VG Köln, Urteil vom 13.08.2015 - 8 K 969/15
Fundstelle
openJur 2015, 20976
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der Jagdabgabe. Der Kläger beantragte am 19. Januar 2015 die Verlängerung seines Jagdscheines für drei Jahre und entrichtete für die Jagdjahre 2015/2016, 2016/2017 und 2017/2018 eine Jagdabgabe in Höhe von 135 €.Der Kläger hat am 18. Februar 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:Bei der Jagdabgabe handele es sich um eine Sonderabgabe, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur unter ganz engen Voraussetzungen erhoben werden dürfe. Diese lägen jedoch nicht vor. Das Gesetz stelle in unzulässiger Weise die Entrichtung der Jagdabgabe in den Vordergrund und liste erst nachgelagert Verwendungsmöglichkeiten für die eingenommenen Gelder auf. Auch werde nicht hinreichend zwischen den gesellschaftlichen Gruppen im Bereich des Jagdwesens differenziert. Es sei nicht zulässig, pauschal eine "Gesamtverantwortung" nur der Jagdscheininhaber für die Jagd anzunehmen. So sei es in erster Linie Sache der Grundeigentümer oder Jagdpächter und nicht der Jagdscheininhaber, sich der Lebens- und Umweltbedingungen des Wildes anzunehmen. Mehr als 85 % aller Abgabepflichtigen seien darauf angewiesen, als Jagdgast zur Ausübung der Jagd eingeladen zu werden. Sie hätten deshalb weder eine "spezifische" Sachnähe noch eine "besondere" Finanzierungsverantwortung hinsichtlich der Förderung des Jagdwesens. Schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich auch daraus, dass das Gesetz die Jagdscheininhaber und Falknerjagdscheininhaber ohne nähere Begründung als "homogene Gruppe" ansehe. Hierbei werde übersehen, dass die Beizjagd keinen Einsatz von Schusswaffen kenne. Auch die Finanzierung der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung aus Mitteln der Jagdabgabe sei verfassungsrechtlich problematisch. Sie erfülle als Landeseinrichtung öffentlichrechtlich zugewiesene Aufgaben. Die Finanzierung der öffentlichen Verwaltung sei aber grundsätzlich Sache der Allgemeinheit. Eine besondere Nähe der Jägerschaft zu den Aufgaben der Forschungsstelle bestehe nicht. Die Erforschung der Lebens- und Umweltbedingungen des Wildes stehe nicht in besonderer Sachnähe zur Jägerschaft. Vielmehr handele es sich, auch soweit es um die Erforschung der von Menschen gestalteten und veränderten Natur gehe, um eine öffentliche Aufgabe, die folgerichtig über Steuermittel zu finanzieren sei. Auch die Erforschung der Wildkrankheiten sowie der Möglichkeiten ihrer Bekämpfung sei vorrangig eine staatliche Aufgabe. Bei der Erforschung von Möglichkeiten zur Verhütung und Verminderung von Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft handele es sich um eine Aufgabe, die den landwirtschaftlichen Bewirtschaftern, den Jagdrechtsinhabern und den Jagdausübungsberechtigten und der Allgemeinheit obliege.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2015 aufzuheben, soweit der

