LG Kiel, Urteil vom 27.11.2014 - 6 O 112/14
Fundstelle
openJur 2016, 1450
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Vater des Klägers erwarb im Oktober 2004 bei der Beklagten über deren mit ihm seit Jahren bekannten Kundenbetreuer … Kommanditanteile an dem Dachfonds …, der in insgesamt sechs teils neu erbaute Containerschiffe investierte. Er beabsichtigte, für jeden seiner vier Enkel, d.h. für die beiden Kinder des Klägers und die beiden Kinder von dessen Schwester, der Zeugin …, einen Betrag von 10.000,00 € in eben diesem Schiffsfonds anzulegen. Um deren Eltern über diese Anlagemöglichkeit zu informieren, vereinbarte der Vater des Klägers mit dem Zeugen … einen Besprechungstermin in seiner eigenen Wohnung, zu dem er den Kläger und dessen Schwester bat. In dem etwa 1,5stündigen Gespräch, in dem es auch um Privates ging, erläuterte der Zeuge … die vorgesehene Anlage, wobei streitig ist, inwieweit er über deren Risiken aufklärte. Da die Enkel des Klägers noch minderjährig waren, kam man überein, dass stattdessen der Kläger und seine Schwester für je 20.000,00 € Anteile zeichnen sollten, das Agio von 5 % des Anlagebetrages brachten sie aus eigenem Vermögen auf. Dieses Agio floss der Emittenten zu, während die Beklagte eine Provision von 11,5 % des gezeichneten Nennbetrages von der …  erhielt. Die mit Projektierung, Marketing und Vertrieb beauftragte … Beratungsgesellschaft mbH bekam für die Beschaffung des Eigenkapitals von 60.850.000,00 € zuzüglich Agio von 3.042.500,00 € insgesamt 11.560.000,00 € an Vergütung. Neben dem Eigenkapital der Kommanditisten war eine Finanzierung über Schiffshypothekendarlehen von 105.077.000,00 € vorgesehen.

Der Kläger unterzeichnete unter dem 29.10.2004 eine Checkliste (Anlage B 2, Blatt 33 f der Akten), in der diverse Eigenschaften und Risiken der Anlage beschrieben wurden, sowie eine Beitrittserklärung über die Beteiligung an dem Schiffsfonds (Anlage K 1, Blatt 9 der Akten); wegen der Einzelheiten wird auf diese Anlagen verwiesen. Im Rahmen des Beratungsgespräches am 29.10.2004 erhielt er auch den mehr als 100 Seiten starken Emissions-Prospekt ausgehändigt.

In den drei Folgejahren bis 2007 erhielt der Kläger Ausschüttungen von jährlich 9 %, d.h. insgesamt 5.400,00 €; von da an wurde er regelmäßig darüber informiert, dass Auszahlungen nicht erfolgen könnten, weil die Gelder für die Bedienung der Kredite benötigt würden. Im Jahre 2013 wurde der Kläger durch die Beteiligungsgesellschaft aufgefordert, eine Summe von 2.429,60 € nachzuschießen, diesen Betrag zahlte er am 02.09.2013.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2013 forderte der Kläger von der Beklagten erstmals unter Fristsetzung zum 16.10.2013 Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile auf die Beklagte Schadensersatz von 17.373,61 €, wobei er von der Summe aus Anlagebetrag nebst Agio (21.000,00 €) und Nachschussbetrag (2.429,60 €) Ausschüttungen von 6.055,99 € abzog. Die Beklagte lehnte die Forderung mit Schreiben vom 18.11.2013, u.a. unter Erhebung der Verjährungseinrede, ab.

Der Kläger, persönlich gehört, behauptet, der Zeuge … habe ihm erklärt, dass Ausschüttungen von jährlich 9 % zu erwarten seien. Die Investition sei lohnend, denn Containerschiffe würden auch zukünftig immer benötigt werden, um Waren von einem Ort zum anderen zu transportieren.

