FG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2015 - 10 K 4479/11 F
Fundstelle
openJur 2015, 19715
  • Rkr:
Tenor

Unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 bis 2007 vom 10.12.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2011 werden die Einkünfte der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit auf 552.423,52 € (2004), 789.701,42 € (2005), 757.606,74 € (2006) und 736.526,41 € (2007) und die Einkünfte des Klägers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit auf 127.824,65 € (2004), 183.165,31 € (2005), 163.982,71 € (2006) und 160.476,71 € (2007) festgestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 8 % und der Beklagte zu 92 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zu entscheiden ist, in welcher Höhe Kürzungen nach § 4 Abs. 4a EStG in den Streitjahren 2004 bis 2007 vorzunehmen sind.

Die Klägerin zu 1) ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis. Der Kläger zu 2) ist der Gesellschaft im Jahr 1988 beigetreten.

Den Kaufpreis i.H.v. 1,2 Millionen DM (entspricht 613.550,26 €) für den Gesellschaftsanteil finanzierte der Kläger zu 2) in voller Höhe durch Aufnahme eines Darlehens bei der A Bank (auch Hauptdarlehen genannt). Das Darlehen, das anfangs unter der Kto.-Nr. 1 und später unter der Kto.-Nr. 2 geführt wurde, war als endfälliges Darlehen mit einem Zinssatz von 6,35 % pro Jahr ausgestaltet, so dass sich eine jährliche Zinsbelastung von 76.200 DM (38.960,44 €) ergab. Daneben wurde eine Lebensversicherung als Tilgungsersatz angespart, die i.H.v. 591.821,08 € zur Auszahlung kam und am 02.02.2004 zur Tilgung des vorgenannten Darlehens verwendet wurde. Es verblieb danach noch eine Restschuld von 21.729,18 €.

Schon seit mindestens 1993 war der Kläger zu 2) nach eigenen Angaben aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht mehr in der Lage gewesen, die Gesellschaftsanteil des o.g. Darlehens vollständig zu begleichen. Anfang 2001 wurde von der A Bank unter der Nr. 3 ein weiteres Darlehenskonto eingerichtet (im Folgenden auch "Zinsdarlehen" genannt), dessen Auszahlungsbeträge ausschließlich dazu verwendet wurden, die Zinsen für das Hauptdarlehen zu bezahlen. Der Saldo wuchs monatlich kontinuierlich an und betrug am 11.02.2004 115.323 €. An diesem Tag wurde das Zinsdarlehen mit dem Hauptdarlehen unter dessen Kontonummer zusammengeführt, wobei sich eine Gesamtrestschuld von (21.729,18 + 115.323,00 € =) 137.052,18 € ergab.

Der Kläger zu 2) hatte darüber hinaus im Jahr 2001 ein Darlehen bei der B Bank über 425.000 DM (217.299,05 €) aufgenommen. Das Darlehen wurde bis 2006 unter der Nr. 4 und ab 2007 unter der Nr. 5 geführt. In dem Darlehensvertrag vom 14./19.12.2001 war Folgendes vermerkt: "Die Darlehensauszahlung erfolgt durch Ablösung der unter den Konten 6 und 7 (Kontoinhaber: ...) bestehenden Kreditinanspruchnahmen von insgesamt 425.000,--". Das abgelöste Darlehen mit der Ziffer 6 belief sich auf 25.000 DM und das abgelöste Darlehen mit der Ziffer 7 auf 400.000 DM.

Die Darlehensstände entwickelten sich wie folgt (jeweils Stand 31.12. in Euro):

2004 2005 2006 2007

A Bank 131.745,23 121.558,11 110.564,13 98.697,86

B Bank 217.299,05 217.299,05 217.299,05 179.137,08

Schuldzinsen fielen wie folgt an (in Euro):

