OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.11.2015 - 6 B 1080/15
Fundstelle
openJur 2015, 20742
  • Rkr:

Erfolglose Beschwerde einer Kriminalhauptkommissarin in einem Konkurrentenstreitverfahren um eine Dienstpostenbesetzung.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr bei dem Vergleich von in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Beurteilungen mit tragfähiger Begründung eine Absenkung um mehr als eine Note im Gesamturteil vornimmt (hier im Vergleich von A 10 und A 11 Absenkung um 11 Wertsummenpunkte der Einzelmerkmale).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe befindet, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle als Ermittlungsgruppenleiterin/Ermittlungsgruppenleiter KK 32 im Polizeipräsidium L. dem Beigeladenen zu übertragen, bevor über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin den erforderlichen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nicht glaubhaft gemacht habe. Die Entscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar sei die Auswahlentscheidung für die Besetzung des streitigen Dienstpostens fehlerhaft. Ihr habe mit dem Merkmal des Nachweises der Führungsfähigkeit ein rechtswidriges Anforderungsprofil zugrunde gelegen. Dies habe sich jedoch nicht zu Lasten des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin ausgewirkt. Ungeachtet des Anforderungsprofils habe der Antragsgegner den Beigeladenen unter Heranziehung des Hilfskriteriums des Dienstalters der Antragstellerin vorziehen dürfen. Der Leistungsvergleich beider Bewerber habe angesichts des gleichen Gesamturteils der aktuellen Regelbeurteilung einen Leistungsgleichstand gezeigt. Eine Ausschärfung der aktuellen Beurteilungen habe für eine Differenzierung keinen Anhalt geboten. In der weiteren Auswahl habe der Antragsgegner ohne Rechtsfehler davon ausgehen dürfen, dass das im Statusamt A 10 erzielte Gesamturteil der Antragstellerin in ihrer Vorbeurteilung "übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße (5 Punkte)" mit der Wertsumme aller Einzelbewertungen von 34 Punkten und das im Statusamt A 11 erreichte Gesamturteil des Beigeladenen in seiner Vorbeurteilung "entspricht voll den Anforderungen (3 Punkte)" mit der Wertsumme aller Einzelbewertungen von 23 Punkten gleichgewichtig seien. Hierfür habe er hinreichende Gründe vorgebracht, die Fehler in dem ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht erkennen ließen. Dementsprechend habe der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung auf das Hilfskriterium des Zeitpunkts der Ernennung im Eingangsamt der Laufbahn abstellen dürfen.

Die hiergegen vorgebrachten Gründe rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern.

Der Einwand, der Beigeladene habe den Nachweis der Führungsfähigkeit nicht durch eine rund 20 Jahre alte dienstliche Beurteilung erbringen können, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Antragsgegner in der Ausschreibung vom 26. Februar 2015 in unzulässiger Weise den Nachweis der Führungsfähigkeit fordert. Demnach kommt es auch nicht darauf an, ob der Beigeladene dieses Merkmal erfüllt.

Der Antragsgegner beschränkt in den formalen Voraussetzungen - abgrenzend zu den erfolgskritischen Aufgaben und erfolgssichernden Kompetenzmerkmalen - den Bewerberkreis zunächst auf Bewerber, die den Nachweis der Führungsfähigkeit erbracht haben. Hierzu führt er im Rahmen seiner Hinweise zur Zulassung zum Stellenbesetzungsverfahren aus, dass dieser anhand der Beurteilung (Beurteilung im Hauptmerkmal 4 bzw. im Merkmal 8) oder in einem strukturierten Interview inklusive eines Rollenspiels und eines Vortrags erbracht werden könne. Die zwingende Anforderung des Nachweises der Führungsfähigkeit ist hier mit Blick auf die Anforderungen des streitigen Dienstpostens nicht vereinbar mit den Beförderungsgrundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Gleiches gilt für Dienstposten, wenn sich der Dienstherr zu einer Besetzung des Postens nach Bestenauslesegrundsätzen entschlossen hat. Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Über die Eignung der Bewerber kann der Dienstherr auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die etwa die zwingenden Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen, sind in einer ersten Auswahl auszuschließen und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden.

Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, ist er verpflichtet, den Grundsatz der Bestenauslese einzuhalten. Hiermit ist grundsätzlich nicht vereinbar, das Bewerberfeld aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens einzuengen. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris, Rn. 19 bis 23, und vom 19. Dezember 2014 - 2 VR 1.14 -, juris, Rn. 25 ff, OVG NRW Beschluss vom 10. Oktober 2014 - 6 B 1012/14 -, juris, Rn. 5 ff.