Er erinnere sich nicht mehr an den genauen Ablauf des Gespräches und nicht daran, welche Kriterien außer der Rendite, die ihm für seine Kinder wichtig gewesen sei, angesprochen worden seien, oder ob bei Erläuterung der einzelnen Punkte der dicke Prospekt oder die Checkliste vorgelegen hätten und von Herrn … benutzt worden seien. Dieser werde wohl einige der in der Checkliste aufgezählten Einzelheiten ausgeführt haben, nach seiner Ansicht habe er innerhalb der Beratungszeit jedoch nicht alle Punkte ansprechen können. Er, der Kläger, habe weder gewusst, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele und die Ausschüttungen ggf. zurückgeführt werden müssten, noch die Möglichkeit des in der Checkliste unmittelbar über der Unterschriftszeile erwähnten Totalverlustes der Einlage gekannt. Eine Unterzeichnung der Checkliste sei ihm nicht mehr erinnerlich, auf jeden Fall habe er die dort angeführten Punkte zuvor nicht gelesen gehabt. Zur Informierung anhand des Prospektes habe es vor der Unterzeichnung der Beitrittserklärung keine Gelegenheit gegeben. Bei deren Unterzeichnung habe er zwar unter keinerlei Zeitdruck gestanden, aber für ihn sei in jenem Beratungsgespräch vom 29.10.2014 alles soweit geklärt gewesen, dass er seine Anlageentscheidung habe treffen können. Wenn ihm die Sicherheitsrisiken, über die er sich keine Gedanken gemacht habe, bewusst gewesen wären, hätte er die Anlage nicht gezeichnet. In dem Prospekt habe er später zeitnah gelesen, aber vieles nicht verstanden, er könne auch nicht mehr sagen, was er im Einzelnen gelesen habe. Eine nachträgliche Erläuterung durch die Beklagte habe er nicht verlangt, da er angenommen habe, dass der Zeuge …, der ihn als nicht besonders risikofreudig gekannt habe, ihm keine besonders risikoreiche Anlage empfehlen werde. Hinsichtlich des Agios habe er allerdings am 29.10.2004 nachgefragt, und nachdem der Zeuge erklärt habe, das „komme noch obendrauf“, habe er sich vorgestellt, dass es sich dabei um die Vergütung für die Beklagte handele. Dass diese Vergütung tatsächlich höher gewesen sei, habe er nicht gewusst, anderenfalls hätte er nicht darauf vertraut, dass die Beratung objektiv und seinen Interessen entsprechend erfolge. Ein Anteilserwerb wäre für ihn auch nicht in Betracht gekommen, wenn ihm bekannt gegeben worden wäre, dass der Erwerb der Schiffe überwiegend nicht aus dem eingeworbenen Eigenkapital, sondern über Schiffshypothekendarlehen finanziert wurde und die Eigenkapitalvermittlungsprovision mehr als 15 % des einzuwerbenden Kommanditkapitals betrug, da das die Werthaltigkeit des Investitionsvorhabens von vornherein gefährdet habe.

Da er nicht hinreichend aufgeklärt worden sei, habe er in Anbetracht der geleisteten Einlage von 20.000,00 € zuzüglich Agio von 1.000,00 € und des nachgeschossenen Betrages von 2.429,60 € bei Berücksichtigung der Ausschüttungen von 5.400,00 € einen Schaden von 18.029,60 € erlitten.

Der Kläger beantragt,

1.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.029,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.10.2013 Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der … GmbH & Co. KG im Nominalwert von 20.000,00 € zu zahlen,2.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung seiner Beteiligung an der … GmbH & Co. KG in Verzug befinde,3.die Beklagte zu verurteilen, an ihn Nebenkosten in Höhe von 1.266,16 € zu zahlen.Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet Beratungsfehler ihres damaligen Kundenberaters … und beruft sich auf Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche.

