LG Köln, Urteil vom 21.07.2015 - 21 O 63/15
Fundstelle
openJur 2015, 20282
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

den am 22. Juli 2004 geschlossenen und am 1. Juni 2007 ergänzten Darlehensvertrag Nr. ...#/... in Höhe von EUR 185.000,00 per 7. Oktober 2014 rückabzuwickeln und hierbei vom Restsaldo die von der Beklagten aus den monatlichen Zinsleistungen der Kläger gezogenen Nutzungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Abzug zu bringen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 25% und die Beklagte zu 75%.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages sowie die Feststellung, dass die Beklagte infolge des Widerrufs des Darlehensvertrages durch die Kläger zur Freigabe zweier Grundschulden verpflichtet ist. Die Beklagte ist ein öffentlich rechtliches Kreditinstitut mit Sitz in Köln.

Am 22. Juli 2004 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag mit der Nummer: ...#/... Mit dem Darlehensvertrag verpflichtete sich die Beklagte, den Klägern zeitweise einen Betrag in Höhe von EUR 185.000,00 zur Verfügung zu stellen. Die Kläger verpflichteten sich zur Leistung eines Zinssatzes in Höhe von anfänglich 3,03% pro Jahr. Am 1. Juni 2007 vereinbarten die Parteien eine neue Zinsbindung. Ab dem 30. August 2009 belief sich der monatlich zu leistende Zinssatz auf 4,76% pro Jahr. Als Sicherheit für das Darlehen stellten die Kläger der Beklagten mehrere Grundschulden.

Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsbelehrung, in welcher es unter anderem heißt:

"Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag und die Belehrung (Anlage K1, Blatt 4 des Anlagenheftes) Bezug genommen.

Im Jahr 2014 ließen die Kläger die Widerrufsbelehrung durch die Verbraucherzentrale Hamburg prüfen. Diese teilte ihnen mit, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Hierüber informierten die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 25. März 2014 (Anlage K3, Blatt 8 des Anlagenheftes) und baten die Beklagte um Neuverhandlung ihrer Darlehenskonditionen. Dies lehnte die Beklagte ab. Mit Schreiben vom 11. April 2014 verwies sie darauf, dass die in Frage stehende Widerrufsbelehrung nicht fehlerhaft sei. Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Oktober 2014 (Anlage K6, Blatt 12 des Anlagenheftes) baten die Kläger die Beklagte erneut ihnen mitzuteilen, auf welchen Betrag sich der noch zur Rückzahlung ausstehende Darlehenssaldo derzeit belaufe. Sie verwiesen auf die Rechtsfolgen des Widerrufs und kündigten an, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen, sollte die Beklagte den Widerruf auch weiterhin nicht akzeptieren und eine gütliche Einigung scheitern. Zeitgleich bat die Klägervertreterin um Begleichung ihrer Kostennote vom 3. Oktober 2014. Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Am 16. Januar 2015 beglichen die Kläger die Kostennote ihres Rechtsbeistands.

Die Kläger sind der Auffassung, der Darlehensvertrag sei bereits infolge ihres "Widerrufs" vom 25. März 2014, jedenfalls jedoch infolge des am 7. Oktober 2014 erklärten "Widerrufs" rückabzuwickeln. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, weshalb eine Frist für die Erklärung des Widerrufs nicht in Gang gesetzt worden sei. Im Rahmen der Rückabwicklung sei die Beklagte zur Leistung von Nutzungsersatz auf die von ihnen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verpflichtet.

