OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.10.2001 - 15 A 5184/99
Fundstelle
openJur 2011, 15187
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 17 K 5822/97
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert:

Der Beklagte wird verpflichtet, den Beitragsbescheid vom 10. Juni 1991, betreffend das Grundstück Gemarkung H. , Flur 4, Flurstück 793, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1992 und des Teilaufhebungsbescheides vom 26. Januar 1996 und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1997 aufzuheben, soweit er einen Beitrag von mehr als 599,40 DM festsetzt.

Im Ãœbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge tragen der Kläger 5/9, der Beklagte 4/9.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der in M. gelegenen Grundstücke K. straße 15 (Gemarkung H. , Flur 4, Flurstücke 1177 und 1178) und Gemarkung H. , Flur 4, Flurstück 793. Das Grundstück K. straße 15 grenzt an die K. straße und knickt von dieser etwa in einem Winkel von 45 Grad ab. In Folge einer Kurve der K. straße liegt es im hinteren Bereich hinter dazwischen liegenden Grundstücken parallel zur K. straße. Das Grundstück ist etwa 80 m tief. Das Flurstück 793 schließt sich im hinteren Bereich an das Grundstück K. straße 15 an. Es liegt nicht unmittelbar an der K. straße, sondern an einem im Eigentum der Siedlervereinigung N. stehenden Privatweg (Gemarkung H. , Flur 4, Flurstücke 678 und 454), der auf die K. straße führt. Er ist bis zum Beginn des Flurstücks 793 etwa 30 m lang. Zu Gunsten des Flurstücks 793 ist ein Geh- und Fahrrecht als Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Die Grundstücke des Klägers liegen im unbeplanten Innenbereich. Das Grundstück K. straße 15 ist im zur Straße hin ausgerichteten Teil mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebaut. Das Flurstück 793 ist nicht bebaut.

1989 baute der Beklagte die K. straße in den Teileinrichtungen Fahrbahn, Radweg und Beleuchtung aus. Mit zwei Bescheiden vom 10. Juni 1991 zog der Beklagte den Kläger für seine Grundstücke zu Straßenbaubeiträgen heran, und zwar für das Grundstück K. straße 15 zu einem Beitrag von 4.631,77 DM und für das Flurstück 793 zu einem Beitrag von 2.249,89 DM. Das Grundstück K. straße 15 wurde unter Anlegung einer Tiefenbegrenzung nur zu einer Fläche von 1.544 qm veranlagt, während das Flurstück 793 mit der vollen Fläche und als zweigeschossig bebaubar veranlagt wurde. Gegen die Bescheide erhob der Kläger Widerspruch, zu denen er vortrug: Die Anwohnerschaft sei an dem Ausbau nicht beteiligt worden. Bis auf die Anlegung der Radwege handele es sich nur um eine Instandsetzung und Unterhaltung. Ein Gutachten über die fehlender Reparaturfähigkeit der Straße liege nicht vor. Der abgerechnete Abschnitt der Straße sei fehlerhaft gebildet worden. Weitere Flächen hätten in das Abrechnungsgebiet einbezogen werden müssen. Die Anwohner der K. straße müssten gleich behandelt werden mit den Anwohnern der ebenfalls ausgebauten W. -S. -Straße, die nicht zu Beiträgen herangezogen worden seien. Möglicherweise liege ein Forderungsverzicht vor, wenn die Forderungen nicht in den Jahresabschlüssen 1989 und 1990 enthalten seien. Für das Grundstück K. straße 15 sei die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung unrichtig angewandt worden. Auch für das Flurstück 793 sei eine Tiefenbegrenzung von der K. straße aus vorzunehmen. Im Übrigen sei das Flurstück nicht bebaubar.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 6. Februar 1992 wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Mit Schreiben vom 19. Februar 1992 erklärte der Kläger, mit den Widerspruchsbescheiden nicht, jedoch mit der Durchführung eines Musterverfahrens durch die Kläger H. einverstanden zu sein, wenn im Urteil alle von ihm vorgebrachten Widerspruchsgründe, insbesondere die Frage der Bebaubarkeit des Flurstückes 793, erfasst würden. Mit Schreiben vom 9. März 1992 antwortete der Beklagte, dass er dem Antrag auf Durchführung eines Musterprozesses bei rechtzeitigem Eingang einer Klage innerhalb der für den Kläger geltenden Klagefrist stattgebe. Sodann heißt es: "Sollte eine zulässige Klage vor Ablauf Ihrer persönlichen Klagefrist beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf eingehen, wird Ihnen hiermit verbindlich und unwiderruflich zugesichert, dass sich die Stadt M. nicht auf einen Fristablauf zur Klageerhebung in Sachen Ausbaubeitragserhebung K. straße in Form der Widerspruchsentscheidung vom 06.02.1992 berufen wird. Verjährungseinreden seitens der Stadt M. sind somit bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens nicht möglich. Soweit ihre Widerspruchsgründe über die Musterklagegründe hinausgehen und beim Verwaltungsgericht im Musterprozess keine Würdigung erfahren, wird Ihnen ein separates Klageverfahren nach Abschluss des Musterverfahrens möglich sein. Die Klagefrist werde ich Ihnen gegebenenfalls rechtzeitig mitteilen."

