FG Köln, Urteil vom 25.08.2015 - 2 K 997/14
Fundstelle
openJur 2015, 20406
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 29.658 € festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin innerhalb der Antragsfrist einen wirksam unterzeichneten Antrag auf Vorsteuervergütung für den Zeitraum 10-12/2009 gestellt hat.

Die Klägerin ist in den USA ansässig. Sie ist im Finanzinvestitionssektor tätig.

Am 30. Juni 2010 (Posteingangsdatum) stellte sie beim Beklagten nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 i.H.v. 29.658 €. Der Antrag war im Unterschriftenfeld mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet und mit einem Stempel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A GmbH versehen.

Dem Antrag war eine Unternehmerbescheinigung vom 6. November 2010 beigefügt. Diese betrifft das Steuerjahr ("Tax Year") 2009.

Als Steuerpflichtige ("Taxpayer") ist die Klägerin mit TIN-Nummer - ohne Angabe einer Anschrift - eingetragen. Die Bescheinigung lautet wie folgt:

"I certify that the abovenamed corporation filed a U.S. corporate income tax return, Form 1120, as required. Form 1120 shows the business activity code and business activity for the above taxpayer is ...123... Trust, Fiduciary, and Custody Activities

*VAT only, not applicable to income taxes*”

Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung vom 6. November 2010 Bezug genommen (befindlich in der Verwaltungsakte des Beklagten, Seite 2).

Mit Bescheid vom 2. September 2011 wurde der Vorsteuervergütungsantrag mangels eigenhändiger Unterschrift der Klägerin abgelehnt.

Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. März 2014 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Zu Begründung ihrer hiergegen fristgemäß erhobenen Klage hat die Klägerin die Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde in dem Verfahren XI B 111/11 eingereicht, in dem es u.a. um die Frage geht, ob die Eintragung "Geschäftskosten - siehe Rechnungen" in Abschnitt 9 Buchst. a) für die Wirksamkeit eines Vorsteuervergütungsantrags ausreicht. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass sie darauf verweise, da es auch dort um vom Beklagten behauptete Formfehler bei der Antragstellung gehe.

In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wird vorgetragen, dass bei unzureichenden Angaben im Antrag ein verfahrensrechtlicher Fehler und kein materiellrechtliches Defizit gegeben seien. Die Versagung der Vorsteuervergütung wegen einer unzureichenden Eintragung würde gegen den Effektivitätsgrundsatz verstoßen.

Der Effektivitätsgrundsatz sei insbesondere auch anzuwenden, wenn es um das Konkurrenzverhältnis zwischen Verfahrensrecht und materiellem Umsatzsteuerrecht gehe. Materiellrechtlich sei das Umsatzsteuerrecht wesentlich durch das Neutralitätsprinzip geprägt. Dieser Grundsatz bedeute, dass bei einem Konflikt zwischen dem materiellrechtlichen Anspruch auf Vorsteuervergütung als Ausdruck des Neutralitätsgrundsatzes und dem zu beachtenden Verfahrensrechts dem materiellrechtlichen Anspruch immer Vorrang zukomme. Durch die Nichtbefolgung einer Förmlichkeit könne ein Unternehmer nicht sein Recht auf Vorsteuervergütung verlieren. Es werde Bezug genommen auf das EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008 (C-96/07, Ecotrade, Tz. 62 f.).

Es werde auch gegen den europarechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nur gewahrt, soweit die einzutragenden Angaben zur Überprüfung des Antrags erforderlich seien. Auch die EU-Kommission habe es in dem EuGH-Verfahren Ecotrade als völlig unangemessen und unverhältnismäßig betrachtet, dass sich ein Gemeinschaftsstaat unter Berufung auf die Nichtbefolgung bloßer Aufzeichnungsförmlichkeiten ungerechtfertigt bereichern wolle (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008, C-96/07, Ecotrade, Tz. 33).

Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beklagte habe es unterlassen, sie binnen der Jahresfrist auf die nach seiner Auffassung nach nicht ordnungsgemäße Unterschrift hinzuweisen. Folglich gelte die Jahresfrist nicht, da dieses Verhalten des Beklagten mit höherer Gewalt gleichzusetzen sei.

Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 8. August 2013 (V R 3/11) trägt die Klägerin vor, dass die EU-Kommission Deutschland bereits im September 2012 in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme dazu aufgefordert habe, die Vorschriften zur Unterzeichnung von Anträgen durch außerhalb des Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer zu ändern. Da die Vorschriften bis heute nicht angepasst worden seien, habe die EU-Kommission beschlossen, Deutschland dahingehend zu verklagen (siehe Pressemitteilung der EU-Kommission IP/14/1038 vom 25. September 2014). Das Verfahren sei deshalb zumindest zum Ruhen zu bringen.

Auch beruft sich die Klägerin auf Art. 171 der Richtlinie 2006/112/ EG des Rates (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) i. V. m. Dreizehnte Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern. Diese Regelung werde durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verletzt.

Am Tag der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine Unternehmerbescheinigung vom 11. Juli 2011 vorgelegt. Diese betrifft das Steuerjahr ("Tax Year") 2010.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2011 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14. März 2014 zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 i.H.v. insgesamt 29.658 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Vorsteuervergütung zu versagen sei, da die Klägerin keinen wirksamen Antrag auf Vorsteuervergütung gestellt habe.

Das nationale Recht fordere in § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 3 UStG i.V.m. § 61a Abs. 2 Satz 4 UStDV die eigenhändige Unterzeichnung des Vorsteuervergütungsantrags. Dies werde durch die Dreizehnte Richtlinie bestätigt. Hiernach würden die Mitgliedstaaten die Modalitäten für die Antragstellung bestimmen.

Bei juristischen Personen erfordere die eigenhändige Unterschrift insbesondere die eigenhändige Unterschrift ihres gesetzlichen Vertreters (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO).

Das EuGH-Urteil vom 3. Dezember 2009 (C-433/08) widerspreche dem nicht. Zwar habe der EuGH dort entschieden, dass auch ein Bevollmächtigter zur Zeichnung eines wirksamen Vorsteuervergütungsantrags berechtigt sei. Dieses Urteil habe jedoch lediglich den Anwendungsbereich der Achten Richtlinie (79/1072/EWG) zum Gegenstand und sei mithin ausschließlich auf Antragsteller aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anwendbar.

Da es sich bei der Klägerin im Streitfall um ein Unternehmen aus einem Drittstaat handele, finde nicht die Achte Richtlinie, sondern vielmehr die Dreizehnte Richtlinie Anwendung. Die Mitgliedstaaten hätten dabei einen wesentlich weiterreichenden Gestaltungsspielraum übertragen bekommen, als dies bei Antragstellern aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Fall sei (vgl. Urteil des FG Köln vom 9. November 2010 - 2 K 2047/08). Der deutsche Gesetzgeber habe von seinem Gestaltungsspielraum nach Art. 3 Abs. 1 der Dreizehnten Richtlinie mit § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG Gebrauch gemacht.

Auch der BFH habe entschieden, dass ein Antrag eines Unternehmens aus einem Drittstaat, der von einem Vertreter unterschrieben sei, nicht wirksam sei. Insoweit werde Bezug genommen auf das BFH-Urteil vom 8. August 2013 (V R 3/11).

Der Klägerin könne hinsichtlich der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Die Klägerin habe bis heute die versäumte Handlung - einen eigenhändig vom gesetzlichen Vertreter unterschriebenen Antrag - nicht nachgeholt.

Die Klägerin habe außerdem keine gültige Unternehmerbescheinigung vorgelegt.

Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung vom 6. November 2010 bestätige nur eine Ertragsbesteuerung im Ansässigkeitsstaat.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 2. September 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. März 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

Der Klägerin steht kein Anspruch auf die beantragte Vorsteuervergütung zu, weil sie innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten Frist keinen rechtswirksamen Vergütungsantrag gestellt hat und ihr insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

I. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG keinen rechtswirksamen Vergütungsantrag beim Beklagten gestellt.

