LG Kiel, Urteil vom 25.11.2014 - 13 O 82/14
Fundstelle
openJur 2016, 1449
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.

Die Klägerin, vor allem aber ihr Bruder und ihr Vater, waren bzw. sind langjährige Kunden der Beklagten. Der Vater der Klägerin, ..., hatte nach einem Beratungsgespräch am 22.10.2004 mit dem Zeugen ..., seinerzeit Anlageberater bei der Beklagten und mittlerweile in Altersteilzeit befindlich, eine Vermögensanlage in den Schifffonds HCI Hammonia I GmbH & Co. KG getätigt und war bereit, Geld für dieselbe Vermögensanlage zugunsten seiner Enkelkinder aufzuwenden, den Kindern seines Sohnes ... und seiner Tochter, der Klägerin. Iniziiert durch den Vater, trafen die Klägerin und ihr Bruder in Gegenwart des Vaters in dessen Wohnung am 29.10.2004 zusammen, in der es mit dem Zeugen ... zu einem gemeinsamen Beratungsgespräch kam, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist. Am Ende der Beratung zeichnete die Klägerin gemäß Beitrittserklärung vom 29.10.2004 eine Beteiligung mit nominal 20.000,00 € bei einem Agio von 5 % an dem empfohlenen Schiffsfonds. Das Beitrittsformular enthält unter der Überschrift „Empfangsbestätigung“ die Erklärung, u. a. eine Ausfertigung des Emissionsprospektes erhalten zu haben. Auch unter diese Empfangsbestätigung setzte die Klägerin ihre Unterschrift. Wegen der Einzelheiten der Beitrittserklärung wird auf die Anlage K 1, Bl. 9 d. A., Bezug genommen. Ebenfalls unter dem 29.10.2004 leistete die Klägerin ihre Unterschrift unter die zweiseitige sogenannte Checkliste HCI Hammonia I. Mit ihrer Unterschrift sollte die Klägerin bestätigen, dass mit ihr u. a. folgende formularmäßig aufgeführte Hinweise besprochen wurden:

- Nachschusspflicht     ggfs Wiederaufleben der Haftung gemäß § 172, 4 HGB, maximal in Höhe der Ausschüttungen bis zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos…- MitunternehmereigenschaftJa-Teilnahme an Chancen und Risiken…-CharterrisikoJa - auch langfristige Charterverträge bieten keine hundertprozentige Sicherheit dafür, dass die Einnahmen über die Charterlaufzeit fließen- WährungsrisikoJa - zum Teil gegeben.…- kalkulierter US-Dollar-Kurs…       Am Ende der Checkliste, einige Zeilen über der geleisteten Unterschrift findet sich folgender Hinweis: „Für einen Überblick über die vorhandenen Chancen und Risiken einer Schiffsbeteiligung verweisen wir auf die Seiten 57 ff im Emissionsprospekt, wo die wesentlichen Aspekte dargestellt werden (insbesondere auch das Risiko des Totalverlustes der Einlage). Wegen des weiteren Inhaltes wird auf die Anlage B 2, Bl. 34 f d. A., Bezug genommen.

Die Umstände und der Zeitpunkt der Aushändigung des Emissionsprospektes sind zwischen den Parteien streitig. Auf Seite 27 enthält der Prospekt den Investitions- und Finanzierungsplan der Fondsanlage. Darin wird das Emissions(eigen)kapital mit insgesamt 60.850.000,00 € angegeben, die Emissionskosten, im Einzelnen bezeichnet mit Projektierung, Marketing und Vertrieb mit insgesamt 11.560.000,00 €. Wegen der Einzelheiten des Prospektes wird auf die von beiden Parteien eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin zahlte auf ihre Beitrittserklärung hin 20.000,00 € zzgl. Agio in Höhe von 5 %. Den Nominalbetrag stellte, wie vorgesehen, ihr Vater zur Verfügung, den Agiobetrag leistete sie aus eigenem Vermögen. Die Klägerin erhielt Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.400,00 €. Seit 2008 blieben jegliche Ausschüttungen aus. Über die Entwicklung der Fondsgesellschaft wurde die Klägerin regelmäßig informiert.