Am 6. März 1992 erhoben die Eheleute H. gegen die ihnen zugegangenen Beitragsbescheide Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (17 K 1668/92). Die Klage wurde durch am 16. August verkündetes Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. August 1994 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 75 bis 94 der Beiakte 3 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 forderte der Beklagte den Kläger auf, die festgesetzten Beiträge nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen wandte sich der Kläger unter Hinweis darauf, dass nach der Zusicherung des Beklagten das Musterverfahren nur insofern für ihn gelte, als seine Widerspruchsgründe von dem Urteil erfasst würden. Das sei nicht vollständig geschehen, insbesondere sei die Bebaubarkeit des Flurstücks 793 nicht behandelt und die Erheblichkeit von fehlenden einzubeziehenden Flächen in die Verteilung durch das Verwaltungsgericht fehlerhaft behandelt worden. Am 22. Mai 1995 erhob der Kläger Klage gegen die ergangenen Heranziehungsbescheide. In diesem Verfahren sicherte der Beklagte dem Kläger zu, ihm eine ergänzende Bescheidung zugehen zu lassen. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück. Mit Bescheid vom 25. Januar 1996 reduzierte der Beklagte den festgesetzten Beitrag für das Grundstück K. straße 15 auf 4.399,26 DM. Mit Bescheid vom 26. Januar 1996 reduzierte der Beklagte den für das Flurstück 793 festgesetzten Beitrag auf 2.136,95 DM. Beide Bescheide wurden damit begründet, dass sowohl die Verteilungsfläche als auch die umlagefähigen Kosten zu erhöhen seien, sodass sich eine geringfügig geminderte Quote ergebe. Das Flurstück 793 sei bereits mindestens seit dem 10. Juni 1991 bebaubar. Mit Bescheid vom 31. Januar 1997 erteilte der Beklagte dem Kläger einen Bauvorbescheid für das Flurstück 793, nach dem eine Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten in Aussicht gestellt wurde, wenn über die Flurstücke 678 und 454 ein Geh- und Fahrrecht und über die im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücke 1178 und 1177 (also das Grundstück K. straße 15), ein Leitungsrecht durch Baulast gesichert würden.

Den gegen die Bescheide vom 25. und 26. Januar 1996 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 12. Juni 1997, zugestellt am 13. Juni 1997, zurück.

Mit am 14. Juli 1997, einem Montag, beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen: Zu Unrecht seien in den Abänderungsbescheiden höhere Kosten angesetzt worden, als sie in den der Musterklage der Eheleute H. zu Grunde liegenden Bescheiden angegeben gewesen seien. Das Flurstück 793 sei nicht bebaubar und müsse daher mit einem Faktor von 0,5 der Grundstücksfläche veranlagt werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Wiederaufgreifensbescheide des Beklagten vom 25. und 26. Januar 1996 und die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide vom 12. Juni 1997 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Beiträge für das Flurstück 793 auf 599,40 DM und die Beiträge für die Flurstücke 1177 und 1178 auf 2.500,-- DM festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Die gesamten Radwegekosten seien in die Berechnung einzustellen, da nach neuerer Rechtsprechung eine Vorteilskompensation wegen Verschmälerung nicht anzunehmen sei. Das Flurstück 793 sei bebaubar.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung des Klägers, mit der er vorträgt: Die Tiefenbegrenzungsregelung für das Grundstück K. straße 15 sei fehlerhaft angewandt worden. Das Flurstück 793 sei nicht in beitragsrechtlich relevanter Weise von der K. straße erschlossen, da es keine Entwässerungsmöglichkeit habe. Über den Privatweg bestehe keine Leitungsführungsmöglichkeit. Die vom Beklagten angenommene Leitungsführungsmöglichkeit im rückwärtigen Bereich über das dem Kläger gehörende Grundstück K. straße 15 sei wirtschaftlich zu aufwändig. Die Leitung müsste unter das Wohnhaus geführt werden, darüber hinaus seien Flächen frei zu halten. Insgesamt sei mit einem Wertverlust von 186.000,-- DM zu rechnen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und unter entsprechender Änderung der Wiederaufgreifensbescheide des Beklagten vom 25. und 26. Januar 1996 und der hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide vom 12. Juni 1997 den Beklagten zu verpflichten, die Beiträge für das Flurstück 793 auf DM 599,40 DM und die Beiträge für die Flurstücke 1177 und 1178 auf 2.500,-- DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor: Wie sich aus dem ergangenen Vorbescheid ergebe, sei das Flurstück 793 bebaubar. Für die leitungsgebundene Erschließung über die dem Kläger gehörenden Flurstücke 1177 und 1178 seien Kosten von 29.100,-- DM aufzuwenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der dazu beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Das Klagebegehren ist darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, die Beitragsbescheide vom 10. Juni 1991 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 6. Februar 1992 über das bereits erfolgte Maß hinaus in der beantragten Höhe aufzuheben. Damit wird der Erlass von Verwaltungsakten begehrt, was mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen ist (§ 42 Abs. 1 VwGO). Die Klage wurde innerhalb der Klagefrist des § 74 VwGO von einem Monat nach Zustellung der Widerspruchsbescheide vom 12. Juni 1997, mit denen der Widerspruch gegen die Versagung weiter gehender Aufhebungsbescheide zurückgewiesen wurde, erhoben. Die Klage ist nicht deshalb unzulässig, weil sie sich der Sache nach gegen die mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Straßenbaubeitragsbescheide vom 10. Juni 1991 richtet. Klageziel ist nämlich nicht deren Anfechtung, sondern ein auf die Musterklagevereinbarung gestützter Anspruch auf teilweise Aufhebung der bestandskräftig gewordenen Bescheide durch den Beklagten.

