OLG Köln, Urteil vom 06.02.2014 - 18 U 89/08
Fundstelle
openJur 2016, 3033
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.01.2008 - 3 O 7/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1. Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung aus einer Kostenentscheidung des Stockholmer Tingsrätt vom 18.12.2002, die durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 08.06.2004 - 3 O 138/04 - für vollstreckbar erklärt wurde. Die Klausel wurde unter dem 11.06.2004 erteilt.

Unter dem 28.08.1991 gründeten die vom Beklagten geführte T (T) mit Sitz in den USA und die Polizeibehörde der Stadt St. Petersburg (GUWD) ein Joint Venture in Form einer Aktiengesellschaft russischen Rechts "B" (B). Gesellschaftszweck war der Import, Export und Vertrieb technischer Geräte, insbesondere von Polizeiausrüstungen sowie die Tätigkeit als Sicherheits- und Bewachungsunternehmen. In Art. 14 dieses Vertrages heißt es (in deutscher Übersetzung) auszugsweise wie folgt:

"14.1 Alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag oder in Verbindung damit ergeben könnten, werden durch die Gesellschafter verhandelt.

14.2 Wenn Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten nicht durch Verhandlungen gelöst werden können, werden alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Anforderungen, die sich aus dem vorliegenden Vertrag oder in Verbindung damit ergeben, oder dessen Verletzung, Beendigung oder Ungültigkeit betreffen, auf ein Schiedsgericht in Übereinstimmung mit den gültigen UNCITRAL-Schiedsvorschriften übertragen.".

Nach dem Gründungsvertrag sollte die GUWD als Einlage das Grundstück mit Gebäude Q 6 in St. Petersburg bzw. die Nutzungsmöglichkeit an dem Grundstück einbringen, der Beklagte bzw. die T neben Bürotechnik, Fahrzeugen und Material die zur Renovierung des Objektes erforderlichen Geldmittel. Im Januar 1996 wurde das Objekt beschlagnahmt. Die Parteien machen nunmehr wechselseitige Schadensersatzansprüche geltend.

Der Beklagte machte seine Ansprüche - gestützt auf Enteignung - vor dem Internationalen Schiedsgericht in Stockholm geltend. Grundlage war der "Vertrag der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen" aus 1990 (Investitionsschutzabkommen, BGBl. II 1990, 343). Das Schiedsgericht sprach ihm durch Schiedsspruch vom 07.07.1998 insgesamt 2.350.000,00 US $ zu. Mit Beschluss vom 16.2.2001 - 28 Sch 23/99 - erklärte das Kammergericht in Berlin den Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar (KGR 2001, 146).

Die von der Klägerin erhobene Klage auf Ungültigerklärung des Schiedsspruchs wies das Stockholmer Tingsrätt durch Urteil vom 18.12.2002 ab. Nach diesem Urteil hat die Klägerin dem Beklagten die Kosten des Verfahrens in Höhe von 1.641.692,00 SEK sowie weiterer 132.483,00 € und 7.415,00 US $ zu erstatten.

Die Klägerin hat ursprünglich Klage nach § 826 BGB gegen die Vollstreckung aus dem Schiedsspruch erhoben und dort bereits - in anderer Rangfolge - die hier streitigen Gegenforderungen zur Aufrechnung gestellt. Mit Schriftsatz vom 24.07.2006 hat sie Klage auf die Teil-Vollstreckungsklausel des Landgerichts Köln - 3 O 138/04 - vom 08.06./11.06.2004 erweitert.

Das Landgericht (dort: 22 O 410/03) hat die Klageerweiterung, welche (allein) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, abgetrennt und die Klage im Übrigen, soweit sie auf § 826 BGB gestützt worden war, rechtskräftig abgewiesen; die Aufrechnungen hat es für im Verfahren nach § 826 BGB unzulässig erachtet.

Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Vollstreckung mit der Aufrechnung mit drei Gegenforderungen, von denen sie in der Berufungsinstanz noch zwei weiter verfolgt.

In erster Linie hat sie die Aufrechnung erklärt mit einem Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Pflichtverletzungen des Beklagten als Generaldirektor der B in Höhe von 1.907.571,60 € (50 % des behaupteten Schadens entsprechend dem Geschäftsanteil der GUWD). Hierbei hat sich die Klägerin auf eine Einziehungsermächtigung der GUWD gestützt (Bl. 287, 400 d.A.).

Diese Forderung war Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen der GUWD und dem hiesigen wie dortigen Beklagten (5 HK O 10751/05 LG München I = 7 U 1226/12 OLG München = II ZR 386/12 BGH). Die Klage ist rechtskräftig abgewiesen.

Zu dieser Gegenforderung hat die Klägerin behauptet, der Beklagte habe als Generaldirektor der B seine Pflichten in erheblichem Maße verletzt; er habe keine Devisenkonten eingerichtet und keinen Zoll gezahlt. Darüber hinaus habe er das Gebäude in Q als Privatresidenz genutzt. Geschäftliche Aktivitäten seien nicht über die B, sondern entweder auf Rechnung des Beklagten selbst oder über die vom Beklagten im Jahr 1994 gegründete Firma B abgewickelt worden, wobei der Beklagte die Ähnlichkeit der Firmennamen ausgenutzt habe. Die B habe im Rahmen dieser Tätigkeiten eine Gewinn in Höhe von 4.835.502,00 US $ erwirtschaftet, der bei sachgerechter Interessenwahrung ansonsten bei der B entstanden wäre.

Da die GUWD zu 50 % Aktionärin der B sei, sei der Beklagte, so hat die Klägerin gemeint, zur Herausgabe der auf Kosten der B erlangten Vorteile verpflichtet.

Zur rechtlichen Begründung dieses aus diesem Grund auf 50 % des behaupteten Umsatzentgangs bezifferten Teilanspruchs hat die Klägerin im Wesentlichen gemeint, ihr stehe wegen des Verstoßes gegen ein sich aus russischem Recht ergebenden Wettbewerbsverbot ein von ihr einklagbarer Anspruch auf Schadensersatz zu. Dies resultiere aus dem im russischen Recht gültigen Grundsatz von Treu und Glauben, der bei wirtschaftlich tätigen juristischen Personen auch ein Wettbewerbsverbot umfasse.

Zudem müsse man dieses Verbot auch aus der Verordnung Nr. 1111 ableiten, weil der Beklagte als Generaldirektor von P auch zu den leitenden Angestellten gehöre. Ebenso habe er alle seine Mühe darauf verwenden müssen, dass seine Tätigkeit optimal den Interessen der Gesellschaft entspreche, weshalb es pflichtwidrig gewesen sei, etwaige Geschäftschancen nicht im Interesse der Gesellschaft zu nutzen.

Weiterhin enthalte die Verfassung der Russischen Föderation in ihrem Art. 34 Abs. 2 das Verbot einer auf Monopolisierung und unlauteren Wettbewerb gerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit. Ebenso habe der Beklagte gegen Art. 10 und Art. 4 des Gesetzes über den Wettbewerb und die Einschränkung der monopolistischen Tätigkeit auf den Warenmärkten vom 22.03.1991 verstoßen, weil die parallele Gründung eines Konkurrenzunternehmens die Voraussetzungen des unlauteren Wettbewerbs erfülle.

Die Konkurrenztätigkeit unterfalle zudem Art. 10 bis der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ).

Der vom Beklagten erzielte Gewinn wäre, so hat die Klägerin behauptet, von P ebenso erzielt worden, weil diese Gesellschaft weder andere Einkaufs- noch andere Verkaufspreise und andere Kosten gehabt hätte, weshalb der vom Beklagten für sich reklamierte Gewinn bei dieser Gesellschaft angefallen wäre. Verjährung greife mangels Kenntnis des alleine maßgeblichen Organs der Klägerin, Herrn Generalleutnant W, nicht ein. Es fehle vor allem an der Kenntnis der Klägerin vom Geschäftsgebaren des Beklagten außerhalb der Gesellschaft und von den Wettbewerbsverstößen des Beklagten.

