Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 06.10.2015 - 10 UF 57/13
Fundstelle
openJur 2016, 1608
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 31. Januar 2013, erlassen am 4. Februar 2013, abgeändert.

Der Umgang des Vaters mit der Minderjährigen A… W…, geboren am …. Dezember 2000, wird bis zum 30. September 2016 ausgesetzt.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den Eltern je zur Hälfte auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Umgang des Vaters mit seiner minderjährigen Tochter A….

Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet. Aus ihrer Beziehung sind die Kinder An… W…, geb. am ….7.1997, und A… W…, geb. am ….12.2000, hervorgegangen. Aufgrund von Sorgeerklärungen üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus. Die Eltern trennten sich im Juli 2002. Seit der Trennung leben die Kinder im Haushalt der Mutter. Die Mutter ist inzwischen wieder verheiratet. Aus dieser Verbindung ist der Sohn F…, geboren am ….11.2008, hervorgegangen.

Mit Schriftsatz vom 12.1.2006 beantragte die Mutter, den Umgang des Vaters mit An… zu regeln. Zur Begründung führte sie aus, der Umgang des Vaters mit den Kindern, der eigentlich jeden Samstag von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattfinden solle, habe sich als problematisch erwiesen. Der Vater habe die Kinder nicht pünktlich abgeholt und zurückgegeben. Angesichts der chaotischen Verhältnisse in seiner Wohnung habe er den Umgang mit den Kindern unabhängig von den Witterungsbedingungen stets außerhalb seiner Wohnung durchgeführt. An… habe versucht, sich dem Umgang zu entziehen. Der Vater habe hierauf nur mit Beschimpfungen reagiert. Sie, die Mutter, bemühe sich, An…s Widerstand zu überwinden. Ein Aussetzen des Umgangs solle vermieden werden. Angesichts der Uneinsichtigkeit des Vaters sei aber eine gerichtliche Umgangsregelung zu treffen. Der Vater trat dem Begehren der Mutter unter Hinweis darauf, der bisherige Umgang habe sich bewährt, entgegen. Einen Bericht des Jugendamtes vom 8.5.2006 nahm der Vater zum Anlass, seine Sicht der Dinge ausführlicher zu schildern. Vor dem Amtsgericht Pankow/Weißensee schlossen die Eltern dann am 2.8.2006 zum Az. 17 F 254/06, eine Umgangsvereinbarung dahin, dass der Vater an jedem ersten und dritten Sonntag eines Monats mit An… Umgang jeweils von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr hat.

Mit Schriftsatz vom 23.11.2007 beantragte die Mutter, die inzwischen von Bn… nach Be… verzogen war, ihr die elterliche Sorge für die beiden Kinder allein zu übertragen. Sie begründet ihren Antrag vorrangig damit, dass sich die Eltern über den Umgang des Vaters mit den Kindern nicht einigen könnten. Der Vater trat dem Antrag entgegen und trug dazu vor, dass nur er allein bereit sei, die Kommunikation zwischen den Eltern zu versachlichen. Seine Zustimmung zum Umzug der Kinder nach Be… und deren Umschulung habe er unter dem 8.1.2007 erklärt. Im Termin vor dem Amtsgericht Bernau vom 10.11.2008 schlossen die Eltern zum Az. 6 F 738/07 eine Vereinbarung, die im Wesentlichen vorsah, dass der Vater mit den beiden Töchtern an jedem Wochenende einer ungeraden Woche von Freitag 15.00 Uhr bis Montagmorgen Umgang hat. Zugleich erklärten die Eltern den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Durch diese Vereinbarung erledigte sich zugleich ein vom Vater unter dem 23.10.2008 eingeleitetes Umgangsverfahren (6 F 688/08).

Das vorliegende Verfahren hat der Vater unter dem 22.10.2012 mit dem Ziel, die am 10.11.2008 getroffene Vereinbarung abzuändern bzw. zu modifizieren, eingeleitet. Zur Begründung hat er angeführt, die Mutter sei inzwischen mit den Kindern von Be… nach Bi… verzogen. Damit einhergegangen sei ein Wechsel A…s auf das Gymnasium in W…. Man könne sich nun nicht darüber einigen, ob, wie die Mutter meine, A… an jedem Umgangsfreitag erst von der Schule nach Bi… nach Hause fahren solle, um sich dann auf den Weg zum Umgangswochenende nach Bn… zu begeben, oder ob A… nicht, wie er meine, selbstständig nach der Schule nach Bn… fahren und von ihm am Bahnhof abgeholt werden könne. Die Mutter hat die Notwendigkeit einer Abänderung der Umgangsregelung in Abrede gestellt (Gerichtsakte - im weiteren Akte - Bl. 13 ff.). Nach dem Bericht des Jugendamtes war A… wohl hinsichtlich der Gestaltung des Umgangs den Auffassungen beider Elternteile gegenüber aufgeschlossen (Akte Bl. 18). Sie gab aber auch zu erkennen, dass sie die von der Mutter favorisierte Regelung als umständlich ansah (Akte Bl. 20).

Im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht vom 14.1.2013 haben sich die Eltern, aber auch A… geäußert (Akte Bl. 36 ff.).

Durch den angefochtenen Beschluss vom 31.1.2013 (Akte Bl. 41 ff.) hat das Amtsgericht den Umgang des Vaters mit dem Kind wie folgt geregelt:

a) Der Vater hat Umgang mit A… an jedem Wochenende einer ungeraden Woche von Freitag nach der Schule bis Montag zum Schulbeginn.

b) Der Vater hat Umgang mit A… an jedem Mittwoch einer ungeraden Woche nach der Schule bis zum folgenden Donnerstag zu Schulbeginn.

c) A… fährt am Freitag bzw. am Mittwoch nach der Schule direkt zu dem Vater nach Bn…. Dabei trifft der Vater A… am Freitag bzw. Mittwoch am Bahnhof in Be… und fährt mit ihr zusammen von dort aus weiter nach Bn…. Am Montagmorgen bzw. Donnerstagmorgen bringt der Vater A… bis zum Bahnhof in Be…, von dort aus fährt sie weiter alleine zur Schule.

d) Der Vater ist zu den Zeiten, zu denen er sich mit A… am Bahnhof Be… treffen soll, per Mobiltelefon erreichbar bzw. gibt A… telefonisch rechtzeitig Bescheid, falls der vereinbarte Treffpunkt bzw. die vereinbarte Zeit aufgrund von ihm nicht beeinflussbarer Umstände nicht eingehalten werden kann und geändert werden muss. Außerdem stellt er A… einen Schlüssel für seine Wohnung in Bn… zur Verfügung, damit diese gegebenenfalls alleine Zugang zur Wohnung hat, falls ein vorheriges Treffen nicht möglich ist.

e) Der Vater erklärt sich bereit, A… weiterhin die Teilnahme an etwaigen Wettkämpfen während des Wochenendumgangs zu ermöglichen.