2004 2005 2006 2007

A Bank 3 838,70

A Bank 2 11.644,66 9.721,48 8.914,62 8.042,33

B Bank 14.667,72 11.126,61 12.154,14 14.165,66

Summe 27.151,08 20.848,08 21.068,76 22.207,99

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen übernahm der Beklagte in den Streitjahren zunächst die von der Klägerin zu 1) erklärten Werte, wobei alle Bescheide unter dem Vorhalt der Nachprüfung ergingen. Am 13.11.2008 wurde eine Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2007 angeordnet, welche mit Bericht vom 06.10.2009 abgeschlossen wurde. Der Prüfer vertrat u.a. die Auffassung, dass im Hinblick auf die auf den Kläger entfallenden Schuldzinsen Hinzurechnungen zum Gewinn nach § 4 Abs. 4a EStG i.H.v. 4.503 € (2004), 3.170 € (2005), 4.370 € (2006) und 5.992 € (2007) vorzunehmen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tz. 2.3 des Bp-Berichts nebst den Anlagen 2 bis 5 Bezug genommen.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergingen für die Streitjahre 2004 bis 2007 am 10.12.2009 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheide. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Mit Schreiben vom 23.12.2009 legte die Klägerin zu 1) Einspruch ein und beantragte, in Bezug auf den Kläger zu 2) nur Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a EStG i.H.v. 444 € (2004), 282 € (2005), 1.107 € (2006) und 2.269 € (2007) vorzunehmen. Die auf das Zinsdarlehen bei der A Bank und das Darlehen bei der B Bank entfallenden Zinsen würden mit der Finanzierung der Gesellschaftsanteile in Finanzierungszusammenhang stehen und seien deshalb gem. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG in voller Höhe abzugsfähig. Für den Finanzierungszusammenhang mache es letztlich keinen Unterschied, ob die Zinsen unmittelbar für das Investitionsdarlehen anfallen würden oder für ein Darlehen, mit dem die Zinsen des Investitionsdarlehens bezahlt worden seien.

Mit Schreiben vom 20.09.2011 zog der Beklagte den Kläger zu 2) zum Einspruchsverfahren hinzu und drohte zugleich eine Verböserung an. Und zwar vertrat er die Auffassung, dass ausschließlich die Zinsen, die auf die Restschuld des Hauptdarlehens (21.729,18 € am 02.02.2004) entfielen, als Zinsen für Investitionsdarlehen anzuerkennen seien, so dass die Hinzurechnungsbeträge i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG auf 8.689 € (2004), 8.716 € (2005). 9.248 € (2006) und 9.992 € (2007) zu erhöhen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf das Schreiben des Beklagten vom 07.10.2011 Bezug genommen.

Die Gesellschaft hielt ihren Einspruch aufrecht. Der Beklagte wies den Einspruch sodann mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 22.11.2011 als unbegründet zurück und änderte die Feststellungsbescheide der Jahre 2004 bis 2007 entsprechend der angedrohten Verböserung.

Gegen die Feststellungsbescheide 2004 bis 2007 haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch der Kläger zu 2) gemeinsam Klage erhoben.

Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2015 dahingehend tatsächlich verständigt,

1. dass das Darlehen mit der Nr. 6 bei der B Bank AG über 25.000 DM nicht der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens diente,

2. dass ein Teilbetrag von 21.729,18 Euro des Schuldsaldos am 11.02.2004 von 137.052,18 € des Darlehens mit der Nr. 2 bei der A Bank AG unmittelbar der Finanzierung von Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gedient hat,

3. dass der restliche Schuldsaldo des unter 2. genannten Darlehens sowie das unter der Nr. 5 bei der B Bank AG geführte Darlehen über 217.299,05 € der Finanzierung von Zinsen eines nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG unschädlichen Investitionsdarlehens dienten

4. und dass sich deshalb die nach § 4 Abs. 4a Sätze 1 bis 5 EStG nicht abziehbaren Zinsen bei Anwendung dieser Vorschrift auf die unter 3. genannten Darlehen bzw. Darlehensteile auf 8.689 € für 2004, 8.716 € für 2005, 9.248 € für 2006 und 9.992 € für 2007 belaufen, sofern § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG auf diese Beträge keine Anwendung findet, hingegen auf 1.316,28 € für 2004, 932,03 € für 2005, 2.045,61 € für 2006 und 3.407,49 € für 2007, sofern § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG auf diese Beträge Anwendung findet. Für diesen Fall sind die Einkünfte der Klägerin zu 1) und die Gewinnanteile des Klägers zu 2) nach übereinstimmender Betrachtung der Beteiligten auf die im Schriftsatz vom 27.05.2015 aufgeführten Beträge festzustellen.