Hilfsweise hat die Klägerin weiter die Aufrechnung erklärt mit Schadensersatzansprüchen wegen Nichtabführung von Steuern, die durch Versäumnisurteil des Gerichts in St. Petersburg aus Juni 2006 in Höhe von 65.612.140,12 US $ tituliert sind.

Schließlich hat sie (nur in erster Instanz) weiter hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit Schadensersatzansprüchen wegen Schäden an der Immobilie in St. Petersburg aufgrund behaupteter unsachgemäßer Arbeiten und Missachtung des Denkmalschutzes.

Der Beklagte könne, so hat die Klägerin gemeint, sich nicht auf die Schiedsabrede berufen, denn er habe den Gründungsvertrag nicht im eigenen Namen, sondern für die T unterschrieben, die Schiedsklausel betreffe daher nur die Gründer des Joint Venture. Zwischen den vor dem Landgericht München von der GUWD geltend gemachten und den hier von der Klägerin verfolgten Ansprüchen bestehe keine Identität; die GUWD mache wegen Verstoßes des Beklagten gegen ein Wettbewerbsverbot Ansprüche aus eigenem Recht geltend.

Die Klägerin hat schließlich die Ansicht vertreten, auf Verjährung könne der Beklagte sich nicht berufen, da sie - die Klägerin - sich auch auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung berufe; nach russischem Recht beginne der Lauf der Verjährungsfrist erst, wenn der Anspruchsberechtigte die Verletzung seiner Rechte kenne oder kennen müsse. Auf Bereicherungsansprüche aber sei sie, so hat die Klägerin behauptet, erst durch ein Gutachten C im Jahr 2003 aufmerksam geworden.

Der Beklagte hafte selbst, weil nach russischem Recht Organe der Gesellschaft stets im Interesse der Gesellschaft tätig werden müssen. Die Höhe der Haftung des Beklagten ergebe sich aus dem Gutachten C und umfasse auch entgangenen Gewinn.

Die Klägerin hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der Teil - Vollstreckungsklausel gemäß Beschluss des Landgerichts Köln - 3 O 138/04 - vom 08.06.2004 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, die Klägerin könne nicht mit Ansprüchen der GUWD aufrechnen; hierzu hat der Beklagte zunächst die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und sich darauf berufen, das vorliegende Verfahren sei mit Blick auf die Schiedsvereinbarung unzulässig. Wenn die Frage der Berechtigung von Ansprüchen dem Schiedsverfahren unterliege, gelte dies auch für Gegenansprüche, die zu einem Erlöschen aufgrund Aufrechnung der im Schiedsverfahren festgestellten Ansprüche führen. Zudem habe die Klägerin ihre Ansprüche im Schiedsverfahren eingeführt, der Beklagte habe sich dem Schiedsverfahren hinsichtlich dieser Ansprüche unterworfen. Das Schiedsgericht habe die Einwände der Klägerin durch Beweisaufnahme geklärt. Die Klägerin habe wegen der von ihr geltend gemachten Forderungen Gegenklage erhoben (Ziff. 3.8 des Schiedsspruchs), diese habe das Schiedsgericht als unzulässig abgelehnt. Die Aufrechnung sei nicht erklärt worden, darüber hätte das Schiedsgericht entscheiden müssen.

Weiter hat der Beklagte behauptet, der Klägerin stünden die behaupteten Ansprüche weder nach Grund noch nach Höhe zu, schon weil sie sich auf Rechtsvorschriften stützten, die zum Zeitpunkt der möglichen Begründung von Ansprüchen noch nicht in Kraft gewesen seien. Zu Grunde zu legen sei schwedisches Recht, nämlich das Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergehen solle. Aber auch nach russischem Recht bestünden keine Ansprüche.

Hinsichtlich der Hilfsaufrechnung hat der Beklagte gemeint, das Urteil in St. Petersburg sei nicht in rechtsstaatlicher Weise ergangen und somit nicht anerkennungsfähig; der Beklagte habe sich nicht gegen die Klage verteidigen können, da er hierzu in die Russische Föderation hätte einreisen müssen. Zudem stehe der von der Klägerin erklärten Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Urteil des Gerichts St. Petersburg schon entgegen, dass eine Aufrechnung mit titulierten ausländischen hoheitlichen Gegenforderungen materiellrechtlich unzulässig sei. Die Prozessaufrechnung verstoße zudem gegen ordre public, weil die Klägerin den Beklagten enteignet habe.

Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Gebäudes zuletzt stünden der Klägerin nicht zu, da keine Schäden an dem Gebäude entstanden seien. Zudem habe die Klägerin im Schiedsverfahren wegen der behaupteten Beschädigungen lediglich 70.000,00 US $ geltend gemacht. Das Objekt sei seinerzeit von der GUWD zur Verfügung gestellt worden, nicht von der Klägerin, die nicht dessen Eigentümerin sei, so dass der Klägerin kein Anspruch zustehe. Einen solchen habe sie auch nicht durch Abtretung wegen der im Gründungsvertrag vom 28.08.1991 enthaltenen Schiedsabrede erworben.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu gemeint, diese betrage nach russischem Recht drei Jahre seit Kenntnis der Rechtsverletzung; die Klägerin habe Kenntnis von allen Vorgängen gehabt. Wegen seines diesbezüglichen Vortrags im Einzelnen wird auf Bl. 415 ff. d.A. Bezug genommen.

2. Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.01.2008, der Klägerin am 25.01.2008 zugestellt, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zwar als Vollstreckungsgegenklage gegen den Beschluss des vom 08.06.2004 - LG Köln 3 O 138/04 - zulässig gemäß §§ 14 AVAG, 767 ZPO; auch stehe ihr § 14 AVAG nicht entgegen. Denn im Beschwerdeverfahren seien nur liquide Einwendungen zu berücksichtigen, weswegen alle anderen Einwendungen mit den Rechtsmitteln des Ursprungsstaates geltend zu machen seien. Das gelte insbesondere für Gestaltungsrechte wie die Aufrechnungseinrede.

Der Zulässigkeit der Klage stehe indes die vom Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages entgegen, § 1032 Abs. 1 ZPO. In dem Gründungsvertrag sei festgelegt, dass alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag oder in Verbindung mit diesem ergeben können, ein Schiedsgericht entscheide. Damit stehe fest, dass das Schiedsgericht in Stockholm bindend über die zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten entschieden habe. Dem könne die Klägerin nicht entgegenhalten, die Schiedsklausel betreffe ausschließlich die Parteien des Joint Venture, denn sie habe sich selbst auf das Schiedsverfahren in Stockholm eingelassen.

Die Klage wäre aber, so das Landgericht weiter, ungeachtet ihrer Zulässigkeit auch unbegründet. Die Klägerin sei mit ihren im Verfahren nach § 767 ZPO erhobenen Einwendungen gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert, denn sie habe trotz Hinweises nicht dargetan, dass die - primär und hilfsweise - zur Aufrechnung gestellten Ansprüche bzw. Forderungen im Ursprungsverfahren in Schweden nicht hätten geltend gemacht werden können. Zwar habe die Klägerin behauptet, im Rahmen der Überprüfung des Schiedsspruchs durch die ordentlichen Gericht in Schweden finde nur eine Überprüfung in formeller Hinsicht statt, sie habe diese Behauptung aber nicht präzisiert.

Der Präklusion stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich im vorliegenden Verfahren gegen die Vollstreckung aus dem Urteil vom 18.12.2002 wende und nicht gegen diejenige aus dem Schiedsspruch. Wenn die Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sich als Überprüfung des Schiedsspruchs auf Formfehler bezögen, wie die Klägerin behaupte, müsse von einer Einheit der Verfahren ausgegangen werden, so dass Einwendungen, die schon im Schiedsverfahren hätten erhoben werden können, nicht mehr gegenüber den aus den Überprüfungsverfahren resultierenden Kostenaussprüchen geltend gemacht werden könnten.

Weiter und erneut ungeachtet der Präklusion, so das Landgericht, scheide aber auch die Aufrechnung vorliegend aus.

