VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.11.2015 - 6 K 6069/13
Fundstelle
openJur 2015, 20775
  • Rkr:
Tenor

Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger zur Hälfte und die Beklagte und die Beigeladene zu jeweils einem Viertel.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen zu jeweils einem Viertel die Beklagte und die Beigeladene. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen trägt jeweils zur Hälfte der Kläger. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung im zweiten Obergeschoss (Dachgeschoss) des vor rund zehn Jahren errichteten Mehrfamilienhauses P. F.----------straße ° (Gemarkung P1. , Flur °, Flurstück °°°) in C. . Er wendet sich gegen die Errichtung und den Betrieb einer Autowaschstraße der Beigeladenen auf dem benachbarten Grundstück X. Straße °°° (Gemarkung P1. , Flur 2, Flurstück °°°).

Beide Grundstücke liegen in einem "Keil", der von der X. Straße und der in spitzem Winkel von ihr abzweigenden P2. F.----------straße gebildet wird. In diesem Bereich finden sich entlang der breit ausgebauten X. Straße (B °°) neben zwei Wohnhäusern (X. Straße °° und °°) vor allem Gewerbebetriebe, nämlich zwei Tankstellen (X. Straße °° und °°), ein Tierfachmarkt mit rund 500 qm Verkaufsfläche (ebenfalls X. Straße °°), ein Spielhallenkomplex mit insgesamt ca. 377 qm Spielfläche (X. Straße °°°), eine große Kfz-Werkstatt (X. Straße °°°) sowie ein Reifengeschäft mit Kfz-Service (X. Straße °°°). Auf dem südöstlich an die vorstehend beschriebene Reihe angrenzenden Grundstück X. Straße °°° (Flurstück °°°) befand sich bis Oktober 2013 die Gaststätte "A. N. ", die neben dem eigentlichen Gastraum über zwei kleinere Säle und einen großen Gesellschaftssaal mit bis zu 120 Sitzplätzen, einen Biergarten, eine Kegelbahn und einen großen Parkplatz verfügte. Entlang der P2. F.----------straße und an einem von dieser Straße nach Westen abzweigenden Stichweg finden sich in dem "Keil" überwiegend Wohngebäude (P. F.----------straße °, °, °, °, °, °, °, °, °), aber auch ein Vermessungsbüro, die Räumlichkeiten eines seit längerem ruhenden Baubetriebes und ein Garagenhof (alle P. F.----------straße 3), eine °°°°-Naturheilpraxis (P. F.----------straße °) sowie ein Kfz-Verglasungsbetrieb und ein Standort der T. -Autovermietung (beide P. F.----------straße °). In den sich anschließenden Gebäuden B. T1. ° und ° befinden sich ebenfalls gewerbliche Nutzungen, nämlich ein Bauunternehmen und ein Betrieb für Elektro- und Medizintechnik.

Die beschriebene Bebauung liegt teilweise im Bereich des Bebauungsplans OV °° "Gewerbegebiet P. F.----------straße " der Beklagten. Der Geltungsbereich dieses Bebauungsplans, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durchweg "Gewerbegebiet" festsetzt, endet im Süden ungefähr mit den von dem Plan noch erfassten Gebäuden X. Straße °° und P. F.----------straße °°. Der südlich davon liegende Bereich des "Keils" einschließlich der Grundstücke der Beteiligten liegt außerhalb des Bebauungsplangebietes. Der Flächennutzungsplan stellt hier eine "gemischte Baufläche" (M) dar.

Weitere Einzelheiten der Bebauung und der sonstigen Umgebung zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt:

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B. 13. Dezember 2012 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung einer Autowaschstraße auf dem Grundstück X. Straße °°, auf dem zu diesem Zeitpunkt noch die oben beschriebene Gaststätte "A. N. " betrieben wurde. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens legte die Beigeladene eine Immissionsprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 14. März 2013 vor. Dieser Untersuchung zufolge hält der Beurteilungspegel an dem Haus P. F.----------straße 1 unter Zugrundelegung einer relevanten Vorbelastung von tags 57 dB(A) durch den Betrieb der Tankstelle auf dem Nachgrundstück X. Straße °°° den für ein Mischgebiet vorgesehenen Immissionsrichtwert von tags 60 dB(A) ein, wenn der Bereich der Einfahrt überdacht, eine Schallschutzwand in Verlängerung der Nordostfassade hergestellt und ein Schnelllauftor im Bereich der Ausfahrt eingebaut wird. Grundlage der Berechnung ist (bei theoretisch möglichen 720 Waschvorgängen) die Annahme einer "tatsächlichen mittleren Maximalauslastung" von 250 PKW pro Tag und einer Betriebszeit von 8 bis 20 Uhr. Nachdem die Beigeladene den Lageplan und die Bauzeichnungen um die von dem Gutachter für erforderlich gehaltenen Lärmschutzeinrichtungen ergänzt und eine zunächst geplante zweite Zufahrt von der P2. F.----------straße auf Anregung der Behörde gestrichen hatte, wurde mit Datum vom 28. Mai 2013 der beantragte Bauvorbescheid (Az. 21200260) erteilt.

B. 20. August 2013 stellte die Beigeladene den Bauantrag für die "Errichtung einer °°° Waschstraße mit SB-Staubsaugerplätzen". Die Bauvorlagen stellen ein etwa 30 x 7 m großes und ca. 5 m hohes Gebäude mit Tonnendach dar, das parallel zur X. Straße errichtet werden und zu dieser einen Abstand von rund 15 Metern einhalten soll. Zu der südwestlichen Ecke des Grundstücks P. F.----------straße ° wahrt das zur Genehmigung gestellte Gebäude einen Abstand von drei Metern; an den Enden beträgt der Abstand des Gebäudes zu dem Grundstück P. F.----------straße ° rund neun Meter (Ausfahrt) bzw. rund 15 Meter (Einfahrt). Gegenüber der Bauvoranfrage ist das Waschstraßengebäude aus abstandrechtlichen Gründen um etwa einen Meter nach Süden und um etwa 20 cm nach Westen verschoben. Entlang der südwestlichen Fassade sowie südlich der Waschstraße sind zehn Staubsaugerplätze angeordnet. Nach der Betriebsbeschreibung soll die Autowaschstraße an Werktagen von 7 bis 22 Uhr betrieben werden. Dem Bauantrag waren die Schallprognose vom 14. März 2013 sowie ein Schreiben der A1. Ingenieurgesellschaft beigefügt, der zufolge die Verschiebung des Gebäudes keinen relevanten Einfluss auf die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung hat.

Unter dem 30. Oktober 2013 wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung (Az. 21300202) erteilt. Mit Schreiben vom 15. November 2013 wurde sie auch dem Kläger, der sich (neben anderen Nachbarn) bereits im Verwaltungsverfahren gegen das Vorhaben gewandt hatte, unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben. Das entsprechende Schreiben trägt in der Verwaltungsakte einen "Ab-Vermerk" vom 18. November 2013, wurde also offenbar an diesem Tag zur Post gegeben.

