VG Köln, Urteil vom 09.12.2015 - 19 K 2022/14
Fundstelle
openJur 2016, 709
  • Rkr:
Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am 00.00.0000 geborene Kläger steht als Beamter des mittleren technischen Dienstes im Dienst der Beklagten. Er wurde am 01.04.2009 zum Brandmeisteranwärter unter Verleihung der Eigenschaft als Beamter auf Widerruf und nach Bestehen der Laufbahnprüfung mit Wirkung vom 28.09.2010 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Städtischen Brandmeister (A7 ÜBesG NRW) ernannt.

Im Zeitraum vom 05.11.2011 bis zum 08.01.2012 war der Kläger dienstunfähig erkrankt; zwischen dem 21.11.2011 und dem 20.12.2011 war er in stationärer Behandlung in der LVR-Klinik M. . Nach dem vorläufigen Entlassungsbericht vom 19.12.2011 wurde bei dem Kläger eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2) diagnostiziert und abschließend die Fortführung der bestehenden Medikation unter ambulant fachärztlicher psychiatrischer Behandlung sowie eine psychotherapeutische Weiterbehandlung empfohlen. Der Kläger wurde in der Folgezeit durch einen Psychiater, Herrn M1. P. G. , fachärztlich weiterbehandelt.

Mit Dienstanordnung Nr. 01/12 vom 09.01.2012 wurde der Kläger beginnend mit dem 09.01.2012 bis auf Weiteres im Tagesdienst der Feuerwache O. im Wesentlichen im Fahrdienst eingesetzt.

Mit Schreiben vom 03.04.2012 teilte Frau C. L. (Fachärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen) vom Medizinischen Dienst der Beklagten gegenüber dem Fachbereich Personal und Organisation der Beklagten mit, dass der Kläger am 08.02.2012 in ihrer Sprechstunde gewesen sei und aufgrund seiner Erkrankung zurzeit und voraussichtlich bis einschließlich Juli 2012 in der Lage sei, im Fahrdienst der Feuerwache vollschichtig zu arbeiten. Zur weiteren Stabilisierung seiner gesundheitlichen Situation werde empfohlen, den Kläger während dieser Zeit nicht im uneingeschränkten Feuerdienst einzusetzen.

Mit Stellungnahme vom 25.07.2012 teilte Frau L. mit, der Kläger sei dort am selben Tag in der Sprechstunde gewesen. Zwischenzeitlich habe eine deutliche Stabilisierung der gesundheitlichen Situation des Klägers stattgefunden. Der Kläger sei wieder uneingeschränkt in der Lage, seine Tätigkeiten als Feuerwehrmann zu verrichten. Dies ergebe sich auf der Grundlage der eigenen Untersuchung, der Vorgeschichte und einem mit dem behandelnden Facharzt des Klägers geführten Gespräch.

Mit Dienstanordnung Nr. 28/12 vom 20.08.2012 wurde die Dienstanordnung Nr. 01/12 aufgehoben und der reguläre Einsatzdienst des Klägers beginnend mit dem 22.08.2012 angeordnet.

Mit E-Mail vom 08.07.2013 äußerte ein Vertreter des Fachbereiches Feuerwehr gegenüber dem Fachbereich für Personal und Organisation, er habe den Vorgesetzten des Klägers, Herrn G1. , bezüglich der Verbeamtung des Klägers auf Lebenszeit befragt. Dieser halte den Kläger für einen guten und motivierten Mitarbeiter trotz seiner zwischenzeitlichen Erkrankung. Eine zusätzliche Untersuchung beim Amtsarzt halte der Vorgesetzte für nicht erforderlich.

Die Beklagte leitete eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers ein und bat den Medizinischen Dienst mit Schreiben vom 19.09.2013 mit Blick auf die am 27.09.2013 endende Probezeit um Mitteilung, ob zum jetzigen Zeitpunkt die psychische Einsatzfähigkeit wieder gegeben sei und ob die körperliche Einsatzfähigkeit nach dem zwischenzeitlich erlittenen Bänderriss wieder in vollem Umfang hergestellt sei.

Der Kläger wurde am 10.10.2013 beim Medizinischen Dienst der Beklagten durch Frau L. amtsärztlich untersucht. Handschriftlich wurde zur Beurteilung festgehalten, dass zwischenzeitlich keine psychotherapeutische Behandlung, die von der LVR-Klinik M. empfohlen wurde, durchgeführt worden sei. Diese sei erforderlich. Zurzeit sei keine Verbeamtung auf Lebenszeit zu empfehlen.