Dies gelte hinsichtlich der Primäraufrechnung mit der Forderung in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages in Höhe von 50 % der Forderung der GUWD von 1.907.571,60 US $ schon deshalb, weil die Klägerin ihre Forderung nicht ausreichend substantiiert habe; die Bezugnahme der Klageschrift des Landgerichts München I genüge hierfür nicht.

Auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit dem von dem Gericht in St. Petersburg titulierten Anspruch scheitere daran, dass die Forderung nicht schlüssig dargetan sei; der Verweis auf das Urteil des Bezirksgerichts gehe ins Leere, da die Aufrechnungsforderung in der gleichen Weise zu präzisieren sei wie im Falle ihrer klageweisen Geltendmachung. Jedenfalls aber fehle es an der internationalen Zuständigkeit zur Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Forderung, so dass die Aufrechnung außer Betracht zu bleiben habe.

Zuletzt sei auch die Forderung wegen behaupteter Ersatzansprüche nicht hinreichend schlüssig vorgetragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

3. Hiergegen richtet sich die am 25.02.2008 eingelegte und - nach Fristverlängerung bis zum 25.04.2008 - am 25.04.2008 begründete Berufung der Klägerin.

Diese rügt zunächst, dass das Landgericht zu Unrecht die Einrede des Schiedsvertrages für berechtigt angesehen habe. Die Schiedsvereinbarung aus dem Gründungsvertrag betreffe nur Streitigkeiten zwischen den damaligen Gesellschaftern, erstrecke sich aber nicht auf Dritte. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei ein Anspruch der Gesellschaft selbst (actio pro socio). Die Schiedsklausel "für alle Streitigkeiten aus diesem Gesellschaftsvertrag" umfasse nicht die Klage der Gesellschaft selbst gegen ihre Organe. Soweit das Landgericht argumentiere, dass sie - die Klägerin - sich auf das Schiedsverfahren eingelassen habe, habe es verkannt, dass das Schiedsverfahren nicht aufgrund der Schiedsklausel im Gründungsvertrag eingeleitet worden sei, vielmehr habe es vermeintliche Ansprüche des Beklagten aus dem deutschrussischen Investitionsschutzvertrag wegen der Beschlagnahme des Grundstücks betroffen. Das Landgericht habe den Unterschied zwischen einem möglichen gesellschaftsrechtlichen Schiedsverfahren und dem tatsächlich durchgeführten investitionsschutzrechtlichen Schiedsverfahren verkannt.

Die Klage sei auch begründet, da sie mit dem Aufrechnungseinwand nicht präkludiert sei und die Gegenansprüche bestünden und im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden könnten.

Sie sei mit der Aufrechnung schon deshalb nicht präkludiert, weil der zugrundeliegende Titel, gegen den sie sich mit der vorliegenden Klage wende, einem deutschen Kostenfestsetzungsbeschluss entspreche. Für Kostenfestsetzungsbeschlüsse gelte die Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO nicht. Zudem hätte sie die Aufrechnung weder im Schiedsverfahren noch im Rahmen der Nichtigkeitsklage geltend machen können. In dem investitionsschutzrechtlichen Schiedsverfahren hätten die Gegenansprüche nicht eingewandt werden können. Im Rahmen der Nichtigkeitsklage sei lediglich die formelle Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs geprüft worden.

Die Klägerin rügt ferner, dass das Landgericht die Gegenforderungen nicht als schlüssig angesehen habe. Soweit das Landgericht die Gegenforderungen als nicht hinreichend substantiiert behandelt habe, habe es seine Hinweispflicht verletzt.

Zur Begründung des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Pflichten als Generaldirektor habe sie die Klageschrift aus dem vor dem Landgericht München I geführten Verfahren vorgelegt. Die Schadensersatzansprüche ergäben sich daraus, dass der Beklagte Geschäfte, die er über das Joint Venture, also die B hätte abwickeln müssen, über ein anderes, 1994 gegründetes Unternehmen B, an dem er beteiligt gewesen sei, abgewickelt und hieraus einen Gewinn von 4.835.502,00 US $ erwirtschaftet habe, der andernfalls der B zugutegekommen wäre (der Betrag von 1.907.571,60 € soll 50 % dieses Gewinnes nach dem Umrechnungskurs vom 12.4.2005 entsprechen).

Hierzu behauptet die Klägerin - nach entsprechenden Hinweisen des Senats vom 09.03.2009 (Bl. 892 d.A.) - weiter, die vor dem Landgericht München verfolgten Ansprüche mache die GUWD auf Grund einer von ihr, der Klägerin, erteilten Einzugsermächtigung geltend; diese Ansprüche hätten ursprünglich der GUWD zugestanden, seien aber dann auf die KUGI und sodann auf die Klägerin übergegangen. Faktisch sei aber keine Übergabe der Anteile erfolgt, da die Bestimmung Ziff. 5.10 der Satzung eine Ersetzung der Beteiligten ohne Zustimmung des Beklagten verhindert habe, so dass die GUWD "rein formell" weiter als Beteiligter gelte (Bl. 961 d.A.).

Die Forderung aus dem Versäumnisurteil des St. Petersburger Gerichts schlüsselt die Klägerin auf. Es handle sich nach russischem Recht um zivilrechtliche Ansprüche gegen den Beklagten als Generaldirektor der B wegen Nichtabführung der Steuern der B. Das Urteil sei in Deutschland anerkennungsfähig, und zwar auch dann, wenn der Verzugsschaden überhöht sei. Dies stelle die Anerkennungsfähigkeit der übrigen Ansprüche nicht in Frage. Der Beklagte habe auch ausreichend Gelegenheit gehabt, sich auf das Verfahren einzulassen. Auch sei nach der Entscheidung EuGH, Urt. v. 13.07.1995 - Rs. C - 341/93, NJW 1996, 42 - Danvaern Production A/S/Schuhfabriken Otterbeck GmbH & Co, für die Möglichkeit einer Aufrechnung die internationale Zuständigkeit für die aufgerechnete Forderung nicht mehr erforderlich.

Die Aufrechnung mit Ansprüchen wegen Schäden an der Liegenschaft in St. Petersburg verfolgt die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr (Bl. 750 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Zwangsvollstreckung aus der Teilvollstreckungsklausel gemäß Beschluss LG Köln - 3 O 138/04 - vom 08.06.2004 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der - grundsätzlich statthaften - Vollstreckungsgegenklage stehe die Einrede des Schiedsvertrages entgegen. Soweit die Klägerin die Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen erkläre, unterfielen diese der Schiedsklausel aus dem Investitionsschutzabkommen. Die Ansprüche der GUWD unterlägen dagegen der Schiedsklausel aus dem Gesellschaftsvertrag. Es handle sich um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis.

Die Klage sei nicht begründet. Die Berufungsbegründung differenziere nicht hinreichend zwischen den einzelnen Ansprüchen und Einwendungen.

Mit dem Einwand, er - der Beklagte - habe den Schiedsspruch erschlichen, sei die Klägerin präkludiert. Diese Einwendungen hätte sie im Schiedsverfahren geltend machen müssen. Hinsichtlich der übrigen Einwendungen habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass und warum sie nicht im Schiedsverfahren geltend gemacht werden konnten. Auch jetzt trage die Klägerin nicht konkret vor, aufgrund welcher Vorschriften des schwedischen Rechts die Einwendungen im Überprüfungsverfahren nicht hätten geltend gemacht werden können, zumal sie die Einwendungen tatsächlich geltend gemacht habe.

Ansprüche der GUWD aus Geschäftsführerhaftung habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Der Verweis auf das Verfahren vor dem Landgericht München I genüge nicht, da die Klägerin in erster Instanz vorgetragen habe, dass es sich bei dem Streitgegenstand des Münchener Verfahrens um andere Ansprüche als im vorliegenden Verfahren handle. Zudem sei die Klage vor dem Landgericht München I abgewiesen. Den Vortrag der Klägerin zu den Pflichtverletzungen bestreitet der Beklagte, den Beweisantritt "Sachverständigengutachten" hält er für unzulässig, weil der Ausforschung dienend.