Kläger zur Zahlung einer Jagdabgabe von 135 € herangezogen wurde und den Beklagten zu verurteilen, den Betrag von 135 € an den Kläger zurückzuerstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Erhebung der Jagdabgabe verfassungsgemäß sei. Sie weist darauf hin, dass der Gesetzgeber die für die Erhebung der Jagdabgabe maßgeblichen Vorschriften überprüft und das Jagdgesetz NRW vor dem Hintergrund bestehender verfassungsrechtlicher Bedenken geändert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Heranziehung des Klägers zur Jagdabgabe ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Heranziehung findet ihre Rechtsgrundlage in § 57 Abs. 2 Landesjagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG NRW) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesjagdgesetzes und zur Änderung jagdlicher Vorschriften vom 1. April 2014. Der Landesgesetzgeber konnte die Regelungen zur Jagdabgabe erlassen, da es sich um eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion handelt und die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Das Land hatte die Zuständigkeit zum Erlass der Regelungen über die Jagdabgabe im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz für die Sachaufgabe "Jagdwesen" (Art. 72 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 28 GG). Dem steht auch nicht Art. 72 Abs. 3 Nr. 1 GG entgegen, wonach die Länder durch Gesetz zwar das Jagdwesen, aber nicht das Recht der Jagdscheine regeln. Zwar wird die Jagdabgabe bei der Erteilung des Jagdscheines erhoben, die Zahlung der Jagdabgabe ist gesetzlich jedoch nicht als Bedingung zum Erhalt des Jagdscheines ausgebildet, sie wird lediglich anlässlich der Erteilung des Jagdscheines entrichtet.

Die Regelungen über die Jagdabgabe in der hier maßgeblichen Fassung erfüllen die besonderen Anforderungen, die an Sonderabgaben zu stellen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,

vgl. Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 - (CMA), Beschluss vom 6. Mai

2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe) und Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 - (Filmabgabe), alle juris,

unterliegen Sonderabgaben engen Grenzen und müssen gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben. Danach ist die Erhebung einer Sonderabgabe nur zulässig, wenn der Gesetzgeber sich der Abgabe im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedient, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Zudem darf mit ihr nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann. Ferner muss das Abgabenaufkommen gruppennützig verwendet werden und der Gesetzgeber muss im Interesse wirksamer parlamentarischdemokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren.

Dabei besteht zwischen den Merkmalen "homogene Gruppe", "spezifische Sachnähe" der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung und der daraus ableitbaren "Finanzierungsverantwortung" sowie der "gruppennützigen Verwendung"

des Abgabenaufkommens eine enge Verbindung. Gerade die innere Verknüpfung dieser Merkmale bildet den Rechtfertigungsgrund für die Sonderabgabe. Eine spezifische Gemeinsamkeit der Abgabepflichtigen muss geeignet sein, einen rechtfertigenden Zusammenhang mit einer spezifischen Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen für die Wahrnehmung einer Aufgabe herzustellen. Die Abgabepflichtigen müssen daher einerseits hinsichtlich gemeinsamer Interessen und Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar sein. Andererseits dürfen von der Belastung mit der Sonderabgabe nicht Gruppen ausgeschlossen werden, die zum Sachzweck der Abgabe in gleicher oder gar noch größerer Nähe stehen als die Abgabebelasteten. Sind Sachnähe zum Zweck der Abgabe und Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe der Abgabepflichtigen gegeben, so wirkt die Verwendung des Abgabenaufkommens für den Zweck zugleich gruppennützig.

Nach diesen Maßstäben entsprechen die gesetzlichen Vorschriften über die Jagdabgabe den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Mit der Jagdabgabe nach § 57 Abs. 2 Satz 1 LJG NRW werden die in § 57 Abs. 3 LJG NRW genannten, über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehenden Sachzwecke verfolgt. Aus dem Abgabenaufkommen soll das Jagdwesen gefördert und weiterentwickelt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist insoweit, dass das Gesetz - wie im vorliegenden Fall - den Sachzweck und die Verwendungsmöglichkeiten beschreibt.