Sie beantragen,

die Beklagte zu verurteilen,

a) den am 22. Juli 2004 geschlossenen und am 1. Juni 2007 ergänzten Darlehensvertrag Nr. ...#/... in Höhe von EUR 185.000,00 per 25. März 2014 rückabzuwickeln und

b) hierbei vom Restsaldo die von der Beklagten aus den Ratenzahlungen der Kläger gezogenen Nutzungen in Höhe von EUR 10.789,79 in Abzug zu bringen.

c) Festzustellen, dass die Beklagte Zug um Zug gegen Zahlung des nach der Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche verbleibenden Restsaldos verpflichtet ist, die Grundschulden

? in Höhe von EUR 80.000,00 nach III/3 auf T-Straße, ...# C, Grundbuch von D Blatt X;

? in Höhe von EUR 230.000,00 nach III/3 auf T-Straße, ...# C, Grundbuch von D Blatt X;

freizugeben;

ferner, die Beklagte zu verurteilen,

den Klägern ihre nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.199,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2015 zu erstatten.

Hilfsweise beantragen die Kläger,

die Beklagte zu verurteilen,

a) den am 22. Juli 2004 geschlossenen und am 1. Juni 2007 ergänzten Darlehensvertrag Nr. ...#/... in Höhe von EUR 185.000,00 per 7. Oktober 2014 rückabzuwickeln und

b) hierbei vom Restsaldo die von der Beklagten aus den Ratenzahlungen der Kläger gezogenen Nutzungen in Höhe von EUR 10.789,79 in Abzug zu bringen.

c) Festzustellen, dass die Beklagte Zug um Zug gegen Zahlung des nach der Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche verbleibenden Restsaldos verpflichtet ist, die Grundschulden

? in Höhe von EUR 80.000,00 nach III/3 auf T-Straße, ...# C, Grundbuch von D Blatt X;

? in Höhe von EUR 230.000,00 nach III/3 auf T-Straße, ...# C, Grundbuch von D Blatt X;

freizugeben;

ferner, die Beklagte zu verurteilen,

den Klägern ihre nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.199,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2015 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Widerrufsbelehrung sei bereits inhaltlich, jedenfalls aber wegen ihrer Übereinstimmung mit dem Muster der BGB-InfoVO nicht zu beanstanden. Zudem sei ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger verwirkt. Die Beklagte habe berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, dass die Kläger das Darlehen nicht mehr widerrufen würden. So hätten die Kläger bereits dadurch, dass sie die Tilgungsleistungen über einen Zeitraum von 10 Jahren beanstandungsfrei erbracht hätten, einen Vertrauenstatbestand geschaffen, welcher der Ausübung des Widerrufsrechts entgegenstehe. Auch der Abschluss weiterer Darlehensverträge bei der Beklagten nach Vereinbarung des hier streitgegenständlichen Darlehensvertrags habe sie in ihrem Vertrauen bestärkt, die Kläger wollten auch an dem hiesigen Vertrag festhalten. Jedenfalls bei Vereinbarung dieser weiteren Darlehensverträge seien die Kläger auch ordnungsgemäß über ihr Recht zum Widerruf belehrt worden. So hätten sie dieses auch im Hinblick auf den streitgegenständlichen Darlehensvertrag gekannt.

Die Klage ist der Beklagten am 27. Februar 2015 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Soweit die Kläger die Feststellung begehren, die Beklagte sei zur Rückübertragung von Grundschulden verpflichtet, ist die Klage gemäß § 254 ZPO zulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht die Möglichkeit einer Leistungsklage nicht entgegen, da vorliegend schon das Feststellungsurteil zu endgültiger Streitbeilegung führt. Bei einer Klage gegen eine Bank kann der Kläger grundsätzlich davon ausgehen, dass diese bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten wird (vgl. Greger, in: Zöller, 30. Auflage 2014, § 256 Rn. 8). Auch der geltend gemachte Hilfsantrag ist zulässig. Bei der Abhängigkeit vom Erfolg des Hauptantrages handelt es sich um eine ausnahmsweise zulässige innerprozessuale Bedingung (vgl. BGH Urt. v. 3. Juli 2003, ZR 270/01, zit. n. juris, Tz. 17).

II.