Die Kläger tragen zum Sachverhalt Folgendes vor:

Schon seit mindestens 1993 sei der Kläger zu 2) nicht in der Lage gewesen, die Zinsen für das Hauptdarlehen bei der A Bank aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die A Bank sei damals nicht bereit gewesen, die Darlehenskonditionen anzupassen oder die Darlehenssumme um die Darlehenszinsen weiter zu erhöhen. Vielmehr habe die A Bank darauf gedrängt, dass die fälligen Schuldzinsen durch den Aufbau weiterer Darlehen finanziert würden. Hierbei sei die B Bank als Hausbank der Gemeinschaftspraxis mit einbezogen worden. Die Zahlung der Zinsen sei deshalb bis August 2000 über das Darlehenskonto 7 bei der B Bank abgewickelt worden. Schuldnerin des vorgenannten Darlehens sei zwar offiziell die Klägerin zu 1) gewesen, jedoch sei das Darlehen dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu 2) zugeordnet worden. Die betriebliche Veranlassung des Darlehens sei im Rahmen mehrerer Betriebsprüfungen geprüft und bestätigt worden. Ab September 2000 seien keine Zinszahlungen mehr erfolgt. Die nicht gezahlten Zinsen seien von der A Bank zunächst auf dem Konto des Hauptdarlehens verbucht worden. Im Februar 2001 sei sodann das gesonderte Zinsstundungskonto (Konto Nr. 3) eröffnet worden und der Saldo der aufgelaufenen Zinsen i.H.v. 39.879,09 € hierher überwiesen worden. Von diesem Konto seien sodann auch die weiteren laufenden Zinsen bezahlt worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu den diesbezüglichen Vorgängen wird auf die Ausführungen der Kläger im Schriftsatz vom 27.05.2015 Bezug genommen.

Die Rechtslage verhalte sich aus ihrer - der Kläger - Sicht wie folgt:

Zur Qualifikation der Darlehensmittel als Investitionsdarlehen im Sinne von § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG müsse ein Finanzierungszusammenhang zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bestehen. Auch der Erwerb eines Mitunternehmeranteils sei begünstigt. Ein Finanzierungszusammenhang liege vor, wenn eine konkrete unmittelbare Verbindung zwischen der Darlehensvaluta und dem Erwerb des Anlagevermögens hergestellt werden könne. Ausweislich des Urteils des FG Rheinland-Pfalz vom 02.04.2008 - 3 K 2153/05 (EFG 2008, 1270) komme es allein darauf an, ob der erforderliche Zusammenhang noch erkennbar sei. Ein solcher Finanzierungzusammenhang liege hier vor. Es stehe unstreitig fest, dass das Hauptdarlehen zur Finanzierung des Praxisanteils gedient habe. Die hierdurch verursachten Zinseszinsen würden in unmittelbarem und direktem Zusammenhang mit der Finanzierung des Praxisanteils stehen.

Wäre das ursprünglich aufgenommene Darlehen geändert und die Höhe der Zins- bzw. Tilgungsraten entsprechend angepasst worden, dann wären weiterhin alle für dieses Darlehen entstandenen Schuldzinsen Zinsen für Investitionsdarlehen. Eine entsprechende Änderung sei damals von der An Bank abgelehnt worden. Es könne aber wirtschaftlich keinen Unterschied machen, ob die Zinseszinsen auf dem ursprünglichen Konto gebucht würden oder ein weiteres Konto zur Finanzierung der Zinseszinsen eröffnet werde. Selbst wenn die ursprüngliche Finanzierungsgestaltung so ausgesehen hätte, dass die Zinsen von Anfang an gestundet worden seien und damit das Darlehen erhöht hätten, würden die Zinseszinsen unter § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG fallen.

Eine andere Auslegung von § 4 Abs. 4a EStG verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, das Leistungsfähigkeitsprinzip und die Finanzierungsfreiheit. Hinsichtlich der Einzelheiten der diesbezüglichen Argumentation der Kläger wird auf die Klageschrift vom 22.12.2011 Bezug genommen.

Zu beachten sei zudem, dass § 4 Abs. 4a EStG eine systemwidrige Durchbrechung des Steuersystems darstelle, d.h. selbst eine Ausnahmevorschrift sei. Satz 5 der Vorschrift stelle den Grundsatz, dass Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig seien, wieder her. Als Rückausnahme der Ausnahme sei verfassungsrechtlich mithin eine "weite" Auslegung geboten.