Nach diesen Maßstäben ist die formale Voraussetzung des Nachweises der Führungsfähigkeit rechtlich unzulässig. Der Antragsgegner hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass diese Einschränkung des Bewerberkreises auf den oben genannten Zwängen beruht. Er hat auch mit der Beschwerdeerwiderung nicht erklärt, warum gerade für den Dienstposten der Ermittlungsgruppenleitung ein gesonderter Nachweis der Führungsfähigkeit des erfolgreichen Bewerbers erforderlich ist. Insoweit hat er ausgeführt:

"Dem Stelleninhaber kommen Führungs-, Leitungs- und Koordinierungsaufgaben zu. Er übernimmt die Ergebnisverantwortung für die von ihm zu führende Ermittlungsgruppe. Er hat die Einsatzbereitschaft und Einsatzfähigkeit der von ihm zu leitenden Ermittlungsgruppe sicherzustellen und zu gewährleisten, dass die Ermittlungsmaßnahmen und Ermittlungsergebnisse so dokumentiert werden, dass diese gerichtsverwertbar sind. Gelingt ihm dies nicht, so kann dies gravierende Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Strafverfahrens haben.

Die Korrektur von Fehlentscheidungen bei der Stellenbesetzung ist in aller Regel sehr aufwändig. ...

... Es mag zutreffend sein, dass die für die Ausübung einer Führungsfunktion erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet werden können. Die Führungs-, Leitungs- und Koordinierungsaufgaben müssen aber unmittelbar mit Zuweisung einer Ermittlungsgruppe wahrgenommen werden. Anders als bei der Aneignung noch nicht vorhandenen Fachwissens ist hier eine Unterstützung beim Erwerb durch die unterstellten Kolleginnen und Kollegen nicht möglich. ..."

Damit sind jedoch keine die fragliche Anforderung rechtfertigenden Besonderheiten des Dienstpostens dargetan, die es ermöglichen könnten, den Bewerberkreises einzuengen. Die geschilderte Notwendigkeit, Führungsaufgaben unmittelbar mit Übertragung des entsprechenden Dienstpostens wahrnehmen zu können, betrifft jeden Dienstposten mit Führungsanteilen. Sie ist keine Besonderheit der Ermittlungsgruppenleitung. Der Sache nach geht davon auch der Antragsgegner selbst aus. Er hat in der Beschwerdeerwiderung darauf verwiesen, dass

"das in Rede stehende Merkmal der (prognostischen) Führungsfähigkeit keine solchen Anforderungen darstellt, die mit einem bestimmten zu besetzenden Dienstposten verknüpft sind, denn es lässt keinen Bezug zu einem bestimmten, besonders zugeschnittenen Dienstposten erkennen. ..."

Dementsprechend hat auch er selbst diesem Anforderungsmerkmal letztlich offenbar keine herausragende Bedeutung für den Dienstposten zugeschrieben. Er hat die vor zwanzig Jahren erworbene dreijährige Führungserfahrung des Beigeladenen als wachdienstführender Kriminalkommissar (A 9) als ausreichend für den Nachweis der Führungsfähigkeit als Kriminalhauptkommissar (A 11) erachtet. Der erforderliche Nachweis der Führungsfähigkeit erscheint zudem mit Blick auf die weiteren Ausführungen in der Stellenausschreibung vom 26. Februar 2015 zum "Förderkreis" nicht zwingend nötig. Danach wird der erfolgreiche Bewerber um den Dienstposten in einem einjährigen Förderkreis auf die Übernahme der Führungsfunktion vorbereitet bzw. bei Übernahme weiter begleitet. Das weitere Argument des Antragsgegners, Fehlbesetzungen könnten nur mit erheblichem Aufwand berichtigt werden, ist im Rahmen einer reinen Dienstpostenbesetzung ohne Beförderung nicht nachvollziehbar, weil eine (Rück-)Umsetzung problemlos möglich ist.

Dass der Antragsgegner danach die von ihm aufgestellte formale Voraussetzung möglicherweise nicht durchgängig als zwingend zu erfüllendes Anforderungsprofil verstanden hat, ist ohne Belang. Denn der Inhalt des in einer Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofils muss durch eine am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierter Auslegung ermittelt werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2014 - 6 B 93/14 -, juris, Rn. 16, zur Frage des konstitutiven oder nicht konstitutiven Anforderungsmerkmals.

Der eindeutige, den Nachweis der Führungsfähigkeit formal voraussetzende Wortlaut schließt hier indes eine Auslegung als nicht konstitutives Anforderungsmerkmal aus.