1.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gemäß den §§ 355, 357 Abs. 1, 346 a. F. BGB. Der Darlehensvertrag ist vor dem 13.06.2014 geschlossen worden. So finden gemäß Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB die Widerrufsvorschriften in der zum Zeitpunkt des Vertragsschluss geltenden Fassung Anwendung.

a.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Oktober 2010 haben die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages erklärt. Ein Widerruf setzt eine eindeutige Erklärung des Widerrufenden voraus, dass er den Vertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen will (Grüneberg, in Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, Rn. 5). Dabei ist der Widerruf als empfangsbedürftige Erklärung gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie ihn der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben verstehen musste (Grüneberg, in: Palandt, aaO, § 133 Rn. 11). Zwar enthält das Schreiben vom 7. Oktober 2010 nicht ausdrücklich das Wort "Widerruf", es lässt jedoch klar den Willen der Kläger erkennen, nicht mehr länger am Darlehensvertrag festhalten zu wollen, sondern ihn rückabwickeln zu wollen. Dies folgt zum einen daraus, dass die Kläger der Beklagten vorhalten, den bereits erfolgten Widerruf bislang nicht akzeptiert zu haben. Zum anderen lässt auch die Androhung der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages deutlich erkennen, dass die Kläger den Darlehensvertrag nicht mehr länger gegen sich gelten lassen wollen.

Hingegen stellt das Schreiben vom 25.März 2014 keine Widerrufserklärung gemäß § 355 BGB dar. Das Schreiben kann von einem objektiven Empfänger nur so verstanden werden, dass die Kläger an dem Darlehensvertrag jedenfalls grundsätzlich festhalten wollten. Es lässt einen Willen der Kläger, die auf den Abschluss des Darlehensvertag gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gegen sich gelten lassen zu wollen, nicht erkennen. Die Kläger äußern den Wunsch nach einer Modifizierung des Darlehens, verweisen aber zugleich darauf, das Darlehen weiter zu benötigen und es auch zukünftig von der Beklagten in Anspruch nehmen zu wollen. Diese Erklärungen können nur so verstanden werden, dass die Kläger zwar von einer Widerruflichkeit des Darlehens ausgehen, sich die Ausübung des Widerrufs aber derzeit noch vorbehalten.

b.

Die Kläger haben ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Widerrufserklärung auch rechtzeitig widerrufen. Das Recht zum Widerruf ist gemäß § 355 Abs. 4 S. 3 BGB mangels Vorliegens einer wirksamen Widerrufsbelehrung nicht erloschen.

Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Darlehensnehmer nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen kann, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urt. v. 9. Dezember 2009, VIII ZR 219/08, zit. n. juris, Tz. 14 ff.; BGH Urt. v. 28. Juni 2011, XI ZR 349/10, zit. n. juris, Tz. 34).

Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn die Musterbelehrung von dem Verwender in inhaltlicher und gestalterischer Hinsicht vollständig übernommen wird (BGH Urt. v. 18.03.2014, II ZR 109/13, zit. n. juris, Tz. 18). Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Belehrung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Die Darstellung des verbundenen Geschäfts im zweiten Satz des Absatzes "Finanzierte Geschäfte" weicht insoweit von der Musterbelehrung ab, als dort als Voraussetzung genannt wird, dass die Bank sich bei Vorbereitung "und" (statt "oder") Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung des Vertragspartners bedient. Jedenfalls diese Veränderung ist nicht nur eine formale, sprachliche, sondern eine inhaltliche Veränderung von nicht unerheblichem Gewicht, welche für den Darlehensnehmer eine sachliche Einschränkung seines Widerrufsrechts bzw. der - für ihn günstigen - Möglichkeit einer wirtschaftlichen Einheit bedeutet (vgl.OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12, zit. n. juris, Tz. 30 ).

c.

