OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.03.2015 - 4 B 1480/14
Fundstelle
openJur 2015, 21721
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 L 3006/14
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage - 3 K 7275/14 - gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2014 ausgesprochene Gewerbeuntersagung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2013 - 5 B 592/13 -, juris, Rdn. 6.

Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich die - von der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ausgehenden - Gefahren für die Allgemeinheit in dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter verwirklichten. Dieser Umstand begründe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und überwiege das private Interesse an deren einstweiligen Nichtvollzug. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.

Die im Weiteren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 mit dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Gewerbeuntersagung erweist sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig und es sind keine Umstände ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen können.

Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des von dem Antragsteller derzeit ausgeübten Gewerbes eines Handelsvertreters für Bauelemente und Glasereiprodukte ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht davon aus, dass der Antragsteller unzuverlässig ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, DÖV 1982, 900; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rdn. 23 ff. mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.

Zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte sich die Prognose einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers daraus, dass er kurz zuvor, am 24. Juli 2014, sein derzeitiges Gewerbe begonnen hat, obwohl er wirtschaftlich leistungsunfähig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller beim Finanzamt L. aus der Zeit von Dezember 2002 bis März 2006 Steuerrückstände in Höhe von rund 50.000,00 Euro (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen- und Umsatzsteuer zzgl. Zinsen, Verspätungs- und Versäumniszuschläge). Die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 337,00 Euro erfolgte am 29. Dezember 2003. Vollstreckungsversuche verliefen im Wesentlichen erfolglos. Ob die auf Schätzungen des Finanzamtes beruhenden Steuerforderungen materiell rechtmäßig sind, ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1994 - 1 B 114.94 -, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 5 = juris, Rdn. 10, vom 12. Januar 1996 - 1 B 177.95 -, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 62 = juris, Rdn. 5 und vom 12. März 1997 - 1 B 72.97 -, juris, Rdn. 4; OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 - 4 A 156/97 -, juris, Rdn. 18.

Weiterhin hatte die Antragsgegnerin Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 2.927,47 Euro (rückständige Gebühren, Verwarnungs- und Bußgelder).

Zudem hatte der Antragsteller bereits am 15. November 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ferner ist am 27. Dezember 2013 seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 h Abs. 1 ZPO angeordnet worden, weil er nach einer zuvor von ihm abgegebenen Vermögensauskunft vermögenslos ist.

Schon danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Aufnahme seines derzeitigen Gewerbes wirtschaftlich leistungsunfähig war. Auf die Frage, ob bereits zu diesem Zeitpunkt auch seine Verbindlichkeiten gegenüber zwei Kreditinstituten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro existierten, kam es demzufolge nicht mehr an.

Diese Leistungsunfähigkeit begründete die Unzuverlässigkeit des Antragstellers, weil sie auch anhaltend war.

Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 29. April 1988 - 1 B 41.88 -, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 46; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1996 - 25 A 5043/95 -, GewArch 1997, 27 = juris, Rdn. 2.

Der Antragsteller hatte bereits im Dezember 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wodurch das Bestehen einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt belegt wird.

Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 4 A 1069/10 -; vgl. in diesem Zusammenhang auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2014, § 35 GewO, Rdn. 46.

Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer und redlicher Gewerbeausübung, bei dieser Sachlage eine gewerbliche Tätigkeit zu beginnen und damit das Vermögen der Gläubiger zu gefährden. Welche Umstände zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers geführt haben, ist nicht von Bedeutung. Denn ihm wird nicht die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit als solche zur Last gelegt, sondern die Tatsache, dass er hieraus nicht die angemessenen Folgen gezogen hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 74.78 -, GewArch 1982, 301.

Aus diesem Grund sind auch die von dem Antragsteller übersandten Unterlagen über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II im Jahre 2005 sowie seine Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit von November 1999 bis Januar 2000 nebst ergänzenden Unterlagen für die Frage seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant.

Umstände, die trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zum hier maßgeblichen Zeitpunkt eine andere, positive Prognose in Bezug auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes,

vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, a. a. O. = juris, Rdn. 29,

sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat vielmehr in einem Gespräch mit der IHK N. O. im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 erklärt, weder seine Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten noch seine Steuerschulden bei dem Finanzamt L1. tilgen zu können.

Im Übrigen lassen schon unabhängig davon die Steuerschulden des Antragstellers auf seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen. Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1988 - 1 B 164.87 -, GewArch 1988, 162, vom 11. Dezember 1996 - 1 B 250.96 -, GewArch 1999, 72 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 -, GewArch 1999, 72.