Das Beschwerdevorbringen gibt auch nichts Durchgreifendes dafür her, dass der Leistungsvergleich zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen fehlerhaft erfolgt ist. Ihm lässt sich der geltend gemachte Leistungs- und Eignungsvorsprung der Antragstellerin nicht entnehmen.

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller, inhaltlich aussagekräftiger dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris, Rn. 46.

Bei der Betrachtung der einzelnen Beurteilung kommt es zunächst auf das erreichte Gesamturteil an. Bei einem Vergleich der ausgewiesenen Gesamturteile sind etwaige nach dem Beurteilungssystem vorgesehene "Binnendifferenzierungen" innerhalb einer Note oder Notenstufe mit zu berücksichtigen. Ergibt sich auf dieser Grundlage kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied von Bewerbern, ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz verpflichtet, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen. Das heißt, er muss (im Wege einer näheren "Ausschärfung" des übrigen Beurteilungsinhalts) der Frage nachgehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine gegebenenfalls unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt (beziehungsweise auf dem Beförderungsdienstposten) ermöglichen. Erst, wenn sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen in dem zuvor dargestellten Sinne kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen lässt, sind - vor der Anwendung der so genannten Hilfskriterien - als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen und nötigenfalls auch in noch älteren Beurteilungen - namentlich solchen im derzeit innegehabten Amt - vergleichend mit zu berücksichtigen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. November 2010 - 6 B 749/10 -, juris, Rn. 8 ff., vom 2. Mai 2011 - 6 B 286/11 -, juris, Rn. 2, und vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris, Rn. 11 ff.

Hiervon ausgehend ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner in seinem Auswahlvermerk vom 4. Mai 2015 angesichts des gleichlautenden Gesamturteils der Antragstellerin und des Beigeladenen in den aktuellen Regelbeurteilungen im gleichen Statusamt für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Mai 2014 von einem Leistungsgleichstand ausgegangen ist. Beide Bewerber haben für diesen Beurteilungszeitraum eine Beurteilung mit der Gesamtnote "entspricht voll den Anforderungen (3 Punkte)" erhalten. Ebenso ist es bedenkenfrei, dass der Antragsgegner auch den Einzelfeststellungen der beiden Beurteilungen keinen aussagekräftigen Leistungsunterschied der Bewerber entnommen hat. Sowohl die Antragstellerin als auch der Beigeladene haben in den aktuellen Beurteilungen in fünf Einzelmerkmalen die Bewertung "entspricht voll den Anforderungen (3 Punkte)" und in zwei Einzelmerkmalen die Bewertung "übertrifft die Anforderungen (4 Punkte)" erhalten. Die Antragstellerin hat in den Einzelmerkmalen "Arbeitsweise" und "Arbeitseinsatz" jeweils 4 Punkte erhalten, der Beigeladene in den Merkmalen "Arbeitseinsatz" und "Leistungsgüte". Dass unterschiedliche Hervorhebungen in einem bestimmten Einzelmerkmal für den ausgeschriebenen Dienstposten erheblich oder ausschlaggebend sein könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Im Ergebnis ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Gesamturteile in den Vorbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen als gleichgewichtig angesehen hat.

Beim wertenden Vergleich zwischen den in unterschiedlichen statusrechtlichen Ämtern erstellten Regelbeurteilungen ist davon auszugehen, dass der in einem höherwertigen Amt erzielten dienstlichen Beurteilung ein höheres Gewicht zukommt als der gleichlautenden Beurteilung eines Mitbewerbers in einem niedrigeren Amt. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass mit dem höherwertigen Amt höhere Leistungs- und Befähigungsanforderungen verbunden sind und der Maßstab für die dienstlichen Beurteilungen sich nach dem innegehabten Amt im statusrechtlichen Sinne bestimmt. Insoweit entspricht es - auch beim wertenden Vergleich von Vorbeurteilungen - weit verbreiteter, von der Rechtsprechung gebilligter Praxis, die um einen Punktwert besser ausgefallene Beurteilung im rangniedrigeren Amt der im ranghöheren Amt erteilten Beurteilung gleichzustellen. Es ist aus Rechtsgründen aber auch nicht von vornherein ausgeschlossen, wenngleich ohne nähere Begründung nicht plausibel, eine Abwertung um mehr als einen Punkt vorzunehmen. Es ist Aufgabe des Dienstherrn, nach Maßgabe des Prinzips der Bestenauslese die Leistungen der Konkurrenten miteinander zu vergleichen. Die wertende Entscheidung, welchen Umständen er dabei welches Gewicht beimisst, kontrolliert das Gericht nur begrenzt, insbesondere auf Willkürfreiheit.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2010 - 6 B 924/10 -, juris, Rn. 5.