Der Kläger habe eine renditeträchtige und langfristige Kapitalanlage beabsichtigt und seine Entscheidung für eine Beteiligung an dem Schiffsfonds in voller Kenntnis der Chancen und Risiken getroffen, jedenfalls sei seine etwaige Unkenntnis grob fahrlässig gewesen.

Die renditeorientierte Anlage habe zu der persönlichen Ausrichtung des Klägers gepasst, da er – unstreitig – bereits nach den am 20.09.2002 schriftlich festgehaltenen „Kundenangaben für die Anlageberatung“ seine Anlageziele mit „langfristig“ und seine Risikobereitschaft mit „spekulativ“ angegeben habe. Ihm sei es gerade auf die hohen laufenden Ausschüttungen angekommen, und zum Zeitpunkt der Zeichnung seien – unstreitig – nicht selten bei geschlossenen Schiffsbeteiligungen Renditen über 200 % erzielt worden. Dass eine derartige Rendite nicht ohne Risiko erzielbar sei, habe der Kläger gewusst und in Kauf genommen. Er hätte auch unabhängig von einer Kenntnis aller Risiken die Anteile in jedem Fall erworben.

Zudem sei eine Risikoaufklärung anhand der von dem Kläger unterzeichneten Checkliste erfolgt, die der Zeuge … entsprechend ihrer Anweisungen Punkt für Punkt durchgegangen sei und erläutert habe. Dort werde auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligungsform, die Mitunternehmereigenschaft mit Chancen und Risiken, die Möglichkeit des Wiederauflebens der Haftung bis zur Höhe der Ausschüttungen, das Charter-, Währungs- und Wechselkursrisiko sowie das Risiko des Totalverlustes der Anlage hingewiesen. Auch habe Herr … die Einnahmen nicht als weitgehend sicher dargestellt und in der Checkliste seien Hinweise enthalten, dass auch langfristige Charterverträge keine 100%ige Sicherheit böten.

Sie gehe auch davon aus, dass der Vater des Klägers den bereits eine Woche zuvor erhaltenen Emissionsprospekt an den Kläger zeitnah weitergereicht habe. Auch habe der Zeuge … bei Übergabe des Prospektes am 29.10.2004 darauf hingewiesen, dass in dieser Unterlage, die im Beratungsgespräch vorgelegen habe, weitere Risikohinweise enthalten seien. Hätte der Kläger weitere Aufklärung gewünscht, so hätte ohne weiteres ein späterer Zeichnungstermin vereinbart werden können.

Über die von der … erhaltene Innenprovision habe sie nicht von sich aus aufklären müssen, da diese nicht über 15 % gelegen habe. Da dem Kläger zudem die Tatsache der Vergütung bekannt gewesen sei und er die Höhe nicht erfragt habe, sei dieser Punkt für seine Anlageentscheidung offensichtlich ohne Interesse gewesen.

Mit Nichtwissen bestreitet die Beklagte, dass die Fondsgesellschaft mehr als 15 % des bei den Anlegern eingeworbenen Kapitals für Provisionszahlungen verwendet habe. Vielmehr umfassten die Emissionskosten nach den Prospektangaben ohne nähere Spezifizierung neben dem Vertrieb auch Projektierung und Marketing und zur Bestreitung dieser Kosten habe die Fondsgesellschaft auch auf die erheblichen weiteren Kreditmittel zugreifen können; der konkrete Mitteleinsatz sei eine unternehmerische Entscheidung.

Schließlich treffe den Kläger bezüglich der Höhe des geltend gemachten Schadens ein Mitverschulden, da er, obgleich er seit dem Jahre 2008 keine Ausschüttung mehr erhalten habe und von der Fondsgesellschaft – unstreitig – regelmäßig über die Entwicklung der Beteiligung informiert worden sei, keinerlei Veräußerungsversuch auf dem Zweitmarkt unternommen habe. Dort hätten – unstreitig – bis zum September 2012 noch Erlöse zwischen 83 % und 20 % erzielt werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Es ist Beweis erhoben worden über den Inhalt des Beratungsgespräches über die Schiffsbeteiligung am 29.10.2004 durch uneidliche Vernehmung der Zeugen …, und … Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 31.10.2014 (Blatt 88 ff der Akten).