Der Ausübung des Widerrufsrechts steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Verwirkung eines Rechts ist zu bejahen, wenn der Berechtigte sein Recht längere Zeit nicht mehr geltend gemacht hat (Zeitmoment) und sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment), sodass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Grüneberg, in: Palandt, aaO, § 242 Rn. 93, 95). Bei der Beurteilung ob ein Recht verwirkt ist, sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen (OLG Köln Urt. v. 25. Januar 2012, 13 U 30/11, zit. n. Juris Tz. 22). Das Umstandsmoment setzt eine konkrete vertrauensbildende Handlung des Widerrufenden voraus. Dieser muss sich selbst widersprechen, indem er die Bank in Sicherheit wiegt und sie dann doch mit seinem Recht überfällt (vgl. Schellhammer, Schuldrecht, 8. Auflage 2011, Rn. 1223).

Jedenfalls das erforderliche Umstandsmoment ist vorliegend nicht gegeben. Eine vollständige Darlehensrückzahlung war zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht erfolgt. Wenn das Darlehen aber im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht vollständig zurückgezahlt war und damit die Vertragspflichten noch nicht endgültig erfüllt waren, ist für eine Verwirkung regelmäßig kein Raum (vgl. OLG Köln, Beschlüsse vom 21.05.und 05.08.2013, Az. 13 U 219/12, zit. n. juris, Tz. 10). So wird ein schutzwürdiges Vertrauen nicht bereits dadurch begründet, dass der Darlehensnehmer sein Darlehen jahrelang vertragskonform bedient hat. Andernfalls wäre der Darlehensnehmer gewissermaßen gezwungen, sich vertragswidrig zu verhalten. Ebenso wenig vermag die ordnungsgemäße Bedienung weiterer Darlehen ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten zu begründen. Auch die Tatsache, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht aus finanziellen Gründen ausgeübt haben, rechtfertigt die Annahme der Verwirkung nicht. Das Vertrauen der Bank hängt nicht davon ab, aus welchen Gründen die Kläger den Widerruf erklären. Zur Nennung eines Grundes für den Widerruf ist der Darlehensnehmer nicht verpflichtet. Tut er dies dennoch, so geht dies nicht zu seinen Lasten (vgl. Duchstein, in: NJW 2015, 1409, 1411). Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig. Will die Bank die mit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile verhindern, besteht für diese jederzeit die Möglichkeit, die Widerrufsbelehrung zu wiederholen und damit die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Grüneberg, aaO, Rn. 107).

d.

Infolge des wirksamen Widerrufs der Kläger ist der Darlehensvertrag gemäß den §§ 355 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 a.F. BGB rückabzuwickeln. Die jeweils empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren. Dabei ist bei Darlehensverträgen die zurückzugewährende Leistung nicht der empfangene Darlehensbetrag, sondern gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB die Überlassung von Geld auf Zeit (Staudinger/Kaiser, in: Staudinger BGB, Stand 2012, § Rn. 28; Müller-Christman, in: Beck‘ scher OnlineKommentar BGB, Stand 1. November 2014, § 357 Rn. 36). Als Gegenleistung erhält die Bank vom Verbraucher den vereinbarten Vertragszins. Bei der Rückabwicklung des Darlehensvertrags sind diese Leistungen nach §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 a. F. BGB zurückzugewähren.

aa.