Ferner erhebt er die Einrede der Verjährung.

Der Beklagte wendet sich schließlich gegen die Aufrechnung mit dem vom Gericht in St. Petersburg zuerkannten Schadensersatzanspruch. Die Klägerin habe den Anspruch nicht schlüssig vorgetragen. Urteile der Russischen Föderation würden in Deutschland nicht anerkannt. Das Landgericht habe ferner zu Recht die Konnexität zwischen den Ansprüchen verneint. Es handele sich um öffentlichrechtliche Steuerforderungen. Auf Grundlage der - hiervon abweichenden - Rechtsansicht der Klägerin hätte diese die Ansprüche wiederum im Schiedsverfahren geltend machen können.

II.

Die gemäß §§ 511 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Im Einzelnen:

1.

a. Das Landgericht Köln ist zunächst international zuständig; dies ergibt sich aus § 14 Abs. 2 AVAG, wonach die Klage bei dem Gericht zu erheben ist, welches die angefochtene Vollstreckbarerklärung erteilt hat.

b. Gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 08.06.2004, durch den die Erteilung der Teil-Vollstreckungsklausel hinsichtlich der im Urteil des Stockholms Tingsrätt vom 18.12.2002 angeordneten Kostenerstattung angeordnet wurde, ist die hier erhobene Vollstreckungsgegenklage auch statthaft. Diese kann gegen die Vollstreckbarkeitserklärung eines ausländischen Titels erhoben werden (Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl. (2009), Art. 43 EuGVVO, Rn. 14; Geimer/Schütze/Geimer, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. (2010), A.1 Art. 45, Rn. 12).

c. Die Einrede des Schiedsvertrages nach § 1032 ZPO ist zulässig, bleibt aber im Ergebnis erfolglos.

Die Einrede aus § 1032 ZPO ist möglich, wenn nach der Schiedsvereinbarung ein ausländisches Schiedsgericht zuständig ist (§ 1025 Abs. 2 ZPO) oder die Schiedsvereinbarung ausländischem Recht unterliegt (Zöller-Geimer, 30. Aufl. (2014), § 1032, Rn. 1).

Der Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrages auch rechtzeitig vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache erhoben, nämlich mit Schriftsatz vom 16.04.2007 (Bl. 410 d.A.). Zu diesem Zeitpunkt war über die Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckbarkeitserklärung der Kostenentscheidung des Stockholms Tingsrätt noch nicht in der Hauptsache mündlich verhandelt worden, da im Termin vom 26.10.2006 lediglich über die Abtrennung des Verfahrens verhandelt worden ist.

Die Einrede ist aber nicht begründet.

Im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage kommt es für die Einrede des Schiedsvertrages darauf an, ob die mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemachte Einwendung der Schiedsabrede unterliegt (BGH, Beschl. v. 19.12.1995 - III ZR 194/94, NJW-RR 1996, 508). Für die von der Klägerin zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen gilt indes die Schiedsvereinbarung nicht.

(1) Die Klägerin leitet den Gegenanspruch, mit dem sie primär die Aufrechnung erklärt und der auch Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München I war, aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführerhaftung ab. Die Schiedsklausel im Gründungsvertrag erfasst aber keine Ansprüche gegen den Geschäftsführer wegen Pflichtverletzungen. Denn die Pflichten des Geschäftsführers sind nicht Gegenstand des Gründungsvertrages und stehen mit diesem auch nicht in Verbindung. Hinzu kommt, dass der Beklagte persönlich nicht Partei des Gründungsvertrages und damit auch nicht persönlich an die Schiedsabrede gebunden ist.

Der Grundsatz, dass nur derjenige eine Schiedsabrede gegen sich gelten lassen muss, der an ihrem Abschluss beteiligt war, findet lediglich in dem - hier nicht einschlägigen - Fall einer offenen Handelsgesellschaft eine Ausnahme, weil dort die besondere Haftungsvorschrift des § 128 HGB die Erstreckung einer Abrede der Gesellschaft auf die persönlich haftenden Gesellschafter rechtfertigt (BGH, Urt. v. 12.11.1990 - II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424)).

(2) Auch die zur Hilfsaufrechnung gestellten Ansprüche wegen der Steuerrückstände des Beklagten persönlich haben keinen Bezug zu einer gesellschaftsrechtlichen Streitigkeit aus dem Gründungsvertrag.

d. Der Beklagte beruft sich auch ohne Erfolg auf die Schiedsklausel im sog. Investitionsschutzabkommen.

Nach Art. 10 Abs. 2 des "Vertrages der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen" (Investitionsschutzabkommen, BGBl. II 1990, 342 ff.) ist bei Meinungsverschiedenheiten über Umfang und Verfahren der Entschädigung nach Art. 4 dieses Vertrages jede der Streitparteien berechtigt, ein internationales Schiedsgericht anzurufen. Diese Entschädigung jedoch ist durch den Schiedsspruch bereits behandelt worden; die Klägerin macht vorliegend behauptete Gegenansprüche geltend, die indes keinen Bezug zu Umfang und Verfahren der Entschädigung haben, sondern lediglich einer hieraus resultierenden - aber bereits titulierten - Forderung im Wege der Aufrechnung entgegengehalten werden.

2.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Beide zur Aufrechnung gestellten Ansprüche stehen der Hauptforderung im Ergebnis nicht entgegen.

a. Hierbei ist jedoch, anders als das Landgericht gemeint hat, die Geltendmachung der Ansprüche nicht bereits präkludiert, da vorliegend die Regeln der Präklusion keine Anwendung finden.

Der vorliegend für vollstreckbar erklärte Anspruch folgt aus der Kostenentscheidung des Stockholmer Tingsrätt vom 18.12.2002 und betrifft damit einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch. Dieser Anspruch resultiert aus dem Unterliegen der Klägerin in dem dortigen Verfahren.

Ob die Klägerin bereits ein Unterliegen im dortigen Verfahren (oder sogar im Schiedsverfahren) durch Geltendmachung derjenigen Ansprüche, die sie nun zur Aufrechnung stellt, hätte vermeiden können, kann dahinstehen. Zwar hätte eine erfolgreiche Geltendmachung die Folge gehabt, dass die Klägerin bereits dort obsiegt hätte, weswegen eine für sie nachteilige Kostenentscheidung nicht getroffen worden wäre; der Anspruch auf Kostenerstattung ist dann aber nur eine Folge des Verfahrens und hängt allenfalls mittelbar von der Möglichkeit der hiesigen Klägerin ab, die damalige (im Schiedsspruch titulierte) Hauptforderung durch Aufrechnungen zu Fall zu bringen.

Gegen den titulierten Kostenerstattungsanspruch selbst indes hätte die Klägerin ihren Gegenanspruch nicht als Einwendung vorbringen können; dass dies im Kostenfestsetzungsverfahren nach schwedischem Recht möglich hätte sein sollen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

b. Der primär zur Aufrechnung erklärte Anspruch aus behaupteter Verletzung von Geschäftsführerpflichten besteht indes nicht.

Der Beklagte hat seine Pflichten als Vorstand nicht verletzt. Der Senat teilt hierzu die Auffassung des Landgerichts München I, wonach es im maßgeblichen Zeitraum im Russischen Recht kein Wettbewerbsverbot gab, so dass selbst bei Zugrundelegen des klägerischen Vortrags zu den behaupteten Tätigkeiten des Beklagten keine vertraglichen oder außervertraglichen Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen ein solches Wettbewerbsverbot ersichtlich sind.

(1) Dies gilt, wie das Landgericht München I ausführlich dargelegt hat, zunächst, soweit die Klägerin sich auf Wettbewerbsverbote aus Gesetz oder völkerrechtlicher Vereinbarung stützt.

