OLG Naumburg, Urteil vom 23.04.2015 - 1 U 94/14
Fundstelle
openJur 2015, 22636
  • Rkr:

1. Vergütungsansprüche des mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 des § 73 I HOAI a.F. beauftragten Ingenieurs können sich auch aus einer Bauzeitverlängerung ergeben. Sieht der Vertrag solche Ansprüche vor, muss zwischen dem Auftraggeber und dem Ingenieur keine ausdrückliche und bestimmte Bauzeit vereinbart worden sein. Es genügt, dass sich der für die planmäßige Durchführung des Bauvorhabens notwendige Zeitraum aus den Umständen, insbesondere einem Bauablaufplan ergibt und tatsächlich überschritten wurde.

2. Zu erstattende Mehraufwendungen sind solche Ausgaben, die der Auftragnehmer für die geschuldete Leistung hatte und die er ohne die Bauzeitverzögerung nicht hätte aufbringen müssen. Ihre schlüssige Darlegung erfordert den Vergleich zweier Ausgabenlagen auch dann, wenn der Anspruch auf vertraglicher Grundlage und nicht in Form des Schadensersatzes geltend gemacht wird.

3. Davon zu unterscheiden ist die zugesagte Vergütung für Mehraufwendungen, die nicht notwendig dem Mehraufwand entspricht.

4. Geht der Kläger vom Anspruch auf Erstattung seiner Mehraufwendungen zum Anspruch auf deren Vergütung über, handelt es sich um eine Klageänderung, zu der das Berufungsgericht nicht durch einen Hinweis Gelegenheit geben muss.

5. Auf den Auftraggeber zurückgehende wiederholte Arbeiten des Ingenieurs sind in der Regel gesondert zu vergüten. Ein Zeithonorar wird aber nur dann geschuldet, wenn sich hierfür im Einzelfall eine Grundlage in der HOAI findet.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Juli 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Dieses wie auch das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein Planungs- und Sachverständigenbüro für technische Gebäudeausrüstung. Sie verlangt vom beklagten Land für Nachträge sowie auf Grund der Verlängerung der Bauzeit Restzahlungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Hauptgebäude der Hochschule M. .

Im März 2005 schlossen das Land Sachsen-Anhalt und die Klägerin einen Vertrag "Technische Ausrüstung", wie er als Anlage K 1 (I/6-33) zu den Akten gelangt ist.

In § 6 unter Ziff. 6.2 haben die Parteien in Satz 5 das Folgende vereinbart:

"Verzögert sich die Bauzeit durch Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren. Eine Überschreitung bis zu 20 v.H. der festgelegten Ausführungszeit, maximal jedoch 6 Monate, ist durch das Honorar abgegolten".

Bis April 2008 gab es fünf Nachträge. Im Sommer 2010 beendete die Klägerin ihre Leistungen. Das Projekt wurde mangelfrei abgenommen.

Am 27.6.2011 legte die Klägerin die als Anlage K 10 überreichte Schlussrechnung (I/47-69), mit der die Nachträge 6 bis 13 mit 15.105,53 EUR und Mehraufwendungen im Umfang von 58.195,86 EUR abgerechnet wurden. Diese zwischen den Parteien streitigen Positionen lehnte das Land nach der ersten Schlussrechnungsprüfung ab. In der Folgezeit entwickelte sich zwischen den Parteien ein umfangreicher Schriftverkehr, mit dem die Klägerin weiter versuchte, ihre Nachtrags- und Mehraufwendungsforderungen zu untersetzen und zu begründen. Im Ergebnis ließ die Klägerin ihre Forderung von 768,56 EUR aus dem Nachtrag 7 fallen. Das beklagte Land wiederum leistete auf einzelne, der mit Zeithonoraren abgerechneten Nachträge Teilzahlungen wie folgt:

• 753,27 EUR - Nachtrag 6,• 342,72 EUR - Nachtrag 8 und• 122,57 EUR - Nachtrag 11.

Im Hinblick auf die Bauzeitverlängerung erstattete das Land der Klägerin 7.182,13 EUR (vgl. insoweit auch die Anlage B 12).

Die Klägerin hat behauptet, ihr stünden angesichts der Nachträge und ihrer Mehraufwendungen aus der Schlussrechnung restliche 64.278,47 EUR zu.