Es wird auch eine homogene Gruppe in Anspruch genommen. Die Gruppenhomogenität setzt voraus, dass die Abgabepflichtigen hinsichtlich gemeinsamer oder annähernd gemeinsamer, durch Rechtsordnung oder gesellschaftliche Wirklichkeit geprägter Interessen und Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar sind. Dies ist hinsichtlich der Jagdschein- und Falknerjagdscheininhaber der Fall. Die besondere Sachnähe ist begründet in dem gemeinsamen Interesse an der Jagd und an der Förderung und Weiterentwicklung des Jagdwesens. Dadurch sind sie in der notwendigen auf den Abgabezweck bezogenen Weise verbunden und von der Allgemeinheit deutlich abgrenzbar.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich daraus, dass das Gesetz die Jagdscheininhaber und Falknerjagdscheininhaber als "homogene Gruppe" ansehe, obwohl sie unterschiedliche Interessen an der Jagd hätten, greift nicht durch. Dass die Abgabe zwei Teilgruppen betrifft, zwischen denen gewisse Unterschiede bestehen, schließt die Gruppenhomogenität nicht aus. Vollständige Interessenharmonie ist nicht verlangt. Es genügt vielmehr ein die Belastung mit der Sonderabgabe insbesondere unter Gleichheitsgesichtspunkten rechtfertigendes Maß an spezifischer Gemeinsamkeit. Eine geringe Nutzenziehung aus den abgabefinanzierten Maßnahmen kann zwar die Nichteinbeziehung der betreffenden (Teil-)Gruppe in die Gruppe der Abgabepflichtigen rechtfertigen, sie zwingt hierzu aber dann nicht, wenn mittels der Abgabe auch Leistungen erbracht werden, von denen die betreffende(Teil-)Gruppe unmittelbar profitieren kann,

vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe) und Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 - (Filmabgabe), beide juris.

Auch Falknerjagdscheininhaber üben die Jagd aktiv aus und haben ein Interesse an der Förderung und Entwicklung des Jagdwesens, lediglich die Jagdmethoden unterscheiden sich. Dem Umstand, dass die Gruppe der Falknerjagdscheininhaber ggf. einen geringeren Nutzen aus der Jagdabgabe ziehen kann, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass Falknerjagdscheininhaber eine geringere Abgabe zu entrichten haben.

Die Homogenität der abgabebelasteten Gruppe wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Grundeigentümer (Jagdgenossen und Eigenjagdbesitzer) und die Jagdpächter nicht verpflichtet sind, die Jagdabgabe zu entrichten, sofern sie nicht selbst Inhaber eines Jagdscheines sind.

Der Gesetzgeber ist grundsätzlich verpflichtet, mit der Abgabe (auch) diejenigen zu belasten, die zum Sachzweck der Abgabe in gleicher oder gar noch größerer Nähe als die Abgabebelasteten stehen. Bei der Gruppenbildung stehen ihm jedoch Spielräume zur Verfügung. Es ist grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also als im Rechtssinn gleich ansehen will. Dies gilt auch für die Frage, was hinsichtlich der Nähe zum Sachzweck als gleich oder ungleich anzusehen ist. Bei der Differenzierung kann auch eine geringere Nutzenziehung aus den abgabefinanzierten Maßnahmen berücksichtigt werden und die Nichteinbeziehung einer (Teil-)Gruppe in die Gruppe der Abgabepflichtigen rechtfertigen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe) und Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 - (Filmabgabe), beide juris.

Darüber hinaus steht dem Gesetzgeber bei der Gruppenbildung die Befugnis zu, begrenzte Ungleichbehandlungen typisierend in Kauf zu nehmen. Schwierigkeiten der Abgrenzung und Erfassung erweitern diese Spielräume,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe) und Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 - (Filmabgabe), beide juris.