(i) Art. 34 Abs. 2 der Verfassung der Russischen Föderation, der vorsieht, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit, die auf Monopolisierung und unlauteren Wettbewerb gerichtet ist, unzulässig ist, ist bereits mangels Drittwirkung unter Privaten nicht anwendbar; vorliegend handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts zwischen dem Beklagten als Organ eines Joint Venture und der Klägerin, die ihre Rechte als Gesellschafterin wahrnimmt. Auf diese privatrechtliche Auseinandersetzung können die Regelungen der Verfassung der Russischen Föderation nicht zur Anwendung gelangen.

(ii) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus Art. 10 des Gesetzes über den Wettbewerb und die Begrenzung monopolistischer Tätigkeiten auf den Warenmärkten vom 22.3.1991 (russWettbG bzw. MonopolG). Adressaten dieses Gesetzes sind Wirtschaftssubjekte, deren Begriff in Art. 4 russWettbG vorgegeben ist. Die Definition von Wirtschaftssubjekten im fraglichen Zeitraum umfasste dabei keine Nichtunternehmen mit Ausnahme solcher Bürger, die einer eigenständigen unternehmerischen Tätigkeit nachgingen.

Der Beklagte als Generaldirektor und damit als Organ von P ist von der Definition des Wirtschaftssubjektes nicht umfasst. Der Beklagte kann aber vor allem auch schon deshalb nicht als Wirtschaftssubjekt klassifiziert werden, weil eine hier gerade nicht erfolgte staatliche Registrierung erforderlich wäre, um den Status eines Einzelunternehmers und damit auch eines Wirtschaftssubjekts zu erlangen. Der Bürger erwirbt den Status eines Unternehmers durch die staatliche Registrierung gemäß dem Gesetz der Russischen Föderation über die Registergebühr von physischen Personen, die einer staatlichen Tätigkeit nachgehen, wie einer Entscheidung des Höchstgerichts der Russischen Föderation vom 18.8.1992 zu entnehmen ist.

Dieses Ergebnis der Gutachten und Anhörungen (Bl. 321 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05) der Sachverständigen W2, die in dem Verfahren vor dem Landgericht München I eingeholt bzw. durchgeführt wurden, überzeugt auch den erkennenden Senat. Soweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Einwände wiederholt wurden, die bereits Gegenstand des Münchener Verfahrens und der dort eingeführten Privatgutachten waren, tritt der Senat nach eigener Prüfung und Bewertung dem Ergebnis des Landgerichts bei, welches bereits ausführlich und unter Aufzeigen von Schwächen, Unschärfen und Widersprüchen der Privatgutachten dargelegt hat, dass diese nicht geeignet sind, das Ergebnis der gerichtlichen Begutachtung in Zweifel zu ziehen (Bl. 615 ff.; 627 ff. d.A. LG München I 5 HK O 10751/05).

(iii) Auch aus Art. 10 bis PVÜ folgt kein Wettbewerbsverbot; seiner Anwendung steht nicht nur entgegen, dass nach Art. 15 Abs. 4 Satz 2 der Verfassung der Russischen Föderation die Regeln des internationalen Vertrages - und damit der PVÜ - nur dann angewandt werden, wenn durch den internationalen Vertrag andere Regeln festgesetzt worden sind als die im Gesetz Vorgesehenen, so dass vorliegend die innerstaatlichen Regeln aus Art. 10 russWettbG vorrangig sind; diese genügen den internationalen Standards, weshalb sie das PVÜ verdrängen (so die Sachverständige, Bl. 317 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05; vgl. Malkov GRURInt. 1994, 692 (695)). Abgesehen davon steht der Beklagte als Person in keinem Wettbewerbsverhältnis zu P; Wettbewerber war allenfalls die T International, in deren Namen der Beklagte aufgetreten ist.

(iv) Ein Wettbewerbsverbot für den Beklagten lässt sich nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ableiten, da die zentralen Vorschriften, die im Zusammenhang mit dem Übergang von der sowjetrussischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft in der vormaligen UDSSR erlassen wurden - Russische Aktienordnung 1990, die Grundlagen der Zivilgesetzgebung UdSSR (GZG 1991), das Gesetz über unternehmerische Tätigkeiten vom 25.12.1990, das Gesetz über die Privatisierung sowie die Mustersatzung einer Aktiengesellschaft offenen Typs -, keine Vorschriften hinsichtlich einer Haftung nach Treu und Glauben enthalten und das Institut der Haftung erst mit der Schaffung des Gesetzes über die Aktiengesellschaften Mitte der 90er Jahre geändert wurde, welches indes nach intertemporalen Grundsätzen vorliegend keine Anwendung finden kann.

(v) Die Klägerin kann ein Wettbewerbsverbot auch nicht aus Art. 5 Abs. 3 GZG 1991 herleiten. Die Gutachten W2 haben dargelegt, dass sich aus dieser Legaldefinition kein Wettbewerbsverbot für das Organ einer juristischen Person ableiten lasse. Die Vorschrift ist nach ihrem klaren Wortlaut an die Unternehmen gerichtet, als Organ des Joint Venture ist der Beklagte indes nicht Unternehmer.

(vi) Der Beklagte hat auch nicht gegen Art. 1111 der Verordnung vom 22.11.1988 "Über die Zweitbeschäftigung" verstoßen. In dieser Verordnung war zwar festgelegt, dass die Ausübung zweier Führungspositionen nicht zulässig ist. Indes kann nach den Feststellungen der Sachverständigen W2 in ihren Gutachten sowie bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht München I nicht von der Anwendbarkeit dieser Verordnung auf ein Joint Venture und damit auf den Beklagten als Organ von P ausgegangen werden. Zum einen kann sich dieses Verbot nicht auf den Geschäftsführer einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft beziehen, weil diese Verordnung Nr. 1111 sich auf den Typus des staatlichen Unternehmens bezieht, das unmittelbar im Eigentum des Staates steht und lediglich über beschränkt dingliche Rechte an Sachen verfügt, die ihm übertragen waren. Weiterhin kann eine geschlossene Planwirtschaft, für die dieses Verbot konzipiert war, nicht mit dem privaten Sektor verglichen werden. Soweit die Klägerin im Verfahren Landgericht München I auch hier Einwände gegen die Richtigkeit dieser gutachterlichen Feststellungen erhoben hat, wird auf die Ausführungen des Landgerichts München I zu der Frage Bezug genommen, warum diese - auch privatgutachterlichen - Einwände die Überzeugungskraft des Gutachtens nicht zu erschüttern vermögen (Bl. 621 ff. d.A. LG München I 5 HK O 10751/05).

(vii) Aus der Regelung in Art. 28 Abs. 3 GZG 1991 lässt sich ebenso wenig ein Konkurrenzverbot begründen. In den Fällen, in denen die - abschließend aufgezählte - Interessenkollision angenommen werden muss, soll der Vertreter nicht berechtigt sein, im Namen der vertretenen Person Geschäfte abzuschließen. Eine umfassende Haftung des Geschäftsleiters kann daraus indes ebenso wenig abgeleitet werden wie ein Wettbewerbsverbot.

(viii) Der Beklagte ist, worauf das Oberlandesgericht München (Bl. 741 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05) weiter hingewiesen hat, auch nicht "Eigentümer" i.S.d. Art. 2 Abs. 9 Eigentumsgesetz RSFSR, weswegen diesbezüglich keine Ansprüche in Betracht kommen.

(ix) Ansprüche kann die Klägerin auch nicht aus Art. 8 der Grundlagen der Gesetzgebung über die Investitionstätigkeit in der UdSSR ableiten (Bl. 741 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05); der Beklagte als Geschäftsführer und somit Organ fällt nicht unter den angesprochenen Kreis der "Investoren" i.S.d. Gesetzes. Punkt 10 Abs. 2 der Russischen AktienO ist bereits mangels Insolvenz unanwendbar, aus Art. 20 des Unternehmensgesetzes der RSFSR vom 25.12.1990 Nr. 445 folgen ohnehin keine direkten Ansprüche, und ein Verstoß gegen Gesellschafterpflichten durch den Beklagten kann zuletzt nicht über Art. 117 ZGB RSFSR 1964 hergeleitet werden, weil sich die Vorschrift gemäß Art. 116 ZGB RSFSR 1964 auf unitarische Unternehmen und nicht auf Körperschaften wie P bezieht (vgl. bereits Bl. 743 ff. d.A. LG München I 5 HK O 10751/05).

