AG Wuppertal, Urteil vom 01.06.2015 - 32 C 8/14
Fundstelle
openJur 2015, 20463
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 101,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2013 zu zahlen.2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Sachverständigen N, M-Straße, T, 565,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2013 zu zahlen. 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über den Basiszinssatz für die Zeit vom Eingang der gezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrag zu zahlen. 4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70,39 € für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014 zu zahlen. 5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerseite vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen eines Unfalles vom 30.11.2012 gegen 17.20 Uhr in Wuppertal in Anspruch, der allein schuldhaft mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X verursacht wurde. Die 100%ige Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Infolge des Verkehrsunfalles entstand ein Sachschaden. Die Beklagte hatte zur Feststellung des Fahrzeugschadens ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Dabei hat der Sachverständige G an dem klägerischen Fahrzeug einen unfallbedingten Schaden wie folgt festgestellt:

Reparaturkosten (brutto): 4.133,14 €,

Reparaturkosten (netto): 3.473,23 €,

Wiederbeschaffungswert: 2.800,00 €,

Restwert: 2.210,00 €.

Da der Gutachter den Restwert eines überregionalen Aufkäufers ermittelt hat und die Beklagte entsprechend abgerechnet hat, hat der Kläger ein eigenes Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Dabei hat der Sachverständige N an dem klägerischen Fahrzeug einen unfallbedingten Schaden wie folgt festgestellt:

Reparaturkosten (brutto): 4.886,58 €,

Reparaturkosten (netto): 4.106,37 €,

Wiederbeschaffungswert: 2.800,00 €,

Restwert: 1.000,00 €.

Für die Erstellung des Gutachtens hat der Sachverständige einen Betrag in Höhe von 565,01 € in Rechnung gestellt. Zur Schadensfeststellung hat der Sachverständige die Unterstützungshandlung der Werkstatt C GmbH in Anspruch genommen. Für die Demontage des Stoßfängers und die Bereitstellung des zu besichtigenden Unfallfahrzeuges sowie den Einsatz einer Hebebühne sind dem Kläger Kosten in Höhe von 101,15 € entstanden. Mit Schreiben vom 23.10.2013 hat die Beklagte die Erstattung abgelehnt.

Der Kläger begehrt auch die Erstattung von Anwaltskosten.

Der Kläger behauptet, der Sachverständige hätte der technischen Hilfe und der Hebebühne der Werkstatt C GmbH bedurft, um den Schaden beurteilen zu können. Er ist zudem der Ansicht, dass er zur Einholung eines Gutachtens berechtigt gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 101,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2013 zu zahlen, 2. die Beklagte zu verurteilen, an den Sachverständigen N, M-Straße, T, 565,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2013 zu zahlen, 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit vom Eingang der gezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenvorschüsse zu zahlen, 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70,39 € für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die Einholung eines zweiten Gutachtens für nicht erforderlich. Auch die Hebebühne sei nicht erforderlich gewesen zur Schadensfeststellung, im Übrigen bestreitet sie mit Nichtwissen, dass der angefallene Betrag seitens des Klägers ausgeglichen worden ist. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Sachverständige über keine Hebebühne verfügte.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen G1 vom 06.03.2015 wird Bezug genommen.

Die Parteien haben sich mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Der Kläger klagt gegen die Beklagte in Weiterem Schadensersatzanspruch in geltend gemachter Höhe.

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten zu 1) als Versicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges ergibt sich aus § 1 Pflichtversicherungsgesetz, 115 VVG. Die Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig.

1. Der Klageantrag zu 1) ist berechtigt, da zur sachgerechten Gutachtenerstellung der Einsatz der Hebebühne und der Mithilfe bei der Zerlegung des Fahrzeuges erforderlich war. Es war nicht nur festzustellen, ob technisch ein Totalschaden ist sondern auch wie hoch der Restwert ist. Der Sachverständige hat nach Überprüfung der Sachlage überzeugend ausgeführt, dass zur vollständigen Sichtung und Dokumentation des Schadens am Fahrzeug des Klägers eine Demontage der Stoßfängerverkleidung gerechtfertigt ist und dass dazu üblicherweise eine Hebebühne eingesetzt ist auch wenn die Zerlegung nicht zwingend den Einsatz der Hebebühne erfordert. Allerdings ist dies zum einen ergonomischer und vermeidet auch Montageschäden an den anderweitigen Bauteilen des Fahrzeuges ist und ist somit gerechtfertigt. Der Kläger kann infolge dessen gemäß § 249 Abs. 2 BGB auch die Erstattung der diesbezüglich angefallenen Kosten in Höhe von 101,15 € verlangen selbst wenn er diese bislang noch nicht beglichen hat. 2. Die Klageforderung zu 2) ist berechtigt, denn der Geschädigte darf auch dann einen eigenen Gutachter mit Schadensermittlung beauftragen, wenn der Schädiger bereits einen Sachverständigen beauftragt hat (Kammergericht Berlin, Urteil v. 01.07.1976, Az.: 12 O 268/76). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Parteien ausdrücklich ein Stillhalteabkommen oder dergleichen geschlossen haben und der Geschädigte somit auf die Einholung eines eigenen Sachverständigengutachtens verzichtet hat. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Vielmehr durfte der Kläger hier die Beauftragung eines eigenen Sachverständigen auch deshalb als erforderlich ansehen, weil u. a. der Sachverständige der Beklagten den Restwert über eine überregionale und Internetbörse und nicht über den regionalen Markt ermittelt hat. Dementsprechend ist die Beklagte auch verpflichtet, die Kosten des Sachverständigengutachtens an den Sachverständigen zu zahlen. 3. Der Kläger kann auch verlangen, dass er die Beklagte auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen bezahlt (OLG Hamburg, Urteil v. 06.05.2004, Az.: 3 O 203/04). 4. Der Kläger hat zudem Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus §§ 286, 288 BGB. Der Zinsanspruch ergibt sich aus§§ 286, 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 666,16 €.

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Wuppertal statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Wuppertal, Eiland 2, 42103 Wuppertal, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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