Die Berufung ist hinsichtlich des Grundstücks K. straße 15 unbegründet, hinsichtlich des Flurstücks 793 begründet.

Hinsichtlich des Grundstücks K. straße 15 ist die Berufung unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Klage insoweit zu Recht abgewiesen hat. Die Klage ist nämlich unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte teilweise Aufhebung des das Grundstück K. straße 15 betreffenden Bescheides hat. Die diesbezügliche Ablehnung der begehrten Aufhebung erweist sich als rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Anspruch ergibt sich nicht, was alleine in Betracht kommt, aus dem Schreiben des Beklagten vom 9. März 1992, in dem er dem Kläger in gewissem Umfange die Klagemöglichkeit nach Durchführung eines Musterklageverfahrens erhalten wollte. Allerdings kann sich aus diesem Schreiben grundsätzlich für den Kläger ein Anspruch auf (Teil-)Aufhebung des Beitragsbescheides ergeben. Denn rechtlich handelt es sich um die Zusicherung der Rücknahme des Beitragsbescheides unter bestimmten Voraussetzungen.

Dem Wortlaut nach wollte sich der Beklagte "nicht auf einen Fristablauf zur Klageerhebung ... berufen". In dieser Form war allerdings die Eröffnung einer Klagemöglichkeit nicht möglich. Die Einhaltung der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nicht zur Disposition der Beteiligten, sondern ist eine vom Gericht von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung für ein Sachurteil. Gewollt war vielmehr, wie sich aus dem ersten Absatz der Seite 2 des Schreibens vom 9. März 1992 ergibt, dass der Beklagte sich verpflichtet, die bestandskräftigen Beitragsbescheide insoweit aufzuheben, als sich dies unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im Musterklageverfahren oder unter Berücksichtigung der vom Kläger in seinem Widerspruchsverfahren vorgebrachten, im Musterklageverfahren nicht behandelten Gründe ergibt. Nur bei einem solchen Verständnis des Schreibens vom 9. März 1992 wird das erstrebte Ziel erreicht, einerseits die Behandlung der im Musterklageverfahren berücksichtigten Einwände gegen die Bescheide auch dem klägerischen Verfahren zukommen zu lassen und andererseits weitere individuelle Widerspruchsgründe des Klägers, die im Musterklageverfahren nicht behandelt wurden, einer gerichtlichen Prüfung unterziehen zu können.

Durch das Schreiben des Beklagten vom 9. März 1992 wurde die genannte Verpflichtung wirksam begründet. Es handelt sich um eine Zusicherung zum Erlass von (Teil-) Aufhebungsbescheiden unter den genannten Voraussetzungen entsprechend § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVfG NRW). Unmittelbar ist die Vorschrift nicht anwendbar, da das Verwaltungsverfahrensgesetz NRW nach dessen § 2 Abs. 2 Nr. 1 nicht gilt für Verwaltungsverfahren, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind. Das trifft für das Verwaltungsverfahren im Rahmen von Beitragsbescheiden nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein- Westfalen (KAG NRW) zu, denn § 12 KAG NRW ordnet in weitem Umfange die entsprechende Anwendung der Abgabenordnung an. Allerdings sieht die Abgabenordnung das allgemeine Rechtsinstitut einer Zusicherung nicht ausdrücklich vor. Daraus folgt aber nicht, dass Zusagen eines bestimmten behördlichen Verhaltens (und damit auch die auf den Erlass von Verwaltungsakten gerichtete Zusicherung als Unterfall der Zusage) im Abgabenrecht nicht möglich wären.