Die Kläger sind zur Zahlung der noch ausstehenden Darlehensvaluta verpflichtet. Der Tilgungsanteil der bereits gezahlten Darlehensraten führt dazu, dass die Darlehensvaluta in dieser Höhe bereits zurückgeführt worden ist. Insoweit hat die Bank bereits erhalten, was ihr infolge des Widerrufs zusteht. Nach der Auffassung der Kammer besteht weder ein Anspruch der Bank auf (nochmalige) Rückzahlung der Darlehensvaluta noch ein Anspruch des Darlehensnehmers auf Erstattung seiner Tilgungsleistungen (so auch LG Stuttgart,Urteil vom 9. April 2015, 12 O 293/14, zit. n. juris, Tz. 93). Für eine solche doppelte Rückabwicklung besteht bereits kein überzeugender Grund. § 357 Abs. 1 BGB a.F. ordnet die "entsprechende" Anwendung der Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Darlehensvertrag, anders als bei Verträgen, die nicht den Austausch einer Geldleistung zum Gegenstand haben, eine vollständige Rückgewähr der jeweiligen Leistungen der Vertragsparteien gerade nicht mehr erforderlich ist. Soweit das Darlehen bereits zurückgeführt worden ist, ist der aufgrund des Widerrufs herbeizuführende Zustand bereits eingetreten, die Bank verfügt wieder über die ihrem Vermögen zugeordneten Mittel.

Daneben haben die Kläger Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 BGB zu leisten, da die Rückgabe der Gebrauchsüberlassung der Darlehenssumme nicht möglich ist (Staudinger/Kaiser, in: Staudinger BGB, Stand 2012, § Rn. 289). Bei der Berechnung des Wertersatzes ist gemäß § 346 Abs. 1 S. 2 BGB die vereinbarte Gegenleistung, vorliegend also der vertraglich vereinbarte Zinssatz, zugrunde zu legen. Nur wenn der Darlehensnehmer den Nachweis erbringt, dass der Wert des Gebrauchsvorteils aus dem Darlehen niedriger ist als die vereinbarte Gegenleistung, ist gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 2. Hs. BGB Nutzungsersatz nur in Höhe des marktüblichen Zinssatzes zu leisten (BGH Urt. v. 17. März 2010, XI ZR 6/04, zit. n. juris, Tz. 20; Brandenburgisches Oberlandesgericht Urt. v. 14. Juli 2010, 4 U 141/09, zit. n. juris, Tz. 61). Die Kläger haben indes nicht vorgetragen, dass der marktübliche Zinssatz unter dem vertraglich vereinbarten Zinssatz liegt.

bb.

Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern die geleisteten Zinszahlungen zu erstatten. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Anspruch der Darlehensnehmer auf Rückzahlung der von ihnen gezahlten Zinsen und der Anspruch der Bank auf Wertersatz für die Gebrauchsüberlassung der Darlehenssumme sich in gleicher Höhe gegenüber stehen, sofern die Darlehensnehmer - wie vorliegend - einen geringeren Wert des Gebrauchsvorteils nicht nachgewiesen haben (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 9. April 2015, zit. n. juris, Tz. 94).

Darüber hinaus haben die Kläger einen Anspruch auf Nutzungsersatz. Dabei ist der Nutzungsersatz nicht aus den gesamten Darlehensraten, bestehend aus Zins- und Tilgungsanteil, sondern nur auf die geleisteten Zinszahlungen zu erbringen. Nur insoweit findet eine Rückabwicklung des Darlehensvertrages statt. Zwar wird überwiegend vertreten, dass die Bank im Grundsatz für die klägerseits geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungsersatz zu leisten hat. Diese Annahme trägt jedoch den Besonderheiten der spezifischen Rückabwicklungssituation bei einem Darlehensvertrag nicht ausreichend Rechnung. Es erscheint nicht sachgerecht, dass die Bank für die (möglicherweise) gezogene Kapitalnutzung aus den an sie zurückgeflossenen Tilgungsleistungen Zinsen zahlen muss (vgl. LG C Urt. v. 19. Mai 2015, 3 O 206/14; OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 20.11.2012, Az. 13 U 122/12). Die Darlehensvaluta ist zu keinen Zeitpunkt endgültig und dauerhaft dem Vermögen des Darlehensnehmers zuzuordnen, sondern unabhängig von einem etwaigen Widerruf an die darlehensgebende Bank zurückzuzahlen. Der Widerruf beeinflusst nur den Zeitpunkt der Darlehensrückgewähr.

