AG Münster, Beschluss vom 18.12.2015 - 77 IN 53/13
Fundstelle
openJur 2016, 941
  • Rkr:

Einem einzelnen Gläubiger, insbesondere dem Gläubiger, dessen geltend gemachte Forderung bestritten ist, steht kein Ablehnungsrecht wegen der Besorgnis der Befangenheit zu.

Tenor

Der sofortigen Beschwerde des Gläubigers T vom 17.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 03.12.2015 wird nicht abgeholfen.

Das Verfahren wird dem Landgericht Münster - Beschwerdekammer - zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.

Gründe

Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, eine von der angefochtenen Entscheidung abweichende Entscheidung zu begründen.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme des Amtsgericht, die Ablehnung des Rechtspflegers T1 wegen der Besorgnis der Befangenheit sei unzulässig, wendet, überzeugt dies nicht. Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzustimmen, dass in der Literatur (insbesondere von Ganter/Lohmann in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013, § 4 Rn. 43 m.w.N.) - anders, als in der angefochtenen Entscheidung vom Amtsgericht vertreten - teilweise vertreten wird, dass auch ein einzelner Gläubiger zur Ablehnung berechtigt sei. Zunächst kommt es darauf im Ergebnis allerdings schon nicht an, da die Ablehnung - deren Zulässigkeit unterstellt - zumindest unbegründet ist (dazu sogleich).

Darüber hinaus geht die Auffassung des Beschwerdeführers vorliegend insbesondere auch daher fehl, da der Beschwerdeführer vorliegend nicht glaubhaft gemacht hat, dass er durch die Maßnahme des Rechtspflegers unmittelbar betroffen ist, was aber nach der Auffassung, die dem einzelnen Gläubiger das Ablehnungsrecht zubilligt, erforderlich wäre (Ganter/Lohmann, a.a.O.). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer - nach seiner Behauptung - vorliegend zwar Gläubiger ist, er offensichtlich aber nicht Partei des Verfahrens, sondern "nur" Dritter ist. Gläubiger ist im eröffneten Verfahren nur, wer seine Forderung angemeldet hat, und dessen Forderung entweder tituliert oder festgestellt bzw. nicht bestritten ist (Ganter/Lohmann, a.a.O., Rn. 61). Insoweit ist der Beschwerdeführer wohl auch nach der Auffassung, die dem einzelnen Gläubiger grundsätzlich ein Ablehnungsrecht zubilligt, als nicht ablehnungsberechtigt anzusehen.

Die Ablehnung ist darüber hinaus unbegründet.

Soweit der Beschwerdeführer auf die Regelung des § 47 ZPO - wohl in Verbindung mit §§ 4 InsO, 10 Satz 1 RpflG - abstellt, vermag dies nicht zu überzeugen. In der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts wurde ausschließlich über die Zulässigkeit und Begründetheit der Ablehnung des Rechtspflegers T1 entschieden; zur Frage, ob die vom Rechtspfleger nach erfolgter Ablehnung vorgenommenen Handlungen als im Rahmen von § 47 ZPO erfolgt anzusehen sind, verhält sich die Entscheidung nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Frage für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unerheblich ist; soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dass die Tätigkeiten des Rechtspflegers in der Gläubigerversammlung gemäß §§ 10 Satz 1 RpflG, 4 InsO, 47 ZPO hätten unterbleiben müssen und die von der Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam seien, ist dies nicht im Rahmen des Ablehnungsverfahrens zu klären.

Soweit der Beschwerdeführer unter Verweis auf § 5 Abs. 1 InsO rügt, dass der Rechtspfleger befangen sei, da er das Verfahren ohne sofortige bzw. vorherige Entscheidung über eine Entlassung des Herrn Dr. L aus dem Gläubigerausschuss fortgeführt hat, geht dies ebenfalls fehl. Zunächst verkennt der Beschwerdeführer, dass Herr Dr. L nicht Mitglied des Gläubigerausschusses ist, sondern "nur" Vertreter eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses, namentlich der Sparkasse X. Ein Ausschluss des Herrn Dr. L vom Gläubigerausschuss ist daher ohnehin nicht möglich. Der Beschwerdeführer verkennt darüber hinaus auch, dass es gerade ein besonders gewissenhaftes Vorgehen des Rechtspflegers darstellt, dass dieser vor einer Entscheidung über eine Entlassung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses zunächst die erforderlichen Ermittlungen anstellt, um auf der Grundlage der dann - möglichst vollständig - ermittelten Tatsachen eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Soweit der Beschwerdeführer anführt, dass der Rechtspfleger der Gläubigerin Sparkasse X das Stimmrecht hätte entziehen bzw. dies zumindest in Betracht hätte ziehen müssen, geht diese Rüge ebenfalls fehl. Der Rechtspfleger hat, wie von § 77 InsO vorgesehen, die Stimmrechte in der Gläubigerversammlung erörtert und auf eine Einigung der Erschienenen hingewirkt. Die Einigung kam ausweislich des Protokolls der Gläubigerversammlung ohne Widerspruch eines Beteiligten zustande. Wenn es aber schon der Beschwerdeführer im Rahmen der Erörterung des Stimmrechts nicht für erforderlich hält, seine Bedenken darzulegen, sondern vielmehr einer Einigung zustimmt, die der Sparkasse X das volle Stimmrecht gewährt, ist offensichtlich fernliegend, in der - vermeintlichen - Verkennung des Erfordernisses des Entzuges des Stimmrechts betreffend die Sparkasse X durch den Rechtspfleger - ungeachtet des tatsächlichen Bestehens dieses Erfordernisses - eine Handlung zu sehen, die geeignet sein soll, Zweifel an der Unparteilichkeit des Rechtspflegers zu begründen.

Das Verfahren war nach alledem dem Landgericht Münster - Beschwerdekammer - zur abschließenden Entscheidung vorzulegen.

Münster, 18.12.2015

Amtsgericht

Unterschrift

Richter am Amtsgericht

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