LAG Köln, Urteil vom 06.09.2001 - 10 Sa 407/01
Fundstelle
openJur 2011, 14761
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 Ca 2744/00
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.02.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn - 3 Ca 2744/00 - wird kosten-pflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Der Sach- und Streitstand ist aus dem angefochtenen Urteil, den beiderseitigen Schriftsätzen im Berufungsverfahren, den eingereichten Unterlagen und den Sitzungsprotokollen ersichtlich.

Die Berufung des Klägers, mit der er seine sog. Konkurrentenklage weiterverfolgt, ist zulässig, denn sie ist nach dem Beschwerdewert statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klage sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet ist. Das Berufungsgericht nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe der Vorinstanz Bezug, denn es kommt auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu übereinstimmenden Feststellungen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ergeben sich folgende Ergänzungen:

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Dienstposten durch Versetzung eines bereits nach Besoldungsgruppe A 16 besoldeten Oberst i. G. besetzt und der Bewerbung des Klägers, bei dem es sich um einen nach Vergütungsgruppe I a BAT vergüteten Angestellten handelt, nicht entsprochen hat. Bei der Versetzung handelt es sich vorrangig um eine Organisationsentscheidung, so dass schon aus diesem Grunde die vom Kläger vertretene Auffassung nicht zutrifft, die Beklagte habe sich allein am Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren. Soweit der Kläger geltend macht, bei der Frage der Konkurrenz zwischen Versetzungs- und Beförderungsbewerbern habe sich das Arbeitsgericht zu Unrecht auf die Entscheidung des OVG Münster (Beschluss vom 26.04.1991 - 6 B 744/91 - NWVBL 1992, S. 24) berufen, weil sich diese Entscheidung auf eine andere Fallgestaltung beziehe, ist dies zwar insofern richtig, als sich in dem vom OVG entschiedenen Fall ein Versetzungsbewerber im Verhältnis zu einem Beförderungsbewerber auf das Prinzip der Bestenauslese berufen hatte, während sich im vorliegenden Fall der Kläger als Beförderungsbewerber auf die Bestenauslese stützt. Das OVG Münster hatte entschieden, dass das dem Dienstherrn zustehende Ermessen, über eine Versetzung nach den organisatorischen Erfordernissen des Personaleinsatzes zu entscheiden, nicht dadurch im Sinne einer Verpflichtung zur Bestenauslese eingeschränkt ist, dass andere Bewerber bei einem Erfolg ihrer Bewerbung befördert würden. Dies gilt nach der Entscheidung des OVG Münster selbst dann, wenn der Dienstherr die Stelle ausgeschrieben hat und sich neben Versetzungsbewerbern auch Beförderungsbewerber für die Stelle gemeldet haben. Die zitierte Entscheidung bringt jedoch nur den Grundsatz zum Ausdruck, dass der Dienstherr aus der ihm zustehenden Organisationsfreiheit auch ohne Bindung an das Prinzip der Bestenauslese sich für die Versetzung entscheiden kann, wenn ein Versetzungsbewerber mit einem Beförderungsbewerber konkurriert. Ob der Dienstherr der Versetzung stattgibt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen nach Maßgabe der insoweit vorrangigen organisatorischen Belange des Personaleinsatzes (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.01.1999 - B 3 S 412/98 -, DRiZ S. 57, 58 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die Beklagte bei ihrer Entscheidung, den Oberst N. auf den vakanten Posten eines Referatsleiters für Öffentlichkeitsarbeit im Verteidigungsministerium zu versetzen, von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen. Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass die Beklagte den vakanten Dienstposten zur Weiterentwicklung (Rotation) von Soldaten für höherwertige Aufgaben nutzt.

Bei dem grundsätzlich nur personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen bei Versetzungen kann sich der Dienstherr zwar zugleich selbst dahingehend binden, dass die Stellenbesetzung ausschließlich nach Leistungsgrundsätzen (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) erfolgt. Ob von einer solchen Selbstbindung schon dann auszugehen ist, wenn die Stelle ausgeschrieben wird oder ob einer Stellenausschreibung in der Hinsicht generell keine Bedeutung zukommt, ist in der Rechtsprechung umstritten (offen gelassen: BVerwG, Beschluss vom 26.01.1994, BVerwGE 95, 73), bedarf hier aber keiner Entscheidung. Im Streitfall erfolgte keine Ausschreibung. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte ihr Ermessen im Konkurrenzverhältnis zwischen Versetzungs- und Beförderungsbewerber anderweitig dahingehend gebunden hätte, allein nach Beförderungsgrundsätzen zu entscheiden.