So würde die Gewährung von Nutzungsersatz auf die Tilgungsleistungen zu einer nicht unerheblichen Besserstellung des Darlehensnehmers im Falle des Widerrufs führen. Eine Besserstellung des Darlehensnehmers durch den Widerruf des Darlehnsvertrages soll aber gerade nicht erfolgen (Kessal-Wulf in, Prütting, BGB, 8. Auflage, § 495 Rn. 11). Die vertraglich vereinbarte Wertproportionalität von Leistung und Gegenleistung soll, wie insbesondere in § 346 Abs. 2 S. 2 BGB zum Ausdruck kommt, auch bei der Rückabwicklung des Schuldverhältnisses Beachtung finden (vgl. H.Schmidt, in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1. Mai 2015, § 346 Rn. 46). Dies ist auch sachgerecht. Die im Falle eines Widerrufs aufgetretene Störung betrifft - anders als beim Vorliegen eines Mangels - nicht auch das ursprüngliche Schuldverhältnis.

Die Beklagte ist gemäß § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger Nutzungsersatz auf die geleisteten Zinsleistungen zu erbringen. Dabei schuldet die Beklagte Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Zwar besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bei Zahlungen an eine Bank grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung, dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH Urt. v. 10.03.2009 , XI ZR 33/08, zit. nach juris, Tz. 29; OLG Köln Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12, zit. nach juris, Tz. 46). Diese Vermutung gilt jedoch jedenfalls dann nicht uneingeschränkt, wenn es sich um einen grundpfandrechtlich abgesicherten Kredit handelt (vgl. BGH Urt. v. 18.02.1992, XI ZR 134/91 zit. nach juris Tz. 14; BGH Urt. v. 19.09.2006, XI ZR 242/05, zit. nach juris, Tz. 14). Grundpfandkredite sind, werden sie zu den üblichen Konditionen abgeschlossen, regelmäßig niedriger zu verzinsen als Verbraucherkredite (vgl. BGH Urt. v. 18. Februar 1992, XI ZR 134, 91, aaO). Zudem sind die Entscheidungen des BGH zur vermuteten Höhe des Nutzungsersatzes in einer Hochzinsphase ergangen und aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus nicht mehr einschlägig. Das allgemeine Zinsniveau ist aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008/09 deutlich gesunken. Dies kommt auch in § 503 Abs. 2 BGB zum Ausdruck, der in Abweichung vom allgemeinen Verzugszinssatz bei Immobiliarkrediten einen Zinssatz von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vorsieht. Dieser Zinssatz ist auch im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu Grunde zu legen. Dass die tatsächlich von ihr gezogenen Nutzungen noch darunter lagen, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

2.

Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Freigabe der Grundschulden auf dem Grundstück T-Straße, ...# C, eingetragen im Grundbuch von D Blatt X, besteht nicht. Gemäß Nr. 22 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht zwar ein Anspruch auf Freigabe, wenn der realisierbare Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag der Forderungen der Sparkasse nicht nur vorübergehend um mehr als 10 v. H. übersteigt. Die Beklagte als Schuldnerin des Rückgewähranspruchs hat aber gemäß § 262 BGB die Wahl, welche Sicherheiten sie freigeben und welche sie zur Befriedigung ihrer Forderung verwenden möchte. Dieses Recht steht in seiner Ausübung allein unter dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, zit. n. Juris, Tz. 39; BGH, Urteil vom 03.07.2002 - IV ZR 227/01, zit. n. Juris, Tz. 13). So haben die Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Freigabe bestimmter Grundschulden, sondern sind verpflichtet, die Freigabe zunächst abstrakt anzufordern.

3.

Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs: 1, Abs. 2, 286 BGB besteht ebenfalls nicht. Die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht in Verzug. Die Kläger erklärten den Widerruf erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Oktober 2014. Zu diesem Zeitpunkt war die Geschäftsgebühr bereits angefallen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 77.200,00 EUR festgesetzt.