie (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, FamRZ 2011, 179). Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Elterngespräch ist auch im vorliegenden Verfahren nicht notwendig, um dem Vater die für erforderlich gehaltenen Informationen zukommen zu lassen. Dies hätte auch durch eine entsprechende Anordnung einer Bekanntgabe durch andere Kommunikationsmöglichkeiten (schriftlich, per E-Mail, per SMS, mündliche Weitergabe durch Dritte wie etwa die Umgangspflegerin oder dergleichen) geschehen können. Dass im Grundsatz eine Pflicht besteht, den umgangsberechtigten Elternteil über grundlegende Belange des gemeinsamen Kindes zu informieren, zu denen bei einem noch sehr jungen Kind auch die zu-Bett-geh Rituale gehören können, ergibt sich aber im übrigen aus § 1686 BGB. § 1686 BGB sieht allerdings nicht vor, dass diese Informationen nur durch ein persönliches Gespräch weitergegeben werden können. Vorliegend hat vor dem ersten vorgesehenen Übernachtungstermin zwar kein Elterngespräch, wohl aber ein Gespräch zwischen der Mutter und der Beteiligten zu 5. als Umgangspflegerin stattgefunden, in dem die Mutter ihre Sicht der Dinge dargestellt hat. Dass die Mutter gar keine Einzelheiten über die häuslichen Rituale an den Vater weitergegeben hat, kann ihr allerdings nicht angelastet werden, denn durch die Umgangsregelung ist sie verpflichtet worden, dies in einem persönlichen Gespräch auch mit dem Vater zu tun. Ein Zusammentreffen mit dem Vater lehnt die Mutter ab. Andere Möglichkeiten der Weitergabe von Informationen sind ihr nicht eröffnet worden. Es ist dem Amtsgericht zwar durchaus zuzugeben, dass die Weitergabe der hier erforderlichen Informationen in einem persönlichen Elterngespräch unter Teilnahme der Umgangspflegerin sinnvoll ist, eine vollstreckbare gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an einem solchen Gespräch enthält § 1686 BGB aber ebensowenig wie § 156 Abs. 1 FamFG.

Allerdings hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft gegen die Mutter festgesetzt, weil diese den angeordneten (Übernacht-ungs-)Umgang nicht hinreichend gefördert hat, so dass die vorgesehenen Übernachtungsumgänge letztlich gescheitert sind. In diesem Zusammenhang kann sich die Mutter auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die beim Vater vorgesehenen Übernachtungen letztlich daran gescheitert sind, dass das Kind diese abgelehnt hat.

Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Der Verpflichtete hat die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen, im Einzelnen darzulegen. Solche Umstände liegen regelmäßig in der Sphäre der verpflichteten Person und sind daher im Nachhinein objektiven Feststellungen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommen ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. Beruft sich etwa ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsentscheidung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (so BGH FamRZ 2014, 732-735; FamRZ 2012, 533 Rn. 26; BT-Drucks. 16/6308 S. 218).

In diesem Zusammenhang kann sich die Mutter nicht mit Erfolg darauf berufen, die angeordneten Übernachtungen entsprächen nicht dem Willen des Kindes und schadeten deshalb seinem Wohl.

Gerichtliche Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht haben nach ständiger Rechtsprechung des BGH stets das Kindeswohl zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2010, 1060 Rn. 17 ff. und FamRZ 2002, 1099 Rn. 15 ff.). Widerspricht ein bestehender Umgangstitel dem Kindeswohl, steht es den Beteiligten frei, eine Abänderung des Titels zu beantragen. Daneben kann das Gericht auch von Amts wegen ein Abänderungsverfahren einleiten. Im Rahmen eines solchen Abänderungsverfahrens kann das Gericht gemäß § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG jederzeit die Vollstreckung des ursprünglichen Titels einstweilen einstellen. Auf dieser Prüfung im Erkenntnisverfahren baut die Vollstreckung nach §§ 86 Abs. 1 Nr. 1, 89 Abs. 1 FamFG auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet grundsätzlich nicht statt (BGH, FamRZ 2012, 533; OLG Schleswig SchlHA 2011, 340;). Auch wenn der Umgangstitel wegen der jederzeitigen Abänderbarkeit nicht in materieller Rechtskraft erwächst, bedarf ein nach § 86 Abs. 2 FamFG mit seiner Wirksamkeit vollstreckbarer Umgangstitel einer effektiven Durchsetzungsmöglichkeit (BT-Drucks. 16/6308 S. 218 und 16/9733 S. 292). Im Rahmen der Anordnung eines Ordnungsmittels wegen Zuwiderhandlung gegen eine Regelung des Umgangs ist somit von der Prüfung des Kindeswohls im Erkenntnisverfahren auszugehen, weil das Vollstreckungsverfahren der effektiven Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung dient, die im Erkenntnisverfahren unter umfassender Beachtung der Vorgaben des materiellen Rechts - und mithin auch des Kindeswohls - getroffen wurde (BGH a.a.O. mit Hinweis auf BT-Drucks. 16/9733 S. 292; so auch OLG Schleswig SchlHA 2011, 340).