B. 19. Dezember 2013 ist die Klage des Klägers bei Gericht eingegangen. Die maschinenschriftliche Klageschrift schließt mit einer Zeile für "Ort, Datum:" und "Unterschrift:" und entsprechenden Aussparungen, in denen jedoch keine Unterschrift angebracht ist. Der Klageschrift sind das Schreiben der Beklagten vom 15. November 2013 nebst der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 und eine Fotokopie des Briefumschlags beigefügt gewesen, mit dem das Schreiben vom 15. November 2013 an den Kläger übersandt worden war; die Fotokopie enthält den - wohl durch den Kläger angebrachten - Zusatz "Zustellung Schriftstück Aktenzeichen 213000202 vom 15.11.2013 zum 19.11.2013". In einer deutlich anderen Handschrift ist der Briefumschlag beschriftet, mit dem die Klage (per Einschreiben) an das Gericht übersandt worden ist. Ein unterschriebenes Exemplar der Klageschrift hat der Kläger am 8. Januar 2014 nachgereicht.

Ebenfalls am 8. Januar 2014 hat der Kläger um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 nachgesucht. Diesen Antrag hat die Kammer mit Beschluss vom 8. April 2014 (6 L 17/14) als unzulässig abgelehnt. A. Begründung hat sie ausgeführt, die am 19. Dezember 2013 eingegangene Klage sei wegen des Fehlens einer Unterschrift und sonstiger, die Unterschrift zuverlässig ersetzender Umstände unzulässig; die Baugenehmigung sei daher bestandskräftig geworden. Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 (10 B 469/14) hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen den Eilbeschluss der Kammer aufgehoben und die Sache an die Kammer zurückverwiesen. A. Begründung hat der Senat ausgeführt, er habe trotz fehlender Unterschrift "in der Gesamtschau keine Zweifel", dass die Klage mit dem Willen des Klägers in den Rechtsverkehr gelangt sei.

Die Kammer hat daraufhin am 25. September 2014 durch den Berichterstatter einen ausführlichen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll dieses Termins Bezug genommen.

Anschließend hat die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen eine "Nachtragsgenehmigung" vom 30. September 2014 zur Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 erteilt. Gegenstand des Nachtrags ist die Verringerung der Betriebszeit von "7 bis 22 Uhr" auf "8 bis 20 Uhr" gewesen. Auf die Ausnutzung der Baugenehmigung in ihrer ursprünglichen Gestalt hat die Beigeladene in diesem Zusammenhang verzichtet.

Mit Beschluss vom 27. Oktober 2014 hat die Kammer den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sodann abermals abgelehnt. A. Begründung hat sie angeführt, die Erfolgsaussichten der Klage seien trotz gewisser Bedenken hinsichtlich der Schallprognose als offen einzuschätzen. Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 (10 B 1313/14) hat das OVG NRW den Beschluss der Kammer geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage mit der Begründung angeordnet, die Baugenehmigung stelle nicht sicher, dass der Betrieb der Autowaschanlage nicht zu unzumutbaren Geräuschimmissionen auf dem Grundstück des Klägers führen werde.

Im Juli 2015 hat die Beigeladene einen weiteren "Nachtragsantrag" gestellt. Mit diesem Antrag ist das Vorhaben in mehrfacher Hinsicht modifiziert worden: Die Betriebszeit ist auf "8 bis 19 Uhr" weiter verkürzt worden, das Gebäude ist in südöstlicher Richtung um drei Meter verlängert worden, im Einfahrtsbereich soll nunmehr eine fünf Meter lange und drei Meter hohe Schallschutzwand errichtet werden, im Ausfahrtsbereich soll eine 7,50 Meter lange und 4,10 hohe Schallschutzwand errichtet werden, es sollen Trocknungsgebläse der neuesten Bauart ("Typ Nicotra Gebhardt o. glw.") verwendet werden, die Mattenklopfrahmen sollen entfallen und die Überfahrmöglichkeit zur benachbarten Tankstelle soll durch Poller unterbunden werden. Darüber hinaus soll die Anzahl der zu waschenden PKW durch technische Maßnahmen auf maximal 495 pro Tag begrenzt werden. Dem "Nachtragsantrag" ist eine neue Schallprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 2015 beigefügt gewesen. In dieser Schallprognose wird für den Immissionspunkt an der Wohnung des Klägers (IP 04c) eine Vorbelastung durch die Tankstelle von 55,6 dB(A) und eine Zusatzbelastung durch den Betrieb der Waschstraße von 57,0 dB(A) ermittelt. Die Summe dieser beiden Beurteilungspegel liegt unterhalb des Immissionsrichtwertes von 60 dB(A), der für den hier allein maßgeblichen Tagbetrieb angesetzt ist.

Unter dem 28. August 2015 ist die beantragte "Nachtragsgenehmigung" erteilt worden. Die neue Schallprognose ist zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden. Zudem enthält die Baugenehmigung Nebenbestimmungen zur Verwendung des Schnelllauftores in der Ausfahrt, zum Verzicht auf Mattenklopfrahmen und der Verpflichtung, dem Ausklopfen von Fußmatten durch ein Hinweisschild entgegenzuwirken, sowie zu den maximal zulässigen Beurteilungspegeln an den einzelnen Immissionspunkten. Eine weitere Nebenbestimmung (Nr. 11) verpflichtet die Beigeladene, die Einhaltung der technischen Maßnahmen zur Begrenzung der maximalen Waschleistung alle drei Jahre durch Vorlage der Bescheinigung einer anerkannten Prüfstelle nachzuweisen. Die Nachtragsgenehmigung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 1. September 2015 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) bekannt gegeben.

B. 4. September 2015 hat die Beigeladene bei dem Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, den Beschluss des OVG NRW vom 27. Januar 2015 wegen geänderter Umstände zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen (6 L 1845/15).

B. 23. September 2015 hat der Kläger die Nachtragsgenehmigung vom 28. August 2015 in das laufende Klageverfahren einbezogen.

A. Begründung seiner Klage gegen die ursprüngliche Baugenehmigung hat der Kläger die mangelnde Gebietsverträglichkeit der genehmigten Anlage sowie zu erwartende Verkehrsprobleme gerügt; vor allem aber hat er zahlreiche Einwände gegen die Schallprognose vom 14. März 2013 geltend gemacht. Nach Erteilung der "Nachtragsgenehmigung" vom 28. August 2015 trägt der Kläger vor, die Baugenehmigung sei wegen Verletzung des "Gebietswahrungsanspruchs" rechtswidrig. Die Grundstücke der Beteiligten lägen in einem faktischen Mischgebiet. Zulässig seien dort nur solche Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Es gehe darum, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern. Durch die jüngste Nachtragsgenehmigung werde der untaugliche Versuch unternommen, eine überdimensionierte und für das Mischgebiet unpassende Autowaschanlage derart zurechtzustutzen, dass sie gebietsverträglich sei. Die Dimensionen seien indes sogar erweitert worden. Bei typisierender Betrachtung sei die Anlage mit den benachbarten Wohnnutzungen nicht vereinbar, weil sie nur mit erheblichen Schutzmaßnahmen sich überhaupt den einzuhaltenden Grenzwerten annähern kann. Dass die Kapazität der Anlage nunmehr auf 495 begrenzt sei, werde beschritten; die Veränderung der Zahnräder könne durch eine Erhöhung der Motorleistung kompensiert werden. Faktisch sei zu erwarten, dass trotz des verlangten Hinweisschildes die Matten ausgeklopft würden und dass die Autoradios regelmäßig bei entsprechenden Vorgängen laufen würden.