Hier hat der Antragsgegner in seinem Auswahlvermerk vom 4. Mai 2015 mit ausführlicher Begründung dargestellt, weshalb er eine Abwertung zwischen dem im Statusamt des Kriminaloberkommissars (A 10) und dem im Statusamt des Kriminalhauptkommissars (A 11) erteilten Gesamturteil um einen Punkt nicht als ausreichend ansieht. Er hat auf das deutlich höhere Leistungsniveau innerhalb der Vergleichsgruppe A 11 verwiesen. Dies ergebe sich daraus, dass ab der Vergleichsgruppe A 11 ausschließlich Beamte mit der II. Fachprüfung beurteilt würden. Angesichts der "sehr geringen Beförderungsmöglichkeiten" in das Statusamt A 12 bestehe "eine sehr geringe Fluktuation innerhalb der Vergleichsgruppe" (A 11) von mittlerweile 850 Personen, die auch außergewöhnlich lange Standzeiten (im Durchschnitt zehn Jahre) aufwiesen. Diese führten zu einer erheblichen Diensterfahrung. Darüber hinaus gebe es in der Vergleichsgruppe A 11 einen deutlich höheren Anteil von Beamten mit Führungsfunktionen, die zum Teil auch schon dem nächsten Statusamt zugeordnete Funktionen wahrnähmen. Diese auf den konkreten Vergleich der beiden Statusämter innerhalb seiner Behörde bezogene Bewertung des Antragsgegners ist tragfähig.

Gleiches gilt für den weiteren Schritt, mit dem der Antragsgegner seine Praxis begründet hat, eine Absenkung der im Amt der Besoldungsgruppe A 10 erstellten Beurteilung um 11 Wertsummenpunkte der Einzelmerkmale (entspricht mehr als ein Punkt, aber weniger als zwei Punkte im Gesamturteil) gegenüber einer Beurteilung aus dem Amt der Besoldungsgruppe A 11 vorzunehmen. Dabei hat er die beste 5-Punkte-Beurteilung mit der Wertsumme aller Einzelmerkmale von 35 Punkten (7 Merkmale à 5 Punkte) der arithmetisch besten 3-Punkte-Beurteilung mit der Wertsumme aller Einzelmerkmale von 24 Punkten (laut Beschwerdeerwiderung 7 Merkmale, von denen 3 mit 4 Punkten und 4 mit 3 Punkten gewertet werden) gleich gesetzt. Dies ergibt einen "Versatz" von 11 Punkten, der sich nach Angaben des Antragsgegners aus einer statistischen Auswertung der erteilten Beurteilungen rechtfertigt. Dafür, dass diese Vorgehensweise beim Vergleich der in den genannten Ämtern erzielten Gesamturteile gegen Beförderungsgrundsätze verstoßen könnte, hat die Beschwerde nichts Durchgreifendes geltend gemacht. Ein solcher "Versatz" erscheint insbesondere nicht sachwidrig. Er schließt es einerseits nicht aus, im Einzelfall leistungsstarken Beamten frühe Beförderungsmöglichkeiten zu eröffnen. Andererseits verhindert er nicht die Beförderungsmöglichkeit von über einen längeren Zeitraum beanstandungsfrei arbeitenden Beamten des höheren Statusamtes.

Die in Rede stehenden Vorbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen weisen einen "Versatz" von 11 Punkten auf, der nach dieser Berechnung die Einstufung als leistungsgleich rechtfertigt. Der Beigeladene hat in seiner im Statusamt A 11 erteilten Vorbeurteilung die Wertsumme von 23 Punkten erreicht, die Antragstellerin im Statusamt A 10 in der für den gleichen Zeitraum erteilten Beurteilung die Wertsumme von 34 Punkten.

Der Einwand der Beschwerde, der Antragsgegner hätte eine weitere Ausschärfung der Vorbeurteilungen vornehmen müssen, greift nicht durch. Der Senat geht zwar, wie oben ausgeführt, in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Dienstherr bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte zu einer Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen verpflichtet ist. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Dies gilt zunächst für die aktuellen Beurteilungen und - wenn nicht bereits auf dieser Ebene ein Qualifikationsvorsprung feststellbar ist - subsidiär für ältere Beurteilungen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2011 - 6 B 43/11 -, juris, Rn. 23.

