Auslegung einer Vertragsklausel zur Arbeit auf Abruf.
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.01.2015, 4 Ca 2237/14, wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, ihn in einem bestimmten zeitlichen Umfang wöchentlich einzusetzen.
Der Kläger ist seit dem 01.02.1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Versandhilfskraft zunächst befristet, sodann unbefristet, zu einem Stundenlohn in Höhe von zuletzt 10,75 € brutto beschäftigt.
In den Arbeitsverträgen vom 11.01. und 19.07.1999 wird hinsichtlich der Arbeitszeit Folgendes ausgeführt:
"Wegen des schwankenden und nicht vorhersehbaren Umfangs der Arbeit richten sich Umfang und Lage Ihrer Arbeitszeit nach dem jeweiligen Arbeitsanfall (§ 4 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz). Die Lage der Arbeitszeit werden wir Ihnen anhand eines Einsatzplanes bekannt geben."
Eine Mindestarbeitszeit ist nicht ausgewiesen.
Außerdem enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:
"Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis, für das § 4 des Beschäftigungsförderungsgesetzes gilt, keine Anwendung".
Wegen des Inhalts der Arbeitsverträge im Einzelnen wird auf Bl. 5 bis 8 der Akte Bezug genommen.
Auf der Basis vergleichbarer Verträge beschäftigt die Beklagte in ihrem Betrieb in F. zirka 200 Arbeitnehmer.
Der Kläger wurde ohne regelmäßige Arbeitszeit in monatlich schwankendem Umfang eingesetzt. Im Jahr 2011 schwankte die monatlich geleistete Arbeitszeit zwischen 130 und 213,50 Stunden, im Jahr 2012 zwischen 172 und 202 Stunden, im Jahr 2013 zwischen 151,59 und 192,5 Stunden und im Jahr 2014 zwischen 156 und 198,98 Stunden. Unter Zugrundelegung einer Durchschnittsberechnung arbeitete der Kläger im Jahr 2011 im Monat durchschnittlich gut 182 Stunden, im Jahr 2012 durchschnittlich gut 189 Stunden, im Jahr 2013 durchschnittlich gut 176 Stunden sowie im Zeitraum Januar bis August 2014 durchschnittlich gut 180 Stunden. Wegen der unstreitig vom Kläger in den einzelnen Monaten geleisteten Stunden wird auf die Aufstellungen in den Schriftsätzen des Klägers vom 20.01.2015 (Bl. 57 der Akte) und vom 23.01.2015 (Bl. 59 der Akte) Bezug genommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vertragsklausel über die Abrufarbeit sei unwirksam, da sie ihm das volle Wirtschaftsrisiko übertrage. Die Beklagte habe ihm durch den ständig hohen, über 10 Stunden weit hinausgehenden Abruf der wöchentlichen Arbeitszeit unmissverständlich signalisiert, dass es nicht bei der Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG habe bleiben sollen, so dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für eine Neuregelung maßgeblich sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn als Versandhilfskraft mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich wöchentlich 42,8 Stunden zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2014, 5 AZR 1024/12, die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwischen den Parteien bestehe ein Abrufarbeitsverhältnis. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei eindeutig und unmissverständlich vereinbart worden, dass die Arbeitszeit flexibel, also veränderlich sei und sich nach den betrieblichen Erfordernissen - also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten - richten solle. Der Kläger habe vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen dürfen, es habe ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden sollen. Ein solches sei weder schriftlich noch konkludent abgeschlossen worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang von 33,4 Stunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Arbeitsvertrag sei eindeutig ersichtlich, dass auch der Umfang der Arbeitszeit im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses habe schwanken sollen. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis angestrebt hätten. Die Parteien hätten sich auch nicht konkludent auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis geeinigt. Das bloße Abrufen der Arbeitsleistung reiche ohne weitere, darüber hinausgehende Anhaltspunkte für eine derartige Annahme nicht aus. Unstreitig sei der Kläger über die gesamte von ihm dargestellte Dauer nicht durchgehend mit einer regelmäßigen Arbeitszeit eingesetzt worden. Vielmehr bestehe eine Bandbreite von zumindest 157 bis gut 198 Stunden pro Monat. Der Umfang des Einsatzes belege lediglich, dass die Beklagte den Kläger jederzeit in einem Umfang habe beschäftigen können, der mindestens einer Vollzeittätigkeit entsprochen habe. Wegen der gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Abrufabrede im Arbeitsvertrag der Parteien sei der Beschäftigungsumfang anhand einer ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln, die zunächst zu dem Ergebnis führe, dass ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt gewesen sei, das einen Abruf mindestens bis zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 41,74 Stunden ermöglichen sollte. Dieser Umfang entspreche der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2014. Mangels anderweitigen Vortrags sei davon auszugehen, dass die Parteien ihr Arbeitsverhältnis seit Beginn der Tätigkeit des Klägers in diesem Umfang gelebt hätten. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von einem flexibel abrufbaren Arbeitszeitanteil von maximal 25 % im Verhältnis zu der Mindestbeschäftigung ausgehe, bestehe zu Gunsten des Klägers ein Beschäftigungsanspruch von mindestens 33,4 Stunden wöchentlich. Entsprechend der bisherigen Vertragspraxis könne der Kläger diese Beschäftigung allerdings nicht wöchentlich, sondern lediglich bezogen auf den Jahresdurchschnitt verlangen.