Unabhängig von der Frage des Konkurrenzverhältnisses zwischen Versetzungs- und Beförderungsbewerbern ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden, die vakante Stelle entsprechend ihrem Erlass vom 13.12.1976 (Bl. 25 bis 27 d. A.) in erster Linie mit einem Offizier zu besetzen, weil es sich nach dem Organisations- und Stellenplan für das Bundesministerium der Verteidigung nicht um einen "zivilen", sondern um einen "militärischen" Dienstposten handelt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht unter Hinweis auf die besondere Stellung der Streitkräfte, wie sie sich aus dem Grundgesetz (Art. 65 a, 87 a, 87 b) und aus dem Soldatengesetz ergibt, die Beklagte für berechtigt gehalten, kraft ihrer Organisationshoheit für den Bereich der Stellen des Bundesministeriums für Verteidigung nach dem Organisations- und Stellenplan Stellen als militärische Dienstposten vorzusehen mit der nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoßenden Folge, dass diese Posten vorrangig mit Soldaten zu besetzen sind. Die Besetzung derartiger Stellen durch Beamte oder Arbeitnehmer ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, kommt aber nach dem sog. Wechselstellen-Erlass vom 13.12.1976 nur dann in Betracht, wenn die fachgerechte Besetzung mit Soldaten im Einzelfall nicht möglich ist, während umgekehrt die Inanspruchnahme von Haushaltsstellen für Angestellte und Arbeiter zur Besetzung mit Soldaten in keinem Fall möglich ist (Ziff. 1 Abs. 2 des Erlasses).

Die Zuordnung des Dienstpostens Referatsleiter "Öffentlichkeitsarbeit" zu den militärischen Planstellen, ist nicht sachfremd. Die Öffentlichkeitsarbeit für die Streitkräfte und der Zusammenhang mit der Nachwuchswerbung für die Streitkräfte sowie das Steuern der Öffentlichkeitsarbeit der nachgeordneten, auch militärischen Dienststellen, der Jugendoffiziere und Stabsoffiziere lassen es gerechtfertigt erscheinen, die Leitung dieses Referats im Verteidigungsministerium einem Stabsoffizier vorzubehalten, wenn ein qualifizierter Offizier zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass der Dienstposten zur Weiterentwicklung (Rotation) von Soldaten für höherwertige Aufgaben genutzt werden soll.

Die Klage ist aber auch dann unbegründet, wenn ausschließlich auf die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen nach Art. 33 Abs. 2 GG abgestellt wird. Die Hilfsbegründung der Beklagten, der Kläger sei nach den Kriterien der Bestenauslese keineswegs qualifizierter als der ausgewählte Offizier, sondern als weniger qualifiziert anzusehen, ist nicht zu beanstanden. Der ausgewählte Bewerber Oberst i. G. N erhielt bereits in seiner vorletzten Beurteilung, als er noch als Oberstleutnant nach Besoldungsgruppe A 15 besoldet wurde, die mit der Vergütungsgruppe I a BAT des Klägers vergleichbar ist, von 15 Bewertungskriterien elfmal die beste Note "1" und viermal die zweitbeste Note "2". In seiner letzen Beurteilung vom 26.07.1999 erhielt N als Oberst der Besoldungsgruppe A 16 von 15 Bewertungskriterien auf den inzwischen siebenstufigen Notenskala im Schnitt die zweitbeste Benotung "Leistungen übertreffen sehr deutlich die Anforderungen." Zwar hat auch der Kläger in seiner letzten Beurteilung die zweitbeste Benotung "übertrifft die Anforderungen deutlich" erhalten. Die Beklagte weist jedoch zutreffend darauf hin, dass bei einer höheren Vergütungs- bzw. Besoldungsgruppe strengere Maßstäbe angelegt werden. Selbst wenn dies aber unberücksichtigt bliebe, spricht die größere Verwendungsbreite und Erfahrung für den Kandidaten N. N qualifizierte sich durch seine Vorverwendungen als Public Information Officer bei der N von Juli 1997 bis März 2000 und durch seine vorangegangene Tätigkeit als Sprecher der Streitkräfte im Pr-/InfoStab im Bundesministerium der Verteidigung von Juli 1995 bis Juni 1997 sowie durch weitere Verwendungen im Ministerium und in nachgeordneten Bereichen. Demgegenüber war der Kläger seit seinem Eintritt in die Bundeswehrverwaltung im November 1989 ausschließlich im Pr/InfoStab zunächst als Referent für Öffentlichkeitsarbeit zu Fragen der Sicherheitspolitik und seit Dezember 1992 als Leiter des Besucherdienstes eingesetzt.

Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Neubescheidung ist unbegründet. Der dem § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO nachgebildete Antrag verkennt, dass anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im bürgerlich/rechtlichen Rechtsstreit eine "Neubescheidung" nicht Prozessziel sein kann. Der Antrag ist dahingehend auszulegen, dass die Beklagte zu einer Neuauswahl unter den Bewerbern verpflichtet werden soll (BAG, Urteil vom 22.06.1999 - 9 AZR 541/98 - I c, bb der Gründe). Die Beklagte hat der Bewerbung des Klägers aus den bereits ausgeführten zutreffenden Gründen nicht entsprochen. Daran ändert auch nichts die vom Kläger behauptete Ausschreibungspflicht, die tatsächlich nicht besteht. Die Entscheidung darüber, ob freie Soldatenstellen auszuschreiben sind oder nicht, trifft der Bundesminister für Verteidigung im Rahmen der ihm zustehenden Organisationsgewalt nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten (BVerwG, Urteil vom 23.04.1992 - 1 WB 132/91 -). Es besteht auch keine Selbstbindung der Behörde zur Ausschreibung. Die als "militärische" Dienstposten ausgewiesenen Stellen wurden auch in der Vergangenheit nicht ausgeschrieben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlicher Grund. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.

(Schroeder) (Hilbert-Hesse) (Hilger)

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