Die enorme Höhe der Steuerschulden des Antragstellers von mehr als 50.000,00 Euro und der Umstand, dass die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt L1. am 29. Dezember 2003 lediglich in Höhe von 337,00 Euro erfolgte, lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller seit langer Zeit nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen öffentlichrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Indem er gleichwohl im Juli 2014 eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, hat er sich unter Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft. Inwieweit sich die Verletzung seiner steuerlichen Zahlungspflichten auf Steuern bezogen hat, die aus seiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter bei der G. GmbH mit Sitz in E. und Betriebsstätte in L1. resultieren und somit nicht gewerberechtlicher Natur sind, ist ohne Belang. Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass die unzuverlässigkeitsbegründenden Tatsachen - wie dies bei jeder Verletzung von steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten der Fall ist - zu einer ungünstigen Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der betreffenden Person Anlass geben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 52.78 -, GewArch 1982, 233.

Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch daraus folgt, dass er wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 5. Januar 2012 - 35 Js 801/11 31 Cs 3/12 -) und wegen Betruges (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 16. August 2012 - 20 Js 823/12 31 Cs 393/12 -) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine abschließende Beurteilung kann allerdings erst nach Beiziehung der Strafakten erfolgen.

Vgl. hierzu Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 37.

Die Gewerbeuntersagung war nach Aktenlage auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, weil die Unzuverlässigkeit des Antragstellers das Vermögen der öffentlichen Hand gefährdete.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.

Die danach erforderliche gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist zu bejahen. Seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit lässt ihn für die Ausübung aller Gewerbe als unzuverlässig erscheinen.

Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 - 4 A 156/97 -, juris, Rdn. 25; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 - 1 B 164.87 -, a. a. O., 163.

Jedenfalls ergibt sich seine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit aus der Verletzung seiner steuerrechtlichen Verpflichtungen, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 - 1 B 164.87 -, a. a. O., 163; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, a. a. O. = juris, Rdn. 35, mit weiteren Nachweisen.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung war ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die über das betriebene Gewerbe hinausgehende Untersagung verlangt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende zukünftig eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit ausüben wird. Vielmehr ist sie schon dann erforderlich, wenn - wie hier - keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Ausweichen auf eine solche Tätigkeit ausschließen, weil der Betreffende durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet hat, sich irgendwie gewerblich zu betätigen.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 CB 2.81 -, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 38 = juris, Rdn 35; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, a. a. O. = juris, Rdn. 37 f. mit weiteren Nachweisen.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter Ermessensfehlern leidet.

Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung das private Interesse des Antragsellers, sein Gewerbe vorläufig fortführen zu können. Zwar ist die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil sich diese bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erwiesen hat. Vielmehr erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist.

Vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - 2 CS 11. 2428 -, juris, Rdn. 6; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 - 4 BS 149/09 -, nicht veröffentlicht.

Hierfür muss die begründete Besorgnis bestehen, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung realisieren kann. Dies beurteilt sich nach der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit sind auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. September 2013 - 4 B 907/13 - und vom 11. Oktober 2013 - 4 A 457/13 -; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 - 4 BS 149/09 -, nicht veröffentlicht; Gröning in: Pielow, GewO, München 2009, § 35 GewO, Rdn. 63; Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 111.

In Bezug auf den Antragsteller besteht die Besorgnis, dass er auch während des Klageverfahrens seine laufenden Steuern beim Finanzamt L1. nicht bezahlt und seine steuerlichen Rückstände weiter ansteigen. Hierdurch würde sich auch seine wirtschaftliche Situation weiter verschärfen. Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Antragsteller laut Mitteilung des Finanzamtes L1. vom 9. Januar 2015 auch weiterhin seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vornehme, weshalb die Steuern weiter geschätzt würden. Zahlungen seitens des Antragstellers erfolgten ebenfalls nicht. Unter dem 12. Februar 2015 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats weiter mitgeteilt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern für die Monate Juli und August 2014, die zum 17. November 2014 fällig geworden seien, mittlerweile auf 53.724,57 Euro angestiegen seien. Einer dieser Mitteilung beigefügten Aufstellung des Finanzamtes L1. ist zu entnehmen, dass dieser Betrag auch die Umsatzsteuern für die Monate August und September 2014 umfasst, die ebenfalls zum 17. November 2014 fällig geworden und vom Antragsteller bisher nicht gezahlt worden sind.

Angesichts dessen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller auch derzeit nicht willens oder in der Lage ist, seinen laufenden steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen und dass aufgrund dessen seine Steuerschulden während des Klageverfahrens weiter anwachsen werden.

Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 geht die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels, die Frist zur Einstellung des ausgeübten Gewerbes und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).