LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 17.09.2015 - L 31 AS 574/15
Fundstelle
openJur 2016, 1765
  • Rkr:

Ein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung zum Zweck der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gegen den SGB II-Leistungsträger besteht allein bescheidgebunden zur Zulässigkeit der Berufung.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 215,76 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Ausstellung einer Bescheinigung zur Vorlage bei dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zum Zwecke der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.

Aus der Bescheinigung soll hervorgehen, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erfüllt.

Der 1966 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 16. August 2013 bei dem Beklagten eine Bescheinigung zur Vorlage bei dem RBB, aus der hervorgehen sollte, dass der Anspruch auf die Sozialleistungen nach dem SGB II umfassend geprüft worden sei, diese aber nicht beantragt würden. Er berief sich dabei auf die Befreiung von der Beitragspflicht wegen eines Härtefalls und seinen Verzicht, einen SGB II-Leistungsantrag zu stellen. Auf die entsprechende Anforderung des Beklagten hin reichte der Kläger seinen Rentenbescheid über die Unfallrente, seinen Wohngeldbescheid, seinen Mietvertrag, die Anlage zur Feststellung der Vermögensverhältnisse, die Anlage KdU (Kosten der Unterkunft), Kontoauszüge, einen Darlehensvertrag und die Anlage EK (Einkommen) bei dem Beklagten ein. Auf eine Nachfrage des Beklagten wegen unklarer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gab dieser in seiner Stellungnahme an, monatlich mit 153,00 Euro von seiner Schwester unterstützt zu werden.

Nachdem der Beklagte aufgrund der aktuell angegebenen Einkünfte des Klägers eine Bedarfsberechnung durchgeführt hatte, übersandte er ihm eine Bescheinigung vom 5. September 2013 zur Vorlage bei dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio, in der es wörtlich heißt: „Der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wurde geprüft und ein laufender Leistungsanspruch festgestellt, der jedoch nicht geltend gemacht werden möchte.“

Mit Schreiben vom 6. November 2013 wies der RBB den Kläger darauf hin, dass für eine Befreiung als Härtefall eine Bescheinigung erforderlich sei, aus der ersichtlich sei, dass die Behörde den Anspruch auf eine Sozialleistung umfassend geprüft habe. Dies gehe aus der vorgelegten Bescheinigung nicht hervor. Darüber hinaus benötige er eine Bestätigung der Behörde, dass die Vermögensfreigrenze nicht überschritten werde und keine vorrangigen Unterhaltsansprüche gegenüber Dritten bestünden.

Unter Hinweis hierauf begehrte der Kläger vom Beklagten mit Schreiben vom 17. November 2013 den Erlass der entsprechenden Bescheinigung. Hilfsweise würde er einen SGB II-Leistungsantrag stellen.

Durch eine Auskunft der Wohngeldstelle erfuhr der Beklagte von einer Zinsgutschrift des Klägers im Jahr 2012 in Höhe von 878,87 Euro. Das erhaltene Wohngeld sei komplett zurückgezahlt worden. Auf die Nachfrage des Beklagten bezüglich des Zinsertrages aus dem Jahr 2012 gab der Kläger an, kein weiteres Vermögen zu besitzen, so dass ihm in den Jahren 2013 und 2014 keine Kapital- und Zinserträge zugeflossen sein könnten.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 17. November 2013 ab, weil dieser keinen Nachweis über das Vermögen mit einem Zinsertrag in Höhe von 878,87 Euro im Jahr 2012 vorgelegt habe bzw. den Verbrauch des Vermögens nicht durch geeignete Unterlagen nachgewiesen habe.

Mit seinem am 22. Januar 2014 hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, kein vorhandenes Vermögen zu besitzen. Das vorhanden gewesene Vermögen habe er für Anschaffungen des täglichen Lebens, aber auch für einen Urlaub (2.000,00 Euro), eine Badrenovierung (5.000,00 Euro), ein MacBook Air (2.200,00 Euro), Benzinkosten für Kursbesuche und Seminare durch den Versuch, eine eigene Existenz aufzubauen (3.000,00 Euro) sowie Krankenversicherungsbeiträge (1.836,00 Euro) verbraucht.

