OLG Köln, Urteil vom 14.11.2014 - 20 U 96/14
Fundstelle
openJur 2015, 20271
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. April 2014 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ? 26 O 308/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.841,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Gründe

I.

Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. September 1999 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2013 erklärte Kläger den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. Die Beklagte sah den Vertrag aufgrund einer Kündigung als zum 1. Juli 2013 beendet an und zahlte dem Kläger einen Betrag von 8.582,07 € (GA 34) aus. Während der Vertragslaufzeit zahlte der Kläger Beiträge in einer Gesamthöhe von 11.833,30 €.

Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten in erster Linie die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Betrags.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2013 gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Mit Nichtwissen - ihm fehle die Erinnerung - hat er den vollständigen Erhalt sämtlicher Vertragsunterlagen bestritten. Die Widerspruchsbelehrung sei formal und inhaltlich fehlerhaft. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und das in § 5 a VVG a.F. normierte Policenmodell verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Seine Forderung hat der Kläger ferner darauf gestützt, dass ihm die Beklagte wegen fehlender Aufklärung über die Leistung von Vertriebsprovisionen ("Kickbacks") schadensersatzpflichtig sei. Zu den Hilfsanträgen hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte schulde einen angemessenen Rückkaufswert ohne Abzug von Abschlusskosten und Stornogebühren, jedenfalls aber den Mindestrückkaufswert.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 9.374,67 € zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 602,14 € zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 694,01 € freizustellen, die die Rechtsanwaltskanzlei F, Tstraße 19, C, ihm gegenüber hat, die aufgrund der außergerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Bezug auf die streitgegenständlichen Forderungen entstanden sind.

Hilfsweise:

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über den zum Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Rückkaufswert ohne Abzug von Stornokosten und Verrechnung von Abschlusskosten zum Vertrag mit der Versicherungsnummer 82.187.972 zu erteilen, hilfsweise, ihm zum Vertrag mit der Versicherungsnummer 82.187.972 Auskunft zu erteilen über die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe (Mindestrückkaufswert) zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Widersprüche seien verfristet. Schadensersatzansprüche bestünden nicht. Sie sei zur Mitteilung der Abschlusskosten nicht verpflichtet. Den Mindestrückkaufswert zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags durch Kündigung hat sie in der Klageerwiderung auf 5.823,35 € beziffert; einen Stornoabzug habe sie nicht erhoben.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. April 2014, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zwar sei die Widerspruchsbelehrung drucktechnisch nicht hinreichend hervorgehoben. Das Widerspruchsrecht sei aber ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen; § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei ungeachtet der vom EuGH festgestellten Europarechtswidrigkeit weiterhin anzuwenden.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Zu Recht habe das Landgericht die Belehrung in formeller Hinsicht als nicht ausreichend erachtet. In Anwendung der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - entwickelten Grundsätze sei er zeitlich unbegrenzt zum Widerspruch berechtigt. Zu den Hilfsanträgen führt er aus, ein Stornoabzug sei unabhängig davon, ob der Mindestrückkaufswert erreicht sei, immer nachzuzahlen.

Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil. Die Widerspruchsbelehrung sei wirksam. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht innerhalb der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ausgeübt worden. Es sei jedenfalls verwirkt. Unabhängig davon stehe dem Kläger ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe zu. Von den Prämienzahlungen seien die Risikobeiträge in Höhe von 410,- € sowie die Abschluss- und Verwaltungskosten in Höhe von 2.875,- € in Abzug zu bringen. Fondserträge seien nicht erzielt worden. Die Sparanteile der vom Kläger gezahlten Beiträge hätten rund 8.900,- € betragen, während sich bei Vertragsbeendigung ein Fondsvermögen von insgesamt 8.562,01 € ergeben habe. Das Risiko, dass die Fonds Verluste erwirtschaften, habe der Kläger zu tragen. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der von ihm auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich des Prämienanteils, der auf den Risikoschutz entfallen ist, und abzüglich des bei Vertragsbeendigung ausgekehrten Betrages. Nutzungen stehen dem Kläger nicht zu.

1.

Der Kläger konnte dem Vertragsschluss noch mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2013 widersprechen.

Die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ist nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der hier maßgebenden Frist von 14 Tagen erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.

Vorliegend ist die Widerspruchsbelehrung auf der Rückseite der Police (GA 31 R) - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben, weil die Belehrung über das Widerspruchsrecht selbst nicht in Fettdruck gehalten ist, sondern lediglich die Überschrift "Widerspruchsrecht" und vor allem der sich unmittelbar an die Widerspruchsbelehrung anschließende Text über das Widerspruchsrecht nach § 5 VVG a.F. bei Abweichungen vom Antrag fettgedruckt ist, was von der (nicht fettgedruckten) Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. ablenkt.

