LG Köln, Urteil vom 23.04.2015 - 1 S 231/14
Fundstelle
openJur 2015, 20212
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 30.06.2014 - Az. 212 C 24/14 - (Bl. 100 ff. d. A.) wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540, 313a Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die auf § 573a BGB gestützte Kündigung der Kläger vom 27.07.2013 (Anl. K 4, Bl. 38 d. A.) ist unwirksam, der Antrag auf Räumung und Herausgabe der Mietsache daher unbegründet.

Nach § 573a Abs. 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 BGB bedarf. Der Begriff des Gebäudes im Sinne des § 573a BGB bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, nicht nach der Ausweisung im Grundbuch als einheitliches Gebäude. Danach werden Reihenhäuser oder Doppelhaushälften als (selbständige) Gebäude angesehen (BGH, WUM 2010, 513 m. w. Nw.). In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sind u. a. die Bautechnik, insbesondere die Trennung durch eine Brandschutzmauer, sowie das äußere Erscheinungsbild (vgl. BGH, WUM 2008, 682).

Die Kläger sind beweisfällig für das Vorliegen eines Gebäudes i. S. v. § 573a BGB geblieben. Auch nach Beweisaufnahme im Wege des Ortstermins vermochte sich die Kammer von dieser Kündigungsvoraussetzung nicht zu überzeugen.

Gegen die Einordnung als ein Gebäude i. S. v. § 573a BGB spricht das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes, insbesondere die markanten "Längsbalken" auf dem Dach des Hauses, die entlang der Trennwand zwischen den Gebäudeteilen verlaufen und die Haushälften optisch separieren. Hierbei stützt sich die Kammer in erster Linie auf den im Rahmen des Ortstermins gewonnenen persönlichen Eindruck vom äußeren Aspekt der Vor- und Rückseite der Bebauung W-Straße a)/b), ferner auf die bei der Akte befindlichen Bauzeichnungen (Anlage K 9, Bl. 53 f. d. A.) und Fotografien (Anl. B 1, Bl. 69, 74 d. A. sowie Bl. 80 f. d. A.). Zusätzlich bestätigt wird diese Bewertung dadurch, dass die "Längsbalken" dem Feuerschutz dienen, sie also ihrer bautechnischen Funktion nach auf eine Trennung der Gebäudehälften ausgerichtet sind.

Der Umstand, dass der W-Straße a)/b) durch dieselbe schmale Auffahrt erschlossen wird, spricht letztlich weder für noch gegen die Einordnung als ein Gebäude i. S. v. § 573a BGB. Denn diese Art der Erschließung ist, wovon sich die Kammer bei dem Ortstermin überzeugen konnte, dem Umstand geschuldet, dass es sich bei dem W-Straße a)/b) um ein Hinterliegergrundstück handelt. - Zwar mag die gemeinsam genutzte Auffahrt, zumal in ihrer räumlichen Begrenztheit, erhöhtes Kontakt- und Konfliktpotential zwischen den Parteien bergen. Jedoch kommt es bei der Einordnung als Gebäude i. S. v. § 574a BGB aus Gründen der Rechtsklarheit ausdrücklich nicht auf die Frage an, inwiefern die Parteien aufgrund der baulichen Anlage Gelegenheit zum Zusammentreffen haben, insbesondere ob gemeinschaftlich zu nutzende Räume oder Flächen vorhanden sind (vgl. BGH, WUM 2008, 564).

Wohl spricht grundsätzlich für die Einordnung als ein Gebäude i. S. v. § 573a BGB, dass die gebäudetechnischen Einrichtungen für die gemietete Einheit W-Straße a) teilweise - Hauptsicherung, Gaszähler, Wasserzähler, zusammengeführte Abwasserleitung in Richtung Kanal - im Keller des Vogelsanger Wegs b) liegen. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass die Verkehrsauffassung diesem Umstand, der nicht nach außen hervortritt, eine gegenüber dem äußeren Eindruck von zwei getrennten Gebäuden überwiegende Bedeutung beimessen sollte.

Die Verkehrsanschauung eines Gebäudes i. S. v. § 573a BGB ergibt sich schließlich auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass lediglich ein Regenfallrohr vorhanden ist. Es ist gerichtsbekannt, dass dies gerade auch bei - unstreitig - als selbständiges Gebäude einzuordnenden Doppelhaushälften häufig der Fall ist. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Dachpfannen in Reihen durchlaufen und ein gemeinsamer Schornstein vorhanden ist.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Kläger vom 16.03.2015 lag vor, gab jedoch keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung. Auch wenn man unterstellt, dass die Kamine für beide Gebäudeeinheiten im Bereich der vermieteten Wohneinheit W-Straße a) liegen, wie die Kläger unter Verweis auf einen Grundriss (Anlage zum Bauantrag) behaupten, bliebe es dabei, dass eine Verkehrsauffassung eines Gebäudes i. S. v. § 573a BGB nicht feststellbar wäre.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Vielmehr handelt es sich um eine wertende Einzelfallentscheidung anhand eines konkreten, im Wege des Ortstermins aufgeklärten Sachverhalts.

V.

Streitwert für beide Instanzen: 14.400,00 EUR

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