f) Für den Fall, dass A… an einem Umgangswochenende verhindert ist (insbesondere wegen Krankheit oder familiärer Anlässe mütterlicherseits), findet der Umgang des Vaters stattdessen an dem nächsten Wochenende einer geraden Woche statt. Die Eltern sprechen sich hierzu frühestmöglich intern ab. Der jeweilige Wochenendtausch der Eltern verändert dabei nicht den sonstigen fortlaufenden Rhythmus (Vater ungerade Wochen, Mutter gerade Wochen). Die Parteien stellen sicher, dass - bezogen auf das Kalenderjahr - zu gleichen Teilen Kindesumgang gewährt wird.

g) Der Vater ist berechtigt, mit A… während der Hälfte ihrer gesamten Schulferien zusammen zu sein. Die Mutter gibt dem Vater mindestens zwei Monate vor der entsprechenden Ferienzeit Bescheid, ob sie die jeweils erste oder zweite Hälfte der Ferien beansprucht.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, diese Umgangsregelung entspreche dem Kindeswohl am besten. Es sei A…s Wunsch, direkt von der Schule zum Vater fahren zu können. Ein Problem hinsichtlich des schweren Gepäcks bestehe nicht, da A… in der Schule über ein Schließfach verfüge, in dem sie die Bücher, die sie während des Wochenendes nicht benötige, ablegen könne.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Mutter mit der Beschwerde. In der Beschwerdeschrift vom 8.3.2013 hat sie vorgetragen (Akte Bl. 56 ff.):

Das Amtsgericht sei seiner Ermittlungspflicht trotz der dargelegten physischen und psychischen Situation A…s nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. A… befinde sich in einem Loyalitätskonflikt. Dass A…s Schwester An… den Umgang mit dem Vater nicht mehr wolle und tatsächlich auch nicht mehr wahrnehme, lasse das Amtsgericht völlig außer Acht. Verfahrensfehlerhaft habe das Amtsgericht für A… keinen Verfahrensbeistand bestellt und sich nicht veranlasst gesehen, ein familienpsychologisches Gutachten einzuholen, obwohl in der mündlichen Verhandlung deutlich der schwere persönliche Konflikt der Eltern hervorgetreten sei, in den das Kind seelisch mit einbezogen werde. Beispielsweise spreche der Vater die Mutter auch im Beisein der gemeinsamen Kinder ausschließlich mit „Sie“ und in Kombination mit dem Nachnamen an. Inzwischen habe An… ihr, der Mutter, offenbart, dass es zu sexuellen Übergriffen seitens des Vaters gekommen sei. Bereits vor zweieinhalb Jahren während eines gemeinsamen Zelturlaubes mit dem Vater sei dieser An… gegenüber sexuell zudringlich geworden. Sie, die Mutter, habe deshalb Strafanzeige gestellt. A… wolle im Moment, ebenso wie ihre ältere Schwester, keinen Umgang mit dem Vater. Sie befinde sich in ärztlicher Behandlung und sei aus ärztlicher Sicht hochgradig eigengefährdet. Ihre Verhaltensauffälligkeiten zeigten die typische Symptomatik von missbrauchten Kindern. Das Jugendamt sei daher bereits zu Schutzmaßnahmen wegen Kindeswohlgefährdung aufgefordert worden.

Die Mutter hat mit der Beschwerdeschrift beantragt, den Antrag des Vaters auf Umgangsregelung zurückzuweisen, das Umgangsrecht des Vaters auszuschließen und „die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 31.1.2013 einstweilen einzustellen“.

Das Jugendamt hat unter dem 11.3.2013 angezeigt, dass der Vater die Mutter und A… massiv bedrängt habe, die durch das Gericht festgelegten Umgänge ungeachtet des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens einzuhalten. Um eine mögliche weitere Gefährdung von A… auszuschließen, werde das Jugendamt das Kind in Obhut nehmen und den Aufenthalt bei der Mutter bestimmen; während der Zeit der Inobhutnahme seien Kontakte zum Vater zu unterlassen.

Auch das Jugendamt hat beantragt, den angefochtenen Beschluss auszusetzen, jedoch - um einen gänzlichen Entzug des Umgangsrechts des Vaters zu vermeiden - empfohlen, bis zur Klärung des Sachverhalts einen begleiteten Umgang anzuordnen.

Durch Beschluss vom 15.3.2013 hat der Senat die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt, soweit er den vom 15. bis 18.3.2013 zu gewährenden Umgang betrifft. An diesen Tagen beständen Recht und Pflicht zum Umgang nicht (Akte Bl. 70).

Durch Verfügung des Senats vom 18.3.2013 ist das Amtsgericht darauf hingewiesen worden, dass der Antrag des Jugendamtes vom 11.3.2013 als Anregung zum Tätigwerden nach § 1666 BGB aufzufassen sei, wofür das Amtsgericht zuständig sei (Akte Bl. 79). Im Hinblick darauf hat das Amtsgericht dann das - noch offene - Verfahren 6 F 291/13 eingeleitet.

Durch Beschluss vom 28.3.2013 (Akte Bl. 127) hat der Senat den Antrag der Mutter auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Mutter habe trotz entsprechender Aufforderung keine Bescheinigung des Arztes oder des Krankenhauses betreffend den von ihr geäußerten Missbrauchsverdacht vorgelegt. Die Angabe der Mutter, dass zu A…s Schutz durch die behandelnden Ärzte keine schriftliche Information über den Gesundheitszustand erteilt werde, sei nicht nachvollziehbar. Eine Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) habe im Übrigen ergeben, dass dort kein entsprechender Vorgang bekannt sei. Bislang habe die Mutter auch bezüglich A…s keinen Strafantrag bei der Polizei gestellt.

Unter dem 8.4.2013 hat sich das …-Krankenhaus in E… direkt an den Senat gewandt und hierbei ausgeführt, dass bei A… eine ausgeprägte depressive Symptomatik mit sozialem Rückzug, Schuldgefühlen, allgemeiner Anspannung und Konzentrationsproblemen festzustellen sei, welche in den vergangenen Monaten unter anderem zu einem schulischen Leistungsabfall geführt habe. Aufgrund der Schwere der Symptomatik bestehe nach wie vor eine Behandlungsnotwendigkeit unter vollstationären Bedingungen. A… zeige in Gesprächen ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten in Bezug auf ihren leiblichen Vater, von sich aus berichte sie praktisch nichts über diese Thematik. Es sei ein ausgeprägter Loyalitätskonflikt festzustellen, der durch eine Anhörung zum jetzigen Zeitpunkt verschärft würde. Darüber hinaus ergäben sich aus den Mitteilungen der Mutter und von A… Anhaltspunkte für bislang nicht näher spezifizierte Belastungsfaktoren in Verbindung mit den Besuchen beim Vater. Eine diesbezügliche eindringliche Befragung sei aus kinderpsychiatrischer Sicht derzeit nicht zu befürworten, da dies die Symptomatik erheblich verschlechtern könne bis hin zum Auftreten von suizidalen Gedanken oder Impulsen. Sofern dies Berücksichtigung finde, sei eine Anhörung unter den geschützten Bedingungen der Klinik jedoch möglich. Die Unfähigkeit, einer Ladung zur gerichtlichen Anhörung Folge zu leisten, ohne dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu befürchten wäre, bestehe voraussichtlich für die nächsten zwei Monate.