Die Ablehnung der Rundfunkgebührenbefreiung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgesetz, er werde schlechter gestellt gegenüber einem Hartz IV-Bezieher, ihm sei ab 1. Januar 2013 die Rundfunkgebührenbefreiung zu bewilligen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Ausstellung der von ihm begehrten Bescheinigung. Durch den Verzicht des Klägers auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen sei eine Ausstellung einer Bescheinigung zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (in der ab dem 1. Januar 2013 gültigen Fassung, RBStV) nicht möglich. Auch eine Ausstellung wegen eines Härtefalles auf der Grundlage des § 4 Abs. 6 RBStV komme nicht in Betracht.

Der Kläger hat sein Begehren vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, ihm eine gültige Rundfunkbefreiungsbestätigung seit Mai 2013 auszustellen, weiter verfolgt. Dabei verweist er auf die Internetseite www.rundfunkbeitrag, wo zu lesen sei, dass man bei Verzicht auf eine staatliche Sozialleistung eine Befreiung als besonderer Härtefall beantragen könne. Hierfür sei die Vorlage einer Bescheinigung der Sozialbehörde erforderlich, aus der hervorgehe, dass der Anspruch auf die Sozialleistung umfassend geprüft worden sei, diese aber nicht beantragt werde.

Die gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. August 2014 eingelegte Beschwerde hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 19. November 2014 im Wesentlichen aus den Gründen der angegriffenen Entscheidung zurückgewiesen.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2015 abgewiesen. Dabei ging das Gericht schon nicht von einem Anspruch des Klägers auf die begehrte Bescheinigung aus und führte darüber hinaus aus, dass der Kläger keine Nachweise darüber erbracht habe, die Voraussetzungen der begehrten Bescheinigung zu erfüllen. Die Berufung sei zulässig, weil die Klage auf eine Realhandlung gerichtet sei, weswegen der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) anzusetzen sei, der 750,00 Euro übersteige. Dementsprechend enthält der Gerichtsbescheid die Rechtsmittelbelehrung der Berufung.

Das Sozialgericht Berlin nahm ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren an und setzte den Streitwert mit Beschluss vom 9. März 2015 auf 215,76 Euro fest. Zur Begründung führte es aus, der Gegenwert der begehrten Bescheinigung sei mit dem Jahreswert der Rundfunkgebühren (monatlich 17,98) zu beziffern.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. Januar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25. Februar 2015 Berufung eingelegt.

Er macht geltend, einen Anspruch auf Erteilung der verlangten Bescheinigung zu haben, da eine Selbstbindung der Verwaltung vorliege. Durch die Ausstellung der Bescheinigung vom 5. September 2013 sei eine solche begründet worden. Die Bescheinigung sei nunmehr auch vollständig zu erteilen. Das Verwaltungsgericht Berlin, vor dem Streitgegenstand die Befreiung des Klägers von der Rundfunkgebührenpflicht aufgrund der Härtefallregelung sei, habe festgestellt, selbst keine Möglichkeit zu haben, den hiesigen Beklagten zur Abgabe einer entsprechenden Bescheinigung zu verpflichten und deshalb den Rechtsstreit bis zur Entscheidung im vorliegenden Verfahren vertagt. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin habe die Vertreterin des RBB in der mündlichen Verhandlung auch erklärt, der RBB sei nicht berechtigt, die Einkommensverhältnisse des Antragstellers im Einzelnen zu prüfen. Deshalb werde eine Bescheinigung der Beklagten verlangt. Der Kläger habe alle notwendigen Erklärungen abgegeben. Zum weiteren Nachweis, dass das Vermögen verbraucht worden sei, übersandte der Kläger eine Bescheinigung der Tbank darüber, dass das Depotkonto zum 12. Dezember 2012 geschlossen und das Girokonto zum 27. Dezember 2012 gekündigt worden sei. Im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin sei die Berufung ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Die begehrte Bescheinigung werde auch für die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für die folgenden Jahre benötigt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, eine vollständige Bescheinigung darüber auszustellen, dass der Kläger aufgrund des freiwilligen Verzichts keine Leistungen nach dem SGB II bezieht, obwohl er die Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Er hält die Berufung für nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht übersteige, und verweist auf den Streitwertbeschluss im erstinstanzlichen Verfahren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie denjenigen des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen. Diese lagen in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vor.