Unter dem 02.12.2013 teilte Frau L. dem zuständigen Fachbereich mit, dass der Kläger zurzeit uneingeschränkt in der Lage sei, seine Tätigkeiten als Feuerwehrmann zu verrichten. Eine Verbeamtung auf Lebenszeit sei zum jetzigen Zeitpunkt aus amtsärztlicher Sicht nicht zu empfehlen.

Der Kläger war erneut am 05.12.2013 zur Besprechung beim Medizinischen Dienst der Beklagten; Gegenstand war laut Aktenvermerk das Erfordernis der psychotherapeutischen Aufarbeitung seiner belastenden lebensgeschichtlichen Ereignisse.

Auf telefonische Nachfrage des Fachbereichs für Personal und Organisation teilte Frau L. am 10.12.2013 mit, dass sie eine Probezeitverlängerung von mindestens 1,5 Jahren vorschlage.

Am 07.01.2014 ging bei dem Medizinischen Dienst der Beklagten ein Privatattest des Facharztes des Klägers, Herrn M1. P. G. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie), ein, in dem es heißt, der Kläger sei aus nervenärztlicher Sicht für den Rettungsdienst und Brandschutz diensttauglich. Eine weitere medikamentöse oder psychiatrische Behandlung sei zurzeit nicht erforderlich.

Am 08.01.2014 war der Kläger erneut beim Medizinischen Dienst der Beklagten zum Gespräch.

Mit Schreiben vom 20.01.2013 bat der Kläger die Amtsärztin, ihm schriftlich mitzuteilen, aus welchem medizinischen Grund sie der Meinung sei, dass eine Verbeamtung auf Lebenszeit für ihn zum aktuellen Zeitpunkt nicht in Frage käme. Hierauf äußerte Frau L. mit Schreiben vom 07.02.2014 gegenüber dem Kläger, sie habe ihm am 08.01.2013 in einem 50-minütigen Gespräch den Sachstand hinsichtlich ihrer amtsärztlichen Stellungnahme ausführlich erklärt und dem nichts hinzuzufügen sei.

Mit weiterem Schreiben vom 07.02.2014 teilte Frau L. gegenüber dem Fachbereich Personal und Organisation betreffend den Kläger im Nachgang zu ihrem Schreiben vom 02.12.2013 mit: "Hinsichtlich der Krankenvorgeschichte und den mir nun vorliegenden Erkenntnissen, die sich im Laufe der Bearbeitung der Begutachtung zur Dienstfähigkeit ergeben haben, ist eine Verbeamtung auf Lebenszeit weder zurzeit noch in der Zukunft zu empfehlen."

Am 11.02.2014 gab Frau Dipl.-Psychologin Q. H. telefonisch gegenüber Frau L. an, dass der Kläger sich wegen einer Psychotherapie bei ihr vorgestellt habe. Hierzu teilte sie mit, dass bei dem Kläger keine Symptomatik bestünde, um bei der Beihilfe einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Psychotherapie stellen zu können.

Mit E-Mail vom 13.02.2014 forderte der Fachbereich Personal bei dem Medizinischen Dienst eine amtliche Begutachtung des Klägers zu den Fragen an, ob aus ärztlicher Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze und von künftigen häufigeren Erkrankungen auszugehen sei.

Nach einem Telefongespräch zwischen einer Mitarbeiterin des Fachbereichs Personal und Frau L. am 17.02.2014, dessen Inhalt in den dem Gericht vorliegenden Akten nicht dokumentiert ist, äußerte Frau L. mit Schreiben vom 18.02.2014, dass für die weitere amtsärztliche Begutachtung zur Verbeamtung auf Lebenszeit ein fachärztliches Gutachten erforderlich sei. Mit Schreiben vom 19.02.2014 wurde Frau L. unter Zusage der Übernahme der Kosten gebeten, das Gutachten schnellstmöglich in Auftrag zu geben.

Der Personalrat wurde unter dem 03.02.2014 um Zustimmung zur Verlängerung der Probezeit des Klägers gebeten und stimmte der Maßnahme zu.

Mit Bescheid vom 05.03.2014 wurde die Probezeit des Klägers bis zum 27.03.2015 verlängert. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst worden sei, um die für die Lebenszeitverbeamtung notwendige, volle psychische und körperliche Einsatzfähigkeit im Feuerwehrdienst festzustellen. Die Amtsärztin habe allerdings erklärt, dass eine Verbeamtung auf Lebenszeit zum jetzigen Zeitpunkt aus amtsärztlicher Sicht nicht zu empfehlen sei, und vorgeschlagen, die Probezeit um mindestens 1,5 Jahre zu verlängern. Aufgrund dieser Feststellung der Amtsärztin vermöge man die gesundheitliche Eignung des Klägers nicht festzustellen.