Vgl. Tipke/Kruse, AO, Loseblattsammlung (Stand: August 2001), vor § 204 Rn. 7 ff. zur Zulässigkeit von Zusagen im Steuerrecht.

Die Zulässigkeit einer Zusage ist auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung ein ungeschriebener Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts.

Vgl. Henneke, in: Knack, VwVfG, 6. Aufl., § 38 Rn. 7, auch zur Frage, inwieweit § 38 VwVfG eine Kodifizierung bislang geltenden ungeschriebenen Rechts darstellt.

Da die Abgabenordnung die Zusicherung als generelles Institut nicht ausdrücklich vorsieht und die rechtlich vorgesehene Sonderform der verbindlichen Zusage auf Grund einer Außenprüfung nach § 204 AO von § 12 KAG NRW nicht für entsprechend anwendbar erklärt wird, ist es richtig, die so vorhandene Lücke für den Fall einer Zusicherung in analoger Anwendung des § 38 VwVfG NRW zu schließen.

Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 38 Rn. 10e.

Die Voraussetzungen nach § 38 Abs. 1 VwVfG NRW analog für eine wirksame Zusicherung liegen vor. Für den Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes, nämlich die Rücknahme eines (bestandskräftigen) rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b KAG NRW i.V.m. § 130 AO, war der Beklagte als der für den Erlass eines Beitragsbescheides Zuständige zuständig. Die Zusicherung wurde in schriftlicher Form gegeben. Der Unterzeichner der Erklärung vom 9. März 1992, nämlich der Städtische Oberverwaltungsrat B. , war befugt, die Zusicherung alleine abzugeben. Allerdings schrieb § 56 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. August 1984 (GV NRW S. 475) in der Fassung des Gesetzes vom 30. April 1991 (GV NRW S. 214) - GO a.F. - vor, dass Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, hier also die Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen bestandskräftige Beitragsbescheide zurückzunehmen, vom Gemeindedirektor oder seinem Stellvertreter und einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen waren (heute § 64 Abs. 1 Satz 2 GO). Jedoch war diese hier nicht eingehaltene Regelung nach § 56 Abs. 2 GO a.F. nicht anwendbar. Danach galt die Regelung über die Unterschriftsbefugnis nicht für einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die abgegebene Zusicherung war ein solches Geschäft. Maßgeblich dafür, ob ein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung vorliegt, ist der Gesichtspunkt der Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Vorgangs.

Vgl. - allerdings zum Begriff des "Geschäfts der laufenden Verwaltung", OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1969 - III A 1329/66 -, OVGE 25, 186 (193).

Heranziehungsverfügungen gehören zu diesem Kreis der Geschäfte.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Januar 1956 - III A 1432/55 -, Rehn/von Mutius, Rechtsprechung zum kommunalen Verfassungsrecht, Loseblattsammlung (Stand: Juni 1996), § 28 GO Nr. 2.

Hier ging es zwar nicht um den Erlass einer Heranziehungsverfügung, aber um deren eventuelle Rücknahme. Damit teilt diese Maßnahme als actus contrarius des Erlasses der Heranziehungsverfügung deren Qualität als einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung.

Aus der so für den Beklagten bindenden Zusicherung vom 9. März 1992 hat der Kläger hinsichtlich des Grundstücks K. straße 15 keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 10. Juni 1991. Die nach der Zusicherung dafür aufgestellten Voraussetzungen liegen nicht vor. Auf die im Musterklageverfahren vom Verwaltungsgericht gemachten Ausführungen kann der Kläger den erhobenen Anspruch nicht stützen. Die Klage wurde wegen Rechtmäßigkeit der ergangenen Bescheide abgewiesen.

Soweit der Kläger im Schreiben vom 25. Januar 1995 seinen Anspruch auf ergänzenden Bescheid darauf stützt, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die noch in die Verteilung einzubeziehende Fläche zu einer Verminderung des Beitragssatzes führe, kann dies sein Begehren nicht stützen. Die Zusicherung des Beklagten sichert eine Gleichbehandlung mit den Klägern des Musterverfahrens zu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung des Musterverfahrens richtig ist. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil zum Musterverfahren ausgeführt, dass zwar in der Tat weitere Flächen in die Verteilung einzubeziehen seien, jedoch die damit bewirkte Vergrößerung der Gesamtsumme der Verteilungsanteile aufgewogen werde durch zu Unrecht nicht in die Beitragsberechnung eingeflossenen Aufwand (Seite 19 des Urteils). Damit hat das Verwaltungsgericht im Musterverfahren die notwendige Einbeziehung weiterer Flächen in die Verteilung als unerheblich für die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bewertet, sodass der Kläger insoweit eine andere Behandlung nicht verlangen kann. Der Umstand, dass der Beklagte im ergänzenden Bescheid vom 25. Januar 1996 den diesbezüglichen Einwendungen des Klägers nachgegangen ist und in Folge Einbeziehung weiterer Flächen und weiteren Aufwands zu einer geringfügigen Senkung des Beitrags gekommen ist, beruht nicht auf der Verpflichtung aus der Zusicherung, sondern stellt eine freiwillige Teilrücknahme des Beitragsbescheides dar.