Unter dem 19.4.2013 hat der Vater beantragt, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A… zu entziehen und dieses auf ihn, hilfsweise auf das Jugendamt als Pfleger zu übertragen. Dabei hat er auf die aktuelle Entwicklung, insbesondere auch auf das unentschuldigte Fernbleiben der Mutter im Senatstermin vom 9.4.2013 Bezug genommen. Dieses Verfahren ist nach Verbindung Bestandteil der Akte 6 F 291/13 des Amtsgerichts.

Durch Beschluss vom 30.5.2013 (Akte Bl. 266) hat der Senat nach Durchführung zweier Anhörungstermine am 9.4. und 7.5.2013 das Umgangsverfahren mit Zustimmung der Beteiligten zum Ruhen gebracht, den Eltern aufgegeben, zum Ersten eines jeden Monats von sich aus über die Situation von A… sowie den „Stand der Dinge“ betreffend sämtliche weitere Verfahren, soweit sie mit A… oder der Schwester An… im Zusammenhang stehen, schriftlich zu berichten. Ferner hat der Senat der Mutter aufgegeben, einen ausführlichen Krankenhausbericht über die aktuelle Einschätzung der gesundheitlichen Situation von A… und den beabsichtigten weiteren Behandlungsverlauf binnen drei Wochen zur Akte zu reichen.

Durch Beschluss vom 30.9.2013 (Akte Bl. 381) hat der Senat die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage angeordnet, ob der Gesundheitszustand A…s den Umgang mit ihrem Vater zulässt und die vom Amtsgericht bereits im Sorgerechtsverfahren bestellte Sachverständige Dipl.-Psych. S… mit einer ergänzenden Begutachtung hinsichtlich des Umgangs beauftragt. Unter dem 30.4.2014 hat die Sachverständige S… ihr Gutachten vorgelegt (Akte Bl. 441 ff.). Die beteiligten Eltern haben sich zum Sachverständigengutachten geäußert.

Auch im Verfahren vor dem Amtsgericht 6 F 291/13 zur elterlichen Sorge hat die Sachverständige S… ihr Gutachten unter dem 30.4.2014 vorgelegt. Hinsichtlich der Feststellungen deckt es sich im Wesentlichen mit dem in diesem Verfahren vorgelegten Gutachten und enthält entsprechend auch die Empfehlung, das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Ergänzungspfleger zu übertragen und eine vorübergehende Fremdunterbringung des Kindes in Betracht zu ziehen.

Der Sachverständige Dr. Dipl.-Psych. O… U… hat in seiner Stellungnahme in dem Verfahren 6 F 291/13 vom 25.3.2014 (Akte Bl. 545 ff.) die Angaben, die A… im Rahmen der polizeilichen Vernehmung am 13.11.2013 getätigt hat, als nicht glaubhaft eingeschätzt. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat durch Verfügung vom 10.7.2013 das Ermittlungsverfahren gegen den Vater wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von A… gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (284 Js 1021/13, Bl. 183).

Die Dipl.-Psych. A… K… ist in ihrem für die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg erstatteten psychologischen Sachverständigengutachten vom 18.7.2014 (Sonderheft 832 Js 10290/13, dort Bl. 103) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angaben der Zeugin An… W… über die inkriminierten sexuellen Missbrauchshandlungen als nicht erlebnisfundiert eingeschätzt werden; es bleibe daher bei der Nullhypothese, wonach die Aussagen nicht glaubhaft seien.

Durch Beschluss vom 17.10.2014 hat der Senat eine weitere Beweiserhebung durch Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens über die Frage angeordnet, ob mit Rücksicht auf einen entgegenstehenden Willen der Minderjährigen die Durchführung eines begleiteten Umgangs mit dem Vater das Kindeswohl gefährden würde und insoweit den Dipl.-Psych. Dr. B… zum Sachverständigen bestellt.

Wegen der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen S… und Dr. B… wird auf den Inhalt ihrer Gutachten vom 30.4.2014 bzw. 11.4.2015 Bezug genommen.

Der Senat hat die Eltern, die Minderjährige, die Verfahrensbeiständin und einen Vertreter des Jugendamts angehört sowie die Sachverständigen S… und Dr. B… vernommen. Insoweit wird auf die Anhörungsvermerke zu den Senatsterminen vom 9.4.2013, vom 7.5.2013, vom 30.9.2014 und vom 8.9.2015 verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Umgang des Vaters mit der Minderjährigen A… ist für die Dauer eines Jahres, bis zum 30.9.2016, auszuschließen. Denn anderenfalls wäre das Wohl des Kindes gefährdet.

1.

Zu Recht hat das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss den Umgang geregelt, ohne im Tenor zugleich die Abänderung einer bestehenden Umgangsregelung auszusprechen. Da sich die Vereinbarung vor dem Amtsgericht Pankow/Weißensee vom 2.8.2006 nur zum Umgang des Vaters mit An… verhält, käme als abzuändernde Vereinbarung nur jene vom 10.11.2008 (6 F 738/07, Bl. 76) in Betracht. Es handelt sich um eine Vereinbarung, die vor Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 geschlossen worden ist. Einen Umgangstitel konnte eine solche Vereinbarung seinerzeit - mangels einer § 156 Abs. 2 FamFG entsprechenden Regelung - nur darstellen, wenn sie vom Familiengericht als eigene Entscheidung übernommen worden ist. Daran fehlt es hier.

2.

36Gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB kann das Familiengericht das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Einschränkung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre, § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB. Ein solcher Ausschluss des Umgangs ist nur möglich, wenn das nach den Umständen des Falles unumgänglich ist, um eine Gefährdung der körperlichen oder seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden, und wenn diese Gefahr nicht auf andere Weise ausreichend sicher abgewehrt werden kann (BGH, NJW 1988, 1666, 1667; Senat, Beschluss vom 15.7.2015 - 10 UF 191/13; OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, NJOZ 2004, 2563, 2564; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1684 BGB, Rn. 34; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 5.12.2008 - 1 BvR 746/08, BeckRS 2009, 30488; OLG Saarbrücken, FamRZ 2015, 344). Von einer solchen Situation ist hier auszugehen.