Die Akte 13 O 82/14 LG Kiel ist beweiseshalber beigezogen worden.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte im Ergebnis keinen Anspruch auf Rückabwicklung der am 29.10.2004 gezeichneten Beteiligung wegen Verletzung einer Beratungspflicht.

Das Vorliegen eines Beratungsvertrages über die am 29.10.2004 von dem damaligen Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen …, vorgestellte Vermögensanlage ist unstreitig, da der Zeuge gerade zu diesem Zwecke in die Privatwohnung des Vaters des Klägers gebeten worden war. Aufgrund dieses Vertrages war die Beklagte grundsätzlich zu einer vollständigen und verständlichen, kunden- und anlagegerechten Beratung des Klägers verpflichtet, wobei im vorliegenden Falle aufgrund der konkreten Vorgabe des Vaters des Klägers allerdings lediglich über die Beteiligung an dem Schiffsfonds … GmbH & Co. KG gesprochen werden sollte, das Erfordernis der kundengerechten Beratung also zurücktrat.

Die erforderliche anlagebezogene Beratung hat die Beklagte im Ergebnis nicht vollständig erbracht.

Das Gericht folgt zwar nicht der Darstellung des Klägers, er sei über die in der unterzeichneten Checkliste erwähnten Risiken nicht aufgeklärt worden. Seine schriftsätzlichen Ausführungen hierzu, insbesondere auf Seite 3 der Klagschrift vom 14.04.2014 und Seite 2 f des Schriftsatzes vom 01.07.2014, deckten sich nicht mit seinen Ausführungen in der persönlichen Anhörung, nach der ihm keinerlei Einzelheiten über Inhalt und Verlauf des bereits zehn Jahre zurückliegenden Beratungsgespräches mehr erinnerlich waren – mit einer Ausnahme: der angegebenen Rendite von 9 %, die ihm zur Mehrung des Vermögens für seine Kinder besonders wichtig erschien und für seine Entscheidung ausschlaggebend war. Ihm war weder die Unterzeichnung der Checkliste noch überhaupt deren Vorhandensein erinnerlich, jedoch ging er selbst davon aus, dass der Zeuge … wohl „einiges davon“, jedoch, allein von der zeitlichen Einschätzung des Klägers her, nicht jeden dieser Punkte angesprochen haben könne. In seiner Zeugenvernehmung in dem Rechtsstreit seiner Schwester hat er ferner bekundet, auch nicht mehr zu wissen, ob darüber gesprochen worden ist, dass es sich bei der Anlage um eine Investition in mehrere Schiffe gehandelt hat. Bei dieser Sachlage hält das Gericht weder den dezidierten schriftlichen Klägervortrag zu den mitgeteilten Eigenschaften der Beteiligung für auf Erinnerungen des Klägers beruhend noch dessen Behauptung, die sonstigen in der Checkliste angegebenen Risiken wie die gesellschaftsrechtliche Form, die Mitunternehmereigenschaft, das Charter-, Währungs- und Wechselkursrisiko, die Finanzierung über Schiffshypothekendarlehen zu 64 % und vor allem das in der Zeile unmittelbar über dem „Unterschriftskästchen“ angesprochene Risiko des Totalverlustes der Einlage seien nicht erwähnt worden. Hinsichtlich des letztgenannten Risikos hat der Kläger insoweit lediglich einen entsprechenden Schluss gezogen, weil er – so in seiner Zeugenaussage in dem Verfahren 13 O 82/14 LG Kiel – ansonsten dann wahrscheinlich nicht gezeichnet hätte.