Die Beklagte erhielt für ihre Vermittlungstätigkeit von der H… …bank eine Innenprovision in Höhe von 11,5 % der übermittelten Zeichnungssummen.

Nach dem Inhalt eines Schreibens der Beklagten an die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18.11.2013 (Anlage K 2, Bl. 10 ff d. A.) hat die Beklagte ihre Kunden gesondert darüber informiert, dass sie für fremde Produkte Zuwendungen oder Rückvergütungen in Form von Vertriebs-, Bestands- und Vermittlungsprovisionen erhalte.

Neben der Klägerin haben auch ihr Bruder und ihr Vater beim Landgericht Kiel jeweils Klage gegen die Beklagte eingereicht wegen fehlerhafter Anlageberatung des hier in Rede stehenden Anlageobjekts.

Anlässlich einer Vermögensanlage für ihre Tochter ... unterzeichnete die Klägerin unter dem 16.06.2005 die sogenannten Kundenangaben für die Anlageberatung. Darin wird ihr Nettogesamtvermögen mit 50.000,00 – 150.000,00 € angegeben. Ihre Risikobereitschaft wird mit „spekulativ“ beschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1, Bl. 32 f d. A., Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet:

Der Zeuge ... habe ihr die in Rede stehende Schifffondsanlage empfohlen, die Investition als Dachfonds dargestellt, der in insgesamt 6 Containerschiffe unterschiedlicher Größenklasse investiere. Er habe darauf hingewiesen, dass dadurch unterschiedliche Teilmärkte der wachsenden Containerschifffahrt abgedeckt würden und dass es sich teilweise um neuerbaute Containerschiffe handele. Den Reeder habe er als in Hamburg ansässigen erfahrenen Reeder beschrieben, der sich an diesem Schiffsfonds selbst auch namhaft beteiligt habe. Der Zeuge ... habe mit jährlichen Ausschüttungen in Höhe von 9 % geworben, die er als weitgehend gesichert dargestellt habe mit der Begründung, die Schiffe beteiligten sich an einem Pool. Er habe der Klägerin erläutert, sie könne mit fortlaufend hohen Ausschüttungen rechnen, die sie für ihre Kinder weitestgehend steuerfrei vereinnahmen könne. Der Zeuge ... habe die Anlage als sichere wertkonservative Kapitalanlage dargestellt mit der Begründung, der Containermarkt wachse ständig. Containerschiffe würden zunehmend gebraucht. Von Risiken der Anlage sei nicht die Rede gewesen. Der mehr als 100 Seiten starke Prospekt sei der Klägerin erst im Anschluss an die Zeichnung übergeben worden. Wäre sie über die tatsächlichen Risiken aufgeklärt worden, hätte sie die Anlage nicht gezeichnet. Dies gelte auch, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass der Beklagten über den Agiobetrag hinaus eine weitere Vermittlungsprovision in Höhe von mindestens 8 % zugeflossen sei. Bei Kenntnis der Höhe der Innenprovision hätte sie auf die Neutralität der Beklagten nicht vertraut.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hätte auf die fragliche Rentabilität der Anlage hinweisen müssen, die sich aus den hohen Kosten der Eigenkapitalbeschaffung ergebe. Bei Kenntnis dessen, so behauptet die Klägerin, hätte sie die Anlage ebenfalls nicht gezeichnet.