Gegen das ihm am 19.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16.03.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.05.2015 mit einem am 20.05.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit seiner Berufung vertritt der Kläger weiterhin unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, bei der Berechnung des Beschäftigungsumfangs könne nur berücksichtigt werden, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich gelebt worden sei. Insoweit sei auf eine Durchschnittsberechnung abzustellen, die zu dem Ergebnis führe, dass für ihn ein Beschäftigungsanspruch in Höhe von 41,74 Stunden bestehe. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Kürzung der durchschnittlichen Arbeitszeit um 20 % sei nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
1.das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.01.2015, 4 Ca 2237/14, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich 41,74 Stunden wöchentlich zu beschäftigen.
2.hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von wöchentlich 41,74 Stunden bezogen auf den Jahresdurchschnitt zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und weist darauf hin, der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG den Fall der fehlenden Vereinbarung einer bestimmten Dauer der Arbeitszeit eindeutig und abschließend dahingehend geregelt, dass in diesem Fall eine Arbeitszeit von 10 Stunden gelte. Auch eine deutliche Überschreitung der Dauer der Arbeitszeit für einen längeren Zeitraum stelle keine Vertragsänderung dar, denn der Arbeitseinsatz an sich beinhalte keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern stelle ein rein tatsächliches Verhalten dar. Aus dem Abrufverhalten der Beklagten habe der Kläger lediglich auf einen hohen Bedarf an Arbeitsleistung schließen dürfen, nicht aber auf ein Angebot der Beklagten auf eine bestimmte Mindestarbeitszeit. Der Kläger habe keinesfalls einen weitergehenden Anspruch als das, was das Arbeitsgericht zu seinen Gunsten entschieden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
I.
Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die über den zugesprochenen Umfang hinausgehende Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, die die Berufungskammer sich - auch zur Vermeidung von Wiederholungen - ausdrücklich zu Eigen macht, abgewiesen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht zunächst festgestellt, dass die Parteien sich nicht auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis geeinigt haben.
Unstreitig ist im Arbeitsvertrag keine feste Arbeitszeit ausgewiesen. Vielmehr enthält der Arbeitsvertrag die Vereinbarung, dass sich der Umfang der Beschäftigung des Klägers nach dem schwankenden Arbeitsanfall richten soll und verweist zudem auf § 4 BeschFG, die Vorgängervorschrift zu § 12 Abs. 1 TzBfG. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts dazu, dass die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ein Abrufarbeitsverhältnis vereinbart haben, hat der Kläger mit der Berufung nicht weiter angegriffen, so dass sich weitere Ausführungen seitens der Berufungskammer erübrigen.
Auch eine - grundsätzlich mögliche - konkludente Vereinbarung der Parteien, das Abrufarbeitsverhältnis in ein Vollzeitarbeitsverhältnis abzuändern, liegt nicht vor.
Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für sich genommen noch keine einvernehmliche Vertragsänderung. Bei einem entsprechenden Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Es ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien voraus (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2009, 5 AZR 133/08, zitiert nach juris). Der bloße Arbeitseinsatz eines Arbeitnehmers in der Vergangenheit lässt mithin als tatsächliches Verhalten nicht darauf schließen, der Arbeitgeber wolle damit zugleich eine bindende rechtliche Erklärung zum zukünftig geschuldeten Arbeitsumfang abgeben.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die tatsächliche Arbeitszuweisung durch die Beklagte vorliegend somit nicht zu einer Vertragsänderung geführt. Besondere Umstände, die die Annahme nahe legten, die Beklagte hätte sich weitergehend binden wollen, sind nicht ersichtlich. Über das tatsächliche Verhalten hinausgehende zusätzliche Erklärungen der Beklagten in Verbindung mit dem Arbeitseinsatz, die auf die Vereinbarung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses schließen ließen, hat der Kläger selbst nicht behauptet.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann ausgeführt, dass im Hinblick auf die Dauer der Mindestarbeitszeit des Klägers wegen einer fehlenden wirksamen Regelung im Arbeitsvertrag eine ergänzende Vertragsauslegung geboten ist.
Die arbeitsvertraglich getroffene Vereinbarung zum Einsatz des Klägers nach Arbeitsanfall ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Diese Vertragsklausel, bei der es sich unter Berücksichtigung des insoweit übereinstimmenden Parteivortrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, benachteiligt den Kläger unangemessen, weil sie zu seinen Lasten von § 615 BGB abweicht, nach dessen Maßgabe der Arbeitgeber das Risiko trägt, den Arbeitnehmer beschäftigen zu können bzw. ihn bei Nichtbeschäftigung wegen Auftragsmangel gleichwohl vergüten zu müssen. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die arbeitsvertragliche Regelung der Beklagten erlauben würde, eine Arbeitszeit zwischen 0 und 48 Stunden abzurufen. Ein derartiger Korridor ist selbst unter Berücksichtigung des berechtigten Wunsches der Beklagten nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht zuzulassen, weil dem Kläger jegliche Planungssicherheit hinsichtlich des zukünftig zu erzielenden Arbeitseinkommens - seiner finanziellen Existenzgrundlage - genommen würde (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2012, 8 Sa 1334/11, zitiert nach juris).
Die Vertragsklausel ist auch am Maßstab der §§ 305 ff BGB zu messen, obwohl es sich um einen sogenannten Altfall handelt, das heißt um einen Arbeitsvertrag, der vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossen worden ist, denn die §§ 305 ff BGB beanspruchen nach Ablauf der einjährigen Übergangsfrist am 31.12.2002 gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auch für derartige Verträge Geltung.
Eine gesetzliche Regelarbeitszeit, die nach § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der vertraglichen Regelung treten könnte, besteht nicht. Auch ein Rückgriff auf Tarifrecht scheidet vorliegend aus, denn zum einen fehlt es an einem eindeutig bestimmbaren einschlägigen Tarifvertrag, und zum anderen haben die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ausdrücklich auf eine Inbezugnahme von Tarifverträgen verzichtet.
Die sich durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel ergebende Vertragslücke ist daher durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten. Zur Feststellung des mutmaßlichen Parteiwillens ist die tatsächliche Vertragsdurchführung von erheblicher Bedeutung. Sie gibt Aufschluss über die von den Parteien wirklich gewollte Arbeitszeitdauer. Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbaren wollten (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Parteien ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt haben, das einen Abruf mindestens bis zu einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,74 Stunden ermöglicht. Dieser Umfang entspricht der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers in dem von ihm als Referenzzeitraum gewählten und vorgetragenen Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2014. Es ist auch sachgerecht, der Beurteilung den durchschnittlich geleisteten Arbeitsumfang des Klägers zugrunde zu legen, weil dieser die tatsächliche Vertragsdurchführung am ehesten repräsentativ widerspiegelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.11.2006, 1 BvR 1909/06, zitiert nach juris).
Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann unter Abwägung der berechtigten Interessen der Vertragsparteien das Interesse der Beklagten berücksichtigt, die Arbeitszeit aufgrund der wechselnden Auslastung zu flexibilisieren und hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf die berechtigten Interessen des Klägers an einer festen Arbeitszeit mit festem Einkommen den flexiblen Anteil der Arbeitszeit auf 25 % begrenzt mit dem Ergebnis, dass vorliegend ein Beschäftigungsanspruch des Klägers von mindestens 33,4 Stunden wöchentlich besteht. Mit dieser Regelung werden das Interesse des Arbeitgebers an einer Flexibilisierung der Arbeitszeitdauer und das Interesse des Arbeitnehmers an einer festen Regelung der Dauer der Arbeitszeit und der sich daraus ergebenden Arbeitsvergütung angemessen zum Ausgleich gebracht. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Abrufanteil nicht mehr als 25 % der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit betragen darf (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris). Dieser Auffassung schließt die Berufungskammer sich an.