37A…, die im Dezember 15 Jahre alt wird, hat sich wiederholt, zuletzt gegenüber dem Sachverständigen Dr. B…, vehement gegen Umgangskontakte mit dem Vater ausgesprochen. Entgegen dieser Willensäußerung dennoch einen - auch nur begleiteten - Umgang mit dem Vater anzuordnen, würde A…s Wohl gefährden. Insoweit macht sich der Senat die nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dr. B… zu Eigen.

a)

Die ablehnende Haltung A…s gegenüber Umgangskontakten mit dem Vater ist wiederholt deutlich geworden und als unbestrittene Tatsache der Entscheidung zu Grunde zu legen.

A… hat sich gegenüber der Verfahrensbeiständin und den beiden gerichtlich bestellten Sachverständigen wie auch gegenüber dem Senat eindeutig ablehnend zu Kontakten mit dem Vater geäußert. Vor dem Senat hat A… sich sogar unter Tränen darüber beklagt, von der Sachverständigen S… bedrängt worden zu sein, sich mit dem Vater doch einmal zu treffen.

Die eindeutige Ablehnungshaltung A…s wird auch darin deutlich, dass sie, wie der Sachverständige vor dem Senat ausgeführt hat, nur sehr schwer dazu zu bewegen war, mit ihm ein zweites Gespräch zu führen. Zu einer Begegnung in der Praxis des Sachverständigen war sie nicht bereit, sodass es schließlich zu einer Verabredung in einem Café in Be… gekommen ist.

Weiterhin hat der Sachverständige Dr. B… vor dem Senat plausibel als besonderen Beleg für die vehement ablehnende Haltung A…s eine Gesprächssequenz wiedergegeben, in der A… sogar für den Fall, dass sie selbst Kinder hätte, einen Kontakt zu deren Großvater, ihrem, A…s, Vater, nicht zulassen werde.

Zwischen den Beteiligten besteht im Übrigen Einvernehmen darüber, dass - ungeachtet der Ursachen - aufgrund der eingetretenen Entwicklung und der absoluten Verweigerungshaltung A…s ein Umgang des Vaters mit ihr zurzeit nicht möglich ist. Selbst der Vater schätzt dies so ein und befürwortet deshalb eine Fremdunterbringung und therapeutische Begleitung, um einen Umgang wieder anbahnen zu können.

b)

Eine Regelung des Umgangs gegen A…s Willen kommt nicht in Betracht.

A… wird im Dezember 15 Jahre alt. Sich über ihren Willen, nämlich die Ablehnung jeglichen Umgangs mit dem Vater, hinwegzusetzen, würde ihrer Persönlichkeit nicht gerecht. Wollte man - wie es wohl der Sachverständigen S… noch vorschwebte - einen begleiteten Umgang anordnen, um zu dokumentieren, dass die Bindungen zum Vater nicht abreißen sollen, wäre dies allenfalls formal vertretbar. In der Praxis würde ein solcher Umgangstitel angesichts der Weigerung des Kindes aber ins Leere laufen. In Rechtsprechung und Literatur wird angenommen, dass gegen den betreuenden Elternteil ein Ordnungsgeld gemäß § 89 FamFG nur insoweit festgesetzt werden kann, als dem Elternteil vorgeworfen werden kann, nicht auf das Kind zur Verwirklichung einer Umgangsregelung eingewirkt zu haben. Bei größeren Kindern wird von derartigen Einwirkungsmöglichkeiten in der Regel nicht ausgegangen, wobei dies schon bei einem Alter von neun bis elf Jahren angenommen wird (vgl. Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 6. Aufl., § 89 FamFG Rn. 8; Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 3. Aufl., § 89 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Anders als in der Konstellation, wo ein Umgangsrecht des Kindes mit seinem Vater gegen dessen Willen durchgesetzt werden soll (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2008, 1287), erscheint es hier nicht richtig, im Erkenntnisverfahren eine Umgangsregelung zu erlassen, die dann im Vollstreckungsverfahren doch nicht durchgesetzt werden kann. Denn anders als in jenem Verfahren wird die gerichtliche Umgangsregelung hier keinen Appellcharakter - gegenüber dem Kind - entfalten und muss dies auch nicht, weil das Kind anders als die Eltern zum Umgang nicht verpflichtet ist. Hier liegt auf der Hand, dass A… eine gerichtliche Umgangsregelung nicht befolgen würde. Dann muss aber auch jetzt schon davon abgesehen werden, eine solche Regelung zu erlassen.

45Der Senat folgt der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B…, wonach das Kindeswohl derzeit nicht durch den Abbruch des Kontakts zum Vater, wohl aber durch einen notwendigerweise gegen den Willen A…s zwangsweise angeordneten Umgang konkret gefährdet wäre.

Der Sachverständige Dr. B… hat vor dem Senat erklärt, eine Gefahrenlage, die im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Vater und Tochter so akut wäre, dass man sofort eingreifen müsste, liege nicht vor und hat insoweit auf die Stabilisierung der Minderjährigen in der Schule und in ihrem sozialen Umfeld hingewiesen. Der Sachverständige hat weiter ausdrücklich betont, durch den Willen des Kindes keine Gefährdungslage zu sehen; er hätte den Kindeswillen auch nicht wie die Sachverständige S… als selbstgefährdend, sondern als risikobehaftet bezeichnet. Nunmehr sei das Kind stabil, vergnügt und heiter, habe sein Leben im Griff. Ein Gefährdungspotential läge darin, über seinen Willen hinwegzugehen. Wenn jetzt Umgang angeordnet würde, bedeutete dies eine Gefährdung. Die bei A… entwickelten Auffassungen ließen einen Kontakt zum Vater nicht zu. Sie lebe jetzt mit sich im Frieden, von daher sehe er keine Gefährdungslage. Das Kind sei zum Umgang nicht zu bewegen.

Die Sachverständige Dipl.-Psych. S… hat demgegenüber in ihrem Gutachten ausgeführt, dass A… bereits infolge des anhaltenden Kontaktabbruchs und des komplexen Verfahrensverlaufs eine Verunsicherung und Entfremdung erfahren habe, die sich ohne geeignete Interventionen zu einem stark negativ verzerrten Vaterbild zu festigen drohe (Gutachten - im weiteren GA - Seite 52). Die Sachverständige S… hat ihre Ausführungen ausdrücklich als vorläufige Einschätzungen bezeichnet, weil angesichts fehlender Untersuchungsteile nicht auszuschließen sei, dass in deren Ergebnis gegebenenfalls eine veränderte Beurteilung vorzunehmen wäre (GA Seite 53). Die Sachverständige S… hat darüber hinaus festgestellt, es sei nicht davon auszugehen, dass es A… gelingen könnte, die langfristigen Konsequenzen eines Kontaktabbruchs sowie mögliche negative Folgen dieses Beziehungsverlustes für ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung abzuschätzen; der Wille des Kindes enthalte insoweit potentiell selbstgefährdende Anteile (GA Seite 55). Damit hat die Sachverständige selbst zu erkennen gegeben, dass sie nicht von einer konkreten, sondern von einer potentiellen Gefahrensituation ausgeht. Gegenüber der abstrakten Gefahrensituation hat aber die konkrete, die sich dadurch einstellt, dass über den Willen des Kindes hinweg Umgang angeordnet wird, stärkeres Gewicht. Soweit die Sachverständige S… darauf hinweist, dass auch mit einer gerichtlichen Bestätigung bzw. Billigung des bereits vollzogenen Beziehungsabbruchs zwischen Vater und Tochter eine Entschärfung der familiären Konfliktlage und der damit einhergehenden chronischen Gefährdung des Kindes nicht erreicht würde (GA Seite 63), ist dem mit den plausiblen Beobachtungen des Sachverständigen Dr. B… entgegenzuhalten, dass die Situation der Minderjährigen zurzeit stabil ist. Anders würde es sich gerade dann verhalten, wenn man den Versuch unternähme, der Minderjährigen gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen einen Umgang mit dem Vater aufzudrängen.