Die Klägerin beantragt,

1.Die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.10.2013 Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Beteiligung an der HCI Hammonia I GmbH & Co. KG im Nominalwert von 20.000,00 € zu zahlen,2.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung ihrer Beteiligung an der HCI Hammonia I GmbH & Co. KG in Verzug befindet.3.die Beklagte zu verurteilen, an sie Nebenkosten in Höhe von 1.184,05 € zu zahlen.Die Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet:

Die Klägerin sei durch den Zeugen ... umfassend anhand der Checkliste über die Chancen und Risiken der Anlage aufgeklärt worden. Der Zeuge ... sei mit der Klägerin die Checkliste im Einzelnen durchgegangen. Der Prospekt habe im Beratungsgespräch vorgelegen. Auf die darin enthaltenen weiteren Risikohinweise habe der Zeuge ... dabei verwiesen. Die Klägerin habe die Anlage nicht auf Anraten des Beraters gezeichnet, sondern sie sei mutmaßlich von ihrem Vater dazu animiert worden, der zuvor die Anlage nach ausführlicher Beratung durch Herrn ... gezeichnet habe. Den Prospekt habe die Klägerin bereits von ihrem Vater erhalten, der sie ebenfalls auf die Chancen und Risiken der Anlage bereits hingewiesen habe. Etwaige Aufklärungsversäumnisse wären deshalb auch nicht kausal gewesen für die Zeichnung der Anlage. Es werde bestritten und ergebe sich auch nicht aus dem Prospekt, dass die Relation zwischen Vertriebskosten und Beteiligungssumme den Schwellenwert von 15 % überschreite. Denn die im Prospekt bezifferten Emissionskosten enthielten – was unstreitig ist – nicht nur Vertriebskosten, sondern darüber hinaus Kosten der Projektion und für Marketing.

Schließlich hat die Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das Gericht hat die Klägerin angehört. Wegen des Ergebnisses ihrer Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.06.2014 (Bl. 163 ff d. A.) Bezug genommen. Darüber hinaus hat das Gericht Beweis erhoben über den Inhalt des Beratungsgespräches durch Vernehmung der Zeugen ... und ... sowie ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.09.2014 (Bl. 177 ff d. A.) Bezug genommen.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückabwicklung der Beteiligung an dem Schiffsfonds HCI Hammonia nicht zu. Das Gericht vermag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine schuldhafte Pflichtverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrages festzustellen. Zumindest fehlt es an der notwendigen Kausalität.