Der Antragsgegner hat jedoch hier den Einzelbewertungen der Vorbeurteilungen bereits mit deren Berücksichtigung bei der Berechnung des Versatzes für den Vergleich der Gesamturteile hinreichende Beachtung geschenkt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass eine weitergehende Gegenüberstellung der Einzelbewertungen des Beigeladenen mit den (gedanklich abgesenkten) Einzelbewertungen der Antragstellerin einen Leistungsvorsprung eines Bewerbers erkennen lassen könnte. Insbesondere kann bei dieser gedanklichen Absenkung der Vorbeurteilung der Antragstellerin nicht konkret festgestellt werden, in welchen Merkmalen diese um einen Punkt und in welchen Merkmalen um zwei Punkte abgesenkt worden ist. Damit ist ein näherer Vergleich mit den Einzelmerkmalen in der Vorbeurteilung des Beigeladenen nicht möglich.

Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Auswahlentscheidung unter Heranziehung des Hilfskriteriums des Zeitpunkts der Ernennung im Eingangsamt der Laufbahn getroffen hat. Hierbei hat er fehlerfrei bei dem Beigeladenen den Zeitpunkt September 1991 und bei der Antragstellerin den Zeitpunkt März 1997 - das eigentliche Datum März 2000 wurde aus Gleichstellungsgesichtspunkten um drei Jahre vorverlegt - zugrunde gelegt.

Eine Bewerberauswahl anhand von Hilfskriterien, die sich nicht an den Maßgaben des durch Art. 33 Abs. 2 GG verbürgten Leistungsgrundsatzes messen lassen müssen, ist dann zulässig, wenn der Vergleich der Bewerber nach Kriterien, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen, zu keinem Ergebnis geführt hat. Unter diesen Umständen kann der Dienstherr - nach sachgerechten Gesichtspunkten und in den Grenzen des Willkürverbots - grundsätzlich frei darüber befinden, welche zusätzlichen Gesichtspunkte für die Auswahlentscheidung den Ausschlag geben sollen. Eine starre Reihenfolge möglicher Hilfskriterien besteht dabei nicht. Das Willkürverbot erfordert aber, dass der Dienstherr eine einmal eingeschlagene und noch fortbestehende Praxis bei der Anwendung von Hilfskriterien durchgängig befolgt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2011 - 6 B 43/11 -, juris, Rn. 35, vom 29. Juli 2013 - 6 B 509/13 -, juris, Rn. 32, und vom 11. September 2014 - 6 B 880/14 -, juris, Rn. 10 und 23.

Dass der Antragsgegner zur Auswahl kein "strukturiertes Interview" vorgesehen hat, führt danach nicht zur Annahme eines Rechtsfehlers. Das Beschwerdevorbringen enthält keinen Hinweis dafür, dass es der Auswahlpraxis des Antragsgegners entspreche, im Rahmen der Hilfskriterien zuerst auf eine weitere Befragung der Bewerber (im Rahmen eines strukturierten Interviews oder Auswahlgesprächs) abzustellen. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus den Akten.

Vielmehr hat der Antragsgegner jedenfalls mit seiner Beschwerdeerwiderung vom 22. Oktober 2015 seine den oben genannten Grundsätzen gerecht werdende Verwaltungspraxis bei der Anwendung des Hilfskriteriums Gleichstellung dargetan. Er hat das Hilfskriterium der Gleichstellung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW rechtsfehlerfrei erkannt. Unter Berücksichtigung seines mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Frauenförderplans (Fortschreibung 2013 - 2016) hat er deren Öffnungsklausel für gegeben erachtet und dem Beigeladenen den Vorzug gegeben. Danach ist unter Ziffer 3.2.1 (Maßnahmen zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen) unter dem Stichwort "Beförderung nach A 12" eine Beförderung von leistungsgleich beurteilten Frauen vor konkurrierenden Männern auch dann möglich, wenn die Frauen bis zu drei Jahre später angestellt worden sind bzw. bis zu drei Jahre später die Probezeit beendet haben (Seite 20, 4. Absatz des Frauenförderplans).

Der Beigeladene wäre auch dann vorzuziehen, wenn man mit der Antragstellerin annehmen wollte, dass eine Öffnung erst bei einem Unterschied des Dienstalters von fünf Jahren gerechtfertigt sein könnte,

vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2014 - 6 B 880/14 -, juris, Rn. 25, unter Verweis auf den Beschluss vom 20. August 2007 - 6 B 680/07 -, juris, Rn. 12 ff.

Er hatte das Eingangsamt seiner Laufbahn seit seiner Ernennung zum Polizeikommissar am 13. September 1991 inne. Demgegenüber hatte die Antragstellerin dieses Amt mit Ernennung am 1. März 2000, mithin mehr als acht Jahre später, erhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu erstatten. Der Beigeladene hat sich mit der Antragstellung einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).