(2) Auch vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden aus, ergeben sich insbesondere nicht schon aus dem Gesellschaftsvertrag zur Gründung des Joint Ventures P. Artikel 6.1.5 des Vertrages bezieht sich zwar auf das Recht der Aktieninhaber und deren Verpflichtung, das Joint Venture P nicht zu schädigen.

Für die Auslegung dieses Vertrages ist, wie das Landgericht München I festgehalten hat, schon deshalb russisches Recht anzuwenden, weil dies in Art. 14.3 des Vertrages bestimmt ist. Da also nicht nur das Vertragsstatut, sondern auch die Rechtswahlklausel der Vertragsparteien ins russische Recht verweisen, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, dass - worauf das Landgericht München I grundsätzlich richtig hinweist - auch bei deliktischen Handlungen der Begehungsort (Russland) bzw. beim internationalen Lauterkeitsrecht der Ort wettbewerblicher Interessenkollision (ebenfalls Russland) den Anknüpfungspunkt bilden würden.

Dieser Vertrag regelt aber keine Rechte und Pflichten des Beklagten, sondern das Verhältnis der Gesellschafter von P zu dieser und das Verhältnis der beiden Gesellschafter - also der Klägerin und T International - untereinander. Das Trennungsprinzip des russischen Rechts (dazu die Sachverständige W2 etwa auf Bl. 555 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05) steht einer Durchgriffshaftung des Beklagten entgegen.

(3) Auch Ansprüche aus Bereicherungsrecht scheiden aus; insoweit tritt der Senat erneut der Bewertung des Landgerichts München I bei. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 1102 ZGB RF, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Diese Vorschrift verlangt nämlich, dass die Minderung des Vermögens auf der einen Seite die unmittelbare Folge des Vermögenszuwachses auf der anderen Seite im Sinne einer Stoffgleichheit darstellt und dass ein rechtlicher Grund für den Erwerb des vermögenswerten Vorteils fehlt. Jedenfalls von Letzterem kann im Verhältnis der Parteien untereinander nicht ausgegangen werden. Da - wie ausgeführt - den Beklagten im Verhältnis zur Klägerin kein Wettbewerbsverbot trifft, ist ein fehlender Rechtsgrund nicht ersichtlich. Ebenso wenig kann der Anspruch auf Art. 113 Abs. GZG 1991 gestützt werden, weil nach dieser Vorschrift eine Verpflichtung zur Rückgabe erhaltenen Vermögens nur dann besteht, wenn das Vermögen ohne rechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlage auf Kosten einer anderen Person erworben wurde. Daran fehlt es jedoch erneut vorliegend wegen des Fehlens eines Verstoßes gegen ein Konkurrenzverbot durch den Beklagten im Verhältnis der Parteien untereinander.

(4) Der Senat tritt diesem gutachterlichen Ergebnis und seiner Bewertung und Würdigung durch das Landgericht München I sowie das Oberlandesgericht München in vollem Umfang bei. Die Sachverständige hat überaus ausführlich zu sämtlichen dargestellten Fragen bekundet und ist mehrfach angehört worden. Ihre Stellungnahmen zu den Vorhalten der Parteien, gerade auch zu den privatgutachterlichen Einwänden (dazu insbesondere und ausführlich die Gutachten W2 vom 10.02.2011 - Bl. 426 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05- und vom 24.06.2011 - Bl. 481 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05) erscheinen dem Senat fundiert und nachvollziehbar.

Anhaltspunkte für eine fehlende Sachkunde der Sachverständigen, der die Klägerseite selbst eine enge Vertrautheit mit der "russischen Denke" attestiert hat (Bl. 476 d.A. d.A. LG München I 5 HK O 10751/05), vermag der Senat nicht zu entdecken. So hat - entgegen dem Vorwurf die Klägerseite - die Sachverständige insbesondere die "reale" Situation der Rechtsanwendung in Russland aufgrund eigener Anschauung auch dort bekunden können, wo die "akademische" Rechtslage aufgrund der entsprechenden Kommentarliteratur anders gewesen sein mag (etwa Bl. 240 d.A. LG München I 5 HK O 10751/05).

(5) Mit dem Landgericht München I und dem Oberlandesgericht sieht der erkennende Senat auch keine Notwendigkeit für die Einholung eines Obergutachtens.

(i) Die Rechte der Beteiligten finden im Beweisverfahren ihre Grenzen in §§ 412, 485 Abs. 3 ZPO. Eine neue Begutachtung kann also nur unter den Voraussetzungen von § 412 ZPO erfolgen. Für diese Entscheidung ist dem Gericht ein Ermessen dahingehend einzuräumen, ob das eingeholte Gutachten ungenügend ist. Hierbei hat der Richter nach freier Überzeugung zu entscheiden, das heißt das Sachverständigengutachten unterliegt seiner freien Beweiswürdigung. Nur wenn ein Gutachten unvollständig oder unverständlich ist, ist es zu ergänzen, gegebenenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 16.12.2005 - 4 W 637/05 - IBR 2006, 1365).

Das Gericht hat erst dann, wenn es aus dem Gutachten trotz Ergänzung oder Anhörung des Sachverständigen keine sichere Überzeugung gewinnt, eine neue Begutachtung anzuordnen, wenn insbesondere schwierige Fragen zu lösen oder grobe Mängel des vorhandenen Gutachtens nicht zu beseitigen sind, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn das Gutachten in anderer Weise nicht aufklärbare Widersprüche enthält, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn eine Partei substantiierte, nicht von vornherein widerlegbare Einwendungen gegen die Richtigkeit des Gutachtens erhebt (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1995 - VIII ZR 278/94 - NJW 1996, 730; KG, Urt. v. 28.07.2003 - 12 U 44/02 - KGR 2004, 114).

(ii) Der aus § 293 ZPO folgenden Pflicht einer gerichtlichen Aufklärung des Inhalts fremden Rechts ist daher genüge getan, wenn - wie hier - eine ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen eingeholt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.1999 - X ZR 121/96 - NJW-RR 2000, 44 (46) für § 286 ZPO).

Ein widerstreitendes Privatgutachten zwingt nicht dazu, diesem Folge zu leisten, sondern erfordert nur eine Auseinandersetzung mit diesem durch den gerichtlichen Sachverständigen (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2001 - VI ZR 272/99 - NJW 2001, 2796 (2797)), die hier vor dem Landgericht München I stattgefunden und zu dem bereits dargestellten Ergebnis geführt hat.

Ein Obergutachten nach § 412 ZPO einzuholen würde demgegenüber voraussetzen, dass eine Gutachtenergänzung und eine mündliche Erläuterung erfolglos geblieben ist (vgl. Zöller-Greger, 30. Aufl. (2014), § 412, Rn. 1). Diese Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen gemäß §§ 485 Abs. 3, 412 ZPO liegen, wie ausgeführt, nicht vor.

(6) Das Gericht kann daher dahinstehen lassen, ob nicht - wofür nach dem Ergebnis der Rechtsgutachten (etwa Bl. 8 des Gutachtens W2 von Februar 2008 aus dem Verfahren LG München I 5 HK O 10751/05) einiges spricht - einem Anspruch der Klägerin bereits entgegenstünde, dass (wie sie selbst zunächst vorgetragen hat) nicht sie, sondern die GUWD Forderungsinhaberin wäre, oder ob auch die von ihr nun behauptete Nationalisation zum 11.06.1992 nichts daran geändert hätte, dass die GUWD als (nach Behauptung selbst der Klägerin jedenfalls "formelle") Inhaberin des Anspruchs geblieben wäre. In beiden Fällen wäre die Klägerin ohnehin an den Ausgang des gegenüber der GUWD rechtskräftig entschiedenen Prozesses vor dem Landgericht München I gebunden.

(7) Das Gericht kann schlussendlich dann ebenfalls dahinstehen lassen, ob- wozu der Senat neigt - nicht schon die fehlende Gegenseitigkeit der Forderungen einer Aufrechnung entgegenstünde.