Die Sachverständige S… hat eine Gefahr allerdings auch darin gesehen, dass eine irreversible Schädigung des Kindes dadurch eintreten könne, dass es in der subjektiven Überzeugung aufwachse, sexuell missbraucht worden zu sein (GA Seite 63). Insoweit hat die Sachverständige jedoch nicht hinreichend dargelegt, weshalb sie annimmt, dass bei A… diese Überzeugung vorhanden ist. Die Sachverständige S… geht aufgrund der Glaubwürdigkeitsgutachten ersichtlich davon aus, dass ein sexueller Missbrauch nicht stattgefunden hat. Dann aber wäre es ebenso gut denkbar oder sogar noch näherliegend, dass A… weiß, vom Vater nicht sexuell missbraucht worden zu sein. Es müssten sich dann eher die vom Sachverständigen Dr. B… für möglich gehaltenen Schuldgefühle wegen unberechtigter Vorwürfe einstellen.

49Der Sachverständige hat - für den Senat plausibel - ausdrücklich festgestellt, dass eine Missachtung des Willens des Kindes durch Druck oder Gewalt zu einer akuten Kindeswohlgefährdung führen würde (GA Seite 47). Nicht der zwei Jahre zurückliegende Kontaktabbruch des Mädchens mit dem Vater gefährde das Mädchen noch aktuell, sondern alle Maßnahmen, die gegen A…s erklärten Willen gerichtet wären (GA Seite 48). Die Frage einer autonomen, also erlebnisgestützten Willensentwicklung hat der Sachverständige nicht eindeutig klären können, da A… vielfältigen Beeinflussungen durch wiederholte Befragungen und zwangsläufig auch durch ihre Familie ausgesetzt gewesen sei (GA Seite 48). Psychologisch bedeutsam sei jedoch, dass sich bei A… in ihrem Erleben und ihrer Gefühlswelt ein festes inneres Arbeitsmodell entwickelt habe, welches es ihr derzeit unmöglich mache, mit ihrem Vater in Kontakt zu treten (GA Seite 48). In Abgrenzung zur Sachverständigen S… hat der Sachverständige Dr. B… erklärt, durch den nun zwei Jahre zurückliegenden Kontaktabbruch und die anhaltenden Nichtkontakte mit ihrem Vater könne von der Kindeswohlgefährdung nicht mehr ausgegangen werden, auch wenn ein Kontaktabbruch fast immer ein Entwicklungsrisiko darstelle (Verlust eines ehemals geliebten Elternteils) und - wie im vorliegenden Fall - nicht dem Kindeswohl diene (GA Seite 49 f.). Auch in dieser Einschätzung der konkreten Risiken folgt der Senat dem Sachverständigen Dr. B….

c)

Die Einwendungen des Vaters gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. B… greifen im Ergebnis nicht durch.

Soweit der Vater rügt, einzelne seiner Äußerungen seien vom Sachverständigen nicht zutreffend wiedergegeben worden, ist schon nicht ersichtlich, inwieweit dies für die hier zu erlassende Entscheidung Bedeutung hat. Darauf, dass der Sachverständige auf Wunsch des Senats davon abgesehen hat, in seinem schriftlichen Gutachten den Inhalt der Verfahrensakten wiederzugeben, ist bereits im Senatstermin vom 8.9.2015 hingewiesen worden. Diese Anordnung des Senats diente der Begrenzung der Sachverständigenkosten und lag damit im Interesse gerade der beteiligten Eltern. Der Akteninhalt ist den Beteiligten und dem Senat ohnehin bekannt.

Dass der Sachverständige, wie der Vater meint, nicht neutral und ergebnisoffen vorgegangen sei, sondern letztlich die von ihm schon in der Öffentlichkeit und Rechtsliteratur vertretene Auffassung wiedergegeben habe, lässt sich nicht feststellen. Es ist gerade nicht ersichtlich, dass der Sachverständige stets die Auffassung vertritt, gegen den Willen eines Kindes dürfe der Umgang nicht durchgesetzt werden. Vielmehr heißt es in dem vom Sachverständigen veröffentlichten Praxishandbuch „Kinder vor dem Familiengericht“, 2. Aufl. 2014, auf Seite 248: „In der Entwicklungspsychologie, Familienpsychologie, Familienrechtpsychologie, Rechtspsychologie, Rechtswissenschaft und Rechtsprechung herrscht Übereinstimmung, dass selbst das über 14 Jahre alte Kind beispielsweise über die Aufnahme, Durchführung oder den Abbruch von Umgangskontakten nicht allein entscheiden darf.“ In diesem Werk setzt sich der Sachverständige auch deutlich von der Annahme, dass es kein Kindeswohl gegen den Kindeswillen gebe, ab, indem er lediglich vertritt, dass die (zwangsweise) Umsetzung des Kindeswillens dem Kindeswohl erheblich schaden könne (ebenda, Seite 252). Die Möglichkeit, dass der Kindeswille beeinflusst ist, sieht der Sachverständige durchaus, vertritt aber nachvollziehbar die Auffassung, dass der Wille des Kindes als zentraler Bestandteil der Subjekthaftigkeit eines jungen Menschen trotz denkbarer Beeinflussungen und Manipulationen nach Möglichkeit immer herausgearbeitet und in Erfahrung gebracht werden sollte (ebenda, Seite 258). Dass der Sachverständige nicht abstrakt Lehrmeinungen vertritt, sondern stets für eine Einzelfallprüfung plädiert, wird auch daran deutlich, dass er als das ethisch akzeptabelste Vorgehen gegenüber den Einzelpersonen und der Familie dasjenige bezeichnet, das trotz aller zurückliegenden und gegenwärtigen familiären Krisen und Konflikte unter Berücksichtigung des Kindeswohls am ehesten zu einer Wiedergewinnung, Stabilisierung und Erweiterung von elterlichen Ressourcen führt (FPR 2013, 303, 307). Diesen Anforderungen ist der Sachverständige auch hier gerecht geworden, indem er den Einzelfall geprüft und eine Kindeswohlgefährdung für den Fall, dass der Umgang gegen A…s Willen durchgesetzt wird, festgestellt hat.