Die Mutter kann sich deshalb zur Entlastung von der ihr obliegenden Verpflichtung nach § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG auch nicht mit dem Hinweis begnügen, dass sie für eine Anwesenheit des Kindes am vereinbarten Ort der Umgangskontakte gesorgt habe. Ein Vortrag, der die Ursächlichkeit des Verhaltens der Mutter als betreuender Elternteil an dem Scheitern der Übernachtungsumgänge entfallen lassen könnte, kann nicht festgestellt werden. Die Mutter hat die gemeinsame Tochter vielmehr nicht in der gebotenen Weise eindringlich darauf hingewiesen, dass sie nicht nur die Umgangskontakte tagsüber billigt, sondern auch mit den Übernachtungen des Kindes bei seinem Vater einverstanden ist und deren Durchführung wünscht. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beteiligten zu 5. hat die Mutter anlässlich des Umgangskontaktes vom 24. Mai 2014 überhaupt nicht auf das Kind eingewirkt, um es zu einer Übernachtung beim Vater zu bewegen. Anlässlich des Umgangskontaktes vom 7. Juni 2014 hat die Mutter nach Darstellung der Beteiligten zu 5. zwar “zaghaft” versucht, die Tochter umzustimmen. Auch wenn die Mutter in diesem Zusammenhang nicht zu Unrecht beanstandet, dass der Begriff ”zaghaft” ein wenig konkretisierbares Verhalten umschreibt, so fehlt es doch an jeglicher eigenen Darstellung der Mutter, mit welchem Nachdruck sie selbst versucht hat, das Kind dazu anzuhalten, mit dem Vater mitzufahren. Unter diesen Umständen ist aber ein zaghafter (= in ängstlicher, unsicherer Weise zögernd; nur zögernd vorgehend, handelnd, Quelle: www.duden.de) Versuch nicht ausreichend, um hinreichend konkret darzulegen, dass das Scheitern der Übernachtungskontakte nicht auf in ihrer Sphäre liegenden Umständen beruht. Vielmehr muss die Mutter das Kind mit entsprechendem Nachdruck und nicht nur zögerlich zu den Übernachtungen beim Vater anhalten. Schon gar nicht reicht es, dass die Mutter – wie sie in ihrer Begründung der sofortigen Beschwerde vom 26. Juni 2014 zu meinen scheint – den Umgangsbeschluss formal erfüllt, ohne durch entsprechende Erziehungsarbeit ihrerseits auch das Kind zu Übernachtungen beim Vater zu bewegen.

18Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass das vom Amtsgericht festgesetzte Ordnungsgeld angesichts der übrigen Umstände unangemessen hoch ist. Die Mutter lebt mit zwei minderjährigen Töchtern im Alter von 9 und 7 Jahren von Leistungen der Grundsicherung und der Unterhaltsvorschusskasse und damit in äußerst beengten wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Regelsatz für Alleinerziehende beträgt in Berlin im Jahr 2015 399 € monatlich und lag im Jahr 2014 bei 391 € monatlich (Quelle: http://www.berlin.de/sen/soziales/themen/soziale-sicherung/sozialhilfe/regelsatz/). Ein Ordnungsgeld in der Höhe von 400 bzw. 500 € entspricht bzw. übersteigt damit den der Mutter für einen Monat zustehenden Regelsatz und ist deshalb nach Auffassung des Senats – auch im Vergleich zu anderen Ordnungsgeldfestsetzungen in Umgangsverfahren – unangemessen hoch; dies ginge schließlich auch zulasten der minderjährigen Kinder der Mutter, die selbst im Falle einer Ratenzahlung mit dem verminderten Einkommen zurecht kommen müssen. Der Senat hält deshalb ein Ordnungsgeld in Höhe eines Bruchteils des der Mutter monatlich zustehenden Regelsatzes für angemessen, aber auch ausreichend, um das Fehlverhalten der Mutter zu ahnden und sie für die Zukunft zur Einhaltung des Umgangsbeschlusses anzuhalten. Es kommt hinzu, dass die Mutter das Kind wenigstens zum Umgang pünktlich bereitgehalten hat und jedenfalls – wenn auch zögerlich – am Umgangswochenende 7./8. Juni 2014 versucht hat, das Kind zur Begleitung des Vaters zu bewegen. Schließlich fällt auch bei der Bemessung des Ordnungsgeldes ins Gewicht, dass die Mutter nach dem Eindruck des Senats im Termin zur persönlichen Anhörung vom 29. Mai 2015 im Parallelverfahren 18 UF 118/14, in dem die Eltern um die gemeinsame elterliche Sorge gestritten und sich schließlich geeinigt haben, mittlerweile aufgrund der zahlreichen Hinweise mehrerer Beteiligter dieses Verfahrens, ihr Verhalten sei kindeswohlgefährdend, völlig verängstigt ist und die Befürchtung hat, ihr werde die elterliche Sorge entzogen und das Kind aus ihrem Haushalt genommen. Der Senat vermag danach nicht auszuschließen, dass diese erheblichen Ängste der Mutter zu ihrer Verweigerungshaltung beigetragen haben.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Abs. 1 ZPO. Während im Verfahren 18 WF 109/14 entsprechend dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Vater an den gerichtlichen Kosten zu beteiligen ist, weil das festgesetzte Ordnungsgeld (auch) auf seinem Antrag beruht, hat der Senat im Verfahren 18 WF 136/14 hiervon abgesehen, weil das Amtsgericht hier von Amts wegen tätig geworden ist.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.