2.

Der Kläger war noch im Jahr 2013 zum Widerspruch berechtigt. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der vorsah, dass das Recht zum Widerruf ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, ist auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - (VersR 2014, 817; bestätigt mit Urt. v. 30. Juli 2014 - IV ZR 85/12 -) im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 - (VersR 2014, 225) entschieden. Der Senat folgt dieser Entscheidung. Er hat zwar bislang die Auffassung vertreten, eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung, die dazu führt, § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. im Bereich der Lebensversicherung nicht anzuwenden, sei nicht möglich. Der Senat hält die jetzt vom Bundesgerichtshof vorgenommene Beurteilung allerdings für - auch verfassungsrechtlich - vertretbar, so dass keine durchgreifenden Bedenken bestehen, nunmehr auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2014 zu entscheiden.

Das Widerspruchsrecht ist nicht verwirkt. Mit der Ausübung des Widerspruchs im Jahr 2013 hat der Kläger auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Dem steht schon entgegen, dass die Beklagte es versäumt hat, den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht zu belehren (vgl. BGH, aaO, Rz. 38-40).

3.

Der Kläger kann somit dem Grunde nach die gezahlten Prämien aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) zurückverlangen, weil sie diese rechtsgrundlos geleistet hat.

Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB allerdings nicht uneingeschränkt alle Prämien, die die Klägerin an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO) darf im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden In Rechnung zu stellen ist insbesondere, dass der Versicherungsnehmer während der Dauer der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen hat; diesen muss er sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung als erlangten Vermögensvorteil anrechnen lassen. Bei Lebensversicherungen kann, so der Bundesgerichtshof, etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (aaO).

Ausgehend hiervon muss sich der Kläger unter Zugrundelegung der von der Beklagten in der Berufungserwiderung mitgeteilten, vom Kläger nachfolgend nicht bestrittenen Zahlenwerte bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil für die Lebensversicherung in Höhe von 410,- € anrechnen lassen.

b)

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt allerdings eine Anrechnung desjenigen Prämienanteils, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen ist, nicht in Betracht. Sie kann - insbesondere in Bezug auf in den Abschlusskosten enthaltene Provisionsansprüche der Versicherungsvermittler - insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB erheben. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2014 folgt nicht, dass zugunsten des Versicherers sämtliche Kosten, die unmittelbar oder mittelbar mit der Gewährung von Versicherungsschutz während der Dauer der Prämienzahlung zusammen hängen, mindernd zu berücksichtigen sind. Bei der vom Bundesgerichtshof verlangten gerechten Risikoverteilung darf nicht außer Betracht bleiben, dass der Versicherer durch ein ihm zuzurechnendes Fehlverhalten (hier eine unzureichende Widerspruchsbelehrung) wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Vertrag im Zustand schwebender Unwirksamkeit verblieben ist und nicht wirksam werden konnte. Bei dieser Sachlage erscheint es nicht angemessen, den Versicherungsnehmer mit den Kosten für den (letztlich nicht wirksam zustande gekommenen) Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Das steht im Einklang mit allgemeinen bereicherungsrechtlichen Erwägungen. Ob ein Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die er vorgenommen hat, bereicherungsmindernd geltend machen kann, hängt maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das Risiko des Entstehens dieser Aufwendungen zuzurechnen ist (BGHZ 109, 139; BGHZ 116, 251; NJW 2014, 854, Rz. 36). Ausdrücklich hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 109, 139) entschieden, dass einem Leasinggeber bei Rückabwicklung aufgrund berechtigter Wandlung des Kaufvertrags gegen den Leasingnehmer kein Anspruch auf die Vertragskosten (Kaufpreis und sonstige mit dem Abschluss des Leasingvertrags in Zusammenhang stehende Kosten) zusteht, weil der Leasingnehmer keine mangelfreie Leistung erhalten hat. Diese Wertung greift auch in der vorliegenden Konstellation. Dass es nicht zu einem wirksamen Vertragsschluss gekommen ist und dem Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrags deshalb auch nach Jahren noch widersprochen werden kann, beruht hier maßgebend darauf, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat. Das Risiko, dass er deswegen seine Vertragskosten (in Gestalt der Abschluss- und Verwaltungskosten) unnötig aufgewandt hat, muss beim Versicherer bleiben.