Gründe

Die Berufung ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt mit dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2015 keine das Berufungsgericht gem. § 144 Abs. 3 SGG bindende Entscheidung über die Zulassung der Berufung gemäß § 144 SGG vor. Das Gericht hat von seinem zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Rechtsstandpunkt das Rechtsmittel der zulassungsfreien Berufung angenommen und dies lediglich am Ende der Entscheidungsgründe begründet. Die für eine zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung ist jedoch keine Entscheidung über die Zulassung, sondern dann, wenn die Berufung in Wahrheit beschränkt ist, eine falsche Belehrung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rn. 45; BSG, Urteil vom 19. November 1996 - 1 RK 18/95 -, juris).

Die Berufung ist weder nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 noch nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung nur dann keiner besonderen Zulassungsentscheidung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro übersteigt oder wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Bei einem - wie hier - unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 15 b). Bei der Ermittlung ist zutreffend auf den mit der Bescheinigung erhofften wirtschaftlichen Wert, der in der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht (monatlich 17,98 Euro) besteht, abzustellen. Dabei ist vorliegend die Frage, ob die Klage einen auf eine Geldleistung, die 750,00 Euro (nicht) übersteigt gerichteten Verwaltungsakt betrifft und die Frage, ob die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, nicht voneinander zu trennen. Denn die Berechnung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG folgt hier aus der Beantwortung der Frage nach dem Zeitraum, den die Klage betrifft. Zu § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG hat das BSG im Beschluss vom 30. Juli 2008 (Rn. 5 - B 14 AS 7/08 B -, juris) ausgeführt:

„Dem Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis (Stammrecht) gemeinsam (...). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zugrunde liegt (BSG SozR 4100 § 118 Nr. 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus.“

Die hier von dem Beklagten begehrte Bescheinigung erfordert die inhaltliche Prüfung darüber, ob dem Kläger ein Leistungsanspruch auf der Grundlage des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) zusteht. Da die Leistungen nach diesem Buch gemäß § 9 Abs. 1 SGB II einen aktuellen Hilfebedarf verlangen, der sich regelmäßig durch veränderte Einkommensverhältnisse ändern kann (vgl. § 11 SGB II), sollen die Leistungen in der Regel gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II jeweils für sechs Monate bewilligt werden. Nach § 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II kann der Bewilligungszeitraum auf bis zu zwölf Monate bei Leistungsberechtigten verlängert werden, bei denen eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist. Dabei ist in § 41 SGB II eine Zäsur zu sehen, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt (BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Dezember 2011 - L 28 AS 1451/11 -, juris). Dementsprechend kann sich eine wie vom Kläger begehrte Bescheinigung rechtlich zulässig höchstens auf den Zeitraum von zwölf Monaten erstrecken. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des BSG, dass mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch in einigen Jahren Empfänger von Leistungen nach dem SGB II zu sein, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden kann, denn diese ist jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008, a.a.O.).

Wollte man dem nicht folgen, sondern aus der unbefristet ausgesprochenen Ablehnung der Ausstellung der Bescheinigung durch Bescheid vom 7. Januar 2014 von der (fiktiv möglichen) Anspruchsprüfung für den Zeitraum ab Antragstellung (hier Mai 2013) bis zur Entscheidung des Gerichts (17. September 2015) ausgehen wollen (vgl. zur unbeschränkten Leistungsablehnung BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11 b AS 1/06 R -, Rn. 19, juris), so steht dem entgegen, dass eine Befreiung von der Beitragspflicht in besonderen Härtefällen auf der Grundlage des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV nach § 15 Abs. 3 der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2 Satz 1 des RBStV erlassenen Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 6. Dezember 2012 regelmäßig für die Dauer eines Jahres gewährt wird. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher das materiell mögliche Prozessziel auf wiederkehrende Leistungen von höchstens einem Jahr beschränkt.

Der betragsmäßige Wert der Leistungen läge bei beiden Betrachtungsweisen unter 750,00 Euro. Der Jahreswert liegt bei 215,76 Euro, der Wert für den Zeitraum Mai 2013 bis September 2015 (28 Monate) bei 503,44 Euro.

Darüber hinaus ist die Berufung auch unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf die begehrte Bescheinigung, dass er aufgrund des freiwilligen Verzichts keine Leistungen nach dem SGB II bezieht, obwohl er die Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllt, zu.