Daran gemessen ist die Nichteinbeziehung der Jagdpächter und der Grundeigentümer gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Nichteinbeziehung der Jagdpächter in die Gruppe der Abgabepflichtigen ist zu berücksichtigen, dass jeder Jagdpächter auch Inhaber eines Jagdscheines sein muss (§ 11 Abs. 5 BJagdG). Daher unterliegen Jagdpächter schon als Inhaber von Jagdscheinen der Abgabepflicht, wenn die Jagdpächter - was angesichts der bekannten Zahlen in der Regel der Fall sein dürfte - den Jagdschein in Nordrhein-Westfalen beantragt haben.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Grundeigentümer die Jagdabgabe nicht zu entrichten haben, soweit sie nicht gleichzeitig Jagdscheininhaber sind. Grundeigentümer stehen zum Sachzweck der Abgabe nicht in gleicher oder gar noch größerer Nähe als die Jagdscheininhaber. Zwar steht den Grundeigentümern nach § 3 Abs. 1 BJagdG das Jagdrecht zu, womit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BJagdG auch die Pflicht zur Hege verbunden ist. Diese dient der Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen. Damit können die Hege betreffende Fördermaßnahmen auch den nicht durch die Abgabe belasteten Grundeigentümern zu Gute kommen. Allein der Umstand aber, dass auch Außenstehende in gewissem Umfang von der Abgabe profitieren, zwingt jedoch nicht dazu, auch diesen Personenkreis in die Gruppe der Abgabepflichtigen einzubeziehen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe), juris.

Schon mit Blick auf die Vielzahl der in § 57 Abs. 3 LJG NRW genannten Verwendungszwecke der Abgabe, die vor allem die Jagdausübenden begünstigen, ist davon auszugehen, dass das Interesse der Jagdausübenden das Interesse der Grundeigentümer an der Verwendung der Abgabe deutlich überwiegt und die Jagdscheininhaber dem Abgabezweck evident näher stehen, als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit. Vor allem ist aber auch zu berücksichtigen, dass in erster Linie die Jagdausübenden ein Interesse an einem artenreichen und gesunden Wildbestand haben, ohne den sie die Jagd langfristig nicht sinnvoll ausüben könnten.

Allein die Tatsache, dass die Grundeigentümer aus der Entrichtung der Jagdpacht einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Jagd ziehen, führt nicht dazu, dass diese Gruppe vorrangig in Anspruch genommen werden müsste. Der Abgabengesetzgeber ist nicht verpflichtet, nach den Kriterien wirtschaftlicher Vorteile auf einer bestimmten Stufe des Verhältnisses Grundeigentümer - ggf. Jagdpächter - Jagdausübender zuzugreifen. Über die Höhe der Jagdpacht oder der Abschussentgelte können Belastungen ohnehin zwischen den verschiedenen Ebenen verteilt werden. Der Gesetzgeber kann sich daher insoweit an Zweckmäßigkeitserwägungen orientieren,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe) und Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 - (Filmabgabe), beide juris.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Inanspruchnahme der Jagdscheininhaber aus den oben genannten Gründen die zweckmäßigste Möglichkeit, auf diejenigen zuzugreifen, die potentiell in Nordrhein-Westfalen die Jagd ausüben. Dass die Jagdscheininhaber, soweit sie nicht selbst Eigenjagdbesitzer oder Jagdpächter sind, darauf angewiesen sind, zu einer Jagd eingeladen zu werden oder einen Abschuss zu kaufen, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist, dass sie diese Möglichkeiten jederzeit in Anspruch nehmen können. Aus dem gleichen Grund ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, danach zu unterscheiden, inwieweit nordrheinwestfälische Jagdscheininhaber im jeweiligen Einzelfall in anderen Bundesländern jagen, oder Jäger aus anderen Bundesländern nach Nordrhein-Westfalen kommen. Eine Erfassung dieser Vorgänge wäre nur mit ungleich größerem organisatorischen Aufwand möglich.

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf das Recht des Gesetzgebers zur Typisierung überschreitet die Beschränkung der Abgabenlast auf die Kerngruppe der nordrheinwestfälischen Jagdscheininhaber den gesetzgeberischen Abgrenzungsspielraum nicht. Aus der besonderen Sachnähe, die in dem gemeinsamen Interesse an der Jagd und an der Förderung und Weiterentwicklung des Jagdwesens begründet ist, folgt auch eine spezifische Finanzierungsverantwortung der Gruppe der Abgabepflichtigen.

Sind Sachnähe zum Zweck der Abgabe und Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe der Abgabepflichtigen gegeben, so wirkt die Verwendung des Abgabenaufkommens für den Zweck zugleich gruppennützig. Der durch die Abgabe zu finanzierende und die Abgabe rechtfertigende Gruppennutzen ist im vorliegenden Fall auch evident,

vgl. zu diesem Merkmal: BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -, juris.