In Anbetracht dieser (nach einem Zeitraum von zehn Jahren durchaus nachvollziehbaren) großen Erinnerungslücken des Klägers hält das Gericht diesen Rückschluss jedoch nicht für zuverlässig. Zwar konnte auch der Zeuge … nichts darüber sagen, auf welche Weise er über welches Risiko der Beteiligung seinerzeit aufgeklärt hat, da ihm nicht einmal mehr die Tatsache des Beratungsgesprächs vom 29.10.2004 erinnerlich war – auch dies vollkommen glaubhaft, da die Vorstellung dieser Anlage zu den damals häufiger geübten beruflichen Tätigkeiten des Zeugen gehörte. Ebenso glaubhaft hat er jedoch bekundet, erst kurz zuvor für die bei der Beklagten neue Anlageart geschult worden zu sein und sich an die Bankanweisung, sämtliche Kriterien dieser Beteiligung anhand der Checkliste nacheinander „abzuarbeiten“, nach seiner Erinnerung gehalten zu haben und insbesondere auf das Totalausfallrisiko, das er als Hauptrisiko der Anlage angesehen habe, hingewiesen zu haben.

Auf die weiteren Zeugenaussagen kommt es nach dem Vortrag des Klägers in seiner persönlichen Anhörung nicht an, sie stützen aber auch nicht hinreichend seine Schlussfolgerung, die in der Checkliste erwähnten Risiken seien verschwiegen worden. Der Vater des Klägers konnte hierzu keinerlei brauchbare Angaben machen, da er nach eigener Schilderung das Gespräch nicht verfolgt hat. Die Schwester des Klägers, die Zeugin …, die auch aufgrund ihres eigenen Zivilprozesses gegen die Beklagte ein nicht unerhebliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens haben könnte, hatte an die auch von ihr (für ihre Beteiligung) unterschriebene Checkliste ebenfalls keine Erinnerung mehr und war lediglich wie der Kläger der Ansicht, aus Zeitgründen könnten nicht alle Einzelpunkte besprochen worden sein. Sie wusste neben der Höhe der Rendite jedoch noch, dass das Währungsrisiko angesprochen worden sei. In ihrer persönlichen Anhörung in dem Rechtsstreit 13 O 82/14 LG Kiel hat sie zudem noch einen „flüchtigen“ Hinweis des Zeugen … auf die Unternehmereigenschaft der Anlage und auf die Kreditfinanzierung durch Banken beschrieben. Dass die übrigen Risiken aus der Checkliste nicht erwähnt wurden, lässt sich dagegen aus den Darlegungen der Zeugin nicht mit Sicherheit schließen, da sich nach ihrer Aussage ihre Erinnerung an dem gesamten Gesprächsverlauf als ebenso lückenhaft darstellte wie des Klägers.

Nicht enthalten waren in der vom Kläger unterschriebenen Checkliste jedoch Hinweise auf die Höhe der Vergütung der Beklagten und die Höhe der an Dritte gezahlten Vertriebskosten. Dass der Kläger über diese Punkte von dem Zeugen … aufgeklärt wurde, behauptet auch die Beklagte nicht.

33Eine ungefragte Erklärung über die für die Beklagte vorgesehene Provision musste diese allerdings nicht abgeben. Diese Provision wurde weder aus dem eingeworbenen Kapital entrichtet noch überhaupt von der Emittentin gezahlt, sondern während der Ausgabeaufschlag von 5 % bei dieser verblieb, erhielt die Bank ihre Vergütung von 11,5 % von einer mit der Emittentin nicht verflochtenen Dritten. Dass die Vermittlung der Anlage durch die Beklagte nicht ohne Vergütung erfolgte, war dem Kläger auch klar, da er, ohne dass der Zeuge …. Entsprechendes geäußert hätte, meinte, dass Agio werde für diesen Zweck eingefordert. Ob die tatsächliche Vergütung als derart hoch angesehen werden müsste, dass eine irgendwie geartete Einflussnahme der … zu vermuten gewesen wäre oder eine Interessenkollision der Beklagten bei der Bewerbung des Schiffsfonds angenommen werden müsste, kann im Übrigen dahinstehen. Jedenfalls konnte die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH WM 2014, 1382) im Jahre 2004 nicht von einer Offenlegungsverpflichtung ihres eigenen Provisionsinteresses ausgehen, so dass sie bezüglich des Unterlassens dieses Hinweises kein Verschulden trifft.