Gemäß Ziff. 6.3 des Vertrages seien die Nachträge/Zusatzleistungen nach Stundenlohn zu vergüten. Im Einzelnen habe das Land die Klägerin mit folgenden weiteren Leistungen beauftragt:

Nachtrag 6

Das Labor "Kraft- und Arbeitsmaschinen" sei bis zur Ausführungsplanung fertig geplant gewesen. Es habe dann nutzerseitige Änderungswünsche gegeben, die Anfang 2008 zum Verlangen nach Umplanung geführt hätten, sodass man im Ergebnis mehrfach habe planen müssen.

Nachtrag 8

Nach Abschluss der Ausführungsplanung des Gebäudes 121 habe die Hochschule zum Betrieb des zu Lehrzwecken angeschafften Blockheizkraftwerkes an Stelle der Gasdruckerhöhungsanlage einen neuen Hochdruckgasanschluss gefordert, der zur neuerlichen Planung geführt habe.

Nachtrag 9

Nach Abschluss der auf Vorgaben des Landes beruhenden Planung habe das Land versucht, Mittel einzusparen. Ohne dass dem ein Fehler der Klägerin vorausgegangen sei, habe man sie veranlasst, Anlagen an geänderte Grundrisse anzupassen sowie im technischen Bereich Einsparpotential zu erschließen und in die Planung aufzunehmen.

Nachtrag 10

Der Raum 018 im Gebäude 123 sei als Multimediawerkstatt geplant worden. Erst im März 2006 habe sich das Land dann entschlossen, hieraus ein EDV-Labor/einen PC-Pool zu machen, was erheblich höhere Kühllasten bedingt habe. Die Klägerin habe die Planung wieder aufnehmen und die Kühlung modifizieren müssen.

Nachtrag 11

Nach Fertigstellung der Ausführungsplanung des Hauses 120 sei das Studentenwerk auf die Idee gekommen, im Treppenhaus bzw. Foyer einen Kaffeeausschank mit Kleinküche einzurichten. Die Klägerin sei hierzu mit der Überarbeitung des Heizkonzeptes beauftragt worden.

Nachtrag 12

Zur Finanzierung des Vorhabens habe das Land das Ganze nachträglich aufgesplittet. Im Ergebnis habe es für sechs Einzelhäuser gesonderte Rechnungen der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärunternehmen gegeben, sodass die Klägerin insgesamt habe 18 Schlussrechnungen prüfen müssen. Das sei ein nicht mehr hinnehmbarer Mehraufwand gewesen.

Nachtrag 13

Hierbei handele es sich um Mehraufwand, den die Klägerin auf Grund von zusätzlichen Abnahmebegehungen habe betreiben müssen.

Zur weiteren Begründung ihrer Nachträge hat die Klägerin auf die Anlage K 12 (Leitz-Ordner A) verwiesen.

Weiter hat die Klägerin behauptet, gemäß dem überreichten verbindlichen Bauablaufplan Index B (Anlage K 9 - I/127b, 173) habe das Bauvorhaben Mitte (I/117) bzw. 9/2008 (I/169) fertiggestellt sein sollen. Finanzierungsprobleme hätten einschließlich eines Baustopps zur Verlängerung der geplanten Bauzeit geführt, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Dies habe bei der Klägerin für die Erfüllung der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung) in der Zeit vom 1.1.2009 bis 2.2.2011 zu einem weiteren nicht eingeplanten Arbeitskraftaufwand und zu Fahrtkosten geführt. Ihre Mitarbeiter hätten bspw. an Baubesprechungen teilnehmen und die Unterlagen aktualisieren müssen. Selbst wenn vom 9. Baumanagementplan des beklagten Landes auszugehen sei, würde sich immer noch ein Mehraufwand von 37.834,42 EUR ergeben (vgl. Anlage K 15 - I/174-175).

Wegen der Einzelheiten des zeitlichen Aufwandes in der Verlängerungsphase hat die Klägerin auf die Anlage K 14 (Leitz-Ordner B) verwiesen.

Das beklagte Land hat vorwiegend auf die fehlende Nachvollziehbarkeit der abgerechneten Stunden und darauf verwiesen, dass es sich bei den Nachträgen um bereits vertraglich geschuldete Grundleistungen gehandelt habe. Teilweise hätten die nachträglichen Änderungen auch zu erhöhten anrechenbaren und damit kompensierenden Kosten geführt (PC-Pool). Der Nachtrag 9 betreffe Nacharbeiten, die auf die Klägerin zurück gingen. Denn die vorgelegten Pläne bewegten sich nicht im Rahmen der genehmigten Kostenberechnung der HU-Bau. Letztere einzuhalten, sei eine Vertragspflicht der Klägerin gewesen.