Aus demselben Grund kann der Kläger nicht verlangen, wie er es im vorliegenden Klageverfahren tut, dass der Beklagte bei seiner Neuberechnung keinen weiteren Aufwand in die Beitragsberechnung einstellt. Der Beklagte ist in Folge der Billigung des Beitragssatzes im Urteil zum Musterklageverfahren durch das Verwaltungsgericht von vorneherein nicht verpflichtet, in eine Neubewertung des Beitragssatzes unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung weiterer Flächen in die Verteilung oder der Einbeziehung weiteren Aufwands einzutreten. Wenn er zu Gunsten des Klägers den Beitragssatz ermäßigt, tut er das ohne Rechtspflicht, sodass er auch nicht zu einer bestimmten Art der Berechnung der Ermäßigung verpflichtet ist.

Der Kläger kann seinen Anspruch auf Teilrücknahme nur noch auf seine vom Urteil des Musterverfahrens nicht erfassten individuellen Widerspruchsgründe stützen. Das ist für das Grundstück K. straße 15 der Punkt, ob die Tiefenbegrenzungsregelung fehlerhaft zu seinen Lasten angewandt wurde. Auch insoweit hat er jedoch den geltend gemachten Anspruch nicht, weil der Beklagte die Tiefenbegrenzungsregelung zutreffend angewandt hat.

Nach § 4 Abs. A Unterabsatz 3 Buchstabe b der Satzung der Stadt M. über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen vom 14. Dezember 1988 gilt als Grundstücksfläche, wenn ein Bebauungsplan nicht besteht, die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m von der Anlage. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall der Lage des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich anwendbar. Allerdings soll nach jüngerer Rechtsprechung im Beitragsrecht anderer Bundesländer eine Tiefenbegrenzungsregelung für Grundstücke, die vollständig im Innenbereich liegen, nicht anwendbar sein. Die Vorschrift gelte für Grundstücke in Ortsrandlage, die in den Außenbereich übergingen. Solche Grundstücke dürften nicht mit Grundstücken im Innenbereich, die vollständig Baulandqualität aufwiesen, gleich behandelt werden.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 19. Januar 1999 - 9 M 3626/98 -, NVwZ-RR 2000, 249 f.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. November 1999 - 1 M 103/99 -, NVwZ-RR 2000, 822 (823); zustimmend Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 35 Rn. 32; anderer Ansicht OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. September 2000 - 1 K 14/00 -, NVwZ-RR 2001, 471 (474); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Mai 1999 - 2 K 23/97 -, NVwZ-RR 2000, 107 (109).

Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Eine Tiefenbegrenzungsregelung hat nicht die Funktion, typisierend den Außenbereich vom Innenbereich zu scheiden. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil der Bebauungszusammenhang gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) regelmäßig am letzten Baukörper endet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, BRS 50 Nr. 72, S. 164; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung (Stand: November 2000), § 34 Rn. 25.

Der letzte Baukörper liegt aber in der Regel vor der üblichen satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung von 30 m bis 50 m, die sich nicht am Ende der Bebauung, sondern an der Größe eines erfahrungsgemäß und typischerweise in bestimmter Tiefe ausgenutzten Grundstücks im Gemeindegebiet orientiert.

Die Tiefenbegrenzung hat vielmehr die Funktion, generalisierend die Grenze der räumlichen Erschließungswirkung der abzurechnenden Anlage festzulegen.

Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2001 - 15 A 5608/98 -, S. 8 des amtlichen Umdrucks (zum Kanalanschlussbeitragsrecht).

Die Regelung beruht auf dem Umstand, dass die bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks ab einer bestimmten Grundstückstiefe nicht mehr in erheblicher Weise steigt.

Vgl. zum Zusammenhang von baulicher Ausnutzbarkeit und Tiefenbegrenzung OVG NRW, Urteil vom 27. April 1992 - 2 A 1826/90 -, S. 9 des amtlichen Umdrucks.

Die für die Beitragsbemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Vorteile (§ 8 Abs. 6 Satz 1 KAG NRW), die dem Grundstückseigentümer durch die ausgebaute Anlage geboten werden und die den Gebrauchswert des Grundstücks steigern, werden typischerweise ab einer bestimmten Grundstückstiefe nicht mehr größer. Dies gilt auch für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, auf die daher eine Tiefenbegrenzungsregelung anwendbar ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Mai 2000 - 15 B 697/00 -, S. 2 des amtlichen Umdrucks.