Anders steht es hingegen mit der Höhe der Vertriebskosten. Aus dem circa 100seitigen Anlageprospekt, den der Kläger unstreitig im Laufe des Beratungsgespräches und damit nicht rechtzeitig vor der Zeichnung ausgehändigt erhielt, dessen Angaben aber von keiner Partei als inhaltlich unrichtig angezweifelt werden, ergibt sich auf Seite 79, dass ein Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung mit der … mbH abgeschlossen worden war, aus dem diese betreffend den Zielfonds „…I“ eine Vergütung von 6.830.000,00 € und betreffend den Zielfonds „…“ eine Vergütung von 4.730.000,00 €  erhielt. Diese Vergütung war als risikoerhöhender Umstand aufklärungspflichtig, da sie zu den sogenannten “weichen Kosten“ der Anlage gehörte, die einen Mittelabfluss ohne die Möglichkeit einer Renditeerzielung bedeuten.

35Für die Einordnung als „weiche Kosten“ macht es keinen Unterschied, ob in den insgesamt 11.560.000,00 € ausschließlich Vertriebskosten oder, wie auf Seite 27 des Emissionsprospektes angegeben, auch die Kosten für Projektierung und Marketing enthalten waren, die ebenfalls nicht der Erwirtschaftung eines Profits dienten. Je höher der Anteil dieser Kosten ist, umso höher muss die tatsächliche Rendite aus dem restlichen eingeworbenen Kapital ausfallen, um die prognostizierte Anlage-Rendite zu erreichen. Über dieses Risiko ist jedenfalls dann aufzuklären, wenn die „weichen Kosten“, wie hier, einen Anteil von mehr als 15 % des eingeworbenen Kommanditkapitals ausmachen (vgl. hierzu BGH Z 158, 110 ff). Eine derartige Aufklärungspflicht bestand deshalb auch im vorliegenden Fall, denn das Eigenkapital der Kommanditisten betrug nach dem „Investitions- und Finanzierungsplan“ (Seite 27 des Emissionsprospektes) ohne das Agio 60.850,00 €, so dass die „weichen Kosten“ bei 19 % bzw. bei Berücksichtigung des ebenfalls der Emittentin zugeflossenen Agios noch bei circa 18 % lagen.

Einen Hinweis auf dieses Rendite-Risiko hat der Kläger weder mündlich durch den Zeugen … erhalten, noch konnte er es selbst aus dem Emissionsprospekt entnehmen, der ihm erst in dem Gespräch am 29.10.2004 vorgelegt wurde und den er demzufolge schon aufgrund seines Umfanges nicht in Einzelheiten studieren konnte. Auch dafür, dass der Zeuge … gesprächsweise etwa auf den „Investitions- und Finanzierungsplan“ in diesem Prospekt hingewiesen hat, gibt es keine Anhaltspunkte.