1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Bei der Sechs-Monats-Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 2014 - XI B 11/13, abrufbar über Juris; vom 14. Dezember 2012 - V B 19/12, BFH/NV 2013, 602; vom 14. Dezember 2012 - V B 20/12, BFH/NV 2013, 996; vom 24. Juli 2012 - V B 76/11, BFH/NV 2012, 1840; Urteil vom 21. Oktober 1999, V R 76/98, BStBl II 2000, 214; so auch durch den EuGH bestätigt, Urteil vom 21. Juni 2012, C-294/11 - Elsacom, Abl EU 2012, Nr. C 250, 8; DStR 2012, 1272). Der Vergütungsantrag ist vom Unternehmer eigenhändig zu unterschreiben (§ 18 Abs. 9 Satz 5 UStG).

Diese nationalen Vorschriften beruhen auf der Achten EG-Richtlinie (vom 6. Dezember 1979, 79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11). Zwar gilt die Achte Richtlinie nur für die Erstattung von Vorsteuern an im Gemeinschaftsbiet ansässige Steuerpflichtige. Auf die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen - wie im Streitfall die Klägerin - findet hingegen die Dreizehnte Richtlinie des Rates vom 17. November 1986 (86/560/EWG, ABl. L 326/1986, 40) Anwendung (Art. 171 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/ EG des Rates vom 28. November 2006 - Mehrwertsteuersystemrichtlinie), worauf auch die Klägerin zu Recht hinweist. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht jedoch - wie im folgenden darzulegen sein wird - kein Verstoß gegen die Richtlinie.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dreizehnten Richtlinie bestimmen die Mitgliedstaaten die Modalitäten für die Antragstellung zur Erstattung der Mehrwertsteuer. Die Erstattung darf nach Art. 3 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie nicht zu günstigeren Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige. Dabei können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie die Erstattung von zusätzlichen Bedingungen abhängig machen.

2. Im Streitfall hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG, die für den streitigen Vergütungszeitraum Oktober bis Dezember 2009 am 30. Juni 2010 ablief, nicht gewahrt.

a. Der Vergütungsantrag vom 30. Juni 2010 wurde zwar innerhalb der Frist eingereicht. Er ist indes nicht geeignet, die Frist zu wahren, da er mangels eigenhändiger Unterschrift der Klägerin nicht rechtswirksam ist. Er wurde von ihrem Bevollmächtigten und nicht von ihrem gesetzlichen Vertreter unterschrieben.

aa. Da juristische Personen als Unternehmer zwar antragsberechtigt, verfahrensrechtlich aber nicht handlungsfähig sind, ist die eigenhändige Unterschrift ihres gesetzlichen Vertreters oder eines besonders Beauftragten erforderlich (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO). Gesetzlicher Vertreter ist bei einer juristischen Person deren Vorstand oder Geschäftsführer (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535 m.w.N.). Ein Antrag durch einen Bevollmächtigten - wie im Streitfall - ist daher unwirksam.

bb. Vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei in Drittstaaten ansässigen Unternehmern kann weder aufgrund der EuGH-Rechtsprechung in der Sache Yaesu Europe BV (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2009 - C-433/08, Slg. 2009, I-11487) noch aufgrund der Gesetzessystematik des § 18 Abs. 9 UStG, noch nach der Dreizehnten EG-Richtlinie abgewichen werden.

(1) Im Urteil Yaesu Europe BV (a.a.O.) hat der EuGH zwar entschieden, dass das Erfordernis einer "eigenhändigen Unterschrift" nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG gegen Art. 6 i.V.m. Anhang A der Achten EG-Richtlinie verstoße und dass die Unterschrift eines Bevollmächtigten ausreichend sei.

Allerdings betrifft der dem EuGH-Urteil zugrunde liegende Sachverhalt einen im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer. Es ist nicht auf Unternehmer zu erstrecken, die - wie die Klägerin - im Drittlandgebiet ansässig sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535). Auf diese ist nicht die Achte EG-Richtlinie, sondern die Dreizehnte EG-Richtlinie anwendbar.