Gemäß dem einzig verbindlichen 9. Baumanagementplan als Bestandteil der HU-Bau habe die Baumaßnahme am 31.12.2008 enden sollen. Unter Berücksichtigung der vertraglich als hinzunehmen vereinbarten Verlängerung um sechs Monate könne die Klägerin Mehraufwand erst ab dem 1.7.2009 beanspruchen. Es sei aber schon nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Klägerin nach Stunden abrechne. Hierfür gäbe es keine rechtliche Grundlage.

Das Landgericht hat nach seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 4.3.2014 (I/198/199) den Zeugen S. und anschließend auch den vom Land benannten Zeugen P. zum maßgeblichen Bauablaufplan vernommen. Mit Urteil vom 29.7.2014 (II/31-39), auf das ergänzend wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:

Es sei nicht bewiesen, dass die von der Klägerin behaupteten Bauzeiten verbindlich gewesen seien. Eine dahingehende Einigung hätten die Parteien nicht erzielt. § 6.2 des Vertrages sehe nur die Vereinbarung einer Vergütung von Mehraufwand vor. Eine solche Abrede lege die Klägerin nicht dar. Dass sich das Land auf eine solche Vereinbarung habe einlassen müssen, sei schon nicht anzunehmen. Die Klägerin trage keinen konkreten Mehraufwand in substantiierter Form vor. Hierzu gehöre es, den geplanten dem tatsächlichen Bauablauf gegenüber zu stellen. Die einzelnen Behinderungstatbestände müssten aufgeführt und in ihren tatsächlichen Auswirkungen erläutert werden. Dabei seien auch die Umstände zu berücksichtigen, die gegen eine Behinderung sprächen. Dem werde das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Soweit es nur zu einer zeitlichen Verschiebung der Leistungen gekommen sei, fehle eine Gegenüberstellung derjenigen Kosten, die ohnehin entstanden wären und der durch die Bauzeitverlängerung zusätzlich entstandenen Kosten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und rügt übergangenen Sachvortrag. Zu den abgewiesenen Nachträgen begründe das Landgericht nichts. Die vom Landgericht erwähnten Hinweise ließen sich aus den Akten nicht nachvollziehen. Für die Klägerin habe sich kein Anhaltspunkt für erforderlichen weiteren Vortrag ergeben.

Die Klägerin stellt nochmals die einzelnen Nachträge dar (vgl. II/75 ff.) und meint, das Landgericht habe die Rolle eines Bauablaufplanes verkannt. Zumindest habe die Kammer vom 9. Baumanagementplan ausgehen müssen, den das beklagte Land für maßgeblich halte. Die Klägerin trage zu ihren Mehraufwendungen auch ausreichend vor. Es werde kein Schadensersatz- sondern ein Honoraranspruch verfolgt. Alles was über die geplante Bauzeit hinaus ginge, sei ihr Mehraufwand. Die Klägerin habe aus dem Bereich der Bauüberwachung nichts vorziehen können.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 64.278,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.8.2011 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Landgerichts sei, so das Land, richtig. Hierzu wird das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Der Anspruch auf Mehrvergütung sei gerade ähnlich einem Schadensersatzanspruch darzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht auf keiner Rechtsverletzung, weil die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung rechtfertigen (vgl. § 513 I ZPO). Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keine Ansprüche auf Vergütung der behaupteten Nachträge nach Zeit und auf Aufwendungsersatz für Mitarbeiter- und Fahrtkosten während des über das geplante Bauende hinausgehenden Zeitraums aus § 6 Nr. 6.2, Nr. 6.3. des Vertrages.

1. Die Berufung beanstandet das angefochtene Urteil allerdings zu Recht wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG). Die Entscheidungsgründe offenbaren, dass die Einzelrichterin das Vorbringen der Klägerin nicht in Gänze zur Kenntnis genommen hat. Es wird nicht, wie es beide Parteien tun, zwischen den Nachträgen und der Vergütung für die Bauzeitverlängerung unterschieden. Aus diesem Grund entbehrt das Urteil einer Begründung, warum die Klägerin für die behaupteten Nachträge kein Honorar verlangen kann. Auf das Ergebnis wirkt sich dieser Fehler nicht aus. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf das geltend gemachte Zeithonorar.

