OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.06.2001 - 12 B 797/00
Fundstelle
openJur 2011, 14904
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 L 1428/99
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

Die im Hinblick auf die unsichere Prognose der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels gemäß § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassene Beschwerde erweist sich nach näherer Prüfung als unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 1. bis zum 31. Dezember 1999 Grundleistungen in Höhe von 360,-- DM und Zusatzleistungen in Höhe von 80,-- DM zu gewähren.

Dieser in § 3 AsylbLG geregelte Anspruch war entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht wegen des dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 13 BAföG förderungsfähigen Studiums des Antragstellers an der Fachhochschule Aachen ausgeschlossen. Auf die - wie der Antragsteller im entscheidungserheblichen Zeitraum - nicht zum Personenkreis des § 2 AsylbLG gehörenden Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz findet § 26 Satz 1 BSHG keine Anwendung. Die Voraussetzungen für eine Analogie, die allein zur Anwendung des § 26 Satz 1 BSHG im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes führen könnte, sind nicht gegeben. Das Unterlassen einer ausdrücklichen Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz zu dem hier interessierenden Sachbereich - die leistungsrechtliche Behandlung von Hilfe Suchenden, die eine im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung betreiben - begründet keine dem gesetzgeberischen Plan zuwider laufende Lücke.

Nach der auch unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen zu würdigenden Systematik des Asylbewerberleistungsgesetzes hat der Gesetzgeber sich des Bereichs ?Einschränkung oder Ausschluss von Ansprüchen? angenommen. Insoweit gilt anderes als für den vom Antragsgegner zum Vergleich herangezogenen Sachbereich ?Nothilfe durch einen privaten Dritten?. Dieser einer Regelung bedürftige Sachbereich ist im Asylbewerberleistungsgesetz nicht andeutungsweise erfasst, so dass insoweit die Feststellung einer planwidrigen, durch § 121 BSHG zu füllenden Unvollständigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes naheliegt.

Vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 5. Dezember 2000 - 22 A 3164/99 -.

Der Bereich ?Einschränkung oder Ausschluss des Anspruchs auf Asylbewerberleistungen? ist hingegen in einer die richterliche Rechtsfortbildung durch Analogie zu § 26 BSHG ausschließenden Weise erfasst.

Vgl. Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz (VG-Nr. 6), Stand: September 2000, Band 1, III, § 2 Rdnr. 137; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18. Februar 2000 - 7 G 533/2000 (3) -, abgedruckt in GK- AsylbLG, Band 2, VII, zu § 2 Abs. 1 (VG-Nr. 6).

Anknüpfend an die zuvor vom Gesetzgeber angelegte Systematik, bei grundsätzlicher Abgrenzung zum Bezug von Sozialhilfeleistungen (9 Abs. 1 AsylbLG) für bestimmte Bereiche auf Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes zu verweisen (s. §§ 2, 7 Abs. 3 und 9 Abs. 4 AsylbLG), sind mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 25. August 1998 - BGBl. I S. 2505 - im Hinblick auf Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes Einschränkungs- oder Ausschlusstatbestände geschaffen worden. Der in § 1 a Nr. 1 AsylbLG geregelte Tatbestand für eine Anspruchseinschränkung entspricht zu einem wesentlichen Teil dem in § 120 Abs. 3 BSHG normierten. § 5 Abs. 4 AsylbLG lehnt sich an § 25 Abs. 1 BSHG an. Mit § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG ist § 122 BSHG für entsprechend anwendbar erklärt worden. Damit hat der Gesetzgeber den Weg eingeschlagen, Anspruchsausschlüsse oder -einschränkungen, die er für notwendig hält, jeweils gesondert innerhalb des Asylbewerberleistungsgesetzes zu regeln. Das kommt auch in der Begründung zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 20. März 1998 (Bundestags- Drs. 13/10155) zum Ausdruck. Hinsichtlich aller genannten, später Gesetz gewordenen Regelungen wird nicht etwa davon ausgegangen, dass nunmehr eine - zuvor im Wege der Analogie ohnehin schon bestehende - Norm klargestellt werde. Vielmehr wird im Einzelfall begründet, weswegen die Übernahme einer Regelung aus dem Bundessozialhilfegesetz oder die Anlehnung an eine solche gerechtfertigt sei. Aufgrund dieser Vorgehensweise des Gesetzgebers kann aus dem Zweck des Asylbewerberleistungsgesetzes, durch deutlich geringere Asylbewerber- als Sozialhilfeleistungen den Anreiz zur wirtschaftlich motivierten Zuwanderung zu verringern,

vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 2000 - 22 A 4408/99 -,

nicht der Schluss gezogen werden, das Fehlen einer die Schlechterstellung verwirklichenden bzw. einer die partielle Besserstellung vermeidenden Regelung zur Unterstützung während einer Ausbildung sei eine planwidrige Lücke im Asylbewerberleistungsgesetz. Da der Gesetzgeber sich, wie dargelegt, die Ergänzung des Asylbewerberleistungsgesetzes um Normen, mit denen Ansprüche eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, vorbehalten hat, muss die Rechtsprechung insoweit - eventuell rechtspolitisch zu beklagende - Wertungswidersprüche zwischen dem Bundessozialhilfegesetz und dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. innerhalb des Asylbewerberleistungsgesetzes hinnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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