Die in § 57 Abs. 3 LJG NRW genannten Verwendungszwecke der Abgabe begünstigen die Jagdscheininhaber ganz offensichtlich,

vgl. die Stellungnahme des Vertreters des Landesjagdverbandes NRW anlässlich der öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Gesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes und zur Änderung jagdlicher Vorschriften am 14. November 2013, Landtag NRW, Drs. APr 16/395.

Beispielhaft sei nur auf die nach § 57 Abs. 3 Nr. 2 LJG NRW möglichen Maßnahmen zum Neu- und Ausbau und der Ertüchtigung von Schießstätten hingewiesen, für den derzeit nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ein Finanzierungsbeitrag aus der Jagdabgabe von ca. 5 Mio. € vorgesehen ist. Dieser Betrag, der einen Großteil der gebildeten Rücklagen ausmacht, soll auf der Grundlage eines zwischen dem Landesjagdverband NRW und dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz abgestimmten Konzeptes eingesetzt werden.

Dieser Betrachtungsweise steht auch nicht der Einwand entgegen, die Verwendung der Mittel aus der Jagdabgabe sei nicht gruppennützig, weil es sich bei der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung um eine "forschende Ministerialverwaltung" handele, die ausschließlich aus Steuermitteln zu finanzieren sei. Zwar darf der Staat Sonderabgaben grundsätzlich nicht für die Erfüllung seiner eigenen Aufgaben erheben. Es ist ihm jedoch unbenommen, eine Einrichtung aus Mitteln einer Sonderabgabe finanziell zu unterstützen, die gruppennützige Aufgaben erfüllt, sofern die Mittel aus der Abgabe für die gruppennützige Verwendung vorgesehen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Einrichtung um eine Behörde oder eine private Institution handelt.

Dass die Vorgaben für eine gruppennützige Verwendung des Abgabeaufkommens in Bezug auf die Forschungsstelle in der Praxis beachtet werden, ist durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen ausreichend sichergestellt.

Zum einen bestimmt § 57 Abs. 2 LJG NRW, dass der Finanzierungsbeitrag aus der Abgabe für gruppennützige Aufgaben der Forschungsstelle zu verwenden ist. Die in § 53 Absatz 2 LJG NRW beschriebenen Aufgaben der Forschungsstelle liegen im Interesse der Gesamtgruppe der Jagdscheininhaber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Abgabeaufkommen nicht im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen eingesetzt werden muss. Es genügt, wenn es, unmittelbar oder mittelbar, überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe), juris.

Dies ist der Fall. Kenntnisse der Lebens- und Umweltbedingungen des Wildes sind elementare Voraussetzungen der Jagd, woraus sich ein erhebliches Interesse der Jagdscheininhaber an der Untersuchung der Lebens- und Umweltbedingungen des Wildes ergibt. Auch die Erforschung neuer Möglichkeiten der Jagdausübung nützt den Jagdausübenden. Die Erforschung von Wildkrankheiten dient letztlich der Erhaltung eines gesunden Wildbestandes, der wesentliche Voraussetzung für die Jagdausübung ist. Ebenfalls im Interesse der Jagdscheininhaber liegt die Möglichkeit der Forschungsstelle, durch Wort, Schrift und Bild die Kenntnisse der Jägerschaft über das Wild, seine Lebensräume und das Jagdwesen zu fördern. Schließlich ist es unschädlich, wenn in vergleichsweise begrenztem Umfang auch andere Gruppen oder die Allgemeinheit Vorteile aus der Abgabenverwendung haben,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 2 BvR 1139/12 - (Weinabgabe), juris,

wie dies möglicherweise hinsichtlich von Untersuchungen zur Wildschadenverhütung anzunehmen ist.