2. Die Nachtragsansprüche und der auf Bauzeitverlängerung beruhende Anspruch lassen sich nicht aus § 4a 2, 3 HOAI a.F. herleiten. Diese Vorschriften greifen nur im Falle einer schriftlichen Vereinbarung im Sinne des Satzes 1, also für das auf der Grundlage einer nachprüfbaren Ermittlung der voraussichtlichen Herstellungskosten nach Kostenberechnung oder nach Kostenanschlag berechnete Honorar (BGH, Urteil vom 30.9.2004, VII ZR 456/01, zitiert in juris Rdn. 28).

Soweit des Land der Forderung der Klägerin teilweise nachgegeben und weitere Zahlungen geleistet hat, ist dies für die jetzt geltend gemachte Restforderung ohne Belang. Es wurde kein Anerkenntnis zum Ausdruck gebracht oder der Anspruch in irgendeiner Hinsicht dem Streit entzogen. Dem Verhalten des beklagten Landes liegt ersichtlich gerade die Auffassung zugrunde, dass die Klägerin nichts weiter beanspruchen könne.

3. Der abgerechnete und gerichtlich geltend gemachte Anspruch wegen Bauzeitverlängerung steht der Klägerin nicht zu.

a) Die Klägerin hat insoweit mit ihrer Schlussrechnung vom 27.6.2011 (I/47) brutto 58.195,86 EUR geltend gemacht. Hierauf zahlte das Land nach der dritten Änderung der geprüften Schlussrechnung (Anlage B 12) einen Betrag von 7.182,13 EUR. Das Landgericht hat den vertraglichen Anspruch der Klägerin auf Vertragsanpassung nach § 6 Nr. 6.2 Satz 5 unter zwei Gesichtspunkten verneint:

i.

Es sei zwischen den Parteien keine bindende Bauzeit vereinbart.

ii.

Die Klägerin habe nur Anspruch auf die Mehraufwendungen, die sie ohne die Bauzeitverzögerung nicht gehabt hätte. Diese Mehrkosten seien nicht Gegenstand ihrer Anspruchsberechnung. Die Klägerin mache ungekürzt alle während der verlängerten Bauzeit anfallenden Arbeiten geltend, ohne zwischen zusätzlichem und ohnehin erforderlichem Aufwand zu differenzieren.

Dies trifft nur im Ergebnis zu. Sieht man die Abrechnung der Klägerin als vertragsgemäß an, ergibt sich in der Tat das unter ii. dargestellte Darlegungsdefizit. Tatsächlich hat die Klägerin aber schon den geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch nicht. Der Vertrag räumt ihr einen Anspruch auf Vereinbarung einer zusätzlichen Vergütung ein, der nicht auf Ersatz der Mehraufwendungen gerichtet und hier nicht einmal geltend gemacht ist.

b) Es ist richtig, wenn die Einzelrichterin keine verbindliche Bauzeitvereinbarung der Parteien feststellen kann. § 5 des Vertrages ist hierzu nichts zu entnehmen. Und auch darüber hinaus gibt es keine ausdrücklich zwischen den Parteien getroffene Bauzeitabrede.

§ 5 und § 6 des Vertrages bauen in Bezug auf die Bauzeit schon nicht aufeinander auf. § 5 regelt die von der Klägerin bei der Ausführung ihrer Leistungen einzuhaltenden Fristen und Termine. § 6 Nr. 6.2 Satz 5 meint dagegen die Bauzeit an sich, die das Gesamtvorhaben unabhängig von den Leistungen der Klägerin in Anspruch nimmt. Hintergrund sind die mit einer Bauzeitverlängerung erfahrungsgemäß verbundenen Erschwernisse für den planenden und betreuenden Sonderfachmann, gerade auch auf dem Gebiet der technischen Gebäudeausrüstung. Der Ingenieur, hier die Klägerin, wird gezwungen, ineffizient zu arbeiten, was erfahrungsgemäß zu wirtschaftlichen Einbußen führt.