Der Kläger beantragt,

die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 (Az. 21300202) in der Gestalt der Nachtragsgenehmigungen vom 30. September 2014 und vom 28. August 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Baugenehmigung dem Gebietswahrungsanspruch vollinhaltlich Rechnung trage. In der Umgebung befänden sich an der X. Straße nur gewerbliche Nutzungen. Dass das Wohnen durch die Waschstraße nicht wesentlich gestört werde, habe die Beigeladene durch die Schallprognose belegt.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtung eine Waschstraße im Mischgebiet zulässig sei, hänge von ihrer jeweiligen Anlagen- und Betriebsstruktur sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Da Tankstellen im Mischgebiet allgemein zulässig seien und Waschanlagen typische Nebenanlagen einer Tankstelle seien, sei auch eine selbständige Autowaschanlage im Mischgebiet grundsätzlich zulässig. Anders als bei sog. "SB-Waschboxen" finde der Waschvorgang vorliegend innerhalb der Halle statt, wodurch das Störpotenzial der Anlage reduziert sei.

Nachdem die Kammer in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass sie dazu neige, die "Nachtragsgenehmigung" vom 28. August 2015 als eigenständige neue Baugenehmigung (sog. "aliud") einzustufen, hat die Beigeladene ihren Abänderungsantrag (6 L 1845/15) zurückgenommen. Zugleich hat sie allerdings erklärt, sie wolle auf die Ausnutzung der Baugenehmigung von Oktober 2013 in der Fassung des ersten Nachtrags von September 2014 nicht verzichten und bitte das Gericht, über die Rechtmäßigkeit auch dieser Fassung der Baugenehmigung zu entscheiden.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat teilweise Erfolg.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, der die Aufhebung der Baugenehmigung und der beiden "Nachträge" umfasst, ist dahingehend auszulegen, dass die Klage sich gegen zwei Baugenehmigungen richtet. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der Genehmigung vom 28. August 2015 nämlich nicht um eine bloße Nachtragsgenehmigung, sondern um eine Änderungsgenehmigung (sog. "aliud"), die als neue Baugenehmigung neben die Ursprungsbaugenehmigung in der Fassung des ersten (echten) Nachtrags getreten ist.

Für die Abgrenzung zwischen einer unselbständigen Nachtragsgenehmigung und einer Änderungsgenehmigung kommt es nicht auf die von der Bauaufsichtsbehörde gewählte Bezeichnung an. Ebenfalls ohne Bedeutung ist, dass die hinzugetretene neue Genehmigung nur in Verbindung mit dem Text und den Bauvorlagen der Ausgangsbaugenehmigung zu verstehen ist. Entscheidend ist vielmehr der Inhalt der neuen Genehmigung. Bei den gegenüber der Ursprungsbaugenehmigung bestehenden Änderungen darf es sich, um von einer Nachtragsgenehmigung sprechen zu können, nur um geringfügige Modifikationen handeln, die die Identität des Vorhabens nicht in Frage stellen. Stellt sich für das abgewandelte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse neu, so handelt es sich nicht mehr um einen bloßen Nachtrag. Ein solcher liegt überdies auch dann nicht mehr vor, wenn mit den zugelassenen Änderungen gerichtlich beanstandete Nachbarrechtsverletzungen ausgeräumt werden sollen.

Vgl. zu alldem OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Mai 2004 - 10 A 1476/04 -, vom 21. Februar 2007 - 10 A 27/07 -, vom 8. Juli 2008 - 10 B 999/08 - und vom 22. April 2013 - 2 A 1891/12 -, juris; Hellhammer-Hawig, in: Schönenbroicher/ Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 75 Rdnr. 156 ff.

Vorliegend ist das Bauvorhaben mit der Genehmigung vom 28. August 2015 entscheidend verändert worden. Schon die baulichen Änderungen haben ein beträchtliches Ausmaß. So ist der bislang nach Südwesten offene Einfahrtsbereich nunmehr Teil des geschlossenen Gebäudes, die Lärmschutzwand im nördlichen Bereich des Vorhabens ist erheblich erweitert worden, eine neue Lärmschutzwand ist am südlichen Ende des Gebäudes hinzugekommen, die Nachbehandlungsplätze sind um etliche Meter verschoben worden und die Mattenklopfrahmen sind entfallen. Zudem ist die Verwendung eines bestimmten Trocknungsgebläses nunmehr verbindlich vorgegeben, die Betriebszeit ist um eine Stunde pro Tag verkürzt und die Kapazität der Anlage ist durch technische Maßnahmen auf maximal 45 Fahrzeuge pro Stunde festgeschrieben worden. Die Summe dieser Änderungen geht über einen "Nachtrag" deutlich hinaus, zumal die Änderungen vorrangig darauf abzielen, den vor allem durch das Oberverwaltungsgericht erhobenen Einwänden bezüglich der Nachbarrechte Rechnung zu tragen. Die Beigeladene verfügt somit seit der Erteilung der Baugenehmigung vom 28. August 2015 über zwei verschiedene Baugenehmigungen für ihr Vorhaben und sie hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekundet, dass sie auf die Ausnutzung der ersten Baugenehmigung nicht förmlich zu verzichten bereit ist. Die Kammer hat daher auf der Grundlage des umfassenden Klageantrags über die Rechtmäßigkeit beider Baugenehmigungen zu entscheiden.

Die so verstandene Klage ist teilweise begründet.

Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (dazu nachfolgend 1.). Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 hingegen ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig (dazu nachfolgend 2.).

1.

Die Kammer geht infolge der beiden Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts im zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes trotz erheblicher Bedenken zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit davon aus, dass die Klage gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 form- und fristgerecht erhoben worden ist.

Die Klage hat insoweit auch Erfolg, weil die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 hinsichtlich einer drittschützenden Vorschrift rechtswidrig ist.

Ein Nachbar kann dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung oder Abweichung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich. Die Kammer geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger die Baugenehmigung umfassend angreifenden konnte, weil der der Beigeladenen erteilte Bauvorbescheid vom 28. Mai 2013 bei Eingang der Klage gegen die Baugenehmigung dem Kläger gegenüber noch nicht bestandskräftig war.

Vgl. zu diesem Problem BVerwG, Urteil vom 17. März 1989 - 4 C 14/85 -, ZfBR 1989, 170; einschränkend Urteil vom 9. Februar 1995 - 4 C 23.94 -, juris; kritisch dazu Beschluss der Kammer vom 24. März 2011 - 6 L 115/11 -; siehe auch Hellhammer-Hawig, in: Schönenbroicher/Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 71 Rdnr. 23.

Ob das im August 2013 zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben überhaupt mit dem Gegenstand der Bauvoranfrage identisch war und welche Fragen bereits von dem Bauvorbescheid erfasst waren, mag dahinstehen.

Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 verstößt gegen § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB). Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschießung gesichert ist. In der Vorschrift ist das (nachbarschützende) bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme enthalten. Dieses Gebot soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.

Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 ff., vom 23. September 1999 ? 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314 ff., und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.