(2) Auch aus der Gesetzessystematik des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG folgt nicht, dass in Drittstaaten ansässige Unternehmer ihren Vergütungsantrag nicht eigenhändig unterzeichnen müssen. § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG ist im Hinblick auf die unionrechtswidrige Regelung für Mitgliedstaaten nicht nichtig, sondern insoweit lediglich unanwendbar (BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535). Der Anwendungsvorrang des mitgliedstaatlichen Rechts führt im Rahmen der unionsrechtskonformen Auslegung zur Zurückdrängung des Eigenhändigkeitserfordernisses nur für Unternehmer mit Sitz in den Mitgliedstaaten, nicht aber für Unternehmer mit Sitz in Drittstaaten (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535).

(3) Aus der für die Klägerin als Drittlandunternehmen geltenden Dreizehnten EG?Richtlinie lässt sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht ableiten, dass die eigenhändige Unterschrift entbehrlich wäre.

(a) Zwar ist nach der Präambel der Dreizehnten EG-Richtlinie eine "harmonische Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Drittländern" beabsichtigt und zur Erreichung dieses Ziels eine Ausrichtung an der Achten EG?Richtlinie vorgesehen (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.). Hieraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass die Vorsteuervergütung für Unternehmer in Drittstaaten identisch ist mit der für Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet. Denn aus der Dreizehnten EG-Richtlinie folgt nicht, dass die beiden Vergütungsverfahren gleich ausgestaltet sind: Während die Achte EG-Richtlinie regelt, dass die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen außer den in Art. 3 und 4 bezeichneten Pflichten keine anderen Pflichten auferlegen dürfen, geht die Dreizehnte EG-Richtlinie weit darüber hinaus, indem diese den Mitgliedstaaten - insbesondere in Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 - nicht unerhebliche Umsetzungsspielräume einräumt (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535). Im Hinblick auf diese Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten gibt die Dreizehnte EG-Richtlinie den Mitgliedstaaten - im Unterschied zur Achten EG-Richtlinie (Anhang A) - kein zu verwendendes Antragsmuster mit der Rubrik "Unterschrift" vor (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.).

(b) Dem steht auch die Regelung des Art. 2 Abs. 3 der Dreizehnten EG-Richtlinie nicht entgegen. Hiernach können die Mitgliedstaaten die Benennung eines steuerlichen Vertreters verlangen. Diese Regelung spricht jedoch nicht für die Zulässigkeit einer Bevollmächtigtenunterschrift, sondern bedeutet lediglich, dass es den Mitgliedstaaten frei steht, von dieser Möglichkeit durch nationales Recht Gebrauch zu machen oder stattdessen die eigenhändige Unterschrift des antragstellenden Unternehmers zu verlangen (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.). Machen sie von der Ermächtigung - wie die Bundesrepublik Deutschland - keinen Gebrauch und fordern die Eigenhändigkeit der Unterschrift, kann auch nicht von einem Wahlrecht des Unternehmers ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.). Vielmehr ist für Drittlandunternehmen am Erfordernis der Eigenhändigkeit des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG festzuhalten.

cc. Diese Unterscheidung hinsichtlich der Antragsunterzeichnung durch Unternehmen in den Mitgliedstaaten einerseits und solchen in Drittstaaten andererseits ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Unternehmers nicht gegen das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es ist zur Erreichung eines legitimen Zieles geeignet und geht nicht über das erforderliche Maß hinaus (vgl. (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.).

(a) Das Unterschriftserfordernis ist zur Erreichung eines legitimen Zieles geeignet. Nach der Präambel der Dreizehnten EG-Richtlinie sowie Art. 4 Abs. 1 der Dreizehnten EG-Richtlinie müssen bestimmte Formen der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung vermieden werden. Durch die eigenhändige Unterschrift übernimmt der vergütungsberechtigte Unternehmer - wie allgemein bei Steuererklärungen - die Verantwortung für die Richtigkeit der erklärten Tatsachen und eingereichten Belege (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.). Das Erfordernis der Eigenhändigkeit geht mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmers für die erklärten Tatsachen einher und trägt daher zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen bei (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.). Angesichts dessen handelt es sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht um eine bloße Förmlichkeit.

(b) Das Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift ist nicht unverhältnismäßig, denn es gilt nach nationalem Recht nicht ausnahmslos, vielmehr sieht § 150 Abs. 3 Satz 1 AO Ausnahmen hiervon vor, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, a.a.O.).