Es kommt deshalb weniger darauf an, ob die Parteien einen festen Fertigstellungstermin vereinbarten. Vielmehr genügt die tatsächlich eingetretene Bauzeitverzögerung, soweit sie nicht auf die Klägerin zurückzuführen ist (a.A. OLG Dresden, Urteil vom 4.8.2005, 9 U 738/ 04, zitiert in juris Rdn. 41 ff.). Der Auftragnehmer kann bei seiner Kalkulation in der Regel von einer behinderungsfreien Leistungserbringung ausgehen. Außerdem ändern sich die Anforderungen an seine Leistung schon mit der Verzögerung an sich, ohne dass es zuvor der Vereinbarung einer konkreten Bauzeit bedurfte.

Dass Satz 6 von der "festgelegten Ausführungszeit" spricht, steht dem nicht entgegen. Die Festlegung muss nicht zwischen den Vertragsparteien erfolgen, sondern wird sich regelmäßig aus den Umständen des Vorhabens erschließen, wie beispielsweise aus einem aussagekräftigen Bauablaufplan. So enthält nach dem Vorbringen der Parteien und den Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen der Plan Index B die erste Fortschreibung, die dann auch den Baubeteiligten, einschließlich der Klägerin, übergeben wurde. Die daraus hervorgehende Gesamtbauzeit entspricht der festgelegten Ausführungszeit. Denn planmäßig sollten die letzten Arbeiten am 27.6.2008 abgeschlossen sein (nach dem Sachvortrag der Klägerin möglicherweise auch erst am 14.9.2008).

Der vom beklagten Land mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2008 in den Streit der Parteien eingeführte 9. Baumanagementplan als Bestandteil der Haushaltsunterlage-Bau besagt nach den Bekundungen des Zeugen P., also des projektleitenden Architekten, nichts anderes. Im Baumanagementplan sind noch zusätzlich die Zeiten für die Abrechnung und die Erstellung eines Mittelverwendungsnachweises gegenüber dem Fördermittelgeber berücksichtigt, die auf die Bauzeit aufzuschlagen sind. Auch der Zeuge P. hat bekundet (II/19 ff.), Ziel sei die Fertigstellung des Baus im Jahr 2008 gewesen.

Die Bauverzögerung an sich ist zwischen den Parteien tatsächlich auch unstreitig.

c) Die Regelung des Vertrages ist auslegungsbedürftig. Ihr Wortlaut spricht von Mehraufwendungen, aber auch von der Vereinbarung einer zusätzlichen Vergütung. Hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung ihrer Mehraufwendungen, wovon ihre Berechnung ausgeht, dann trifft die Auffassung des Landgerichts, der Anspruch sei nicht ausreichend dargelegt, zu.

Mehraufwendungen sind solche Ausgaben, die der Auftragnehmer für die geschuldete Leistung tatsächlich hatte und die er ohne die Bauzeitverzögerung nicht gehabt hätte (KG, Urteil vom 15.3.2005, 27 U 399/03, zitiert in juris Rdn. 27; OLG Dresden a.a.O. Rdn. 53 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.2006, 5 U 100/02, zitiert in juris Rdn. 82, 85, 86; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rdn. 1042). Hieraus wird geschlussfolgert, dass der Auftragnehmer, der die Mehraufwendungen geltend machen will, seinen Aufwand mit und ohne Bauzeitverzögerung gegenüber stellen muss, da nicht anzunehmen ist, dass während der verlängerten Bauzeit nur Tätigkeiten anfallen, die nicht ohnehin notwendig geworden wären. Erfahrungsgemäß gibt es Arbeiten, die auf Grund der Verzögerung nur zeitlich versetzt zur Ausführung gelangen.

Das ist auch im Falle der Klägerin nicht anders. Sie trägt mit den Zeichnungen zum Beispiel Arbeiten vor, die augenscheinlich auch ohne die Bauzeitverzögerung notwendig geworden wären. Auch der Baustopp wird die Überwachungstätigkeit reduziert oder sie ganz entfallen lassen haben. Mit der Fortsetzung des Bauvorhabens gab es dann etwas nachzuholen. Ohne die der Klägerin schon in erster Instanz abverlangte Darlegung des Mehraufwandes (vgl. Hinweis- und Beweisbeschluss vom 4.3.2014 - I/198 f.) läuft das beklagte Land vor diesem Hintergrund Gefahr, Leistungen doppelt zu vergüten.