(i) Die Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung beurteilt sich nach dem Recht der Forderung, gegen die aufgerechnet wird (vgl. nunmehr Art. 17 ROM-I, zur hier intertemporalen Lage nach altem Recht BGH, Urt. v. 25.11.1993 - IX ZR 32/93, NJW 1994, 1413 (1416); Palandt-Thorn, 73. Aufl. (2014), Art. 17 ROM I, Rn. 2). Damit ist schwedisches Recht zur Anwendung berufen, denn es wird gegen einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch aufgerechnet, der sich nach der lex fori beurteilt, da das Prozessrecht als hoheitliches Recht anzusehen ist.

Inwieweit ein Anspruch, der im Wege der "Einziehungsermächtigung" geltend gemacht wird oder jedenfalls "formell" einem Dritten (der GUWD) zusteht, dem Erfordernis der Gegenseitigkeit genügt und ob das schwedische Recht diese oder gegebenenfalls noch weitere Einschränkungen der Aufrechenbarkeit der Forderung kennt, braucht der Senat vorliegend nicht ermitteln.

Die Parteien trifft nämlich in gewissem Umfang die Pflicht, an der Aufklärung des Inhalts des maßgeblichen ausländischen Rechts mitzuwirken. Zwar muss der Richter das ausländische Recht selbst ermitteln, die Parteien müssen ihn aber hierbei nach Kräften unterstützen, wenn sie sich selbst ohne besondere Schwierigkeiten Zugang zu den Erkenntnisquellen des fremden Rechtskreises verschaffen können (Geimer, IZPR, 6. Aufl. (2009), Rn. 2588). Lässt es eine Partei an einer ihr zumutbaren Mitwirkung fehlen, kann das Gericht zu deren Nachteil von weiteren Ermittlungen absehen und davon ausgehen, dass durchgreifend neue Erkenntnisse nicht zu gewinnen sind (BGH, Urt. v. 30.03.1976 - VI ZR 143/74, NJW 1976, 1581 (1583)).

(ii) Lässt sich der Inhalt ausländischen Rechts nicht sicher feststellen, finden Beweislastregeln keine Anwendung, ein non liquet ist nicht möglich. Vielmehr ist deutsches Recht als Ersatzrecht anzuwenden (BGH, Beschl. v. 26.10.1977 - IV ZB 7/77, NJW 1978, 496 (498); OLG Stuttgart, Urt. v. 01.03.1984 - 16 U 11/82, unveröffentlicht; OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.03.1999 - 1 WF 36/99, FamRZ 2000, 37; KG, Beschl. v. 06.11.2001 - 1 VA 11/00, FamRZ 2002, 840).

Nach deutschem Recht indes scheidet die Aufrechnung mit der Forderung eines Dritten auch dann aus, wenn dieser sein Einverständnis erteilt hat (BGH, Urt. v. 01.10.1999 - V ZR 162/98, NJW 2000, 278), so dass - ungeachtet der sonstigen Abweisungsgründe - schon die von der Klägerin vorgetragene "Einziehungsermächtigung" jedenfalls für den Fall, dass die Klägerin selbst nicht aktivlegitimiert wäre, nicht ausreicht, um der Aufrechnung zum Erfolg zu verhelfen.

c. Hinsichtlich der weiteren zur Aufrechnung gestellten Forderungen wegen der vor dem Bezirksgericht St. Petersburg titulierten Ansprüche fehlt es schon an der internationalen Zuständigkeit des erkennenden Gerichts, so dass der Senat die Frage, ob die Forderung in Grund und Höhe überhaupt hinreichend dargetan ist, nicht entscheiden muss.

(1) Die Entscheidung über eine im Wege der Prozessaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung setzt voraus, dass das Prozessgericht auch international zuständig ist (BGH, Urt. v. 12.05.1993 - VII ZR 110/92, NJW 1993, 2753). Hieran ändert sich auch nichts durch die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des EuGH (Urt. v. 13.07.1995 - Rs. C - 341/93, NJW 1996, 42), in welcher der EuGH für das EuGVÜ als Vorgängerdokument zur EuGVVO festgehalten hat, der besondere Gerichtsstand der Widerklage sei nicht für eine Aufrechnung anzuwenden, sondern die Zulässigkeit der Aufrechnung folge dem nationalen Prozessrecht.

Diese (prozessrechtliche) Anforderung folgt ohnehin aus der Anwendung der lex fori für Fragen der Zulässigkeit der Entscheidung über die Aufrechnungsforderung (Nagel/Gottwald, IZPR, 7. Aufl. (2013), § 6, Rn. 23), hat aber nichts mit der hier zu entscheidenden Konstellation zu tun.

(2) Die (ohnehin stets und auch nach dem nationalen Prozessrecht zu prüfende) internationale Zuständigkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Aufrechnung gilt auch dann, wenn die Forderung nicht als Verteidigungsmittel dient, sondern - wie hier im Fall der Vollstreckungsabwehrklage im Sinne des § 767 ZPO - die Grundlage einer neuen Klage gegen einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel bildet (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.08.2012 - 8 W 48/12, unveröffentlicht). Fehlt die internationale Zuständigkeit, ist die Aufrechnung nicht zu beachten (BGH, Urt. v. 12.05.1993 - VII ZR 110/92, NJW 1993, 2753).

Dies folgt, worauf der Senat auch mit Beschluss vom 09.03.2009 (Bl. 884 d.A.) bereits hingewiesen hat, daraus, dass im Rahmen der Aufrechnung auch über die Gegenforderung mit Rechtskraftwirkung entschieden wird. Zwar regelt § 322 Abs. 2 ZPO dem Wortlaut nach nur die Rechtskraftwirkung der Prozessaufrechnung der Beklagtenseite, es ist aber anerkannt, dass die Rechtskraft über eine Vollstreckungsgegenklage des Schuldners auch die Zu- bzw. Aberkennung einer Gegenforderung ergreift, mit der der Schuldner die Aufrechnung gegenüber der titulierten Forderung erklärt hat (BGH, Beschl. v. 28.06.2006 - XII ZB 9/04, NJW-RR 2006, 1628 (1629)).

(3) Vorliegend indes fehlt die internationale Zuständigkeit, denn ausländische hoheitliche Ansprüche werden grundsätzlich nicht durchgesetzt (Nagel/Gottwald, IZPR, 7. Aufl. (2013), § 2, Rn. 28). Ob die Natur eines Anspruchs als hoheitlich nach der lex fori (so Zöller-Geimer, 30. Aufl. (2014), § 328, Rn. 80) oder "nach den Bedürfnissen einer internationalen Kooperation" (so Nagel/Gottwald, IZPR, 7. Aufl. (2013), § 2, Rn. 28) bestimmt wird, kann hierbei dahinstehen.

Ein Anspruch in Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse liegt vor, wenn dieser - wie hier - die Beitreibung von Abgaben betrifft, die eine Privatperson einer öffentlichen - staatlichen oder internationalen - Stelle für die Inanspruchnahme von deren Diensten und Einrichtungen schuldet, insbesondere wenn diese Inanspruchnahme "zwingend und ausschließlich" ist (EuGH, Urt. v. 14.10.1976 - Rs 29/76, NJW 1977, 489 (490) - "Eurocontrol"; ähnlich EuGH, Urt. v. 15.02.2007, C-292/05, IPRax 2008, 250 - Eirini Lechouritou ./. BRD: "einseitig und zwingend"). Weiterhin kann ein Zusammenhang des Streitgegenstands mit einer öffentlichrechtlichen Tätigkeit dazu führen, den Anspruch als hoheitlich zu qualifizieren (EuGH, Urt. v. 16.12.1980 - 814/79, RIW 1981, 711 - Rüffer).

Steuerforderungen indes sind klassisch hoheitliche Materie und damit als öffentlichrechtlich zu qualifizieren (BGH, Beschl. v. 25.11.2010 - VII ZB 120/09, NJW-RR 2011, 647), was auch und gerade trotz der von der Klägerseite angesprochenen Besonderheiten russischer Titulierung vorliegend gilt.