Ob Geräuschimmissionen unzumutbar und im planungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sind, ist bei Anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) unterliegen, grundsätzlich anhand der auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassenen Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998) zu bestimmen. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang ihres Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.

Dass der Betrieb der Autowaschanlage die Vorgaben der TA Lärm einhält, ist auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 nicht sichergestellt.

Hinsichtlich des dem Kläger zustehenden Schutzniveaus ist festzustellen, dass die TA Lärm unter Ziffer 6.1 Buchstabe c) für Mischgebiete einen Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts vorsieht. Diese Richtwerte sind auch im vorliegenden Fall anzusetzen, obwohl es sich bei dem maßgeblichen Gebiet nicht um ein Mischgebiet, sondern um eine "Gemengelage" handelt, wie unten noch näher auszuführen sein wird; angesichts der Prägung des Gebiets durch Gewerbebetriebe mit teilweise nicht ganz unerheblichem Störpotential ist auch in diesem Fall die Anlegung der für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte geboten.

Nach dem schalltechnischen Gutachten des Ingenieurbüros A1. vom 14. März 2013, ergänzt durch die Stellungnahme desselben Gutachterbüros vom 16. August 2013 sowie die Erläuterungen des Gutachters Dipl.-Q. . Ing. X1. im Ortstermin der Kammer vom 25. September 2014 und in dem nachfolgenden Schreiben vom 29. September 2014, würde der vorgenannte Tages-Immissionsrichtwert an dem Gebäude des Klägers und seiner Miteigentümer nicht überschritten. Das schalltechnische Gutachten und seine Umsetzung in der Baugenehmigung selbst begegnen indes erheblichen Bedenken und sind insgesamt nicht geeignet, die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm hinreichend sicherzustellen.

Das Schallgutachten legt der Bestimmung der Beurteilungspegel nicht die maximal zu erwartende Zahl an Fahrzeugen, sondern nur eine "mittlere Maximalauslastung" zugrunde. Dabei wird zwar wohl mehr als die durchschnittliche Belastung angesetzt; einige Tage mit außergewöhnlich hoher Auslastung sind jedoch - wie der Schriftwechsel und die Korrespondenz im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergeben haben - nicht berücksichtigt. Dies ist nach der TA Lärm nicht zulässig. Denn diese sieht eine Mittelung über längere Zeiträume - etwa alle Tage eines Jahres - nicht vor. Der (Tages-) Beurteilungspegel ist vielmehr für den Tag mit den größten Geräuschimmissionen bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage durch Mittelung über die Tagesbeurteilungszeit zu bestimmen. Der Gutachter hat sich ausweislich seiner Stellungnahme vom 29. September 2014 von der Überlegung leiten lassen, dass nur an wenigen Tagen des Jahres die von ihm angenommene "mittlere Maximalauslastung" überschritten wird und dass diese Tage als "seltene Ereignisse" außer Betracht bleiben können. Er hat damit die Regelung unter Ziffer 7.2 der TA Lärm angesprochen, der zufolge eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an bis zu zehn Tagen pro Jahr infolge vorhersehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage gestattet werden kann. Die Kammer hält es - entgegen dem Oberverwaltungsgericht - zwar nicht von vornherein für ausgeschlossen, Tage außergewöhnlicher Auslastung einer Autowaschanlage, die nur beim Zusammentreffen spezieller Tage des Jahres mit entsprechenden Straßen- und Wetterzuständen zu erwarten sind, als seltene Ereignisse im Sinne von Ziffer 7.2 der TA Lärm zu behandeln.

So auch Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Kommentar, 2014, Kommentar zu Ziffer 7.2 Rdnr. 14.

Keinesfalls steht es allerdings dem Gutachter zu, derartige Tage von vornherein außer Betracht zu lassen. Denn für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an Tagen mit "seltenen Ereignissen" unter Würdigung nachbarlicher Interessen zugelassen werden kann, ist nach Ziffer 7.2 der TA Lärm die Genehmigungsbehörde zuständig. Diese hat in der Baugenehmigung zudem Bestimmungen über zugelassene "seltene Ereignisse" und ihre Eingrenzung zu treffen, wenn von Ziffer 7.2 der TA Lärm Gebrauch gemacht werden soll.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 (1329), mit weiteren Nachweisen.

Eine derartige Regelung der Behörde liegt hier nicht vor. Welche Lärmbelastung an dem somit maßgeblichen Tag mit der höchsten Auslastung zu erwarten wäre, lässt sich auf der Grundlage der Baugenehmigung und der Schallprognose vom 14. März 2013 nicht feststellen. Die Beigeladene hat zwar zum Vergleich statistische Zahlen über die Auslastung einer in der Nähe befindlichen Autowaschstraße vorgelegt, bei der in dem von den Aufstellungen erfassten Zeitraum eine Auslastung mit maximal 376 Fahrzeugen an einem Tag aufgetreten ist. Die Kammer ist jedoch - wie das Oberverwaltungsgericht - der Auffassung, dass die zum Vergleich herangezogene Waschstraße auf dem Grundstück X. Straße °°° kein taugliches Vergleichsobjekt ist, weil sie aufgrund ihrer Lage und ihrer konkreten Ausgestaltung nicht in demselben Maße auffallend und attraktiv ist wie die streitgegenständliche Anlage. Der Aufforderung des Gerichts, Nutzerzahlen für die zehn am nächsten gelegenen, von ihr betriebenen Waschstraßen und einen Zeitraum von drei Jahren vorzulegen (Verfügung des Berichterstatters vom 27. Februar 2015), ist die Beigeladene trotz entsprechender Erinnerung (Verfügung des Berichterstatters vom 7. August 2015) nicht nachgekommen. Mit welcher maximalen Auslastung auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 realistischerweise zu rechnen wäre, ist demnach weder feststellbar, noch in der Baugenehmigung geregelt. Damit lassen sich auch die Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionspunkten nicht bestimmen. Legt man die theoretisch mögliche Maximalauslastung von 720 Fahrzeugen pro Tag zugrunde, ist eine Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) bei überschlägiger Betrachtung wahrscheinlich.

2.

Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 ist demgegenüber hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig.

a)

Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist nicht erkennbar. Insbesondere werden die Vorschriften des Abstandflächenrechts durch das genehmigte Vorhaben nicht verletzt. Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Bauordnung (BauO) NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen freizuhalten. Die Abstandflächen müssen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW auf dem Grundstück selbst liegen. Diese Anforderungen sind vorliegend gewahrt. Ob es korrekt ist, für die nordöstliche Längswand des Waschstraßengebäudes trotz des einheitlichen Erscheinungsbildes vier verschiedene Abstandflächen zu bilden (T2, T3, T4, T5), mag dahinstehen. Angesichts der begrenzten Höhe des Gebäudes und der dem Vorhaben auf einer Länge von 16 m zukommenden Privilegierung nach § 6 Abs. 6 BauO NRW sind die Vorgaben des Abstandflächenrechts jedenfalls im Ergebnis gewahrt.

b)

Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 verletzt den Kläger auch nicht in seinem bauplanungsrechtlichen Gebietsgewährleistungsanspruch. Mit diesem Anspruch kann sich ein Nachbar in einem Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) gegen die Zulassung einer mit dem Baugebietstyp unvereinbaren Nutzung wenden, und zwar selbst dann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Hauptanwendungsfall sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Nutzung öffentlichrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Im Rahmen des durch eine Baugebietsfestsetzung begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Entsprechendes gilt aber auch innerhalb faktischer Baugebiete nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB. Der Gebietserhaltungsanspruch greift gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.

Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151, und vom 23. August 1996 - 4 C 13.94 -, BVerwGE 101, 364, sowie Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 17. Dezember 2008 - 10 A 3001/07 -, juris, und vom 9. März 2012 - 2 A 1626/10 -, DVBl. 2012, 847 ff.

(1)

Die Verletzung eines Gebietsgewährleistungsanspruchs des Klägers scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil die für die bauplanungsrechtliche Prüfung nach § 34 BauGB maßgebliche nähere Umgebung sich keinem der in der Baunutzungsverordnung beschriebenen Gebietstypen zuordnen lässt; es handelt sich vielmehr um eine sog. "Gemengelage".

Die Kammer geht nach dem vorliegenden Karten- und Luftbildmaterial sowie nach dem Ergebnis des durch den Berichterstatter durchgeführten Ortstermins davon aus, dass es sich bei dem "Keil" zwischen der X. Straße und der P2. F.----------straße um die für die planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens maßgebliche Umgebung handelt. Die X. Straße hat schon ihrer Breite und ihrer Verkehrsbelastung wegen trennende Wirkung zu den südwestlich angrenzenden Flächen. Aber auch die P. F.----------straße grenzt das in Rede stehende Gebiet von den östlich anschließenden Flächen ab. Denn die Bebauungsstruktur unterscheidet sich auf den beiden Seiten dieser Straße deutlich. Während auf der Ostseite praktisch ausschließlich Wohnbebauung zu finden ist, wechseln sich auf der Westseite Wohngebäude und gewerblich genutzte bauliche Anlagen ab. Die Kammer hat erwogen, ob es sich bei dem durch die Wohnhäuser P. F.----------straße °, °, °, °, °, °, ° und ° gebildeten Bereich um eine Fortsetzung des östlich der P2. F.----------straße befindlichen (zum Teil durch Bebauungsplan festgesetzten) Allgemeinen Wohngebiets handeln könnte, der von den ihn umgebenden gewerblich genutzten Bereichen des "Keils" abzugrenzen ist. Eine solche Betrachtung ist deshalb nicht von vornherein abwegig, weil der recht schmal und als Wohnstraße ausgebauten P2. F.----------straße nicht zwangsläufig eine trennende Wirkung beizumessen ist. Eine solche Gebietsabgrenzung innerhalb des "Keils" wäre aber letztlich nicht mit der gebotenen natürlichen Anschauung vereinbar. Aufgrund der Einbettung in die gewerblich dominierten Bereiche, der unmittelbaren Nähe zu dem Gewerbegrundstück P. F.----------straße °, des im Zentrum der genannten Wohnbebauung befindlichen Garagenhofs, der zumindest optischen Prägungswirkung der auf dem Grundstück P. F.----------straße ° vorhandenen Räumlichkeiten eines früheren Bauunternehmens und der für das vorliegende Verfahren noch nachwirkenden Prägung durch die allenfalls mischgebietsverträgliche Gaststätte "A. N. " lässt sich die in Rede stehende Wohnbebauung letztlich nicht von der sie umgebenden gewerblichen Bebauung trennen. Auch die Annahme eines Aufeinandertreffens von Allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet oder Gemengelage innerhalb des Keils würde im Übrigen nicht zu einem Gebietsgewährleistungsanspruch des Klägers führen.

Ist somit auf die Bebauung innerhalb des von der X. Straße und der P2. F.----------straße gebildeten "Keils" abzustellen, so kann es sich angesichts der hier vorhandenen Gewerbebetriebe keinesfalls um ein Allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO handeln. Aber auch ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO liegt - entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten im Verwaltungsverfahren und der vorläufigen Annahme der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts im zugehörigen Eilverfahren - nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die im Sinne von § 34 BauGB in die Betrachtung einzubeziehende nähere Umgebung die gesamte Bebauung entlang der X. Straße von dem Wohnhaus Nr. °° bis mindestens zu dem Gebäude X. Straße °°° umfasst. Denn insbesondere die Nutzungen von der K. -Tankstelle (X. Straße °°°) bis zu dem Reifenhandel mit Kfz-Service (X. Straße °°°) bilden eine recht homogene Reihe von größeren Gewerbebetrieben mit überwiegend automobilbezogenem Geschäftsgegenstand. Eine Zäsur lässt sich innerhalb dieser Reihe nicht erkennen. Dass ein Teil der vorgenannten Nutzungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans OV °° liegt, steht der Einbeziehung auch dieser Nutzungen nicht entgegen. Denn der Maßstab für die Zulässigkeitsprüfung nach § 34 BauGB ist nach den rein äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen; es ist also auf das abzustellen, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich an Bebauung vorhanden ist. Zu der maßstabbildenden vorhandenen Bebauung kann daher ohne Weiteres auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören.

Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2000 - 4 B 39.00 -, juris; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2015, § 34 Rdnr. 36.

Ob die in dem Dreieck zwischen den Grundstücken X. Straße °°°, X. Straße °°° und P. F.----------straße °° vorhandene Bebauung schon deshalb nicht als Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO eingestuft werden kann, weil es an dem erforderlichen einigermaßen ausgeglichenen quantitativen Verhältnis zwischen Wohnnutzungen und gewerblichen Nutzungen fehlt, mag dahinstehen. Einer Einstufung als Mischgebiet stehen jedenfalls die Nutzungen in den Gebäuden X. Straße °°° und X. Straße °°° entgegen, die nach den in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen nicht mischgebietsverträglich sind.

In dem Gebäude X. Straße °°° befindet sich (unter anderem) ein Spielhallenkomplex mit insgesamt etwa 377 qm Spielfläche. In einem Mischgebiet sind indes gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur solche Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind. Ein Spielhallenkomplex mit rund 377 qm Spielfläche ist als "kerngebietstypische Vergnügungsstätte" im Mischgebiet unzulässig.

Vgl. zu den insoweit relevanten Kriterien nur OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2012 - 2 A 2992/11 -, BauR 2013, 59 ff., mit weiteren Nachweisen.

Dasselbe gilt für den Betrieb in dem Gebäude X. Straße °°°. Kfz-Werkstätten können im Mischgebiet zwar gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig sein. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sie nach Umfang und Betriebsweise typischerweise das Wohnen nicht wesentlich stören.

Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2010 - 7 A 895/09 -, juris, mit weiteren Nachweisen.

Bei einem Betrieb der vorliegend in Rede stehenden Größenordnung mit - ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundrisses - neun Hebebühnen, großem Karosserie- und Lackierereibereich und insgesamt mehr als 1.800 qm Nutzfläche (allein innerhalb des Gebäudes) kann von einer Mischgebietsverträglichkeit nicht mehr ausgegangen werden.

Die beiden vorgenannten Betriebe können auch nicht als "Ausreißer" außer Betracht bleiben. Allerdings ist bei der Bestimmung der maßgeblichen Umgebungsbebauung die Betrachtung auf das Wesentliche zurückzuführen, was den charakteristischen Rahmen für das betreffende Merkmal abgibt. Demnach muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen sind solche Anlagen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszublenden, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen und wegen ihrer Andersartigkeit bzw. Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht zu beeinflussen vermögen.

Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 23. April 2015 - 7 A 1237/13 -, juris, mit weiteren Nachweisen.

Gemessen an diesen Maßstäben kommt ein Außerachtlassen der Spielhalle oder der Kfz-Werkstatt nicht in Betracht. Beide Betriebe haben ein erhebliches Gewicht und fallen in der Reihe der entlang der X. Straße vorhandenen Gewerbebetriebe durchaus nicht aus dem Rahmen.

(2)

Selbst wenn man demgegenüber die für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit maßgebliche nähere Umgebung für ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO hielte, wäre der Gebietsgewährleistungsanspruch des Klägers nicht verletzt. Nach Auffassung des Gerichts wäre die genehmigte Autowaschstraße dann gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (noch) zulässig.

Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sind in einem Mischgebiet "sonstige Gewerbebetriebe" allgemein zulässig. Mit Blick auf § 6 Abs. 1 BauNVO können hier allerdings nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die "das Wohnen nicht wesentlich stören", wobei grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist; der konkret zu beurteilende Gewerbebetrieb ist unzulässig, wenn Anlagen seines Typs bei funktionsgerechter Nutzung üblicherweise für die Umgebung unzumutbare Störungen hervorrufen. Autowaschanlagen entziehen sich allerdings hinsichtlich ihrer Störwirkung einer generalisierenden Betrachtung dahingehend, dass bereits aufgrund der Betriebsart stets von einer für das Wohnen wesentlichen oder stets von einer nicht wesentlichen Störung ausgegangen werden könnte. Die Zulässigkeit hängt vielmehr von der konkreten Anlage und deren Betriebsgestaltung sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, welche die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird. Geboten ist dabei eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes der zu erwartenden Störungen, wobei diese allerdings in der Regel nicht konkret und bezogen auf die gegebenen Grundstücksverhältnisse zu ermitteln sind. Vielmehr ist, vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls, in einer "typisierenden" Betrachtung abzuschätzen, ob die zugelassene Nutzung generell geeignet ist, eine Wohnnutzung wesentlich zu stören. Insbesondere gilt es, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern, die schon damit beginnen kann, dass eine in einem Mischgebiet generell unpassende - wohnunverträgliche - Nutzung zugelassen wird.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 1998 - 4 B 82.98 -, BauR 1999, 31 f., sowie OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Juni 2010 - 7 A 896/09 -, juris, und vom 27. Januar 2015 - 10 B 1313/14 -, NVwZ-RR 2015, 485 ff.; VGH B.-W., Urteil vom 19. August 1992 - 5 S 403/91 -, juris.

Eine strenge Betrachtung ist dabei indes nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht angezeigt, weil in einem Mischgebiet Tankstellen, zu denen regelmäßig auch (kleinere) Einrichtungen für die Wagenpflege und für Reparaturen gehören, uneingeschränkt zulässig sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO); die mit ihnen einhergehende Verkehrs- und Immissionsbelastung wird also als mit der Eigenart des Mischgebiets vereinbar angesehen. Hält der Verordnungsgeber eine Tankstelle trotz der mit ihr einhergehenden Belästigungen (Lärm, Abgase, Benzingeruch) für mit dem Charakter des Mischgebietes vereinbar, so spricht manches dafür, dass dies regelmäßig auch für die bis zu einem gewissen Grade verwandte Nutzung der Autowaschstraße gilt. Zwar gehen die Störwirkungen einer Waschstraße wohl in mancherlei Hinsichtlich über diejenigen einer reinen Tankstelle hinaus (Spritzgeräusche, Antriebsgeräusche, Geräusche der Staubsauger). Andererseits gehen die Auswirkungen einer Tankstelle teilweise auch über die der Waschstraße hinaus; dies gilt insbesondere für die Betriebszeiten: eine Tankstelle kann ganztägig - auch an Sonn- und Feiertagen - betrieben werden (§ 6 LadenschlussG, § 8 LadenöffnungsG NRW).

Vgl. BayVGH, Urteil vom 11. August 2003 - 20 B 98.1103 -, juris; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 10a D 55/01.NE -, Juris.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Verordnungsgeber Autowaschstraßen zum 1. Juni 1993 von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht befreit hat, der sie früher noch (durch Ziffer 10.13 des Anhangs zur 4. BImSchV) unterworfen waren. Zwar kann von dieser Änderung nicht unmittelbar auf die Zulässigkeit im Mischgebiet geschlossen werden (vgl. § 15 Abs. 3 BauNVO). Die Herausnahme aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht spiegelt aber die Erkenntnis wieder, dass Autowaschstraßen im Laufe der Zeit ausgereifter und damit immissionsärmer geworden sind. Insoweit ist sie Indiz dafür, dass eine Autowaschstraße nicht ohne Weiteres als "wesentlich störend" eingestuft werden kann.

Darauf hinweisend bereits VG Würzburg, Beschluss vom 13. März 2008 - W 5 S 08.697 -, juris, und Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 12. Aufl. 2014, § 6 Rdnr. 9.2.

Vorliegend handelt es sich um eine Waschstraße gewöhnlicher Dimensionierung, die nach heutigem Stand der Technik neu errichtet und betrieben werden soll. Dadurch, dass die ursprüngliche Absicht, eine Zufahrt auch von der P2. F.----------straße einzurichten, bereits im Verwaltungsverfahren auf Anregung der Beklagten aufgegeben worden ist, ist die Anlage verkehrsmäßig auf die X. Straße hin ausgerichtet, bei der es sich um eine viel befahrene Bundesstraße handelt. Die vorgesehenen "Staubsaugerplätze" für die Innenreinigung der Fahrzeuge sind ebenfalls auf der der Bundesstraße zugewandten Seite der Anlage vorgesehen und überwiegend durch die Waschstraße selbst von der angrenzenden Wohnbebauung abgeschirmt. Die Betriebszeiten (8 bis 19 Uhr an Werktagen) bewegen sich in einem auch für Einzelhandelsgeschäfte üblichen Rahmen; die unter Ziffer 6.5 in der TA Lärm (für einige Gebietstypen) definierten "Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit" sind vollständig aus den Betriebszeiten herausgenommen. Auf die besonders störenden "Mattenklopfrahmen" wird bei der nunmehr genehmigten Variante des Vorhabens ebenfalls verzichtet.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann auch nicht von den durch den Schallgutachter festgestellten Beurteilungspegeln auf eine Mischgebietsunverträglichkeit geschlossen werden. Abgesehen davon, dass ein Abstellen auf diese Beurteilungspegel nicht der gebotenen "typisierenden" Betrachtung entspräche, ist festzustellen, dass der durch die genehmigte Anlage erzeugte Beurteilungspegel an dem am stärksten betroffenen Immissionsort (X. Straße °°°) lediglich 57,1 dB(A) beträgt und damit erheblich unterhalb des für ein Mischgebiet anzusetzenden Richtwerts liegt. Erst die Summe des Lärms von Waschstraße und Tankstelle erzeugt an dem von dem Kläger bewohnten Mehrfamilienhaus einen Beurteilungspegel in der Nähe des Mischgebietsrichtwerts.