Die beratende Bank schuldet die Rückabwicklung, wenn sie schuldhaft nicht anleger- oder nicht objektgerecht beraten hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Zeuge ... als Erfüllungsgehilfe der Beklagten die benannten Pflichten aus dem Beratungsvertrag schuldhaft verletzte. Es steht nicht fest, dass die Klägerin über die mit dem Anlageobjekt verbundenen Risiken und möglichen Nachteile nicht aufgeklärt wurde. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl die Klägerin als auch die als Zeugen vernommenen Familienmitglieder eine zu schwache Erinnerung an den Ablauf und Inhalt des Beratungsgespräches bekundet und gezeigt haben, als dass das Gericht sich die positive Überzeugung bilden konnte, über die Risiken und Nachteile sei nur unzureichend aufgeklärt worden. Es mag sein, dass der Zeuge ... für das Objekt mit positiven Worten geworben hat, weil er selbst von der Anlage überzeugt war. Dieser positiven Grundstimmung, die der Zeuge ... vermittelte, hat die Klägerin vertraut. Daraus folgt indes noch nicht, dass der Zeuge ... es unterließ, auf Risiken hinzuweisen. Schon aus der Anhörung der Klägerin selbst ergibt sich, dass Risiken Gegenstand von Erörterungen war. Immerhin hat sie angegeben, dass die Chancen und Risiken erläutert worden sind, wenn auch „ganz flüchtig“, Risiken seien nur wenig betont worden, die Beteiligung sei als „relativ“ sichere Anlage beschrieben worden, ihre Unternehmerstellung im Falle der Zeichnung der Beteiligung sei ihr mitgeteilt worden. Trotz der im Übrigen schwach ausgeprägten Erinnerung an den Inhalt des Beratungsgesprächs ist der Klägerin danach in Erinnerung geblieben, dass über Risiken gesprochen wurde. Das Gericht vermag daraus nicht den Schluss zu ziehen, der Zeuge ... habe die Risiken heruntergespielt oder nur solche problematischen Aspekte hervorgehoben, die einen Anleger nur wenig abschrecken würden. Immerhin hat die Klägerin trotz ihrer schlechten Erinnerung an das Gespräch angegeben, dass der Zeuge ... „kurz angerissen“ habe, was in der Checkliste stand. Die seitens der Klägerin beschriebene fehlende konkrete Erinnerung an die Darstellung konkreter Risiken, insbesondere die Möglichkeit eines Totalverlustes, hat zur Überzeugung des Gerichts eine wesentliche Ursache darin, dass sie, obwohl im Berufsleben stehend, sich zumindest damals mit Details über Geldanlagehintergründe nicht auseinandergesetzt hat. Es ist deutlich geworden, dass Grundlage für ihre Entscheidungsfindung nicht die Auseinandersetzung mit Details und Hintergründen war, sie sich vielmehr auf das Résumé des ihr offenbar langjährig bekannten Anlageberaters, aber auch ihres Vaters, verließ. Ihren eigenen Angaben zufolge, hat sie seinerzeit im Wesentlichen zugehört und Fragen nicht gestellt, sie habe ihrem Vater und dem Bankberater vertraut. Die ihr später möglicherweise zugesandte allgemeine Information der Beklagten darüber, dass diese für fremde Produkte Zuwendungen oder Rückvergütungen erhalte, will sie nur überflogen haben, weil sie das „Bankendeutsch“ ohnehin nicht so richtig verstehe. Das Gericht vermag nach alledem nicht festzustellen, dass die sich als inselhaft darstellende Erinnerung der Klägerin darauf beruht, dass der Berater die Klägerin über Risiken nicht  oder nur unzureichend aufklärte. Wahrscheinlicher ist aufgrund vorheriger Ausführungen, dass die Klägerin sich auf Detailinformationen nicht einließ und ihr die grundsätzliche befürwortende Bewertung der Anlage durch den Anlageberater reichte. Sie wusste im Übrigen, dass sich ihr Vater bereits nach Beratung für die Anlage entschieden hatte. Selbst die nur zwei Seiten umfassende Checkliste, die die Klägerin am Ende des Beratungsgespräches unterschrieben hat, hat sie, wie sie sagte, „so genau nicht gelesen“.