Der Kläger hat am 04.04.2014 Klage erhoben mit den Anträgen, den Probezeitverlängerungsbescheid der Beklagten vom 05.03.2014 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, ihn zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.

Mit Schreiben vom 12.01.2015 beauftragte Frau L. vom Medizinischen Dienst der Beklagten Univ.-Prof. Dr. G2. K. - Uniklinik L1. - mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens zu den Fragen, ob der Kläger unter Berücksichtigung seiner Krankenvorgeschichte in der Lage sei, die Tätigkeit als Feuerwehrmann inklusive Rettungsdienst und Schichtdienst zu verrichten und ob der Kläger geeignet sei, Beamter auf Lebenszeit zu werden. Ferner wurde um Stellungnahme gebeten, ob eine vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch eine bestimmte Maßnahme (z.B. Therapie) verhindert werden könne und ob der Beamte sich selbst oder andere aufgrund seiner Erkrankung gefährden könne, z.B. im Rahmen eines Einsatzes.

Der Kläger wurde am 11.02.2015 und am 19.02.2015 in der Uniklinik L1. begutachtet. Mit Wissenschaftlichpsychiatrischen Gutachten vom 06.07.2015, unterzeichnet durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin A. S. , die Leitende Oberärztin Dr. M2. und den Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. K. , gehen die Gutachter zusammenfassend von dem Vorliegen einer erstmaligen und bis dato einmaligen schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome im Jahre 2011 aus (F32.2). Die Diagnose einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen (F 32.3) sei jedoch nicht sicher auszuschließen, da sich in der Anamnese als auch im psychopathologischen Befund Hinweise für Verfolgungserleben fanden. Seit August 2012 bis zum Untersuchungszeitpunkt liege eine Vollremission vor. Epidemiologische Studien zeigten, dass bei der Mehrzahl der Patienten Depressionen episodisch aufträten. Nach der Ersterkrankung käme es in 50 bis 60 % der Fälle zu wenigstens einer weiteren depressiven Episode. Nach der zweiten Episode erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs auf 70 % und nach der dritten Episode auf 90 %. Die Behandlung des Klägers sei leitlinienkonform (S3-Leitlinie) erfolgt. Die Krankheitsepisode des Klägers habe sich durch ein rasches Ansprechen auf die stationär durchgeführte medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung ausgezeichnet. Eine Wiedererlangung der vollen beruflichen Leistungs- und Belastungsfähigkeit sei ab August 2012 dokumentiert gewesen. Der Proband zeige sich sensibilisiert hinsichtlich der krankheitsspezifischen Symptome und führe als Maßnahmen bei Verschlechterung des psychischen Befindens die Vorstellung bei einem niedergelassenen Psychiater und entlastende Gespräche mit seiner Partnerin an. Der Kläger sei aktuell als asymptomatisch und gesund einzustufen. Aufgrund des seit August 2012 vorliegenden stabilen voll remittierten Zustandes des Probanden gebe es aus fachpsychiatrischer Sicht derzeit keine Einschränkungen gegenüber der Tätigkeit als Feuerwehrmann im Rettungs- und Schichtdienst. Zum Untersuchungszeitpunkt sei von uneingeschränkter psychophysischer Belastbarkeit auszugehen. Eine sichere Prognose über die Auftretenswahrscheinlichkeit von Rezidiven und einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit im Individualfall könne nicht getroffen werden. Aus ärztlichwissenschaftlicher Erfahrung heraus gebe es aktuell keine Anhaltspunkte, die auf eine überwiegend wahrscheinliche vorzeitige Pensionierung vor Erreichen der Altersgrenze hinweisen würden. Bezüglich des langzeitigen Verlaufs sei aus gutachterlicher Sicht nicht mit Sicherheit zu beurteilen, ob eine vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit in Zukunft auftreten könne. Es ließen sich keine sicheren Prognosen über die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen dauerhaften Dienstunfähigkeit machen. Es gebe therapeutische Maßnahmen, welche durch Frühintervention eines beginnenden Rezidivs eine Dienstunfähigkeit verhindern könnten, wie z.B. psychotherapeutische Unterstützung, Psychoedukation sowie frühzeitige Kontaktaufnahme zu einem niedergelassenen Psychiater. In voll remittiertem Zustand sei nicht von einer Eigen- oder Fremdgefährdung auszugehen. Im Rahmen einer erneuten Erkrankungsepisode sei eine Eigengefährdung, z.B. bei Auftreten suizidaler Gedanken, nicht auszuschließen. Bei Auftreten eines Rezidivs werde eine umgehende fachpsychiatrische Beurteilung empfohlen.