Es ist nicht nachvollziehbar, wenn die Berufung vorträgt, es habe keine Veranlassung bestanden, weiter zum Mehraufwand vorzutragen. Die Klägerin hat auf den ausreichenden Hinweis des Landgerichts mit Schriftsatz vom 17.4.2014 reagiert, nur eben ungenügend. Nicht einmal die Berufung unternimmt mit der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs den notwendig damit zu verbindenden Versuch, den Darlegungsanforderungen des angefochtenen Urteils zu genügen. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang zu Unrecht darauf, es werde kein Schadensersatzanspruch, sondern eine Vergütung geltend gemacht. Damit verkennt sie zweierlei:

i.

Mehraufwendungen sind Vermögensnachteile, die einem Schaden entsprechen und genauso Gegenstand eines Schadensersatzanspruchs sein können. Ihre Darlegung erfordert den Vergleich zweier Ausgabenlagen auch dann, wenn sie auf vertraglicher Grundlage "ersetzt" verlangt werden.

ii.

Die Klägerin will vom beklagten Land alle im Zeitraum verlängerter Bautätigkeit aufgewendeten Kosten erstattet erhalten. Das ist gerade keine Vergütung als Gegenleistung für das Ingenieurwerk, sondern Aufwendungsersatz.

d) In Letzterem findet sich der entscheidende Auslegungsirrtum der Klägerin. Der Vertrag billigt ihr in § 6 Nr. 6.2 Satz 5 keinen Mehraufwendungsersatzanspruch zu. Die Klägerin hat, was schon im Urteil des Landgerichts anklingt, nur einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung, die für die Mehraufwendungen zu vereinbaren ist. Die Mehraufwendungen sind Anspruchsvoraussetzung; die Vergütung muss ihnen aber nicht entsprechen. Wie die Vergütung zu bestimmen ist, lässt der Vertrag offen. Auch der Senat muss sich mit dieser Frage nicht abschließend befassen, da sie sich im vorliegenden Rechtsstreit nicht stellt.

Die Regelung im Vertrag der Parteien ist im Grunde Ausdruck von Treu und Glauben und der zur Vertragsanpassung führenden Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Kommt, wie hier, keine Einigung zustande, kann die von der Störung betroffene Partei sogleich auf die angepasste bzw. geänderte Leistung klagen (BGH, Urteil vom 30.9.2004, VII ZR 456/01, zitiert in juris Rdn. 42; BGH NJW 2012, 373, 376; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 313 Rdn. 41). Die Anpassung selbst zielt auf einen optimalen Interessenausgleich. Der BGH (a.a.O.) nimmt an, es sei die Vergütung zu zahlen, die die Parteien im Rahmen der HOAI vereinbart hätten, wenn sie die tatsächliche Bauzeit vorausgesehen hätten. Da nach dem Vorbringen der Klägerin ausschließlich die Objektüberwachung gestört war, hätte man einen höheren Prozentsatz verabreden können (vgl. §§ 69 I; 73 I; 74 I HOAI a.F.). In Betracht käme auch ein anderer Honorarsatz nach §§ 74 I; 4 III 1 HOAI a.F.). Man könnte auch daran denken, das Honorar für die Objektüberwachung im Verhältnis zur erhöhten Bauzeit anzuheben (vgl. Werner/Pastor Rdn. 1034):

gesuchtes Honorar : vereinbartes Honorar = Gesamtbauzeit : (geplante Bauzeit + 6 Monate)

Die Klage hebt hierauf allerdings nicht ab und verlangt vom beklagten Land gerade keine den Umständen des Einzelfalls angepasste Vergütung, sondern beansprucht zu Unrecht Aufwendungsersatz.

Der Senat hat nicht gemäß § 139 I 2 ZPO auf eine Umstellung der Anspruchsbegründung und Darlegung der hierfür notwendigen Tatsachen hinzuwirken. Dies wäre eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO. Hierzu muss das Berufungsgericht keine Gelegenheit geben (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 139 Rdn. 15). Die Identität des Klagegrundes wird aufgehoben und damit eine Klage geändert, wenn durch neue Tatsachen der Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts (hier in Form von Mehraufwendungen in Richtung zur Vertragsanpassung) verändert wird (BGH NJW 1997, 588; 2007, 83, 84), weil die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH NJW 1993, 2173; 2008, 3570, 3571 m.w.N.).