Wie das Sozialgericht Berlin im Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2015 zutreffend ausführt, existiert eine spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Bescheinigung nicht.

Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausführt, ist dann, wenn Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II einschließlich von Leistungen nach § 22 des SGB II empfangen, auf Antrag gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 RBStV eine bescheidgebundene Befreiung von der Beitragspflicht durch den RBB als der hierfür zuständigen Landesrundfunkanstalt (vgl. § 10 Abs. 1 RBStV) vorzunehmen. Aus der damit konstitutiven Wirkung der Bescheinigung bzw. des SGB II-Bescheides folgt damit auch ein Anspruch auf Ausstellung dieser Bescheinigung gegen den Beklagten. Der Kläger will jedoch (jedenfalls derzeit) keinen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II stellen, so dass er weder einen Anspruch auf Bescheidung des entsprechenden Antrags durch den Beklagten noch auf Ausstellung einer hieraus (etwaig folgenden) Befreiungsbescheinigung hat.

Auch aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 Grundgesetz i. V. m. der Handlungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit (HEGA 2/0814) folgt ein solcher Anspruch nicht. Hiernach wird ab dem 1. Juli 2009 mit jedem zentral erstellten Bewilligungsbescheid eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) versandt, auf der alle Daten aufgeführt werden, die zur Gebührenbefreiung durch die GEZ erforderlich sind.

Dieses Verfahren wurde ausweislich der Angaben in der Handlungsempfehlung entwickelt, um SGB II-Leistungsempfängern das Verfahren zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu erleichtern und den Bürokratieaufwand in den Dienststellen zu reduzieren. Die Handlungsempfehlung erfasst damit nur die Fälle, in denen ein Bewilligungsbescheid auf der Grundlage des SGB II erlassen wird. Dies ist im Fall des Klägers, der ausdrücklich keinen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II stellen wollte, gerade nicht der Fall.

Entgegen seiner Auffassung folgt eine Selbstbindung der Verwaltung auch nicht daraus, dass unter dem 5. September 2013 auf seinen Antrag hin eine Bescheinigung zur Vorlage bei dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ausgestellt wurde. Ob eine solche hier im Einzelfall ausgestellte Bescheinigung rechtmäßig ist bzw. ob ein Anspruch auf eine solche bescheidunabhängige Bescheinigung besteht, ist gerade Frage des vorliegenden Klageverfahrens. Eine dahingehende Verwaltungspraxis, die aus dem Gedanken der Gleichbehandlung einen Anspruch des Klägers aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung erkennen lassen könnte, ist nicht ersichtlich.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine bescheidunabhängige Befreiungsbescheinigung unter dem Gesichtspunkt der Härtefallregelung in § 4 Abs. 6 RBStV. Denn die in der Regelung des § 4 Abs. 1 und Abs. 4 zum Ausdruck gekommene gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit kann über die Härtefallklausel nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht erfüllen oder weil sie diese Leistungen nicht in Anspruch nehmen wollen, diesem Härtefalltatbestand zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 6 C 34/10 -, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 6 B 1/08 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2014 - OVG 11 N 23.13 -; zitiert nach juris).

Selbst wenn man § 16 Abs. 1 der Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge, wonach die Rundfunkanstalt Dritte mit der Feststellung beitragsrelevanter Tatsachen beauftragen kann, hier für anwendbar halten wollte und daraus eine Verpflichtung des Beklagten zur bescheidunabhängigen Erstellung einer Bescheinigung über die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen folgern wollte, die der Kläger über § 6 Abs. 1 der Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge als Nachweispflichtiger gegenüber dem RBB von diesem Dritten, also dem Beklagten, verlangen könnte, würde ihm dies daher nichts nutzen. Ein Rechtsschutzinteresse kann nicht gesehen werden.

Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem oben zitierten Urteil vom 12. Oktober 2011 zutreffend ausführt, verstößt eine bescheidgebundene Gewährung der Beitragsbefreiung weder gegen das Sozialstaatsgebot noch den Gleichbehandlungsgrundsatz. Insoweit führt das Bundesverwaltungsgericht aus (Rn. 23ff):

„Dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) tragen die Befreiungstatbestände des § 6 RGebStV (Anm.: jetzt § 4 RBStV) offenkundig dadurch Rechnung, dass sie einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer „bescheidgebundenen“ Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen (Beschluss vom 18. Juni 2008 - BverwG 6 B 1.08 - a.a.O. Rn. 7).“

(…)

„Was den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) betrifft, verlangt dieser erkennbar nicht, den Empfängern von Sozialhilfe solche Personen gleichzustellen, denen Sozialhilfe zustände, falls sie sie beantragen würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, falls seine Auswahl sachgerecht ist. Dabei ist er - insbesondere bei Massenerscheinungen - auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und diese nicht sehr intensiv belasten (BVerfG, Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 -, BVerfGE 103, 310 <318 f.> und vom 21. Jun i 2006 - 2 BvL 2/99 -, BVerfGE 116, 164 <182 f.>, jeweils m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RGebStV (Anm: jetzt § 4 i.V.m. Abs. 4 RBStV) die Rundfunkgebührenbefreiung für einkommensschwache Personen an die Vorlage eines Sozialhilfebescheides knüpft. Müssten die Rundfunkanstalten jeder im Einzelfall geltend gemachten Unterschreitung einer sozialrechtlich relevanten Einkommens- und Vermögensgrenze nachgehen, würde sie dies vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen, da sie - anders als die sozialrechtlichen Fachbehörden - nicht über die dafür erforderlichen Sachaufklärungsmittel verfügen. Der Wegfall der früher vorhandenen Möglichkeit, Gebührenbefreiung zu erlangen, ohne die betreffende Sozialleistung in Anspruch zu nehmen, belastet nur den relativ kleinen Personenkreis, der diese Leistung nicht in Anspruch nehmen will, obwohl sie ihm zusteht. Auch für diese Personen ist die Belastung, die darin besteht, dass sie die Gebührenbefreiung nicht einzeln, sondern nur als Teil eines „Gesamtpakets“ in Anspruch nehmen können, überschaubar. Sie ist in Anbetracht der den Gebührenzahlern zugute kommenden Verwaltungsvereinfachungen hinzunehmen und gebietet deshalb von Verfassungs wegen nicht die Anerkennung eines besonderen Härtefalls.“

Dem schließt sich das Gericht an.

Der von dem Kläger in seinem Klageantrag zitierte Auszug aus der Stelle unter www.rundfunkbeitrag vermag für sich genommen demgegenüber keinen Anspruch auf die Härtefallregelung zu begründen. Dieser findet sich derzeit nicht mehr im Internet und basiert offenbar auch noch auf den früheren Tatbeständen nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 Befreiungsverordnung, die eine Befreiung wegen geringen Einkommens ermöglichten unabhängig von einem Leistungsbescheid (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011, a.a.O., Rn. 15).

Selbst wenn man entgegen dieser Rechtsprechung vorliegend doch die Möglichkeit eines Anspruchs auf Ausstellung einer die Leistungsprüfung umfassenden Bescheinigung des Beklagten im Hinblick auf die Möglichkeit eines Härtefalls im Sinne des § 4 Abs. 6 annehmen wollte (vgl. zum Analogieverbot zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 auch BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011, a.a.O., Rn. 15, wonach eine planwidrige Lücke nicht zu erkennen sei, weil der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip eingeführt habe, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zustehe, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und in deren Bescheid bestätigt werde), liegen die Nachweise für die Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinne der §§ 9 f. SGB II und damit die Nachweise darüber, dass er Leistungsberechtigter im Sinne der §§ 19, 22 SGB II ist, für den Zeitraum Mai 2013 bis September 2017 nicht vor. Die bislang vom Kläger im Verwaltungsverfahren und Klageverfahren eingereichten Unterlagen genügen noch nicht einmal für die abschließende Prüfbarkeit des Anspruchs im Zeitraum 2013. Für die Jahre 2014 und 2015 liegen noch gar keine Unterlagen vor. Für das Jahr 2013 folgt die Unvollständigkeit der Unterlagen daraus, dass der Kläger bislang über das der Zinsgutschrift in Höhe von 878,87 Euro zugrunde liegende Vermögen weder Angaben getätigt noch Nachweise erbracht hat. Um die Verwertbarkeit dieses Vermögens auch noch im Leistungszeitpunkt gemäß § 12 SGB II überprüfen zu können, sind Angaben hierüber aber unerlässlich. Allein sein Vortrag, er habe das Geld ausgegeben und die Vorlage der Kündigung des entsprechenden Depots zu Dezember 2012 ermöglichen diese Prüfung nicht. Insoweit weist das Sozialgericht Berlin zutreffend auf die anzunehmende Vermögenshöhe bei dem im Jahr 2012 erzielten Zinsertrag in Höhe von 878,87 Euro hin, wenn es bei einem sehr günstigen und deshalb auch unrealistischen Zinssatz von 3 bis 5 % auf ein Vermögen von etwa 29 000,00 Euro rückschließt. Der gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Satz 2 Nr. 3 SGB II abzusetzende Höchstbetrag beträgt demgegenüber 10.000,50 Euro. Es liegen damit Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger jedenfalls im Jahr 2013 aus seinem Vermögen nicht nur einen Urlaub in Höhe von 2.000,00 Euro, eine Badrenovierung in Höhe von 5.000,00 Euro und ein MacBook Air zum Preis von 2.200,00 Euro finanzieren konnte, sondern auch insgesamt seinen existenziellen Bedarf sichern und damit auch den Jahresbetrag für den Rundfunkgebührenbeitrag in Höhe von 215,76 Euro aufbringen konnte. Damit kann eine Hilfebedürftigkeit des Klägers jedenfalls im Jahr 2013 nicht festgestellt werden und deshalb auch kein Anspruch auf Feststellung der Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen.