Im Prüfvermerk der Beklagten vom 22.07.2015 zu der Bewährung des Klägers in der Probezeit heißt es im Wesentlichen: Seit der Verlängerung der Probezeit könnten keine außergewöhnlichen krankheitsbedingten Ausfälle des Klägers erkannt werden. Es sei daher grundsätzlich von der gesundheitlichen Eignung auszugehen. Es sei auch von einer Befähigung des Klägers auszugehen. Der Kläger habe durch das Ablegen der Laufbahnprüfung grundsätzlich die Laufbahnbefähigung erworben. Es liege auch keine Meldung vor, dass der Kläger den Anforderungen seines Amtes nicht gewachsen sei. Mit der Regelbeurteilung vom 04.06.2013 sei im Gesamturteil festgestellt worden, dass die Leistungen des Klägers im Allgemeinen den Anforderungen entsprächen; eine aktuelle Beurteilung werde angefordert. Ausgehend von einer zumindest gleichbleibenden Beurteilung sei im Ergebnis festzustellen, dass sich der Kläger in der Probezeit bewährt habe und in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu ernennen sei. In der Beurteilung vom 12.08.2015 wurde der Kläger im Gesamturteil mit "entspricht in vollem Umfang den Anforderungen" beurteilt.

Der Medizinische Dienst der Beklagten fertigte am 17.08.2015 eine Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung aus Anlass der Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern in den öffentlichen Dienst. Als Grundlage der Beurteilung der Frau L. werden dort "Anamnese, Befund, ärztliche Unterlagen, psychiatrisches Gutachten" angegeben. Unter Punkt III.2. ‚Ergebnis der Beurteilung‘ heißt es dort: "Herr K... erfüllt aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht die Voraussetzungen, die für die Verbeamtung auf Lebenszeit erforderlich sind." Weitere Angaben werden dort nicht gemacht. Unter Punkt 3. wird ausgeführt, dass der Beamte am 10.10.2013 ärztlich untersucht worden sei.

Am 21.08.2015 wurde der Kläger zu der Absicht angehört, ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen.

Am 24.08.2015 wurde dem Kläger telefonisch mitgeteilt, dass er aufgrund einer vorliegenden Dienstunfähigkeit ab sofort nicht mehr bei "00" (Feuerwehr) eingesetzt werde. Ein Attest von seinem Arzt werde nicht benötigt, da die Stellungnahme der Amtsärztin die sofortige Dienstunfähigkeit bescheinige.

Am 25.08.2015 bat der Fachbereich Personal und Organisation die Amtsärztin Frau L. telefonisch um eine ergänzende Stellungnahme. Auf die Anfrage teilte Frau L. mit Stellungnahme vom 26.08.2015 ergänzend mit, dass mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb von 6 Monaten nicht zu rechnen sei und dies auch innerhalb eines längeren Zeitraums nicht wahrscheinlich erscheine. Der Kläger werde auf Dauer für nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen. Grund dafür sei die Art der Erkrankung des Klägers sowie die Erkenntnisse, die sich aus der fachpsychiatrischen Zusatzbegutachtung ergeben hätten. Die Art der Erkrankung lasse keine günstigere Prognose erwarten. Tätigkeiten, bei denen eine Eigengefährdung und Gefährdung anderer ausgeschlossen seien, könnten von dem Kläger verrichtet werden.

Aufgrund der ergänzenden Stellungnahme der Amtsärztin stellte der zuständige Fachbereich laut Vermerk vom 26.08.2015 fest, dass der Kläger dienstlich nicht mehr eingesetzt werden könne und aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen sei. Aufgrund der Art der Erkrankung sei auch eine anderweitige Verwendung nicht möglich.

Auf das Schreiben der Beklagten an die Vorsitzende des Personalrats vom 01.09.2015 meldete diese unter dem 08.09.2015 Bedenken gegen die Maßnahme an. Im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens wurde sich in der Sitzung am 06.10.2015 vergleichsweise sinngemäß darauf geeinigt, weitere Schritte vom Ausgang des hiesigen Klageverfahrens abhängig zu machen.

Der Kläger wurde ab dem 16.11.2015 als Hausmeister einer Flüchtlingsunterkunft eingesetzt.

Die Beteiligten haben den Antrag des Klägers bezüglich der Aufhebung des Probezeitverlängerungsbescheids in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt; die Beklagte hat diesbezüglich zugleich die Übernahme der Kosten des Verfahrens erklärt.