Der Kläger muss sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung auch nicht mindernd anrechnen lassen, dass die Fonds, in die die Sparanteile der Prämien angelegt worden sind, nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beklagten Verluste erwirtschaftet haben. Dieses Risiko kann mit Blick darauf, dass der Lebensversicherungsvertrag nach dem wirksam ausgeübten Widerspruch ex tunc - und nicht etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses nur ex nunc - rückabzuwickeln ist (s. BGH, VersR 2014,817, Rz. 41), nicht dem Kläger aufgebürdet werden. Der Umstand, dass er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung mit den aus den Vertragsunterlagen ersichtlichen Risiken entschieden hat, ist wegen der Unwirksamkeit des Vertrags nach Widerspruch ohne Bedeutung, weil es eine umfassende vertragliche Bindung gerade nicht gegeben hat. Davon ist nach der klaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur insoweit eine Ausnahme zu machen, als es um den von der Versicherung faktisch gewährten Versicherungsschutz geht (BGH, aaO, Rz. 45). Zu Unrecht bezieht sich die Beklagte für ihre abweichende Ansicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abwicklung des Widerrufs eines Beitritts zu einem Immobilienfonds nach dem HWiG. Dort besteht die Besonderheit, dass sich die Rechtsfolgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten, d.h. die Beteiligung wird nur ex nunc rückabgewickelt (s. BGH, GWR 2010, 424). Es besteht kein Anspruch auf Rückgewähr der Einlagen, sondern nur ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zum Stichtag des Wirksamwerdens der Widerrufserklärung (BGH, NJW-RR 2005, 180, Rz. 25). In der vorliegenden Konstellation kann der Versicherungsnehmer aber grundsätzlich als Folge der Unwirksamkeit des Vertrags nach Widerspruch eine Rückabwicklung ex tunc und damit die Rückerstattung seiner Beiträge verlangen. Das Risiko, dass mit dem Sparanteil der Prämien Verluste erwirtschaftet worden sind, muss bei dieser Sachlage beim Versicherer verbleiben.

Danach ergibt sich folgende Berechnung: Der Kläger hat unstreitig Prämien in einer Gesamthöhe von 11.833,30 € gezahlt. Davon ist der Risikoanteil der Lebensversicherungsprämien (410,- €) abzuziehen. Das ergibt einen Betrag von 11.423,30 €.

4.

Nutzungen stehen dem Kläger nicht zu.

Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB beschränkt sich auf die Erstattung tatsächlich gezogener Nutzungen (BGH, Beschl. v. 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11 - m.w.N.). Hierfür ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich bedarf es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrags des Versicherungsnehmers (BGH, aaO). Erstinstanzlich hat der Kläger Zinsen mit einem Zinssatz von 5% über dem Basiszinssatz geltend gemacht (GA 4). Soweit damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, es sei zu vermuten, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, wäre diesem Ansatz bei der hier streitgegenständlichen fondsgebundenen Lebensversicherung nicht zu folgen.

Von vornherein fehlt einer solchen Vermutung die Basis für denjenigen Prämienanteil, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfällt. Dieser Teil der Prämie wird bestimmungsgemäß nicht zur Kapitalanlage verwendet, so dass auch nicht vermutet werden kann, die Beklagte habe insoweit aus den eingezahlten Beiträgen Nutzungen gezogen.

Eine solche Vermutung gilt bei fondsgebundenen Lebensversicherungen auch nicht in Bezug auf den Sparanteil der Prämie, denn dieser wird vereinbarungsgemäß in Fondsanteilen angelegt; dem Versicherungsnehmer steht als eine tatsächlich gezogene Nutzung im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB nur der mit der Anlage des Sparanteils erzielte Gewinn, der sich hauptsächlich in der Differenz zwischen der Summe der Sparanteile der Prämien und dem Fondsguthaben bei Vertragsbeendigung widerspiegelt, zu.

Ohnehin kann auf Vermutungen nicht abgestellt werden, weil hier die Beklagte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast konkrete Angaben gemacht hat. Danach hat der Sparanteil rund 8.900,- € betragen, während das Fondsvermögen bei der Auszahlung 8.562,01 € ausgemacht hat. Es wurden mithin keine Gewinne erzielt. Dem ist der Kläger nicht weiter entgegengetreten.

Gemäß den vorstehenden Ausführungen ergibt sich: Von dem von der Beklagten grundsätzlich zurückzuerstattenden Prämienanteil in Höhe von 11.423,30 € ist der ausgekehrte Betrag von 8.582,07 € abzuziehen, so dass sich ein zu erstattender Betrag von 2.841,23 € ergibt.

Der Betrag von 2.841,23 € ist ab Rechtshängigkeit mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

5.