Dass das pflichtwidrige Unterlassen dieses Hinweises für die Entscheidung des Klägers zum Erwerb der Anlage kausal geworden ist, kann jedoch nicht angenommen werden. Zwar war die Rendite von 9 % diejenige Eigenschaft der Anlage, die den Kläger ersichtlich am meisten interessierte, jedoch hat er, wie sein späteres Verhalten zeigt, ein hohes Ausfallrisiko durchaus in Kauf genommen. Die prognostizierte Rendite erhielt er lediglich in den ersten drei Jahren bis einschließlich 2007, und augenscheinlich hat ihn der anschließende vollständige Renditeausfall über Jahre hinweg so wenig irritiert, dass er weder versucht hat, die Ursachen anhand des Emissionsprospektes allein oder mit Hilfe eines Bankberaters herauszufinden, noch sonst hat erkennen lassen, dass er der Ansicht war, eine seinen Vorstellungen nicht entsprechende Anlage erworben zu haben. So ist er auch, als er sechs Jahre nach Ausbleiben jeglicher Rendite die Aufforderung erhielt, fast 2.500,00 € und damit 45 % der früher erhaltenen Rendite und mehr als 10 % des eingesetzten Kapitals nachzuschießen, dieser Aufforderung nachgekommen. Selbst zu diesem Zeitpunkt hat er sich nicht an die Beklagte gewendet, um eine fehlerhafte Darstellung bei Anlageerwerb zu rügen, obgleich er von der Emittentin die Auskunft erhalten hatte, mit diesem Nachschießen „könne man vielleicht noch etwas retten“, er also befürchten musste, möglicherweise das gesamte Kapital einzubüßen. Dies lässt sich nur so erklären, dass ihm von Anfang an bewusst war, dass es sich nicht um eine sichere Anlage mit einem festen (Mindest-) Ertrag handelte, sondern die gezeichnete Beteiligung Risiken aufwies, die er, auch ohne die genauen Ursachen zu kennen, in Kauf zu nehmen bereit war. Dass er unter diesen Umständen auf die lukrative Anlage verzichtet hätte, wenn ihm gesagt worden wäre, dass 18 % oder 19 % der eingeworbenen Mittel in Projektierung, Marketing und Vertrieb fließen würden, oder wenn ihm gar nur die entsprechenden Zahlen genannt worden wären, hält das Gericht für ausgeschlossen.

Selbst wenn man bei dieser Sachlage noch eine Kausalität der Pflichtverletzung der Beklagten für den Anlageerwerb des Klägers bejahen wollte, wäre ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der von Beklagtenseite erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchsetzbar.

Gemäß §§ 195, 199 Absatz 1 BGB verjähren derartige Ansprüche binnen drei Jahren ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von dem Schadenseintritt und der Person des Schädigers, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres der Anspruchsentstehung beginnt.

40Der Zeitpunkt des Schadenseintritts ist bereits in der Eingehung der Beteiligung zu sehen, und die Beklagte als Schädigerin war dem Kläger bereits seit dem 29.10.2004 bekannt. Die mangelnde Renditeträchtigkeit der Anlage zeigte sich spätestens im Jahre 2010, als nach drei Jahren mit Ausschüttungen in prognostizierter Höhe nunmehr drei Jahre keinerlei Ausschüttungen erfolgt waren. In dieser Situation musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er tatsächlich eine Beteiligung mit einem hohen Risikofaktor erworben hatte. Wenn er gleichwohl zur näheren Aufklärung weder auf den zur Verfügung stehenden Emissionsprospekt zurückgriff, noch bei der Emittentin oder der Beklagten vorstellig wurde, so hat er sich zumindest grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen, dass die Beklagte ihn fehlerhaft beraten haben könnte. Zwar ist es grundsätzlich nicht als grob fahrlässig einzustufen, wenn sich ein Anleger nach der Zeichnung nicht mehr anhand des Emissionsprospektes informiert und deshalb keine Zweifel bei ihm aufkommen. Anders liegt der Fall jedoch hier, da das mehrjährige Ausbleiben der Rendite bereits Zweifel geweckt haben musste, denen nachzugehen der Kläger allen Anlass gehabt hätte. Damit begann die Verjährungsfrist des § 195 BGB spätestens zum 01.01.2011 und endete mit Ablauf des Jahres 2013. Auch wenn man eine Hemmung der Verjährung ab Zugang des Anspruchschreibens des Klägers vom 27.09.2013 (Anlage K 4, Blatt 14 ff der Akten) bis zum Erhalt des ablehnenden Telefaxschreibens der Beklagten vom 18.11.2013 (Anlage K 2, Blatt 10 der Akten), also für 51 Tage, annimmt, wäre Verjährung am 21.02.2014 eingetreten. Die Klageschrift wurde jedoch erst am 14.04.2014 eingereicht.

Damit war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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