Hinsichtlich des Antrags auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit macht der Kläger zuletzt geltend:

Bereits das Zeit- und Vertrauensmoment streite für ihn, da die Beklagte nach Ablauf der verlängerten Probezeit am 27.03.2015 keine weitere Verfügung getroffen habe. Ferner werde seine gesundheitliche Eignung durch das Gutachten der Uniklinik L1. vom 06.07.2015 bestätigt. Vor diesem Hintergrund sei das Ergebnis der Amtsärztin in der Mitteilung zur Begutachtung vom 17.08.2015 unerklärlich, insbesondere da dort keine tatsächlichen Anhaltspunkte genannt werden und die Amtsärztin den Kläger seit 2013 nicht mehr begutachten habe. Angesichts dessen sei gleichermaßen unerklärlich, dass die Beklagte eine weitere Sachverhaltsaufklärung unterlassen habe; die Wertung der gesundheitlichen Eignung bzw. der Dienstfähigkeit sei schließlich allein durch den Dienstherren zu treffen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihn zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Sie gehe aufgrund der amtsärztlichen Begutachtung (Mitteilung vom 17.08.2015) davon aus, dass der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung nicht die Voraussetzungen für die Verbeamtung auf Lebenszeit erfülle. Die gesundheitliche Eignung des Klägers für eine Verbeamtung auf Lebenszeit sei auf folgenden Gründen nicht gegeben: Bei dem Kläger liege eine "schwere, psychiatrische Erkrankung (ICD 10: F32.2)" vor, die im Jahr 2011 über mehrere Monate ausgebrochen sei und fast einen Monat habe stationär behandelt werden müssen. Der Kläger habe die im Abschlussbericht der LVR-Klinik M. empfohlene psychotherapeutische Behandlung nie durchführen lassen. Ferner komme es laut epidemiologischen Studien nach einer Ersterkrankung in 50-60% der Fälle zu wenigstens einer weiteren depressiven Episode. Diese Werte bezögen sich auf einen "Normalbürger". Bei dem Kläger müsse aufgrund der hoch auffälligen Familienanamnese von deutlich höheren Werten ausgegangen werden. Es sei von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen. Anders als der Kläger vorgetragen habe, könne dem Gutachten diesbezüglich keine Einschätzung entnommen werden, weil der Gutachter dies im Ergebnis offen gelassen habe. Es könne - anders als der Gutachter dies für möglich gehalten habe - auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich bei dem Auftreten eines Rezidivs in Behandlung begeben werde. Schließlich bestünde eine große Gefahr, wenn der Kläger aufgrund eines unbemerkten Rezidivs im Einsatz Symptome zeigte. Die Beklagte nimmt insoweit Bezug auf die weitere amtsärztliche Stellungnahme vom 19.11.2015, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 184-190 der Gerichtsakte). Überdies schlössen Depressionen die gesundheitliche Eignung für den Feuerwehrdienst generell, jedenfalls im vorliegenden Einzelfall aus. Einen konkreten Kriterienkatalog bezüglich der gesundheitlichen Anforderungen an die Ausübung des Amtes des Brandmeisters habe die Beklagte nicht, ein solcher sei auch für das Land Nordrhein-Westfalen nicht bekannt. Vielmehr mache sich der Amtsarzt unter Berücksichtigung eines von dem Bewerber auszufüllenden Fragebogens zur Krankheitsgeschichte ein Bild darüber, ob aus seiner Sicht die gesundheitliche Eignung bzw. die Befähigung für die Ausübung eines Amtes gegeben sei. Die Kriterien der Befähigung und der fachlichen Leistung seien nach entsprechender Überprüfung durch die Beklagte als erfüllt anzusehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Umwandlung des Beamtenverhältnis auf Probe in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sind §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 10 BeamtStG, § 16 LBG NRW. Danach ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach drei Jahren - im Falle der verlängerten Probezeit spätestens nach fünf Jahren - in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Die beamtenrechtlichen Voraussetzungen liegen vor, wenn sich der Beamte in der Probezeit bewährt hat. Kriterien der Bewährung sind dabei die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung, vgl. § 9 BeamtStG.

Nach den genannten Vorschriften ist der Akt der Ernennung Voraussetzung für die Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit. Allein der Ablauf der Probezeit - auch der gesetzlich vorgesehenen Dauer von höchsten fünf Jahren - führt nicht automatisch zur Umwandlung des Beamtenverhältnisses.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Feststellung der Bewährung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, juris, Rn. 12.

Daraus folgt zum einen, dass in ein Eignungsurteil, das nach Ablauf der Probezeit getroffen wird, nur solche Umstände Eingang finden können, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.02.1993 - 2 C 27/90 -, juris, Rn. 14, und vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, juris, Rn. 12.