Bei den zur Hilfsaufrechnung gestellten Ansprüchen handelt es sich um Forderungen, die in einem Verfahren tituliert wurden, bei welchem eine Staatsanwältin beteiligt war und bei der der Beklagte als Naturalpartei persönlich für (u.a.) Straßen- und Instandhaltungssteuern in Anspruch genommen wurde. Trotz der (formalen) Einkleidung in eine zivilrechtliche Haftung, auf welche die Klägerin verweist, stand ausweislich der dortigen Urteilsgründe einer hoheitlichen Verfolgung von Ansprüchen (nur) der Fristablauf zur Heranziehung entgegen (S. 2 des Urteils in der deutschen Übersetzung, Anl. K49), so dass der Kläger als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird, wobei er - so das Bezirksgericht St. Petersburg - als "ständiger Vertreter" der T2 International Inc und damit nach Art. 6 der Vorschrift des staatlichen Steueramtes der Russischen Föderation vom 14.05.1993 Nr. 20 persönlich als Naturalpartei hafte.

Bereits mit Beschluss vom 09.03.2009 (Bl. 884, 889 d.A.) hat der Senat weiter darauf hingewiesen, dass der russische Staat als Geschädigter im dortigen Verfahren aufgetreten war und der Schaden in der "Nichtzahlung an den Haushalt der Russischen Förderation", also der Nichterfüllung öffentlichrechtlicher Zahlungspflichten, begründet wurde, zuletzt, dass trotz des formalen Rahmens eines russischen Zivilverfahrens ebenfalls eine Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung vom Bezirksgericht als "Vermögensschaden" einbezogen worden ist.

Dass diese Ansprüche in ein Zivilurteil "eingekleidet" sind, steht ihrer Beurteilung als öffentlichrechtlich nicht entgegen (vgl. Zöller-Geimer, 30. Aufl. (2014), § 328, Rn. 80); Vischer, IPRax 1991, 209 (215) unter Verweis auf die Entscheidung CA (1988) 3 W.L.R. 304 (US v Inkley), wo ein Ordnungsgeld wegen Nichterscheinens vor Gericht mit zivilrechtlichem Versäumnisurteil festgesetzt worden war).

Eine zivilrechtliche Angelegenheit liegt demgegenüber etwa vor, wenn der Staat eine (hoheitlich gewährte) Leistung aufgrund versehentlicher Zuvielzahlung nach § 812 BGB zurückverlangt, weil es dann an der Inanspruchnahme hoheitlicher Befugnisse fehlt (EuGH, Urt. v. 11.04.2013 - C 645/11, NJW 2013, 1661) oder wenn deliktsrechtliche Ersatzansprüche geltend gemachten werden, die inhaltlich auf einem "Mehrwertsteuerkarussell" der Beklagten (und damit nur inzident auf Steuern) beruhen (EuGH, Urt. v. 12.09.2013 - C 49/12, EuZW 2013, 828 (829)). So liegt der Fall indes hier nicht - der Beklagte ist ausdrücklich als (weiterer) Steuerschuldner für rückständige Steuern (u.a. auch persönlicher Einkommenssteuer) verurteilt worden.

Auch die von der Klägerin angeführte Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschl. v. 30.12.2010 - 5 W 71/09, unveröffentlicht) betraf eine zivilrechtliche Ausfallhaftung des Geschäftsführers, welche gegenüber jedwedem Gesellschaftsgläubiger bestanden hätte und die nur im konkreten Fall auf Zahlung rückständiger Steuern (der Gesellschaft) gerichtet war; das OLG hatte (vergleichbar zur Entscheidung des EuGH, Urt. v. 12.09.2013 - C 49/12, EuZW 2013, 828 (829)) argumentiert, es handele sich um zwei getrennt zu beurteilende und quasi "nachgeschaltete" Rechtsbeziehungen, wobei die zivilrechtliche Ausfallhaftung im Vordergrund stehe, wohingegen auch sonst Vorfragen einer Haftung (welche hier, da steuerlich, auch vom OLG Stuttgart als öffentlichrechtlich qualifiziert worden wären) für die Beurteilung der Rechtsbeziehung irrelevant seien (OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.12.2010 - 5 W 71/09, unveröffentlicht).

Vorliegend ist die Fallgestaltung anders: der Beklagte wird aufgrund einer hoheitlichen Norm des Steuerrechts (der Art. 6 der Vorschrift des staatlichen Steueramtes der Russischen Föderation vom 14.05.1993 Nr. 20 - "Über die Besteuerung des Einkommens und der Gewinne ausländischer juristischer Personen") in Anspruch genommen. Dass dies (wiederum nur aufgrund Fristablaufs, welcher hoheitlichem Vorgehen entgegenstand) in einer aus russischer Sicht möglicherweise zivilrechtlichen Einkleidung der Forderung geschah, ist hierbei unbehelflich und wäre bei der gebotenen Auslegung unabhängig von der Einordnung des Anspruchs durch das ausländische Recht ohnehin nicht von Belang.

(4) Die internationale Zuständigkeit in Form einer bloßen Verrechnungszuständigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gegenforderung der Klägerin durch das Urteil des Bezirksgerichts St. Petersburg vom 15.06.2006 rechtskräftig festgestellt ist. Zwar kommt es auf die internationale Zuständigkeit bei rechtskräftig festgestellter Gegenforderung nicht an (Zöller-Greger, 30. Aufl. (2014), § 145, Rn. 19; Wagner, IPRax 1999, 65, 76). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die ausländische Entscheidung im Inland anzuerkennen ist (Busse, MDR 2001, 729). Hieran fehlt es. Nach § 328 ZPO sind, ebenso wie nach Art. 1, 33 EuGVVO, nur Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen anerkennungsfähig (Zöller-Geimer, 30. Aufl. (2014), § 328 Rn 80). Ausländische Entscheidungen über öffentlichrechtliche Forderungen sind dagegen nicht anerkennungsfähig (so ausdrücklich auch Art. 1 Abs. 1 S. 2 EuGVVO).

(5) Soweit die Klägerin den Grundsatz der Nichtdurchsetzbarkeit ausländischer öffentlichrechtlicher Forderungen im Falle einer Prozessaufrechnung in Frage stellt, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass durch die Anerkennung der Aufrechnung im Rahmen ihrer Vollstreckungsgegenklage die Forderung nicht durchgesetzt würde, sondern lediglich das Erlöschen der titulierten Forderungen durch die materiellrechtliche Aufrechnungserklärung festgestellt würde. Im Falle der Aufrechnung werde die Gegenforderung nicht erst durch ein sie bestätigendes Urteil realisiert, sondern bereits durch die materiellrechtlichen Wirkungen der Aufrechnung. Dem steht schon entgegen, dass im Falle einer Prozessaufrechnung gem. § 139 BGB auch die materiellrechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung von ihrer prozessualen Zulässigkeit abhängt (Zöller-Greger, 30. Aufl. (2014), § 145, Rn. 15). Darüber hinaus ist Streitgegenstand nicht der Bestand der titulierten Forderung, sondern die Vollstreckbarkeit des Titels. Die Vollstreckungsgegenklage ist prozessuale Gestaltungsklage, deren Gegenstand die Vollstreckbarkeit des Titels ist (Zöller-Herget, 30. Aufl., § 767, Rn. 1). Die von der Klägerin begehrte rechtgestaltende Vernichtung der Vollstreckbarkeit tritt nicht bereits mit der außergerichtlichen Erklärung der Aufrechnung ein, sondern erst mit der Rechtskraft des Urteils. Im Übrigen ist auch bei aktiver Geltendmachung einer Forderung nicht deren Bestand, sondern nur deren Durchsetzung von einer gerichtlichen Entscheidung abhängig.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4.

Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Grundsatz der Nichtdurchsetzbarkeit ausländischen öffentlichen Rechts ist allgemein anerkannt und vom Bundesgerichtshof bestätigt.

Streitwert: 330.000,00 €