(2) Soweit die Klägerin die Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes einwendet, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden dürfen (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Januar 2012, C-218/10, ADV Allround, DB 2012, 384). Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verstößt hiergegen nicht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb hierdurch die Vorsteuervergütung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert würde. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Ausnahmeregelung des § 150 Abs. 3 Satz 1 AO für den Fall der Verhinderung des gesetzlichen Vertreters aufgrund Erkrankung oder längerer Abwesenheit.

Der Effektivitätsgrundsatz verbietet nicht schon dem Grunde nach jegliche Formanforderungen eines Antrags. So sehen auch die Achte und Dreizehnte Richtlinie eigene Formerfordernisse des Vorsteuervergütungsantrages vor.

Die Mitgliedstaaten dürfen auch die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Steuerpflichtige seine Verpflichtungen zur Erklärung und Zahlung erfüllt, oder weitere Pflichten vorsehen, die sie für eine genaue Erhebung der Steuer und zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen als erforderlich erachten (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008, C-96/07, Ecotrade, Slg 2008, I-3457, Rn. 65). Diese Maßnahmen dürfen dabei nur nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der dieser Ziele erforderlich ist. Solche Maßnahmen dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie das Recht auf Vorsteuerabzug, das ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist, systematisch in Frage stellen (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008, C-96/07, Ecotrade, Slg 2008, I-3457, Rn. 66).

Diese durch den Effektivitätsgrundsatz gezogenen Grenzen werden durch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift für Unternehmen aus Drittstaaten nicht überschritten. Denn die Eigenhändigkeit der Unterschrift dient der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmers für die erklärten Tatsachen und daher der Vermeidung von Steuerhinterziehungen. Dieses Ziel wird nicht bereits anderweitig im Antrag erreicht, so dass die eigenhändige Unterschrift zur Erreichung dieses Ziels nicht entbehrlich ist. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift stellt den Anspruch auf Vorsteuervergütung auch nicht systematisch in Frage.

(3) Es liegt weiterhin kein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung nach Art. 12 EGV (nunmehr Art. 18 AEUV) vor. Hiernach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Dieses Diskriminierungsverbot setzt voraus, dass ein Angehöriger eines Mitgliedstaats nur aufgrund seiner Staatsangehörigkeit gegenüber den Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats anders behandelt wird. Das Verbot findet somit - wie im Streitfall - keine Anwendung im Falle einer Ungleichbehandlung zwischen Angehörigen der Mitgliedstaaten und Drittstaatsangehörigen (vgl. EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009, C-22/08 und C-23/08, Vatsouras Koupatantze, Slg. 2009, I-4585, Rdnr. 52; BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535).

dd. Schließlich kommt auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

(1) Art. 19 Abs. 3 GG sieht eine Anwendung von Grundrechten nur für inländische juristische Personen vor. Die Grundrechtsberechtigung des Art. 19 Abs. 3 GG erstreckt sich zwar aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) auch auf juristische Personen aus dem EU-Raum, nicht dagegen auf im Drittland ansässige Personen - wie im Streitfall die Klägerin (vgl. BVerfG-Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78; BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535).

(2) Im Übrigen ist Art. 3 Abs. 1 GG nur verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt, also zwischen den Vergleichsgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412; vom 21. Juli 2010, 1 BvR 611/07 u.a., BVerfGE 126, 400; BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535). Das ist nicht der Fall, denn in Bezug auf Unternehmen, die in einem Drittland ansässig sind, sind die Kontrollmöglichkeiten beschränkt, während in Bezug auf die in den Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen deren Verwaltungsbehörden zur Zusammenarbeit, insbesondere auch zur Betrugsbekämpfung, verpflichtet sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. August 2013 - V R 3/11, BStBl II 2014, 46, BFHE 242, 535 unter Verweis auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010, ABlEG Nr. L 268/1 bzw. die VO Nr. 1798/2003 vom 7. Oktober 2003, ABlEG Nr. L 264, jeweils über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer).

ee. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des zu strengen Unterschriften-Erfordernis bei der Vorsteuervergütung für Unternehmen aus Drittstaaten eingeleitet und beschlossen habe, Deutschland insoweit zu verklagen, ist dem entgegenzuhalten, dass die EU-Kommission bislang - soweit ersichtlich - keine Klage beim EuGH eingereicht hat.