Zum anderen folgt daraus, dass es der positiven Feststellung der Bewährung gleichkommt, wenn der Dienstherr in der gebotenen Zeit nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit keine Feststellung über die Nichtbewährung des Beamten und damit keine Entscheidung über dessen Entlassung trifft und auch keine Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit anordnet.

BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 - 2 C 27/90 -, juris, Rn. 13.

Im Hinblick auf die Merkmale der Befähigung und der fachlichen Leistung hat sich der Kläger nach den Feststellungen der Beklagten bewährt.

Das Merkmal der Eignung umfasst unter anderem die charakterliche und die gesundheitliche Eignung des Beamten. Mit Ausnahme der gesundheitlichen Eignung hat die Beklagte keine gegen die Bewährung sprechenden Gründe hinsichtlich der Eignungsmerkmale alsbald nach Ablauf der Probezeit festgestellt, weshalb insoweit eine Bewährung des Klägers anzunehmen ist. Auch wenn sie nach dem Ablauf der verlängerten Probezeit am 27.03.2015 - zunächst auch - keine weitere Feststellung zu der gesundheitlichen Eignung des Klägers getroffen hat, ist vorliegend insoweit keine Bewährung allein aufgrund des Zeitablaufs zu unterstellen. Zur Zeit des Ablaufs der verlängerten Probezeit lief bereits das Begutachtungsverfahren zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung, weshalb der Kläger nicht unmittelbar auf seine Lebenszeiternennung vertrauen konnte. Die Feststellung der Beklagten und die beabsichtigte Entlassung des Klägers stehen auch noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang zum Ablauf der verlängerten Probezeit.

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, juris, Rn. 19.

Dies zugrunde gelegt ist von einer gesundheitlichen Eignung des Klägers für die Verrichtung der Aufgaben seines Statusamtes zum Ende der Bewährungszeit auszugehen.

Die Beklagte hatte zum Ablauf der Bewährungszeit des Klägers die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung für Beamte im Statusamt des Klägers nicht festgelegt. Vielmehr hat sie es den Amtsärzten überlassen, eine eigene Einschätzung über gesundheitliche Eignungsmängel zu treffen. Die Amtsärztin hat am 25.07.2012 festgestellt, dass der Kläger (wieder) uneingeschränkt in der Lage sei, seine Tätigkeiten als Feuerwehrmann zu verrichten. Dieser Einschätzung folgend hat die Beklagte den Kläger ab dem 22.08.2012, nachdem er im Anschluss an seine Erkrankung im Jahr 2011 zunächst im Tagesdienst im Wesentlichen im Fahrdienst verwendet wurde, wieder im regulären Feuerwehrdienst eingesetzt. Die Amtsärztin hat ihre Einschätzung nochmals bestätigt am 02.12.2013 und ausgeführt, dass der Kläger (zurzeit) uneingeschränkt in der Lage sei, seine Tätigkeiten als Feuerwehrmann zu verrichten.

Dass der Kläger die gesundheitlichen Anforderungen an sein Statusamt in der Bewährungszeit entgegen dieser Einschätzungen nicht erfüllt hat, kann nicht festgestellt werden. Der Feststellung eines Defizits steht insoweit schon entgegen, dass der Dienstherr die Anforderungen, die der Beamte in gesundheitlicher Hinsicht erfüllen muss, nicht festgelegt hat. Ohne eine solche Festlegung kann aber weder er selbst, noch der Amtsarzt, noch das Gericht feststellen, ob der Bewerber bzw. der Beamte in Bezug zu den Anforderungen ein Defizit aufweist. Unabhängig davon spricht hier Überwiegendes dafür, dass die damalige Annahme, der Kläger sei feuerwehrdiensttauglich, zutreffend war. Die damalige Einschätzung der Amtsärztin wird bestätigt durch die Einschätzung des den Kläger behandelnden Facharztes und letztlich auch das wissenschaftlichpsychiatrische Fachgutachten vom 06.07.2015, das von einer Stabilisierung ab August 2012 und letztlich von einer Vollremission ausgeht. Weiterhin spricht für die Richtigkeit dieser Annahme, dass es im Rahmen der uneingeschränkten Verwendung des Klägers seit August 2012 zu keinerlei relevanter Beanstandung, Auffälligkeiten, Ausfallerscheinungen oder ähnlichem gekommen ist.