Zum anderen wird durch den Haushaltsgesetzgeber sichergestellt, dass jährlich ausreichend Haushaltsmittel für diejenigen Aufgaben der Forschungsstelle zur Verfügung stehen, die allein im Allgemeininteresse liegen. Ob und inwieweit die Mittel tatsächlich zweckentsprechend eingesetzt werden, ist grundsätzlich eine Frage des Verwaltungsvollzuges und berührt jedenfalls solange nicht die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, als dieses nicht von vornherein und generell ungeeignet ist, den Abgabenzweck zu erreichen. Davon kann aber mit Blick auf die Aufgaben der Forschungsstelle vor dem beschriebenen Hintergrund keine Rede sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,

vgl. Beschluss vom 16. September 2009 - 2 BvR 852/07 - (BaFin-Umlage), juris,

muss der Gesetzgeber im Interesse wirksamer parlamentarischdemokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren und ihre sachliche Rechtfertigung in angemessenen Zeitabständen überprüfen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Die Einnahmen und Ausgaben aus der Jagdabgabe sind haushaltsrechtlich ausreichend im Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. den Einzelplan für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Kapitel 10 261 und Anlage 7 zum Haushaltsplan) dokumentiert. Zudem unterliegt die Jagdabgabe einer weiteren parlamentarischen Kontrolle. Sie ist Teil der Haushaltsrechnung nach § 114 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (LHO NRW), wonach der Finanzminister des Landes zur Entlastung der Landesregierung den Haushaltsgesetzgeber jährlich über alle Einnahmen und Ausgaben und die vorhandenen Haushaltsreste des jeweiligen Haushaltsjahres unterrichtet. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die auch die Jagdabgabe betreffenden Änderungen des Jagdgesetzes in den Jahren 2014 und 2015 ist auch davon auszugehen, dass der Haushaltsgesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachgekommen ist, in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob seine Entscheidung über die Erhebung der Jagdabgabe zu ändern oder aufzuheben ist.Erfolglos bleibt schließlich der Einwand, der Abgabenbescheid sei rechtswidrig, weil die Jagdabgabe im Einzelfall nicht gruppennützig verwandt worden sei. Mit ihm wird letztlich geltend gemacht, die mit dem angefochtenen Bescheid erhobene Jagdabgabe falle aus diesem Grund weg oder sei zumindest in ihrer Höhe zu reduzieren. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Einwand bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil nicht näher darlegt ist, in welchem Umfang überhaupt eine zweckwidrige Verwendung im Einzelfall vorliegt und inwieweit sich dies auf die Höhe der Abgabe des Klägers ausgewirkt haben könnte. Denn die zweckentsprechende Verwendung der Einnahmen aus der Jagdabgabe im Einzelfall ist für die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung nicht von Bedeutung. Die Höhe der Jagdabgabe ist gesetzlich festgelegt. Nach § 57 Abs. 4 LJG NRW i.V.m. § 4 der Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz NRW beträgt sie für jedes Jahr der Geltungsdauer des Jahresjagdscheines 45 €. Ein fehlerhafter Verwaltungsvollzug im Einzelfall wirkt sich auf diese gesetzlichen Grundlagen - die das Gericht anzuwenden hat - nicht aus. Die zweckentsprechende Verwendung der Abgabe ist vielmehr im Rahmen der Bindung der Verwaltung an die Gesetze (Art. 20 Abs. 3 GG) mit den dafür vorgesehenen gesetzlichen Aufsichts- und Kontrollmechanismen durchzusetzen, etwa der Rechtsaufsicht über die handelnde Behörde, durch eine parlamentarische Kontrolle (Entlastung der Landesregierung im Rahmen der Rechnungslegung nach § 114 Abs. 1 LHO NRW) oder durch eine Kontrolle durch den Landesrechnungshof (Jahresbericht nach § 97 LHO NRW).

Erweist sich damit der Bescheid als rechtmäßig, scheidet auch ein Rückzahlungsanspruch aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO.

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