Soweit der Vater dem Sachverständigen vorhält, er habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, wie bedeutsam der Wille eines Kindes sei, wenn dieser eindeutig selbstgefährdend sei, ist hierin eine Wertung des Vaters enthalten, die der Sachverständige offensichtlich nicht teilt. Gleiches gilt für den Senat. Hier geht es allein um die Abwägung, ob die abstrakte, aber sicherlich nicht zu vernachlässigende Gefahr, die von einem völligen Abbruch des Kontakts zum Vater ausgeht, höher wiegt als die konkrete Gefahr, die sich ergibt, wenn man nun den Umgang gegen den Willen der fast 15 Jahre alten Minderjährigen durchsetzt. Der Sachverständige ist für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gefahr für A… im Fall einer zwangsweisen Durchsetzung des Umgangs größer ist.

Dies steht in Einklang mit der kinderpsychologischen Literatur. Dort wird auch von der Abwägung zwischen zwei Risiken gesprochen, zum einen dem Risiko, dass nur der Zusammenhang zwischen Manipulation durch einen Elternteil und dem polarisierenden Verhalten des Kindes gegenüber den Eltern gesehen wird, zum anderen dem Risiko, dass erhofft wird, ein Kind entwickele zunehmend Kontrollbedürfnisse und treffe autonome Entscheidungen, wobei eine mögliche psychische Schädigung des Kindes durch das manipulative Verhalten des betreuenden Elternteils übersehen wird (vgl. Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, 3. Aufl., 2010, S. 127 ff.).

d)

Der Hinweis des Vaters auf das staatliche Wächteramt in Art. 6 GG führt zu keiner abweichenden Entscheidung. In Konkretisierung dieser Verfassungsnorm hat der Gesetzgeber einen Ausschluss des Umgangs nur unter sehr engen Voraussetzungen zugelassen, nämlich nur dann, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Ein solcher Fall ist hier aber - wie ausgeführt - gegeben. Obwohl es sich bei dem Umgangsrecht - worauf der Vater zutreffend hinweist - auch um ein Recht des Kindes handelt, vgl. § 1684 Abs. 1 BGB, hat Vorrang vor der Durchsetzung des abstrakten Rechts das Kindeswohl, das hier bei Durchführung eines - auch begleiteten - Umgangs gefährdet wäre.

Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (BVerfG, Beschluss vom 13.7.2005 - 1 BvR 1245/05, BeckRS 2007, 24151 Rn. 9). Die gesetzliche Regelung des § 1684 Abs. 4 BGB ermöglicht im Zusammenspiel mit den verfahrensrechtlichen Regelungen gerichtliche Entscheidungen, welche die Umgangsbefugnis einschränken oder ausschließen, wenn das Kind dies aus ernsthaften Gründen wünscht und ein erzwungenes Umgangsrecht das Kindeswohl beeinträchtigen würde (ebenda). Angesichts der ernsthaft geäußerten Ablehnungshaltung eines knapp 14-jährigen Kindes kann der Fall so liegen, dass ein erzwungener Umgang zu einem größeren Schaden als Nutzen für die Entwicklung des Kindes führen würde. Die Annahme, dass dem knapp 14-jährigen Kind in einer so ernsten privaten Angelegenheit wie der Frage eines Umgangs mit seinem Vater nicht das Recht auf freien Willen abgesprochen werden könne, ist nachvollziehbar. In Ansehung des fortgeschrittenen Alter des Kindes ist es dementsprechend konsequent und unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, dass die Gerichte von der Anordnung eines - auch begleiteten - Umgangs absehen (BVerfG, Beschluss vom 13.7.2005, a.a.O., Rn. 10).

Vor dem völligen Ausschluss des Umgangs ist allerdings grundsätzlich die Einrichtung einer Umgangspflegschaft i.S.v. § 1684 Abs. 3 Satz 3 - 6 BGB in Betracht zu ziehen (vgl. auch BGH, FamRZ 2012, 99). Vorliegend würde sich aber an der Kindeswohlgefährdung durch die Anordnung eines - begleiteten - Umgangs mit dem Vater nichts dadurch ändern, dass ein Umgangspfleger eingesetzt wird. Denn angesichts des Alters der Minderjährigen steht deren Willen im Mittelpunkt, nicht etwa derjenige eines nicht zur Umgangsgewährung bereiten Elternteils. Die Umgangspflegschaft ist aber vom Gesetz vor allem für den Fall der Umgangsverweigerung durch einen Elternteil als (abstrakt) geeignete Gegenmaßnahme vorgesehen (Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1684 BGB Rn. 16 b).

Die Mutter hat sich dazu bereit erklärt, zumindest begleiteten Umgang des Vaters mit A… zuzulassen. A… hat auch gegenüber dem Sachverständigen davon berichtet, dass ihre Mutter sich für begleiteten Umgang mit dem Vater eingesetzt habe (GA Seite 33).

Doch selbst zu einem solchen einschränkenden Umgang mit dem Vater ist A… nicht bereit. Hieran würde die Anordnung einer Umgangspflegschaft ersichtlich nichts ändern. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass die Verfahrensbeiständin bereits in ihrer Stellungnahme vom 10.6.2014 (Akte Bl. 577 b) festgestellt hat, auch der Einsatz eines Umgangspflegers und die Inanspruchnahme einer erfahrenen Fachkraft für die Begleitung von Umgangskontakten werde nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen.

Andere mildere Mittel zur Abwendung der durch Umgangskontakte mit dem Vater eintretenden Gefahr für die Minderjährige stehen nicht zur Verfügung. Der Sachverständige Dr. B… hat allerdings eine therapeutisch unterstützte Aussprache mit ihrem Vater für dringend erforderlich gehalten, die aber sehr sorgfältig und feinfühlig vorbereitet werden müsste; zudem müsste sich A… hierzu freiwillig bereit erklären, wozu sie sich derzeit nicht in der Lage sehe (GA Seite 46 f.). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob im vorliegenden Umgangsverfahren eine verbindliche Anordnung solcher therapeutisch unterstützten Aussprachen überhaupt in Betracht kommt.

e)

Einer abschließenden Feststellung der Ursachen für die Ablehnung eines wie auch immer gearteten Umgangs mit dem Vater durch A… bedarf es in diesem Verfahren nicht.

A… hat nicht nur gegenüber dem Sachverständigen, sondern auch schon gegenüber der Verfahrensbeiständin, wie sich aus deren Bericht vom 22.7.2015 ergibt, ausdrücklich erklärt, ihre Ablehnung des Umgangs mit dem Vater sei nicht von ihrem Umfeld beeinflusst. Auch wenn diese Einschätzung nicht zutreffen sollte, was durchaus möglich ist, da es gerade bei bewussten Manipulationen ja das Ziel der Einflussnahme durch einen Dritten ist, beim Opfer den Eindruck einer autonomen Willensentscheidung zu erwecken, ändert dies nichts daran, dass es zurzeit keinen realistischen Ansatzpunkt dafür gibt, A… zum Umgang mit dem Vater zu bewegen. Vielmehr ist zu befürchten, dass sie in ihrer seelischen Entwicklung Schaden nimmt, wenn man einen Umgang des Vaters mit ihr trotzdem anordnet.