In der Sache ist der Senat auch nicht an die Rechtsauffassung der Kommission, die in der - knappen - Pressemitteilung vom 25. September 2014 (IP/14/1038, abrufbar über http://europa.eu/rapid/pressrelease_IP-14-1038_de.htm; Bl. 90 der FG-Akte) zum Ausdruck kommt, gebunden. Dies gilt umso mehr, als die EU-Kommission ihre Rechtsauffassung in der Pressemitteilung auch nicht nachvollziehbar begründet hat.

Ebensowenig vermag der Senat dem Begehren der Klägerin nach einem Ruhen des Verfahrens zu entsprechen. Die laut Pressemitteilung bestehende Klageabsicht der EU-Kommission reicht hierfür nicht aus. Den dem Gericht zugänglichen allgemeinen Quellen sind auch keine Angaben zu einem möglicherweise anstehenden Zeitpunkt hierfür zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund und angesichts dessen, dass die Pressemitteilung vom September 2014 stammt und trotz Ablaufs eines knappen Jahres bislang keine Klage erhoben wurde, sieht sich der Senat nicht an einer Entscheidung gehindert.

ff. Im Streitfall war die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten auch nicht ausnahmsweise nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO zulässig.

Ordnen Steuergesetz an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen erfüllt wären. Dies wurde auch von der Klägerin nicht vorgetragen.

II. Der Klägerin ist im Hinblick auf die versäumte Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO zu gewähren.

1. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO).

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Es mangelt bereits an der Nachholung der versäumten Handlung, da die Klägerin auch nach Ablauf der Antragsfrist für die Vorsteuervergütung keinen von ihrem gesetzlichen Vertreter unterzeichneten Vorsteuervergütungsantrag eingereicht hat.

Darüber hinaus sind sowohl die Monatsfrist gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 AO als auch die Jahresfrist nach § 110 Abs. 3 AO abgelaufen. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dem Ablauf der Jahresfrist nicht das Verhalten des Beklagten entgegen. Es liegt kein behördliches Verhalten vor, das mit höherer Gewalt gleichzusetzen wäre. Eine Fristversäumnis darf dem Betroffenen nämlich dann nicht angelastet werden, wenn er durch arglistiges Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist oder wenn die Fristversäumnis auf das rechts- oder treuwidrige Verhalten der Behörde zurückgeführt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 2011 - I R 37/10, BFH/NV 2011, 1281). Ein solches Verhalten des Beklagten ist im Streitfall nicht gegeben. Er hat keinen mitursächlichen Beitrag zur Einreichung des nicht ordnungsgemäß unterzeichneten Antrags geleistet. Allein der mangelnde Hinweis auf die Unwirksamkeit des eingereichten Antrags binnen einer bestimmten Frist reicht insoweit nicht aus.

III. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Unternehmerbescheinigung vom 6. November 2010 ordnungsgemäß ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten dürfte es sich nicht lediglich um eine Bestätigung der Ertragsbesteuerung im Ansässigkeitsstaat handeln. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf seinen Beschluss vom 11. Februar 2015 (2 V 3334/14, EFG 2015, 868), in dem er sich zu einer US?amerikanischen Unternehmerbescheinigung geäußert hat, die mit der im Streitfall vergleichbar ist. Der vorliegende Streitfall unterscheidet sich lediglich insoweit, als die Anschrift der Klägerin weder aus der Unternehmerbescheinigung selbst noch aus einem Begleitschreiben hierzu ersichtlich ist. Ob dies der Ordnungsgemäßheit der Unternehmerbescheinigung entgegen steht, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich, da der Klage ungeachtet dessen der Erfolg zu versagen ist.

Die Unternehmerbescheinigung vom 11. Juli 2011 betrifft ausdrücklich das Steuerjahr 2010 und deckt folglich nicht den streitigen Vergütungszeitraum Oktober bis Dezember 2009 ab (vgl. hierzu FG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 2 K 1215/10, abrufbar über Juris).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 GKG.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Rechtssache kommt insbesondere keine grundlegende Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.