Da hierzu jedoch, wie dargelegt, jegliche entscheidenden Nachweise fehlen, wäre bei Annahme der Zulässigkeit der Berufung lediglich eine Verpflichtung der Beklagten dahingehend möglich, die Leistungsvoraussetzungen für den Kläger für den dann streitgegenständlichen Zeitraum zu prüfen. Es bestehen jedoch Zweifel darüber, ob der Kläger allein zum Zwecke der Erlangung einer Befreiung von der Rundfunkbeitragsgebührenpflicht, die monatlich lediglich einen Beitrag von 17,98 Euro ausmacht, unabhängig von einem Leistungsantrag, der gemäß § 37 SGB II regelmäßig konstitutiv für die Leistungsprüfung nach dem SGB II ist, von dem Beklagten verlangen kann, eine solche umfangreiche Prüfung durchzuführen oder ob dies nicht auch hier im Widerspruch zu Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität und - Effizienz steht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass tatsächlich hilfebedürftige Antragsteller von SGB II-Leistungen dann ggf. noch länger auf ihre Leistungsbescheide warten müssen. Auch wenn die Rundfunkanstalten von einer umfassenden Leistungsprüfung aufgrund der Sachnähe der SGB II-Behörden befreit werden sollen, scheint es rechtsstaatlich lediglich geboten, eine solche Bescheinigung zum Zwecke der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht allein bescheidgebunden verlangen zu können.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1 Satz 1, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Der Kläger gehört nicht zu dem nach § 183 SGG kostenprivilegierten Personenkreis. Hiernach ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Der Kläger ist nicht als Leistungsempfänger nach dem SGB II beteiligt, denn ein solcher will er gerade nicht sein.

Die Entscheidung über den Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Danach ist der Streitwert nach dem Jahresbetrag des zugrunde liegenden Wertes der Bescheinigung, nämlich in Höhe von 215,76 Euro, festzusetzen. Denn die materiell-rechtliche Bedeutung des Antrags des Klägers erschöpft sich in dem Jahresbetrag dieser Leistung (vgl. auch VG Leipzig, Urteil vom 16. Juli 2014 - 1 K 3881/13 -, juris).

Wie im Abschnitt zur Zulässigkeit der Berufung dargelegt, kann der Antrag des Klägers Auswirkungen auf künftige Geldleistungen (für einen über ein Jahr hinausgehenden Zeitraum) nicht haben, so dass insbesondere auch nicht der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistung gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG oder § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG zugrunde zu legen ist. Eine unbefristete Bescheinigung kann weder aus dem Gesichtspunkt des § 41 SGB II noch aus dem Gesichtspunkt einer Härtefallbefreiung nach § 4 Abs. 6 i.V.m. § 15 des RBStV i.V.m. § 15 Abs. 3 der Satzung des Rundfunks Berlin-Brandenburg über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge begehrt werden (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. September 2005 - 4 OA 180/06 -, juris).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG vorliegt.

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