Soweit die Beklagte den Kläger seit August 2015 nicht mehr für gesundheitlich geeignet erachtet, ist dies für den hier maßgeblichen Überprüfungszeitpunkt rechtlich unerheblich. Da diese Feststellung erst nach dem Ende der Bewährungszeit getroffen wurde, ist sie - selbst ihre Richtigkeit unterstellt - hier nicht von Relevanz. Daher braucht der Frage, ob für diese Feststellung tragfähige (medizinische) Erkenntnisse vorlagen, was nach Lage der Akten zumindest zweifelhaft sein dürfte, nicht weiter nachgegangen werden.

Die Beklagte kann der gesundheitlichen Eignung des Klägers auch nicht entgegenhalten, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit frühzeitig wegen Dienstunfähigkeit zur Ruhe gesetzt werden.

Der Dienstherr kann einem Bewerber die gesundheitliche Eignung auch dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Ist eine Erkrankung des Bewerbers zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit bereits bekannt, ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen. Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers sind unerheblich. Lässt sich eine vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit weder feststellen noch ausschließen, so geht dies zu Lasten des Dienstherrn.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, juris, Rn. 26 ff.

Solche tatsächlichen Anhaltspunkte liegen hier nicht vor.

Das von der Beklagten eingeholte wissenschaftlichpsychiatrische Fachgutachten vom 06.07.2015 gelangt hinsichtlich der Frage einer vorzeitigen Pensionierung zu der Einschätzung, dass es aus ärztlichwissenschaftlicher Erfahrung keine Anhaltspunkte gibt, die auf eine überwiegend wahrscheinliche vorzeitige Pensionierung vor Erreichen der Altersgrenze hinweisen würden. Im Ergebnis zur Beantwortung der Frage, ob die vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch eine bestimmte Maßnahme verhindert werden könne, heißt es, dass sich keine sicheren Prognosen über die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen dauerhaften Dienstunfähigkeit machen ließen. Die Einschätzung der Gutachter beruht auf der Untersuchung des Klägers am 11.02.2015 und am 18.02.2015 sowie der Auswertung vorliegender Gutachten und Stellungnahmen u.a. dem Entlassungsbericht der LVR-Klinik M. unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Literatur und Studien. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Feststellungen der Fachärzte zu zweifeln. Es ist von einer hinreichenden Sachkunde der Gutachter (Direktor und leitende Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik L1. ) auszugehen. Da es sich um ein von der Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten handelt, steht auch die Objektivität der Gutachter nicht in Rede. Das Gutachten legt ausführlich und nachvollziehbar die Anamnese und die Untersuchungsbefunde dar. Die daraus unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und Studien gezogenen Schlüsse sind ebenfalls plausibel geschildert.

Die von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Einschätzungen der Amtsärztin vorgebrachten Einwände vermögen nicht, Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung der Fachärzte zu begründen. Insbesondere legt die Beklagte keine anderen Studien oder wissenschaftlichmedizinische Erkenntnisse vor, auf die sie ihre abweichende Einschätzung stützen könnte.

Soweit die Amtsärztin sich für ihre von den Gutachtern abweichende Einschätzung einerseits auf das wissenschaftlichepsychiatrische Fachgutachten selbst stützt, andererseits daraus eigene Schlüsse zieht, ist dies nicht nachvollziehbar. Es ist schon zweifelhaft, ob die Amtsärztin vorliegend hierfür über die erforderliche Sachkunde verfügt; denn sie selbst hielt für die zu treffende Feststellung, ob die dem psychischen Formenkreis zuzuordnende Vorerkrankung des Klägers seiner gesundheitlichen Eignung generell bzw. im Hinblick auf die Verbeamtung auf Lebenszeit entgegensteht, die Einholung eines Fachgutachtens für erforderlich. Insoweit hätte es nahegelegen, dass sie vor einer abweichenden Einschätzung zumindest Rücksprache mit den eigens von ihr beauftragten Gutachtern gehalten hätte. Es ist auch fraglich, ob sie bei ihrer Feststellung die zutreffenden Maßstäbe zugrunde gelegt hat. In der Zusammenfassung ihrer Stellungnahme vom 19.11.2015 heißt es, dass aufgrund der Vorerkrankung des Klägers eine vorzeitige dauerhafte Dienstunfähigkeit vor Erreichen des Pensionsalters "wahrscheinlich" sei. Der Maßstab der Rechtsprechung für die Ablehnung der gesundheitlichen Eignung ist jedoch, dass dies "überwiegend wahrscheinlich" wäre. Darüber hinaus legt die Stellungnahme, der die Beklagte gefolgt ist, nahe, dass bei der Bewertung des fachärztlichen Gutachtens verkannt wurde, dass es zu Lasten des Dienstherrn geht, wenn medizinischwissenschaftlich keine Feststellung zu den Folgen einer Erkrankung im Hinblick auf eine mögliche vorzeitige Zurruhesetzung getroffen werden kann.