Der Sachverständige hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es für ihn nicht eindeutig ist, worin der Grund für A…s Haltung liegt. Dabei hat er das Ergebnis der Begutachtung in den Strafverfahren nicht in Zweifel gezogen, aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fragestellung dort eine andere war.

Letztlich kann dahinstehen, wie es zu der eindeutig ablehnenden Haltung des Kindes gegenüber dem Umgang mit dem Vater gekommen ist. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein nun durchgesetzter Umgang das Kindeswohl gefährden würde, ist die aktuelle Situation. Vor diesem Hintergrund kommt es darauf, ob der Senat seinerzeit in anderer Besetzung und die Verfahrensbeiständin dem Vater in Anhörungstermin vom 7.5.2013 empfohlen haben, zunächst auf keinem Umgangskontakt zu bestehen, nicht an. Entgegen der Auffassung des Vaters hätte der Senat selbst dann, wenn er mit zu Umständen beigetragen hätte, die zu einer Verfestigung der ablehnenden Haltung des Kindes geführt hätten, keine höhere Verantwortung bei der Wiederbegründung der familiären Beziehung zu leisten. Allein maßgeblich ist das Kindeswohl, wie es sich derzeit darstellt.

f)

Weiterer Ermittlungen des Senats bedarf es nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen Dr. B… nicht.

Die Sachverständige S… hat allerdings vor dem Senat als erstes Mittel der Wahl nicht eine Fremdunterbringung, sondern einen begleiteten Umgang bezeichnet und hierzu auch konkrete Vorstellungen geäußert (Akte Bl. 727 R). Die Sachverständige hat eine Interaktionsbeobachtung zwischen Vater und Kind für zwingend erforderlich gehalten, aber keinen Weg aufgezeigt, wie eine solche Beobachtung hergestellt werden könne. Das war mit ausschlaggebend dafür, dass der Senat ein ergänzendes Gutachten beim Sachverständigen Dr. B… in Auftrag gegeben hat.

Die Sachverständige hat weiter ausgeführt, sie halte einen Umgangsausschluss nicht für gerechtfertigt, wenn der dem Vater gegenüber geäußerte Verdacht bislang nicht aufgeklärt sei; vielmehr sei dann ein begleiteter Umgang angezeigt (Akte Bl. 728). Insoweit scheint die Sachverständige dem Irrtum zu erliegen, dass es bei der Umgangsregelung auch um Belohnung oder Sanktionen geht. Entscheidend ist aber das Kindeswohl. Deshalb kommt es darauf an, welche Auswirkungen ein - auch begleiteter - Umgang auf das Kind hätte.

Die Sachverständige S… hat abschließend erklärt, der von ihr vorgeschlagene begleitete Umgang diene nicht dazu, den Kindeswillen zu brechen, sondern ihn einer Überprüfung zu unterziehen. Da die Sachverständige aber keine Mittel aufgezeigt hat, wie dieser begleitete Umgang in der Realität vollzogen werden könnte, liefe eine Anordnung des begleiteten Umgangs letztlich doch darauf hinaus, den Kindeswillen zu brechen.

Der Sachverständige Dr. B… dagegen hat es nachvollziehbar als nicht unbedingt erforderlich angesehen, ein Zusammentreffen der Tochter mit ihrem Vater zu veranlassen, was am Widerstand des Mädchens ohnehin gescheitert wäre (GA Seite 50). Aus psychologischer Sicht könnten derzeit - ohne eine verbotene Gewaltanwendung - gegen A… keine milderen Mittel gefunden werden, das Mädchen gegen ihren Willen als 14-jährige zu veranlassen, mit ihrem Vater freiwillig in Kontakt zu treten (GA Seite 50).

g)

Entgegen der Auffassung des Vaters ist das vorliegende Umgangsverfahren nicht bis zum Abschluss des beim Amtsgericht anhängigen Verfahrens über die elterliche Sorge auszusetzen.

aa)

Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet. Der besonders im Gesetz genannte Aussetzungsgrund setzt die Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit zu treffenden Entscheidung im Sinne einer (zumindest teilweise) präjudiziellen Bedeutung voraus. Das Gesetz stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren, sondern auf die Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht und wäre im Übrigen auch ein konturloses Kriterium, das das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Beteiligten auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in seinem Kern beeinträchtigen würde (BGH, NJW 2005, 1947). Somit scheidet eine Aussetzung des Verfahrens dann aus, wenn die in dem anderen Verfahren zutreffende Entscheidung auf das vorliegende Verfahren lediglich Einfluss ausüben kann (BGH, NJW-RR 2006, 1289, 1290 Rn. 8). Danach ist eine Vorgreiflichkeit des Sorgerechtsverfahrens im Verhältnis zum vorliegenden Umgangsverfahren nicht gegeben.

bb)

Es liegt aber auch kein anderer wichtiger Grund vor, der eine Aussetzung des Umgangsverfahrens gebieten könnte.

Selbst wenn das Amtsgericht nach ausreichenden Ermittlungen, § 26 FamFG, der Empfehlung der Sachverständigen S… folgend der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht entziehen und dieses auf einen Ergänzungspfleger übertragen würde, wäre damit die Umgangsanbahnung noch nicht in die Wege geleitet. Es bedürfte dann erst noch der angedachten Fremdunterbringung und therapeutischen Begleitung.

Ob das Sorgerechtsverfahren überhaupt zu dem vom Vater gewünschten - und von der Sachverständigen S… gestützten - Ergebnis führt, A… fremd unterzubringen und so ihre Bereitschaft, Umgang mit dem Vater zu haben, zu fördern, ist zumindest nicht zweifelsfrei. Der Sachverständige Dr. B…, der nach dem Beweisbeschluss des Senats zu dieser Frage nicht Stellung zu nehmen hatte, hat seine abweichende Auffassung insoweit in seinem schriftlichen Gutachten zumindest zum Ausdruck gebracht (vgl. S. 47 des GA unter 6.). Auch im Senatstermin hat sich der Sachverständige Dr. B… sehr skeptisch gegenüber einer Heimunterbringung für den Fall der Umgangsverweigerung durch den Obhutselternteil gezeigt.

