OLG Köln, Beschluss vom 24.02.2015 - 5 U 156/14
Fundstelle
openJur 2015, 21771
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 233/11
Tenor

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 27. August 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 233/11 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 21.289,79 € nebst Zinsen und Mahnkosten verurteilt. Sofern der unter 30.11.2010 und 2.12.2010 zwischen dem Kläger als Trägerin der LVR-Klinik Bonn und dem Beklagten geschlossene Behandlungsvertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des Beklagten unwirksam sein sollte, ergibt sich ein inhaltsgleicher Zahlungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) oder Bereicherungsrecht (§§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB).

Dass die Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Klinik nach dem Suizidversuch in seinen Interessenkreis fiel und seinem Willen entsprach, zieht der Beklagte zu Recht nicht in Zweifel. Wird das fremde Geschäft im Rahmen des Berufs oder Gewerbes des Geschäftsführers vorgenommen, so umfasst der Aufwendungsersatzanspruch die übliche Vergütung (BGH, Urteil vom 17.11.2011 - III ZR 53/11, iuris Rdn. 25, abgedruckt in BGHZ 191, 325 ff. m.w.Nachw.). Bei rechtsgrundlos erbrachten Dienstleistungen bemisst sich der Wert der herauszugebenden Bereicherung ebenfalls nach dem Wert der üblichen Vergütung (BGH, Urteil vom 27.5.2009 - VIII ZR 302/07, iuris Rdn. 24, abgedruckt in BGHZ 181, 188 ff.).

Die übliche Vergütung für die stationäre und teilstationäre Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus setzte sich in dem hier maßgeblichen Zeitraum aus dem Basispflegesatz und dem Abteilungspflegesatz zusammen, die von dem Krankenhausträger und den beteiligten Sozialleistungsträgern gemäß §§ 13, 17 BPflV (in der ab dem 22.9.2010 geltenden Fassung) in der Pflegesatzvereinbarung festgelegt und gemäß § 20 BPflV von der zuständigen Landesbehörde genehmigt worden waren. Denn diese Pflegesätze galten gemäß §§ 17 Abs. 1 S. 1 KHG, 14 Abs. 1 S. 1 BPflV zwingend für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich. Die entsprechenden Basis- und Abteilungspflegesätze für stationäre und teilstationäre Leistungen hat die Klägerin dem Beklagten unter dem 15.2.2011, 28.2.2011 und 15.3.2011 in Rechnung gestellt.

Einer Konkretisierung und Darstellung der einzelnen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungen, die von der LVR-Klinik Bonn erbracht worden sind, bedarf es entgegen der Ansicht des Beklagten nicht. Während ein Bauvertrag, auf den der Beklagte verweist, wohl üblicherweise nach Einheitspreisen abgerechnet wird und daher trotz einer Pauschalpreisvereinbarung im Falle seiner Unwirksamkeit entsprechend abzurechnen sein dürfte, sind für die Leistungen einer psychiatrischen Klinik tagesgleiche Pflegesätze gesetzlich vorgesehen und damit üblich im Sinne von §§ 677, 683, 670 BGB und §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Würde man für die übliche Vergütung nicht nur auf die Pflegesatzvereinbarung zwischen dem jeweiligen öffentlichen Krankenhausträger und den beteiligten Sozialleistungsträgen abstellen, sondern die für Privatkliniken maßgeblichen Pflegesätze in die Ermittlung der üblichen Vergütung einbeziehen, ergäbe sich für den Beklagten im Streitfall kein günstigeres Ergebnis. Wie er in der Berufungsbegründung selbst darlegt und dem ständig mit Arztsachen befassten Senat bekannt ist, liegen die Pflegesätze in psychiatrischen Privatkliniken erheblich über den vom Klägerin berechneten Beträgen.

Selbst wenn man mit der vom Beklagten im Schriftsatz vom 21.11.2014 vertretenen Auffassung annehmen würde, dass der Kläger nach dem Wegfall der akuten Notsituation gehalten gewesen wäre, einen wirksamen Vertragsschluss herbeizuführen und sicherzustellen, so ergäbe sich hieraus nichts zu Gunsten des Beklagten. Insoweit wären eine Bestätigung des Vertragsschlusses bei später unzweifelhafter Geschäftsfähigkeit oder die Einschaltung eines Betreuers über das Vormundschaftsgericht denkbar gewesen. Denn nach der Herbeiführung eines wirksamen Vertragsverhältnisses hätte der Beklagte die streitgegenständliche Forderung ebenfalls geschuldet.

Auch soweit der Vergütungsanspruch des Klägers im Jahr 2010 entstanden ist, ist die Klageforderung nicht verjährt. Die mit dem Schluss des Jahres 2010 beginnende dreijährige Verjährungsfrist wurde durch die Einreichung des Mahnbescheids am 16.6.2011 und dessen Zustellung am 21.6.2011 gemäß §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO gehemmt. Der im Mahnbescheid geltend gemachte Anspruch war durch die Bezugnahme auf die Rechnungen hinreichend konkretisiert. Die Hemmung endete nach § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate, nachdem der Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 11.4.2012 durch die Anordnung seines Ruhens in Stillstand geraten war, also am 11.10.2012. Die verbliebene Verjährungsfrist von mehr als zwei Jahren und sechs Monaten war noch nicht abgelaufen, als der Kläger am 17.7.2014 die Fortsetzung des Verfahrens beantragt hat.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.

II. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die von dem Beklagten beabsichtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

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