Das Gericht hält die Einwände überdies auch inhaltlich nicht für plausibel. Ohne tragfähige Anhaltspunkte erscheint die Vermutung, dass die Gutachter, die zunächst umfangreich eine Familienanamnese des Klägers aufgestellt haben, diese sodann bei der abschließenden Bewertung außer Acht gelassen hätten, abwegig. Dass die Amtsärztin die auf der Grundlage von Studien ermittelten Wahrscheinlichkeiten des Auftretens eines Rezidivs - also einer weiteren depressiven Episode, nicht der Dienstunfähigkeit - anders bewertet, ist zudem vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass sie selbst in der mündlichen Verhandlung gesagt hat, die Studien bzw. dem Gutachten zugrunde gelegten, dort zitierten wissenschaftlichen Quellen nicht gelesen zu haben. Auch die von der Amtsärztin geäußerte Notwendigkeit der Durchführung einer Psychotherapie ist nicht plausibel. Es ist schon nicht ersichtlich, warum sie diese Notwendigkeit erstmals Ende 2013 gegenüber dem Kläger geäußert hat, dies dagegen nicht Gegenstand der vorangehenden Begutachtungen war. Sie erläutert auch nicht, inwiefern dies im Zusammenhang mit der Frage der vorzeitigen Zurruhesetzung stehen soll, insbesondere nicht, welche medizinischen Folgen hieraus abzuleiten wären. Unabhängig davon sprechen die Angaben der Fachärzte vorliegend gegen eine solche Notwendigkeit. In dem vorläufigen Abschlussbericht der LVR-Klinik M. vom 19.11.2011 wurde eine psychotherapeutische Weiterbehandlung lediglich empfohlen. Der den Kläger behandelnde Psychiater hat eine medikamentöse Behandlung als ausreichend angesehen. Die Behandlung des Klägers stuften die Fachgutachter als "leitlinienkonform" ein. Auch die auf den Druck der Amtsärztin aufgesuchte Psychologin sah eine Psychotherapie als nicht indiziert an und hielt keine Symptomatik für gegeben, auf deren Grundlage die Kostenübernahme durch die Beihilfe hätte beantragt werden können. Mit diesen Einschätzungen der Fachärzte und der Psychologin haben sich die Amtsärztin oder die Beklagte nicht auseinandergesetzt.

Es lassen sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, dass der Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird.

Vgl. zu diesem Grund für die Verneinung der gesundheitlichen Eignung: BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, juris, Rn. 26.

Aus der Feststellung der Fachgutachter, dass es epidemiologischen Studien zufolge nach einer Ersterkrankung einer unipolaren Depression in 50 % bis 60 % der Fälle zu wenigsten einer weiteren depressiven Episode kommt, lässt sich - anders als die Beklagte sinngemäß geltend macht - nicht auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit regelmäßiger, erheblicher krankheitsbedingter Fehlzeiten schließen. Zum einen folgt aus der Studie, dass bei 40 % bis 50 % der Betroffenen überhaupt keine weiteren Episoden auftreten. Allein hieraus ließe sich schließen, dass eine denkbare andere Möglichkeit vernünftigerweise in Betracht kommt und dies der Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nach dem Maßstab, wie das Bundesverwaltungsgericht ihn im Urteil vom 30.10.2013 (Az. 2 C 16/12) aufgestellt hat,

vgl. juris, Rn. 27,

entgegensteht. Zum anderen folgt selbst aus dem Auftreten eines Rezidivs, also einer erneuten depressiven Episode, nicht, dass ein Betroffener über Jahre hinweg regelmäßig erhebliche krankheitsbedingte Ausfallzeiten aufweisen würde. Die einmalige Ausfallzeit des Klägers wegen der Erkrankung im Jahr 2011 über einen Zeitraum von weniger als drei Monaten ist im Hinblick auf die Lebensdienstzeit eines Beamten weder als erheblich anzusehen, noch folgen daraus tragfähige Anhaltspunkte für regelmäßige Ausfallzeiten über Jahre hinweg. Weitergehende Anhaltspunkte oder Erkenntnisse liegen auch unter Berücksichtigung aller vorliegenden medizinischen Gutachten und Stellungnahmen nicht vor. Lässt sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit regelmäßiger, erheblicher Ausfallzeiten nicht feststellen, geht dies zu Lasten des Dienstherrn.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils werden die Kosten der Beklagten entsprechend ihrer Kostenübernahmeerklärung auferlegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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