Doch selbst wenn am Ende des sorgerechtlichen Verfahrens aufgrund von Maßnahmen, die das Amtsgericht ergriffen hat, letztlich eine Bereitschaft A…s zum Umgang mit dem Vater stehen sollte, wäre dies, wenn die Situation gar noch vor Ablauf der vom Senat für die Aussetzung des Umgangs gesetzten Frist eintreten sollte, ein Abänderungsgrund gemäß § 1696 Abs. 1 BGB. Erwachte bei A… - aus welchen Gründen auch immer - nach Auslaufen einer befristeten Umgangsaussetzung durch den Senat das Interesse am Umgang mit dem Vater, könnte dieser jederzeit ein neues Verfahren zur Umgangsregelung einleiten. Sollte A… hingegen auch nach Abschluss des Sorgerechtsverfahrens - entweder weil sich das Amtsgericht außerstande sieht, überhaupt eine sorgerechtliche Maßnahme zu ergreifen oder weil die ergriffene Maßnahme nicht fruchtet - den Umgang mit dem Vater weiterhin ablehnen, wäre durch eine Aussetzung des Umgangsverfahrens durch den Senat überhaupt nichts gewonnen. Der Senat müsste dann die Entscheidung vornehmen, die jetzt schon angezeigt ist, nämlich eine (befristete) Aussetzung des Umgangsrechts.

Das Signal, das man A… gegenüber durch eine Aussetzung des Verfahrens aussenden würde, wäre aber fatal. Es wäre weiterhin ein Schwebezustand gegeben und A… würde sich nicht ernstgenommen vorkommen, weil ihr eindeutig geäußerter Wille nach wie vor nicht zu einer das Verfahren beendenden Entscheidung führen würde.

Auf die Gründe, weshalb der Senat nach Anberaumung des Anhörungstermins im vorliegenden Verfahren zunächst auf den 9.7.2015 durch Verfügung vom 4.6.2015 die das Sorgerecht betreffende Akte des Amtsgerichts nicht sogleich nach Erlass der die Befangenheitsablehnung betreffenden Beschwerdeentscheidung 10 WF 59/15 am 8.6.2015 an das Amtsgericht zurückgesandt hat, ist im Senatstermin vom 8.9.2015 hingewiesen worden.

3.

Das Umgangsrecht des Vaters ist bis zum 30.9.2016 auszusetzen.

Der Ausschluss des Umgangsrechts ist schon wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu befristen (vgl. Senat, Beschluss vom 15.7.2015, a.a.O.; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1684 Rn. 34). Die Aussetzung des Umgangs sollte aber auch deshalb nur vorübergehend sein, weil sich nicht ausschließen lässt, dass A… auch noch während ihrer Minderjährigkeit zu Umgangskontakt mit dem Vater bereit sein wird. Dies kann sich auch unabhängig von den Ergebnissen, die sich möglicherweise aufgrund des Sorgerechtsverfahrens einstellen mögen, ergeben. Der Sachverständige hat vor dem Senat anschaulich berichtet, dass es auch in der Situation eines Kontaktabbruches zwischen Eltern und Kind in der Pubertät manchmal interessante Entwicklungen gebe. Ein Indiz dafür, dass eine solche Entwicklung auch bei A… nicht völlig ausgeschlossen ist, mag der Umstand sein, dass sie ebenso wie ihre Schwester An… der Großmutter väterlicherseits einen Brief geschrieben hat. Möglicherweise wird sie den Kontakt zum Vater auch einmal mittels Brief aufnehmen.

Der Vater sollte seinerseits - so behutsam wie möglich - das in seinen Kräften stehende tun, um eine Basis für neuerliche Kontakte zu seiner Tochter zu schaffen. Der Sachverständige hat nämlich weiter erklärt, sollte A… falsche Angaben zulasten ihres Vaters gemacht haben, dann müsse sie Schuldgefühle haben. Die moralische Entwicklung gehe in der Pubertät auch weiter, möglicherweise ändere sie ihre Haltung zu Kontakten zum Vater. Der Vater sollte brieflich Kontakt zu A… aufnehmen, eine denkbare Möglichkeit wäre über einen persönlichen Kontakt des Jugendamtes, so der Sachverständige. Jedenfalls sollten seine Briefe persönlich auch im Rahmen eines Gespräches mit einem Jugendamtsmitarbeiter übergeben werden. Diese Anregung des Sachverständigen sollte der Vater aufgreifen. Denn dadurch würde er sicherlich die Chancen erhöhen, dass A… ihrerseits einmal - möglicherweise auch mittels Brief - Kontakt zu ihm aufnimmt.

Nach alledem erscheint im Hinblick auf mögliche Entwicklungen im Verhältnis zwischen Vater und Tochter die Aussetzung des Umgangs für ein Jahr angemessen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Entgegen der Auffassung des Vaters liegt kein Fall vor, der es rechtfertigen würde, die Kosten insbesondere des Beschwerdeverfahrens allein der Mutter aufzuerlegen. Wie bereits ausgeführt, steht es entgegen der Auffassung des Vaters nicht sicher fest, dass die Mutter das Beschwerdeverfahren allein dadurch herbeigeführt hat, dass sie A… etwa bewusst manipuliert hat. Bei der Kostenentscheidung ist auch zu bedenken, dass sich nicht zweifelsfrei hat feststellen lassen, dass die Mutter - wie der Vater behauptet - den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wider besseres Wissen erhoben hat.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1, 3 FamGKG.

5.

Mit Rücksicht auf das Alter von 14 Jahren ist die Entscheidung gemäß § 164 Satz 1 FamFG auch A… selbst bekannt zu machen. Ihr soll eine Begründung im Hinblick auf zu befürchtende Nachteile für ihre Entwicklung aber nicht mitgeteilt werden, § 164 Satz 2 FamFG. Das vorliegende Verfahren war für A… schon sehr belastend. Es ging hier - gerade für sie - nicht allein um die Frage, ob ihrem Willen bei der Entscheidung über den Umgang Rechnung getragen wird, sondern auch darum, ob sie Opfer eines sexuellen Übergriffs des Vaters geworden ist. Dieses Thema belastet A… offensichtlich sehr und sie versucht ihm auszuweichen. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. B… etwa hat A… den Eindruck vermittelt bzw. zu vermitteln versucht, dass sie an die Vorgänge, die letztlich zu dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegenüber dem Vater geführt haben, keine konkrete Erinnerung mehr habe (GA Seite 32). Anderseits hat der Ehemann der Mutter gegenüber dem Sachverständigen Dr. B… erklärt, er gehe davon aus, dass es zu 95 % zu sexuellen Übergriffen zulasten der beiden Mädchen gekommen sei (GA Seite 38). Auch die Mutter geht nach wie vor davon aus, dass es einen sexuellen Übergriff des Vaters zulasten der beiden Kinder gegeben hat. Diese Einschätzungen werden A… nicht verborgen bleiben, sodass es untunlich ist, sie mit Ausführungen zu konfrontieren, die zumindest Zweifel an den - strafrechtlich relevanten - Vorwürfen gegenüber dem Vater anklingen lassen und die Möglichkeit andeuten, bei A… könnten sich Schuldgefühle wegen unberechtigter Vorwürfe einstellen.

6.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG liegen nicht vor.