Die bislang vorgenommenen Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a EStG seien wie folgt zu korrigieren (Werte in Euro):

2004

2005

2006

2007

Gewinn der Gesellschaft lt. EE

559.796,52

797.485,42

764.808,74

743.111,41

./. Hinzurechnungen lt. EE

-8.689,00

-8.716,00

-9.248,00

-9.992,00

'+ Hinzurechnungen lt.

Schriftsatz vom 27.05.2015

1.316,00

932,00

2.046,00

3.407,00

Gewinn der Gesellschaft neu

552.423,52

789.701,42

757.606,74

736.526,41

Einkünfte des Kl. zu 2) lt. EE

135.197,65

190.949,31

171.184,71

167.061,71

./. Hinzurechnungen lt. EE

-8.689,00

-8.716,00

-9.2.48,00

-9.992,00

'+ Hinzurechnungen lt.

Schriftsatz vom 27.05.2015

1.316,00

932,00

2.046,00

3.407,00

Einkünfte neu

127.824,65

183.165,31

163.982,71

160.476,71

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 bis 2007 vom 10.12.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2011

die Einkünfte der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit auf 552.423,52 € (2004), 789.701,42 € (2005), 757.606,74 € (2006) und 736.526,41 € (2007) festzustellen

sowie die Einkünfte des Klägers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit auf 127.824,65 € (2004), 183.165,31 € (2005), 163.982,71 € (2006) und 160.476,71 € (2007) festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, dass die in der Einspruchsentscheidung angesetzten Hinzurechnungsbeträge zutreffend seien.

Aus dem Sinngehalt des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG und seinem Charakter als Ausnahmevorschrift, der einer "weiten" Auslegung entgegenstehe, ergebe sich als Voraussetzung für einen Betriebsausgabenabzug, dass mithilfe der Darlehen, für die die geltend gemachten Schuldzinsen angefallen seien, tatsächlich begünstigte Investitionen, nämlich die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, getätigt worden seien. Somit sei für das Vorliegen dieser Ausnahmevorschrift die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel für nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG privilegierte Investitionen entscheidend (Verweis auf FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.04.2008 - 3 K 2153/05, EFG 2008, 1270). Die gegenteilige Auffassung der Kläger, dass die gesetzessystematische Stellung des § 4 Abs. 4a EStG für eine weite Auslegung des Satzes 5 dieser Vorschrift spreche, werde seitens des Finanzamts nicht geteilt.

Im Streitfall hätten die "neuen" Darlehen der Finanzierung von gestundeten Schuldzinsen aus dem ursprünglichen Investitionsdarlehen gedient. Es fehle daher an einem unmittelbaren Finanzierungzusammenhang zu einem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Vielmehr würden die in Rede stehenden Schuldzinsen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit laufenden (sofort abzugsfähigen) Betriebsausgaben (Schuldzinsen) stehen. Sie würden daher von der Begünstigungsvorschrift des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG nicht erfasst.

Die Einlassung der Kläger, wonach der Sachverhalt anders zu beurteilen wäre, wenn das ursprüngliche Darlehen geändert und die Höhe der Zins- und Tilgungsraten angepasst worden wäre, führe zu keiner anderen Beurteilung, denn es sei nur der tatsächlich verwirklichte, nicht aber ein hypothetischer Sachverhalt zu beurteilen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Feststellungsbescheide 2004 bis 2007 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a EStG sind nur in dem von den Klägern beantragten Umfang vorzunehmen.

Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen. Von der Abzugsbeschränkung sind Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgenommen (§ 4 Abs. 4a Satz 5 EStG).

Der Schuldzinsenabzug ist zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit eine betriebliche oder private Schuld ist. Dann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 27.10.2011 - III R 60/09, BFH/NV 2012, 576 m.w.N.). Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für private Schuldzinsen vor, so dass eine Aufteilung in einen betrieblichen und einen privaten Zinsaufwand ausscheidet. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Unstreitig ist auch, dass und in welchem Umfang die streitgegenständlichen Darlehen zur Begleichung der Zinsen des Hauptdarlehens verwendet worden sind. Die Beteiligten haben sich insoweit tatsächlich verständigt.

Zwischen den Beteiligten besteht vielmehr ausschließlich darüber Streit, ob die streitbefangenen Schuldzinsen dem Grunde nach der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG unterliegen.

Der Senat beantwortet die Streitfrage dahingehend, dass die vorgenannten Schuldzinsen unter § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG fallen und deshalb unbeschränkt abzugsfähig sind.