Denn auch wenn ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich liegt, heißt dies nicht, dass ein tiefes Grundstück immer auch tiefer baulich ausgenutzt werden kann. Maßgebend ist vielmehr, ob sich die beabsichtigte Bebauung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Da die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung gerade die Tiefe des durchschnittlich ausgenutzten Grundstücks repräsentiert, ist häufig der die Tiefenbegrenzung überschreitende Teil eines Grundstücks nicht baulich ausnutzbar, da sich dort eine Bebauung nicht in die nähere Umgebung einfügt. Der Fall des Klägers zeigt dies: Der Kläger hatte noch vor Erlass der Beitragsbescheide eine Bauvoranfrage gestellt, die unter anderem eine Bebauung des Grundstücks K. straße 15 im hinteren Bereich zusammen mit dem Flurstück 793 vorsah. Mit Bescheid vom 12. November 1990 lehnte der Beklagte dies mangels Einfügens der beabsichtigten Bebauung in die nähere Umgebung ab.

Eine unzulässige Ungleichbehandlung der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich im Verhältnis zu beplanten Grundstücken, bei denen für eine Tiefenbegrenzung kein Raum ist,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2000 - 15 A 3873/00 -, S. 3 des amtlichen Umdrucks,

liegt nicht vor. In beplanten Gebieten orientiert sich nämlich die bauliche Ausnutzbarkeit auch besonders tiefer Grundstücke nicht an der vorhandenen Umgebungsbebauung, sondern an der konkreten Planung. Diese kann im Einzelfall eine bauliche Ausnutzbarkeit auch in großer Tiefe oder aber eine anzulegende Erschließungsanlage vorsehen, die die hintere Fläche erschließt. Diese Unterschiede zwischen Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und solchen in beplanten Gebieten rechtfertigen es, die beiden Grundstückstypen hinsichtlich der Anwendbarkeit einer Tiefenbegrenzungsregelung unterschiedlich zu behandeln.

Die so anwendbare Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. A Unterabsatz 3 Buchstabe b SBS ist richtig angewandt worden. Soweit keine besonderen satzungsrechtlichen Regelungen über die Art der Festlegung der Tiefenbegrenzung vorliegen, sondern - wie hier - nur von einer Grundstücksfläche "bis zu einer Tiefe von 50 m von der Anlage" die Rede ist, ist die Begrenzung in der Weise vorzunehmen, dass die Grenze zwischen Grundstück und Straße um die satzungsrechtlich maßgebliche Tiefe parallel zu verschieben und gegebenenfalls bis zu den seitlichen Grenzen des Grundstücks zu verlängern ist.

Vgl. BayVGH , Urteil vom 21. März 2000 - 23 B 99.2125 -, BayVBl. 2000, 500 (501), und Driehaus, Kommunalabgabengesetz, Loseblattsammlung (Stand: März 2001), § 8 Rn. 413.

Das gilt auch für die vorliegende Grundstückssituation, in der das Grundstück schräg abgewinkelt an der Straße liegt. Dem Kläger ist zuzugeben, dass bei dieser Methode der Grenzziehung Teile des Grundstücks mit in die Veranlagung einbezogen werden, die real weiter von der Straße entfernt liegen als 50 m. Je schräger das Grundstück an der Straße liegt, desto größer ist dieser Effekt. Jedoch ist für die Tiefenbegrenzungsregelung von einer am Regelfall des senkrecht auf die Straße mündenden Grundstücks orientierten Methode auszugehen, wenn die Satzung keine besondere Grenzziehungsvorschrift enthält. Auf besondere Grundstückssituationen braucht im Rahmen der Beitragsberechnung nicht eingegangen zu werden. Wenn im Einzelfall die Erhebung der Abgabe in dieser Höhe mit dem Sinn und Zweck des Abgabengesetzes nicht vereinbar ist, wenn also mit anderen Worten ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist und der gegebene Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Abgabenerhebung aber dennoch den Wertungen des Gesetzes zuwider läuft, besteht ein Anspruch auf entsprechenden Teilerlass wegen sachlicher Unbilligkeit (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG NRW i.V.m. § 227 AO).

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2000 - 15 A 3873/00 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks.

Im vorliegenden Fall ist die real weiter als 50 m bis zur Straße entfernte, in die Beitragsberechnung eingeflossene Fläche (etwa 200 bis 300 qm von insgesamt 1544 qm veranlagter Fläche) zu gering, um einen Billigkeitserlass von Amts wegen (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG NRW i.V.m. § 163 Satz 1 und 3 AO) zu rechtfertigen. Es kann daher dahinstehen, ob die Rechtsprechung des früher für das Straßenbaubeitragsrecht zuständigen 2. Senats hier Bedeutung hat, nach der eine sich von Amts wegen aufdrängende Billigkeitsentscheidung, die nicht getroffen wurde, dazu führt, dass auf eine Anfechtungsklage hin der Bescheid als verfrüht und deshalb rechtswidrig aufzuheben ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. März 1996 - 15 B 3424/95 -, S. 7 des amtlichen Umdrucks.