In Bezug auf die Gebietsverträglichkeit ist im Übrigen aus Sicht der Kammer zu bedenken, dass die der Schallprognose (zu Recht) zugrunde gelegte Maximalauslastung (495 Fahrzeuge pro Tag) nicht ständig erreicht werden wird. Typisch für eine Autowaschanlage ist vielmehr eine starke Abhängigkeit der Nutzerfrequenz von der Jahreszeit, den Wetterverhältnissen, bevorstehenden Feiertagen etc. Auch insoweit hebt die Autowaschanlage sich von einer Tankstelle ab, bei der mit einer einigermaßen gleichmäßigen Auslastung zu rechnen ist.

Zu berücksichtigen ist nach den oben wiedergegebenen Rechtsprechungsgrundsätzen schließlich die "konkrete Gebietssituation". Im näheren Umfeld der genehmigten Anlage befindet sich bereits heute eine ganze Reihe von Gewerbebetrieben, die mit Kraftfahrzeugverkehr und entsprechenden Immissionen verbunden sind. Abgesehen von der T. -Autovermietung und dem Betrieb für (unter anderem) Kfz-Verglasungen an der P2. F.----------straße (Haus-Nr. °) sind dies insbesondere die beiden Tankstellen mit kleineren Räumlichkeiten für die Kfz-Reparatur und Einplatzwaschanlage (X. Straße °° und °°) sowie die große Kfz-Werkstatt (X. Straße °°) und der Reifenhandel mit Kfz-Service (X. Straße °°). Alle diese Nutzungen befinden sich in einem Radius von nur 250 Metern um das Baugrundstück herum, die K. -Tankstelle sogar auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück. Auch das Baugrundstück selbst ist bereits seit längerem Quelle von nicht unerheblichen Lärmbelästigungen; die bis Ende 2013 hier betriebene Gaststätte mit ihrem Biergarten, ihrem großen Veranstaltungssaal und ihrem großen Parkplatz dürfte durchaus immissionsträchtig gewesen sein. Die Autowaschstraße rückt also nicht in einen bislang eher ruhigen, sondern in einen vorbelasteten Teil des Mischgebiets ein.

c)

Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 verstößt auch nicht gegen § 34 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot.

(1)

Ob Geräuschimmissionen unzumutbar und im bauplanungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sind, ist bei der vorliegenden Anlage - wie oben bereits aufgezeigt worden ist - nach den Vorgaben der TA Lärm zu beurteilen; der durch die Anlage hervorgerufene Lärm darf den maßgeblichen Immissionsrichtwert von tagsüber 60 dB(A) nicht überschreiten.

Die Einhaltung dieser Vorgabe ist durch die Baugenehmigung vom 28. August 2015 gewährleistet, wie die Schallprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 2015 belegt. Das schalltechnische Gutachten geht entsprechend den Vorgaben unter Ziffern 2.4 und 3.2.1 der TA Lärm zunächst der Frage nach, ob bereits eine relevante Vorbelastung durch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen besteht. Dies wird von dem Gutachter für die benachbarte K. -Tankstelle im Ergebnis angenommen, während alle anderen Betriebe mit nachvollziehbaren Überlegungen ausgeklammert werden. Für die K. -Tankstelle geht das Gutachten zu Gunsten des Klägers vom Betrieb (auch) einer PKW-Waschanlage und einer Servicewerkstatt im Rahmen des Tankstellenbetriebs aus. Ausgehend von diesen (konservativen) Annahmen ermittelt der Gutachter an der Wohnung des Klägers (IP 04c) einen Beurteilungspegel (Vorbelastung) von 55,6 dB(A). Folgerichtig geht der Gutachter davon aus, dass die Zusatzbelastung an den genannten Immissionspunkten durch die zu beurteilende Waschstraße maximal 58 dB(A) betragen darf ("Zielwert"), damit die Gesamtbelastung an diesen Immissionspunkten bei (logarithmischer) Addition beider Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) einhält. Sodann wird der Beurteilungspegel der zur Genehmigung gestellten Waschstraße hinsichtlich der einzelnen Immissionspunkte ermittelt. Für den Immissionspunkt 04c ermittelt der Gutachter einen Beurteilungspegel von 57,0 dB(A), so dass die Gesamtbelastung den Immissionsrichtwert nicht übersteigt. Die (logarithmische) Summe von Vorbelastung und Zusatzbelastung an diesem Immissionspunkt beträgt 59,37 dB(A).

Das schalltechnische Gutachten begegnet aus Sicht der Kammer keinen grundsätzlichen Bedenken. Die Methodik entspricht den Vorgaben der TA Lärm. Durchgreifende Einwände, die einer Zugrundelegung der gutachterlichen Bewertungen und Berechnungen entgegen stehen, liegen nicht vor. Insbesondere ist die Schallprognose nicht mehr den Einwänden ausgesetzt, welche die Kammer und das Oberverwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erhoben haben. Die Schallprognose geht nicht mehr von einer "durchschnittlichen Maximalauslastung" unter Außerachtlassung der Tage mit der stärksten Nutzerfrequenz, sondern von der durch technische Maßnahmen festgelegten tatsächlichen Maximalauslastung (495, gerundet 500 Fahrzeuge pro Tag) aus. Damit stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die herangezogenen Vergleichszahlen im Hinblick auf die genehmigte Autowaschstraße repräsentativ sind.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei nicht gewährleistet, dass die technischen Maßnahmen zur Begrenzung der maximalen Auslastung dauerhaft wirksam blieben, da das vorgesehene modifizierte Zahnrad wieder ausgewechselt oder die Förderbandgeschwindigkeit und damit der stündliche Durchsatz durch eine Erhöhung der Motordrehzahl wieder vergrößert werden könne, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Die Vertreter der Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass das verwendete Zahnrad durch "Schrumpfpassung" eingesetzt wird und nur mit erheblichem Aufwand wieder entfernt werden kann. Die Motordrehzahl kann bei dem verwendeten Aggregat gar nicht verändert werden. Dadurch sind die von dem Kläger befürchteten Manipulationen aus Sicht der Kammer zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber doch so erschwert, dass weitere Vorkehrungen in der Baugenehmigung - zusätzlich zu dem bereits durch die Nebenbestimmung Nr. 11 verlangten regelmäßigen Nachweis durch eine anerkannte Prüfstelle - nicht erforderlich waren.

Die Annahme des Klägers, trotz des durch Nebenbestimmung Nr. 4 zur Baugenehmigung geforderten Hinweisschildes sei damit zu rechnen, dass jedenfalls ein Teil der die Nachbehandlungsplätze nutzenden Kunden im Rahmen der Innenreinigung die Fußmatten ausklopfen werde, hält die Kammer für zutreffend. In Bezug auf das vorliegende Verfahren ist dies indes unproblematisch. Denn die Wohnung des Klägers ist gegen den Lärm der Nachbehandlungsplätze durch das Waschstraßengebäude und die Lärmschutzwände in erheblichem Maße abgeschirmt. Dies ist daran zu erkennen, dass der Lärm dieser (Flächenschall-) Quelle zu dem Beurteilungspegel IP 04c kaum beiträgt. Den für diesen Lärm in der den Immissionspunkt IP 04c betreffenden Tabelle (Anlage 4.3 Seite 7 des Anhangs zur Schallprognose) ausgewiesenen Teilpegel (39,4 dB(A)) könnte man der Summe aller Teilpegel (57,0 dB(A)) noch etliche Male (logarithmisch) hinzuaddieren, ohne dass sich eine Überschreitung des Zielwerts für die Zusatzbelastung (58 dB(A)) an diesem Ort ergäbe. Demnach kann eine gewisse Zunahme des Lärms in diesem Bereich durch das Ausklopfen von Fußmatten keine relevante Veränderung des Gesamtbeurteilungspegels bewirken, zumal die besonders lärmintensiven Mattenklopfrahmen nicht vorhanden sind.