§ 4 Abs. 4a EStG begrenzt den Schuldzinsenabzug. Ohne nachteilige Folgen für den betrieblichen Schuldzinsenabzug soll der Unternehmer nicht mehr die gesamten Betriebseinnahmen, sondern lediglich den im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn sowie die geleisteten Einlagen entnehmen können. Von diesem Grundsatz sieht der Gesetzgeber nur in § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG eine Ausnahme vor und nimmt Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von der Abzugsbeschränkung aus.

Dass § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG auf Darlehen, mit denen Umlaufvermögen finanziert wurde, nicht entsprechend anwendbar ist, hat der BFH bereits ausdrücklich entschieden. Für eine Gleichbehandlung des Umlaufvermögens mit dem Anlagevermögen bestehe kein Anlass, da Umlaufvermögen zum alsbaldigen Absatz bestimmt sei und bei späteren Käufen häufig von Lieferanten Zahlungsziele eingeräumt würden (vgl. BFH, Urteil vom 30.08.2012 - IV R 48/09, BFH/NV 2013, 187 m.w.N.).

Nicht begünstigt sind zudem - jedenfalls in der Regel - Schuldzinsen für Darlehen, mit denen in Zusammenhang mit bereits vorhandenem Anlagevermögen stehende Aufwendungen oder laufende Betriebsausgaben finanziert wurden. Auch diese Schuldzinsen sind, sofern Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG vorliegen, grundsätzlich nur beschränkt abziehbar. Hierauf stützt der Beklagte seine Argumentation, denn letztlich wurden mit den streitbefangenen Darlehensteilen Schuldzinsen - d.h. laufende Betriebsausgaben - finanziert.

Der Gesetzeszweck gebietet für gewisse Fälle jedoch eine erweiterte Auslegung. Dabei ist der im Gesetzestext verwendete Begriff "Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten" durchaus der Auslegung fähig. Denn er lässt z.B. nicht erkennen, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen sich die Darlehensvaluta aufgrund von Zinsen, die auf nicht fristgerecht beglichene Zins- und Tilgungsraten entfallen, erhöht. In diesem Fall wäre der Finanzierungszusammenhang zum Anlagevermögen so deutlich und unmittelbar, dass das gesamte Darlehen einschließlich des zinsbedingten Erhöhungsbetrags als begünstigtes Darlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG angesehen werden müsste. Nur eine solche Auslegung entspräche dem Willen des Gesetzgebers, wonach anstehende betriebliche Investitionen in das Anlagevermögen durch die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nicht erschwert werden sollen (vgl. BFH, Urteil vom 23.03.2011 - X R 28/09, BFHE 233, 404, BStBl II 2011, 753), zumal eine gegenteilige Auslegung gerade im Falle monatlich neu anwachsender Zinsen auch erhebliche Aufteilungsprobleme mit sich bringen würde.

Im Streitfall verhält es sich letztlich ähnlich. Zwar entfallen die streitbefangenen Schuldzinsen nicht unmittelbar auf das ursprünglich zwecks Finanzierung des Mitunternehmeranteils aufgenommene Hauptdarlehen. Sie stehen jedoch in einem hinreichend engen und deutlich erkennbaren Zusammenhang mit der Anschaffung eines von § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG begünstigten Wirtschaftsguts, da feststeht, dass die zugehörigen Darlehensmittel ausschließlich dazu verwendet wurden, Zinszahlungen auf das Hauptdarlehen zu finanzieren. Ein derart konkreter Zusammenhang reicht nach der Auffassung des Senats aus.

Die Höhe der vorzunehmenden Hinzurechnungen sowie der festzustellenden Einkünfte ergeben sich aus dem Schriftsatz der Kläger vom 27.05.2015. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass die dort genannten Beträge zutreffend sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Insoweit war zu berücksichtigten, dass die Kläger ursprünglich davon ausgegangen sind, dass die auf das Darlehen bei der B Bank entfallenden Zinsen in vollem Umfang steuerbegünstigt seien. Mit Schriftsatz vom 27.05.2015 haben die Kläger jedoch eingeräumt, dass 5,89 % der vorgenannten Zinsen als schädlich i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG anzusehen seien und ihren Klageantrag entsprechend angepasst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zwecks Fortbildung des Rechts zugelassen.