Hinsichtlich des das Flurstück 793 betreffenden Bescheides ist die Berufung begründet. Insoweit ist nämlich die Klage begründet, der Kläger hat einen Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 10. Juni 1991 im beantragten Umfange. Wie der Kläger zutreffend im Widerspruchsschreiben vom 15. Oktober 1991 rügt, war das Flurstück im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht, der ausweislich des Urteils im Musterverfahren der 13. November 1989 war, nicht bebaubar, sodass es nicht als zweigeschossig bebaubares Grundstück hat veranlagt werden dürfen (§ 4 Abs. B Unterabs. 1 Nr. 2 SBS).

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 1984 (GV NRW S. 419, berichtigt S. 532) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. Juni 1989 (GV NRW S. 432) - BauO NRW a.F. - durften Gebäude nur errichtet werden, wenn u.a. gesichert war, dass bis zum Beginn ihrer Benutzung das Grundstück eine befahrbare, öffentlichrechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hatte. Daran fehlte es. Zwar war zu Lasten der Flurstücke 678 und 454, die für das Flurstück 793 die Zuwegung zur K. straße darstellen, ein Überfahrtsrecht im Grundbuch zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 793 eingetragen. Das ist aber nicht die geforderte öffentlichrechtlich gesicherte Zufahrt. Mit der Grunddienstbarkeit wird dem Kläger zwar die auf Dauer gesicherte privatrechtliche Handhabe gegeben, die Überfahrt über den Privatweg auch gegen den Willen des jeweiligen Eigentümers des Weges durchzusetzen. Das Bauordnungsrecht forderte aber, da eine Grunddienstbarkeit von den privatrechtlich Beteiligten ohne Mitwirkung der Bauaufsichtsbehörde verändert oder aufgehoben werden kann, eine Baulast zur dauernden Sicherung bauordnungsgemäßer Verhältnisse, die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht nicht bestand.

Allerdings folgert die Zivilrechtsprechung aus dem durch die Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Begleitschuldverhältnis dann eine Verpflichtung des Eigentümers des belasteten Grundstücks zur Übernahme einer deckungsgleichen Baulast, wenn die Grunddienstbarkeit die Sicherstellung der Bebauung bezweckte und insoweit eine Baulast zur Bebauung erforderlich ist.

Vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1989 - V ZR 224/87 -, NJW 1989, 1607 ff.

Außerdem kann sich ein Anspruch auf Übernahme einer Baulast aus vertraglichen Abmachungen - ggf. im Wege ergänzender Vertragsauslegung - ergeben.

Vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1994 - V ZR 159/92 -, NJW 1994, 2757 ff.

Es kann dahinstehen, ob hier ein solcher Anspruch des Klägers auf Übernahme einer Baulast gegen die Siedlervereinigung N. als Eigentümerin der privaten Zuwegung, bestehend aus den Flurstücken 454 und 678, bestand. Daran können Zweifel bestehen, da der Kläger nach dem Kaufvertrag vom 12. Juli 1979 mit der Siedlervereinigung N. das Flurstück 793 mit einer damaligen Nutzung als Garten und Garagengrundstück erwarb und die Siedlervereinigung den Grundbesitz ausdrücklich ohne Gewähr für die Bebauungsfähigkeit verkaufte. Jedenfalls reicht ein bloßer Anspruch auf Übernahme einer Baulast noch nicht aus, um das durch die Baulast zu begünstigende, noch unbebaute Grundstück als im beitragsrechtlichen Sinne bebaubar anzusehen.

Der Beitrag ist eine Gegenleistung für den durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage gewährten wirtschaftlichen Vorteil des Grundstückseigentümers (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW). Deshalb kann er nur erhoben werden, wenn die Inanspruchnahme der Anlage nur noch vom Willen des Grundeigentümers abhängt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 1998 - 15 A 6436/96 -, S. 6 des amtlichen Umdrucks.

Das gilt auch für Eigenschaften des Grundstücks, die zwar nicht die Möglichkeit der Inanspruchnahme erst begründen, aber satzungsrechtlich für die Beitragshöhe von Bedeutung sind (hier: Bebaubarkeit). Wenn der Grundstückseigentümer zur Herstellung dieser Eigenschaft des Grundstücks zuvor auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen ist - und sei es auf eine wegen eines entsprechenden Anspruchs erzwingbare -, ist die Vorteilslage für den Grundstückseigentümer noch nicht so verfestigt, dass es bereits gerechtfertigt wäre, ihn wegen der nur in dieser Form gegebenen Möglichkeit der Grundstücksnutzung bereits mit Beiträgen in der Höhe zu belasten, die bei Vorhandensein der Eigenschaft anfielen.