Auch nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmungen ist eine unzureichende Beratung über die Risiken der Anlage nicht festzustellen. Entsprechende Anhaltspunkte für das Gegenteil ergeben sich nicht aus der Aussage des Zeugen ..., der zwar angab, an das Beratungsgespräch keine konkrete Erinnerung zu haben. Auf eine vollständige Aufklärung über die Risiken weist indes hin, dass der Zeuge glaubhaft bekundet hat, angewiesen gewesen zu sein, die ihm zur Verfügung gestellte Checkliste im Beratungsgespräch mit dem Kunden durchzugehen, und zwar seiner Meinung nach Zeile für Zeile. Es dürfte unstreitig sein, dass, mit Ausnahme der Frage der Rentabilität der Anlage im Hinblick auf die Höhe der Vertriebskosten, die Checkliste alle Risiken aufführt, auf die notwendigerweise hinzuweisen war. War nach der in jeder Hinsicht glaubhaften Aussage des Zeugen ... Kernaussage des Prospekts, anhand dessen er sich für alle anstehenden Beratungsgespräche informiert habe, der Totalverlust der Anlage, auf den hinzuweisen er angewiesen worden sei, ergeben sich aus der Aussage des Zeugen ... jedenfalls keine Hinweise darauf, dass er nicht umfänglich über die Anlagerisiken aufgeklärt hat. Auch die Aussagen der Zeugen ... und ... sind nicht geeignet, sich die notwendige Überzeugung von einer unzureichenden Aufklärung zu bilden. Gegenteilige Bekundungen des Zeugen ... erscheinen vor dem Hintergrund fraglich, dass er andererseits bekundet hat, an den Inhalt des Beratungsgespräches in seiner Wohnung keine Erinnerung mehr zu haben. Die Ausgangssituation war – dies ist durch die Beweisaufnahme deutlich geworden – bei den beiden als Zeugen vernommenen Familienmitgliedern dieselbe wie bei der Klägerin, nämlich dass komplizierte Details zu einer Anlage nicht hinterfragt wurden, man sich vielmehr unkritisch und trotz der Risikohinweise auf den Anlagevorschlag des Beraters verließ. Den Aussagen beider Zeugen ist zu entnehmen, dass auch sie an der Auseinandersetzung mit Details zur Anlage nicht interessiert waren. Der Zeuge ...hat dazu anschaulich glaubhaft bekundet, dass für ihn solche Prospekte „böhmische Wälder“ seien. Dieses fehlende Detailinteresse und die möglicherweise auch darauf beruhende fehlende konkrete Erinnerung an das Beratungsgespräch dürften den Grund dafür darstellen, nicht zu erinnern, dass über Risiken der Anlage gesprochen wurde. Jedenfalls ist dies nicht auszuschließen. Denn auffällig ist, dass die beiden Zeugen nicht konkret in Abrede stellen, vom Zeugen ... darüber aufgeklärt worden zu sein. Sie haben nur bekundet, nicht zu erinnern, dass über Risiken gesprochen wurde. Fehlende Erinnerung, etwas gehört zu haben, eignet sich indes nicht zur Feststellung der Tatsache, ein Sachverhalt hat sich nicht ereignet. Da nach der glaubhaften Aussage des Zeugen ... eine Checkliste vorgelegen hat, aus der der Zeuge ... seiner Meinung nach das ihm Wichtige wiedergegeben habe, spricht vieles dafür, dass der Berater trotz fehlender Erinnerung der beiden Familienzeugen auch auf die Risiken der Anlage hingewiesen hat. Nach alledem vermag das Gericht nicht davon überzeugt zu sein, dass der Anlageberater die Klägerin nicht über die Risiken aufgeklärt hat, die sich aus der Checkliste ergeben.

Unstreitig kein Hinweis erfolgt ist darauf, dass die Beklagte eine Innenprovision in Höhe von insgesamt 11,5 % erhalten würde und auch nicht darauf, dass das Verhältnis zwischen Emissionskosten und der Beteiligungssumme 19 % ausmacht. Die fehlende Aufklärung darüber ist indes unschädlich, weil es insoweit an der erforderlichen Kausalität zwischen unterlassener Aufklärung und Zeichnung der Beteiligung fehlt. Auf eine Aufklärung durch den Prospektinhalt kann die Beklagte sich hier nicht berufen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass der Prospekt der Klägerin nicht vor Unterzeichnung zur Verfügung gestellt worden war, sie jedenfalls nicht genügend Zeit hatte, vor Unterschriftsleistung den Prospekt durchzulesen. Nach dem Grundsatz aufklärungsrichtigen Verhaltens wird sodann zwar vermutet, dass sich der Anleger bei korrekter Aufklärung nicht für die Anlage entscheidet. Das Gericht sieht diese Vermutung vorliegend indes als widerlegt an. In Bezug auf die unstreitige Innenprovision der Beklagten in Höhe von 11,5 % hat die Anhörung der Klägerin ergeben, dass sie sich an einer von der Beklagten für die Vermittlung verdienten Provision auch über das Agio hinaus nicht gestört hätte. Offenbar ging sie von einem solchen Sachverhalt sogar aus. Denn sie hat geäußert, eine spätere Information über den Erhalt von Provisionen seitens der Beklagten wäre keine Überraschung für sie gewesen. Zur Höhe einer Provision von mehr als 10 % hat die Klägerin sich zwar in der Weise geäußert, dass sie dann zumindest schon nachdenklich geworden wäre. Zum einen hat sie indes nicht geäußert, dass dies zur Ablehnung der Zeichnung geführt hätte. Nach dem Inhalt ihrer Angaben insgesamt wäre dies auch nicht nachvollziehbar gewesen, weil sie zum einen zum Ausdruck gebracht hat, Provisionen wären der Höhe nach für sie so lange kein Problem gewesen, wie auch sie noch daran verdient hätte. Zum anderen hat sie zum Ausdruck gebracht, dem Zeugen ... darin vertraut zu haben, dass er bei seiner Empfehlung der Anlage auch ihre wirtschaftlichen Interessen im Blick habe.