Die Forderungen des Klägers sind nicht ganz oder teilweise verjährt. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ist erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden (so in etwas anderem, aber vergleichbaren Zusammenhang: BGH, VersR 2013, 899, Rz. 16). Die gegenteilige Auffassung von Armbrüster (VersR 2012, 513, 522 f.) überzeugt nicht. Danach soll der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch bereits mit der Zahlung der jeweiligen Versicherungsprämie entstehen, weil der Vertrag schwebend unwirksam sei. Hierzu hat sich Armbrüster auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1976, 104, 105) bezogen, der jedoch eine abweichende Fallkonstellation zugrunde lag. Vorliegend ist maßgebend, dass der Vertrag erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers, den Widerspruch zu erklären, endgültig unwirksam geworden ist, während er zuvor von beiden Parteien wie ein wirksamer Vertrag durchgeführt wurde. Erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts steht fest, dass der Vertrag rückabzuwickeln ist, so dass der Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers auch erst zu diesem Zeitpunkt entsteht. Unabhängig davon wäre auch fraglich, ob schon mit der Zahlung der Prämie eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB angenommen werden könnte. Das wird wegen der Schwierigkeit der Rechtslage kaum anzunehmen sein (so auch Jacob, juris-PR-VersR 8/2014, Anm. 2).

6.

Auf Schadensersatzansprüche ist die Berufung weder, soweit es die Unrichtigkeit der Belehrung angeht, noch in Bezug auf etwaige "Kickback"-Zahlungen gestützt.

7.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten zu. Einen Anspruch aus Verzug macht er ersichtlich nicht geltend; er leitet den Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen unrichtiger Widerspruchsbelehrung her (GA 11). Darauf kommt der Kläger aber - wie dargelegt - in der Berufung nicht mehr zurück. Im Übrigen würde insoweit auch gelten, dass ein Anspruch auf Schadensersatz wegen unzureichender Widerspruchsbelehrung hat nicht schlüssig dargelegt ist. Der Bundesgerichtshof hat im Anwendungsbereich des HWiG - vorgegeben durch 2 Vorabentscheidungen des EuGH (NJW 2005, 3551 und 3555) - allerdings entschieden, dass die nach diesem Gesetz verlangte Widerrufsbelehrung eine echte Rechtspflicht darstellt, deren Verletzung bei Verschulden zu einem Schadensersatzanspruch führen kann (BGHZ 169, 109, 120; BGH, VersR 2008, 1544). Ob diese Rechtsprechung, die auf den Besonderheiten des HWiG und den insoweit maßgebenden europarechtlichen Vorgaben beruht, unbesehen auf andere Widerrufs-/ oder Widerspruchsrechte übertragen werden kann (so offenbar Ebers in: Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG, 2. Aufl., § 8, Rn. 52), erscheint fraglich. Das kann hier aber dahingestellt bleiben. Selbst wenn man auch im Anwendungsbereich des § 5a VVG a.F. eine Rechtspflicht zur Belehrung über das Widerspruchsrecht annehmen wollte, kann daraus nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Schadensersatzanspruch nur dann hergeleitet werden, wenn die Schadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes feststeht. Dazu aber fehlt jeder Vortrag des Klägers. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt insoweit nicht (so ausdrücklich BGHZ 169, 109 ff., Tz. 43). Dass der Kläger sich bei ordnungsgemäßer Belehrung zu einem fristgerechten Widerspruch entschlossen hätte, liegt auch eher fern, denn augenscheinlich wollte er sich vertraglich binden und hat den Vertrag dann fast 14 Jahre lang durchgeführt.

8.

Die Hilfsanträge dürften - jedenfalls soweit es den Rückkaufswert und den Mindestrückkaufswert angeht - unter der Bedingung stehen, dass der Widerspruch nach § 5a VVG a.F. nicht mehr wirksam ausgeübt werden konnte, denn wenn dieser greift, besteht für vertragliche Ansprüche keine Rechtsgrundlage mehr. Unabhängig davon fehlt es hierzu an einer Berufungsbegründung, die sich nur in Bezug auf den Stornoabzug findet. Insoweit ist die Stufenklage indes jedenfalls unbegründet, weil schon nicht ersichtlich ist, dass ein Stornoabzug vertraglich vereinbart war. Zu dem hier vereinbarten Tarif FG98 heisst es in der Police vielmehr unzweideutig: "Der in § 6 der Allgemeinen Bedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung angesprochene Stornoabzug entfällt." (GA 32 R).

9.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Im Rahmen der Kostenentscheidung ist berücksichtigt, dass die hilfsweise erhobene Stufenklage ohne Erfolg geblieben ist.

Der Senat lässt die Revision zu, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Wie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrags, dem wirksam widersprochen worden ist, erfolgt, ist bislang in den Einzelheiten nicht geklärt.

Berufungsstreitwert: 9.374,67 €

Maßgebend ist der (höhere) Streitwert der Hauptanträge (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG); auch mit den Hilfsanträgen werden Ansprüche aus der Abwicklung des Versicherungsvertrags verfolgt, so dass das Anspruchsziel bei wirtschaftlicher Betrachtung identisch ist.