Bei Durchsicht der Schallprognose und ihrer Anlagen fällt auf, dass der Lärm der Waschstraße sich am Immissionspunkt IP 04c zu einem Beurteilungspegel von 57,0 dB(A) summiert, während am benachbarten, gerade einmal drei Meter entfernten Immissionspunkt IP 04b ein Beurteilungspegel von lediglich 50,4 dB(A) zu verzeichnen ist. Der Beurteilungspegel am Immissionspunkt IP 04c ist also mehr als vier Mal so hoch wie derjenige am Immissionspunkt IP 04b. Dies ist aber letztlich nicht geeignet, die Plausibilität der Schallprognose durchgreifend in Frage zu stellen. Denn zwischen den beiden Balkonen der Dachgeschosswohnungen und damit zwischen den Immissionspunkten IP 04b und IP 04c befindet sich eine massive Betonwand. Diese Betonwand hat auf beide Immissionspunkte erheblichen Einfluss, nämlich für den IP 04b als den Schall dämpfende Abschirmung (in der Tabelle 4.3 Seite 6 des Anhangs zur Schallprognose als Faktor Abar erkennbar) und für den IP 04c als den Pegel verstärkende Reflexionsfläche (in der Tabelle 4.3 Seite 7 des Anhangs zur Schallprognose als Faktor dLrefl erkennbar). Gerade für diejenigen Lärmquellen, die sich an dem Immissionspunkt 04c besonders bemerkbar machen (Waschbereich Dachlichtband, Technikraum Wand hinten) fallen diese Faktoren stark aus.

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit den Lärmfragen die Bestimmtheit der Baugenehmigung bemängelt hat, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Hinsichtlich des verwendeten Industriestaubsaugers ("Carrera") ist durch die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung nicht nur die Schallprognose konkret in Bezug genommen worden, sondern der von dem Gutachter zugrunde gelegte Schallleistungspegel des Saugers (79 dB(A)) ist auch ausdrücklich benannt und zum Gegenstand einer entsprechenden Nachweispflicht gemacht worden (Nebenbestimmung Nr. 7 zur Baugenehmigung). Auch im Übrigen sind die Annahmen und Vorgaben des Gutachtens in hinreichender Form zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden.

Nicht restlos verständlich ist für die Kammer allerdings die in der Betriebsbeschreibung vorhandene, durch Grüneintragung in den Lageplan übernommene Erklärung "Für den Betreiber vor Ort wird ein Staubsaugerplatz am Vorwaschbereich als Stellplatz zur Verfügung gestellt". Ob es sich insoweit noch um einen Staubsaugerplatz handelt oder um einen schlichten Stellplatz, wird nicht recht deutlich. Für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Bezug auf den Kläger spielt dies aber keine Rolle, weil bei der Erstellung der Schallprognose mit einem Staubsaugerplatz gerechnet worden ist (Flächenschallquelle, siehe Anlage 3 zur Lärmprognose). Abgesehen davon spielt der Lärm der Nachbehandlungsplätze - wie bereits aufgezeigt - für den Beurteilungspegel am Immissionsort IP 04c ohnehin praktisch keine Rolle.

(2)

Soweit der Kläger eine Verschattung des Grundstücks P. F.----------straße °° durch das genehmigte Waschstraßengebäude anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass von einer Verschattung nur der Gartenbereich des Mehrfamilienhauses betroffen sein dürfte und dass Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums regelmäßig nur die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt, nicht aber der einzelne Wohnungseigentümer rügen kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. August 2015 - 10 B 833/15 - und vom 15. Juli 2015 - 7 B 478/15 -, juris.

Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vermag das Gericht jedenfalls auch insoweit nicht zu erkennen. Eine gewisse Orientierung bei der insoweit erforderlichen Wertung bietet zunächst § 6 BauO NRW, der gerade den Zweck verfolgt, die Interessen von Grundstücksnachbarn im Falle einer grenzständigen oder grenznahen Bebauung zum Ausgleich zu bringen. Dass die bauliche Anlage - wie oben aufgezeigt - die Vorgaben des Abstandflächenrechts einhält, gibt insoweit einen gewissen Anhalt, wenngleich durch die (landesrechtlichen) Vorgaben des § 6 BauO NRW keine verbindliche Konkretisierung des (bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots herbeigeführt werden kann und insbesondere nach der Zurücknahme der abstandflächenrechtlichen Anforderungen im Rahmen der Novellierung der Bauordnung NRW vom Dezember 2006 stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist.

Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2009- 10 B 1713/08 -, BauR 2009, 775.

Auch eine solche Einzelfallbetrachtung führt vorliegend nicht zu einem von der Wertung des Abstandflächenrechts abweichenden Ergebnis. Zwar handelt es sich um einen vergleichsweise langen Baukörper. Da dieser Baukörper jedoch schräg zu dem Grundstück und dem Mehrfamilienhaus des Klägers und seiner Miteigentümer angeordnet ist, nähert er sich nur an einer Stelle bis auf 3,17 m diesem Nachbargrundstück, während er an den beiden Enden eine erhebliche Entfernung zu dem Nachbargrundstück von rund 17 m bzw. rund 9 m wahrt. Das Waschstraßengebäude ist zudem nicht sehr hoch; mit einer Oberkante des Tonnendachs von 78,232 üNN bleibt es um etliche Meter hinter der Firsthöhe des Hauses P. F.----------straße °° (84,55 üNN) zurück. Wenn einem nicht unerheblichen Teil des Gartenbereichs des Klägers und seiner Miteigentümer durch die Errichtung der Waschstraße zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten die direkte Sonneneinstrahlung verloren gehen könnte, so liegt dies in erster Linie daran, dass es dem Grundstück P. F1.--------straße ° an Tiefe fehlt. Dass ein solcher Lagenachteil durch einen größeren Abstand oder eine geringere Höhe der Bebauung auf dem Nachbargrundstück kompensiert wird, kann ein Grundeigentümer regelmäßig nicht verlangen.

(3)

Die Bedenken des Klägers hinsichtlich etwaiger Verkehrsprobleme auf der X. Straße vermögen der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. An einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist in diesem Kontext erst dann zu denken, wenn sich die Erschließungssituation eines bestimmten Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das in Rede stehende Grundstück erschließenden Straße massiv verschlechtert.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. März 2011 - 2 A 2579/09 -, juris.

Davon kann vorliegend in Bezug auf das Grundstück P. F.----------straße °° keine Rede sein.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 3, 155 S. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits dem Risiko der Kostentragung ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.