4. Die Nachträge sind nicht nach Zeithonorar zu vergüten.

Die Klägerin stützt sich auf zusätzliche Leistungen, die sie auf Anforderung des beklagten Landes erbracht haben will. Solche wiederholten Arbeiten sind, wenn sie einen gewissen Umfang erreichen, grundsätzlich gesondert zu vergüten. Der Architekt oder Ingenieur nimmt bereits abgeschlossene Arbeiten in der Regel nur gegen Vergütung wieder auf, wobei sich die Höhe des zusätzlichen Entgeltes wiederum nach der HOAI richtet (§§ 631 I; 632 I, II BGB; § 1 HOAI; Werner/Pastor Rdn. 1023; vgl. auch BGH NJW 1987, 2742, 2743). Dies gilt mangels anderslautender vertraglicher Vereinbarungen auch dann, wenn die Grundlagen der vertraglichen Leistung des Fachplaners geändert werden und es danach zu einer Modifizierung der bereits abschließend erbrachten Planungsleistung kommt (BGH, Urteil vom 26.7.2007, VII ZR 42/05, zitiert in juris Rdn. 28; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.2006, 5 U 100/02, zitiert in juris Rdn. 129). Der Anspruch setzt den Nachweis voraus, dass erbrachte Leistungen vor ihrer erneuten Erbringung bereits fertig gestellt waren und es sich nicht um Mängelbeseitigungsarbeiten handelte (KG, Urteil vom 31.3.2009, 21 U 165/06, zitiert in juris). Es ist auch Sache des Planers darzulegen, welche Änderungswünsche des Auftraggebers die zusätzlichen Planungen hervorriefen (BGH, Urteil vom 11.10.1994, X ZR 30/93, zitiert in juris Rdn. 14 f.; NJW-RR 1991, 981, 982).

Die erneuten Planungsleistungen sind indes nicht, wie es die Klägerin verlangt, nach Zeitaufwand zu vergüten. Maßgeblich sind die anrechenbaren Kosten, die Honorarzone und der in Ansatz zu bringende Teilprozentsatz der tatsächlich erbrachten wiederholten Teilleistung einer Leistungsphase (BGH, Urteil vom 30.9.2004, VII ZR 456/01, zitiert in juris Rdn. 22; OLG Düsseldorf a.a.O. Rdn. 130; Kesselring NJW 2012, 1957, 1860). Ein Zeithonorar kann nur dann abgerechnet werden, wenn die HOAI dies ausdrücklich zulässt. Nichts anders geht aus § 6 Nr. 6.3 des Vertrages der Parteien hervor. Für Grundleistungen bei technischen Ausrüstungen ist das gemäß § 74 II HOAI a.F. i.V.m. § 16 II 1 HOAI a.F. nur der Fall, wenn die anrechenbaren Kosten nicht mehr als 25.565 EUR betragen. Als Besondere Leistungen, die nicht mit einer Grundleistung vergleichbar sind (vgl. § 5 IV 3 HOAI a.F.) und für die deshalb ein Zeithonorar vereinbart werden kann, sind die Planungsänderungen der Klägerin nicht zu betrachten. Die Klägerin war mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 2 bis 8 des § 73 HOAI a.F. beauftragt und behauptet insoweit Wiederholungen. Das sind dann keine Besonderen Leistungen oder Leistungen zur Vertragserfüllung, sondern ganz oder teilweise Wiederholungen der Grundleistungen, was als Mehrfachleistung einen Honoraranspruch nach dem jeweiligen (anteiligen) Prozentsatz der Leistungsphase nach sich zieht (Werner/Pastor Rdn. 1020).

Etwas anderes könnte bestenfalls für den Nachtrag 13 gelten, wenn der Senat die (neue - vgl. insoweit § 531 II 1 ZPO, zu dem die Klägerin nichts vorträgt) Version der Berufungsbegründung zugrunde legte, wonach es nicht um mehrfache Abnahmen der technischen Ausrüstung, sondern um Einweisungen der Nutzer ging. Das wäre eine typische Besondere Leistung im Rahmen der Leistungsphase 8 des § 73 HOAI a.F. Gemäß § 5 IV 1 HOAI a.F. darf für derartige, zu den Grundleistungen hinzutretende Besondere Leistungen ein Honorar allerdings u.a. nur dann berechnet werden, wenn das Honorar schriftlich vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht kommen dann auch nicht in Betracht (OLG Hamm NJW-RR 1993, 1175, 1177 m.w.N.). Die Klägerin hätte also frühzeitig auf eine Honorarvereinbarung hinwirken müssen.

Auch an dieser Stelle muss der Senat keine Gelegenheit zur Neuberechnung und damit zur Änderung der Klage geben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10; 711 1, 2; 709 2 ZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.