30An der notwendigen Kausalität fehlt es aus diesem Grund auch in Bezug auf den grundsätzlich aufklärungspflichtigen Umstand, dass die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung im Verhältnis zum insgesamt investierten Eigenkapital den von der Rechtsprechung als kritisch erachteten Schwellenwert von 15 % hier übersteigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man neben den reinen Vertriebskosten auch die Kosten der Projektierung und des Marketing einschließt. Diese betragen laut Investitions- und Investierungsplan (S. 27 des Prospekts) 11.560.000,00 €. Gemessen an dem gesamten einzuwerbenden Eigenkapital in Höhe von 60.850.000,00 € ergibt sich ein prozentualer Anteil von 19 %, der den Schwellenwert um 4 % übersteigt. Bei dieser Größenordnung ist auf die Höhe der Emissionskosten unaufgefordert hinzuweisen, weil dadurch von dem eingesetzten Kapital so erhebliche Teile nicht renditebringend angelegt werden, dass sich hieraus Gefahren für die Rentierlichkeit des Gesamtunternehmens ergeben können. Dies dürfte nicht nur für die Kosten der reinen Kapitalbeschaffung gelten, sondern auch für die Kosten der Projektierung und des Marketing. Auch insoweit sieht das Gericht die grundsätzlich zugunsten der Klägerin sprechende Vermutung, im Falle der Aufklärung darüber hätte sie die Anlage nicht gezeichnet, indes als widerlegt an. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Klägerin beanstandungslos hingenommen hat, seit 2008 keine Ausschüttungen der streitgegenständlichen Beteiligung mehr erhalten zu haben, und sie auch nicht auf die regelmäßigen Hinweise der Fondsgesellschaft über die Entwicklung der Beteiligung reagiert hat. Das langjährige Fehlen von Ausschüttungen – Ausdruck einer längerfristigen Unrentierlichkeit der Anlage – hat die Klägerin weder zum Anlass genommen, ihre Beteiligung auf dem Zweitmarkt zu veräußern noch hat dieser Umstand sie veranlasst, aus eigenem Antrieb an die Beklagte heranzutreten. Dies ist erst aufgrund gezielter Anfrage einer Interessengemeinschaft anderer Anleger im letzten Jahr geschehen. Nach alledem fehlt es zur Überzeugung des Gerichts an der notwendigen Kausalität. Dieser Sachverhalt ist zudem geeignet, den Anspruch auf Rückabwicklung als verjährt anzusehen. Die hier geltende Verjährungsfrist von 3 Jahren begann mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder er sie ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Spätestens mit Ablauf des Jahres 2010, nachdem dreimal jegliche Ausschüttungen ausgeblieben waren, muss die Klägerin sich grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen, den Anspruch nicht bei Gericht anhängig gemacht zu haben. Die Klagschrift ist bei Gericht erst im April 2014 eingegangen.

Nach alledem war die Klage insgesamt auch hinsichtlich der von der Hauptforderung abhängigen Nebenforderungen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S. 2 ZPO.

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