Der Einwand des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, warum das Arbeitsgericht die ermittelte durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit um 20 % gekürzt habe, ist unbegründet. Bei der Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens darf - wie bereits ausgeführt - nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbart haben. Unter Berücksichtigung dieser Vereinbarung ist der Kläger von der Beklagten zwar durchschnittlich, aber im zeitlichen Umfang wechselnd 41,74 Stunden wöchentlich eingesetzt worden. Aus diesem Abrufverhalten der Beklagten konnte der Kläger allenfalls auf einen hohen Bedarf an seiner Arbeitsleistung schließen, nicht aber auf das Angebot der Beklagten einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit im Umfang von 41,74 Stunden. Zu berücksichtigen bei dieser Bewertung ist auch der Umstand, dass der Kläger kein verstetigtes Monatsgehalt auf einer bestimmten Stundenbasis erhalten hat, so dass der Kläger auch aus dem Abrechnungsverhalten der Beklagten keine Rückschlüsse auf eine Mindestarbeitszeit von 41,74 Stunden ziehen konnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in diesem Beschäftigungsumfang - für den Kläger auch erkennbar - der flexible Arbeitszeitanteil enthalten sein sollte mit der Folge, dass der flexible Anteil bei Bestimmung der Mindestarbeitszeit in Abzug zu bringen ist. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ständig erbrachte Mindestarbeitsleistung als konkludent vereinbart angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht nur abgerufen und erwartet, sondern vom Arbeitnehmer als vertraglich geschuldete Leistung gefordert hat (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2012, 10 AZR 336/11, zitiert nach juris). Obwohl bereits das Arbeitsgericht auf diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen hat, hat der Kläger allerdings auch im Berufungsverfahren keine über die tatsächliche Zuweisung von Arbeit hinausgehenden Umstände vorgetragen, so dass es bei dem vorstehend dargelegten Auslegungsergebnis bleiben muss.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet ein Rückgriff auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG aus. Einen derartigen Rückgriff hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.12.2005 (a.a.O.) mit der Begründung abgelehnt, dass die Anwendung der Fiktion einer wöchentlichen Arbeitszeitdauer von zehn Stunden im dort entschiedenen Fall nicht interessengerecht sei. Die Parteien hätten offenkundig eine deutlich längere Mindestarbeitszeit gewollt. Diese Erwägung trifft angesichts der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses auch auf das vorliegende Verfahren zu. Bei einer Mindestarbeitszeit von 10 Stunden pro Woche wäre die Beklagte im Rahmen des Abrufarbeitsverhältnisses lediglich dazu berechtigt, maximal weitere 2,5 Stunden, mithin insgesamt 12,5 Stunden abzurufen. Dies entspricht ersichtlich nicht dem Willen der Vertragsparteien, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG gegen den Willen der Parteien wäre gerade nicht interessengerecht. Für § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG verbleibt daher praktisch kein relevanter Anwendungsbereich. Die Norm kann nur dann eingreifen, wenn sich eine vertragliche Arbeitszeitdauer in keiner Weise ermitteln lässt (vgl. ErfK-Preis, § 12 TzBfG Rn. 16).
Schließlich hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Beschäftigung im Umfang von 33,4 Stunden nicht regelmäßig in der Woche verlangen kann, weil dies nicht der bisherigen Vertragspraxis entspricht. Insoweit ist auf den Jahresdurchschnitt abzustellen. Diese Ausführungen des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit der Berufung letztlich auch nicht angegriffen. Vielmehr hat er unter Bezugnahme auf seinen Hilfsantrag darauf hingewiesen, dass mit dem Hilfsantrag dem Umstand Rechnung getragen werde, dass nach der bisherigen Vertragspraxis bezüglich des Arbeitsumfangs nicht regelmäßig in jeder Woche gearbeitet worden sei.
Die Berufung war daher insgesamt zurückzuweisen.
III.
Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzugeben.
IV.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
R E V I S I O N
eingelegt werden.
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Fax: 0361-2636 2000
eingelegt werden.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1.Rechtsanwälte,
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Paßlick Berndt Wittich