Diese Rechtsprechung steht nicht im Widerspruch dazu, dass bei bebauten Grundstücken eine Dienstbarkeit,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1992 - 2 A 1412/90 -, Gemhlt. 1993, 258 f.,

und bei einem Grundstück mit bestandsgeschützter Bebauung eine mit Rücksicht auf die Erschließung über ein Vorderliegergrundstück erteilte Baugenehmigung ausreicht, um ein Erschlossensein im beitragsrechtlichen Sinne zu bejahen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. November 1997 - 15 A 529/95 -, S. 12 f. des amtlichen Umdrucks; Beschluss vom 9. September 1996 - 15 B 1651/96 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks.

In diesen Fällen geht es nämlich nicht um die für eine Beitragserhebung ausreichende Möglichkeit, die ausgebaute Anlage bei einer bestimmten Grundstücksnutzung in Anspruch zu nehmen, sondern darum, dass das Grundstück bereits in einer bestimmten Art ausgenutzt wird, die eine entsprechende tatsächliche Inanspruchnahme nach sich zieht. Nur im ersten Fall der noch nicht tatsächlich ausgeübten beitragsrechtlich relevanten Grundstücksnutzung ist die genannte Verfestigung der auf Dauer gesicherten Inanspruchnahmemöglichkeit durch Baulast erforderlich.

Das Flurstück 793 kann auch nicht deshalb als im Sinne der Beitragssatzung bebaubar angesehen werden, weil der Kläger es in der Hand hatte, eine rückwärtige Zufahrt über sein Grundstück K. straße 15 durch Baulast abzusichern. Die Möglichkeit der Herstellung dieser baurechtlich erforderlichen Zufahrt reicht nicht aus, um die Bebaubarkeit des Flurstücks 793 im beitragsrechtlichen Sinne zu bejahen. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken der bereits erwähnten Regelung über die Tiefenbegrenzung. Da eine Erschließungswirkung von der Anlage auf ein Grundstück regelmäßig nur bis zur Tiefenbegrenzung ausgeht, erstreckt sie sich nicht auf ein hinter der Tiefenbegrenzung liegendes weiteres Grundstück, wenn nicht tatsächlich eine Zuwegung angelegt ist. Nach § 4 Abs. A Unterabs. 3 Buchst. b SBS bleiben nämlich nur Grundstücksteile, die lediglich die wegemäßige Verbindung zur Anlage herstellen, bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt. Daraus ergibt sich, dass ein nicht angelegter Weg die Erschließungswirkung für ein Grundstück jenseits der Tiefenbegrenzung hindert. Somit kann beitragsrechtlich auch keine Bebaubarkeit eines solchen Grundstücks jenseits der Tiefenbegrenzung angenommen werden, wenn dafür erst die Anlegung eines Weges erforderlich ist. Hier liegt das Flurstück 793, vom davor liegenden Grundstück K. straße 15 aus gesehen, jenseits der Tiefenbegrenzung, sodass die nur mögliche baulastgesicherte Zuwegung über das Grundstück K. straße 15 nicht die beitragsrechtliche Bebaubarkeit begründet.

Das so als nicht bebaubar einzustufende Flurstück 793 war nach der Straßenbaubeitragssatzung nicht in die Verteilung einzubeziehen. Nicht einschlägig ist entgegen der Auffassung des Klägers die Vorschrift des § 4 Abs. B Unterabs. 4 SBS, wonach Gemeinbedarfs- und Grünflächengrundstücke in beplanten Gebieten, deren Grundstücksflächen auf Grund ihrer Zweckbestimmung nicht oder nur zu einem untergeordneten Teil mit Gebäuden überdeckt werden sollen bzw. überdeckt sind (z.B. Friedhöfe, Sportplätze, Freibäder, Kleingartengelände), mit 0,5 der Grundstücksfläche anzusetzen sind. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Flurstück 793 nicht in einem beplanten Gebiet liegt.

Nicht einschlägig ist auch § 4 Abs. B Unterabs. 1 Nr. 1 SBS, wonach der Nutzungsfaktor bei land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Grundstücken - nach einer Vorverteilung gemäß Abs. A Unterabs. 2 der Vorschrift - wie bei eingeschossig bebaubaren Grundstücken 1 betragen soll. Der Begriff der Landwirtschaft ist im Sinne des § 201 der Baugesetzbuches (BauGB) zu verstehen. Danach kann das Grundstück wegen seiner geringen Größe von 600 qm, die die notwendige Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit einer landwirtschaftlichen Nutzung ausschließt,

Vgl. zu diesem Merkmal Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 201 Rn. 6,

nicht als land- oder gar forstwirtschaftlich nutzbar angesehen werden.

Somit entfällt für das Grundstück jedwede Beitragspflicht. Daher hat der Kläger auf Grund der Zusicherung des Beklagten mit Schreiben vom 9. März 1992 einen Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides im beantragten Umfange, über den der Senat nicht hinausgehen darf (§ 88 VwGO), also soweit ein Beitrag von mehr als 599,40 DM festgesetzt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.