OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.05.2015 - 2 W 18/15
Fundstelle
openJur 2015, 19209
  • Rkr:

1. Im Rahmen der für fristwahrende Schriftsätze gebotenen Fristenkontrolle ist die für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist.

2. Darüber hinaus gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldnerin gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 (Az.: 35 O 44/14) wird

v e r w o r f e n.

2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge: 50.000,- EUR.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Ordnungsmittelbeschluss des Vorsitzenden des 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2015 ist unzulässig.

A

Das Landgericht hat, gestützt auf den Verfügungsbeschluss vom 23. Mai 2014, der durch landgerichtliches, nicht rechtskräftiges Urteil der Kammer vom 25. November 2014 bestätigt worden ist, auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin wegen der Internetveröffentlichung gemäß Anlage AST 5 in dem angegriffenen Beschluss gegen die Vollstreckungsschuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- EUR festgesetzt und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft.

Wegen des Sachverhaltes und der Begründung des landgerichtlichen Beschlusses wird auf die Darstellung in dem Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 Bezug genommen.

B

Gegen diesen am 02. März 2015 zugestellten Beschluss hat die Vollstreckungsschuldnerin durch Schriftsatz vom 16. März 2015 sofortige Beschwerde eingelegt, die am 17. März 2015 beim Landgericht einging. Unter dem 18. März 2015 hat sie ihr Rechtsmittel wiederholt und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gestellt; dieser Schriftsatz ging nebst Anlagen am 20. März 2015 beim Landgericht ein.

Die Vollstreckungsschuldnerin trägt vor:

Die Fristversäumnis beruhe auf einem einmaligen Versehen der ordnungsgemäß ausgebildeten, seit 2005 in der Kanzlei der Vollstreckungsschuldnervertreter stets zuverlässig arbeitenden Assistentin Frau M... Sie habe entgegen der allgemeinen Kanzleianweisung die Beschwerdeschrift nicht vorab per Fax gesandt und dabei eine Einzelanweisung verletzt, die ihr am 16. März 2015, gegen 14 Uhr, durch den zuständigen Rechtsanwalt erteilt worden sei. Die Fristenkontrolle der Schuldnervertreter sei ordnungsgemäß organisiert.

In der Sache sei der Beschluss des Landgerichts vom 24.02.2015 schon deshalb aufzuheben, da die einstweilige Verfügung vom 23.05.2014 aufzuheben sei. Dazu verweist die Vollstreckungsschuldnerin auf ihr Berufungsvorbringen in Sachen 2 U 152/14.

Unstreitig habe die Schuldnerin mit der Eigentümerin des Grundstücks auf B...-E... einen neuen Vertrag geschlossen, denjenigen vom 28. Mai 2014. Mit diesem Vertrag gewähre die Eigentümerin der Schuldnerin unstreitig ein Recht, das die Realisierung des Vorhabens hinlänglich absichere.

Die Schuldnerin habe den Vortrag der Gläubigerin zu einem Telefonat, in dem das Kündigungsrecht der Eigentümerin zur Sprache gekommen sei, mit Schriftsatz vom 26.09.2014 mit Nichtwissen bestritten. Damit sei die einzige Anknüpfungstatsache, die die Gläubigerin für die angebliche Kündbarkeit des neuen Vertrages vorgetragen habe, bestritten. Die Kammer habe deshalb nicht annehmen können, die Schuldnerin habe die Kündbarkeit zugestanden. Die Gläubigerin habe vielmehr ihrer Darlegungslast nicht genügt, indem sie die Kündbarkeit ins Blaue hinein behauptet habe. Diese Erwägung habe hier deshalb ein besonderes Gewicht, weil die Gläubigerin eine Wettbewerberin der Schuldnerin sei und deshalb am Inhalt der Verträge zwischen der Schuldnerin und der Eigentümerin des Grundstücks ein eigenes wettbewerbliches Interesse habe. Die Schuldnerin könne nicht gezwungen werden, zum Inhalt dieser Verträge vorzutragen, wenn die Gläubigerin etwaige Inhalte ohne unstreitige Anknüpfungstatsachen behauptet habe.

Selbst wenn der Vertrag mit sechswöchiger Frist kündbar wäre, bilde er eine im Sinne des Tenors ausreichende Grundlage für die beanstandeten Äußerungen auf m... .com.

Der Verbotstenor sei, wie schon der Verfügungsantrag, zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), was die Vollstreckungsschuldnerin weiter ausführt (s. BB 8 ff.), zumindest aber so auszulegen, dass jeglicher Vertrag, der der Schuldnerin einen Anspruch auf den Zugriff auf das Grundstück gewähre, aus dem Verbot hinausführe. Denn weder aus dem Verbotstenor noch aus der Antragsbegründung gehe die Forderung nach einer bestimmten Qualität, insbesondere nach einer Unkündbarkeit des Vertrages hervor.

Die Formulierung „gesicherte Vertragsgrundlage" verdeutliche, dass der vertraglich vereinbarte Zugriff auf das Grundstück - auf welche Weise auch immer - zusätzlich „gesichert" sein müsse, es sich also um eine in irgendeiner Weise qualifizierte Vertragsgrundlage handeln müsse. Die Formulierung „durch Verträge...gesichert" lege dagegen das Verständnis nahe, dass allein der vertragliche Anspruch auf Zugriff auf das Grundstück zu einer „Sicherung" der Planung und Entwicklung im Sinne des Verbotes führe.

Die Vollstreckungsschuldnerin könne während der Kündigungsfrist unstreitig durch einseitige Erklärung das Grundstück selbst erwerben oder Dritten diesen Erwerb vermitteln. Solange der Vertrag laufe, könne die Eigentümerin diesen Erwerb nicht verhindern. Die Schuldnerin könne deshalb durch Ausübung des Erwerbsrechts vor Ablauf der Kündigungsfrist dem Entzug des Grundstücks durch die Eigentümerin zuvorkommen.

Schließlich habe die Schuldnerin die Werbung für das Projekt E... in vielerlei Hinsicht geändert. Mit dem veränderten Text behaupte die Schuldnerin in keiner Weise, dass die Verwirklichung des Vorhabens feststehe.

Mittlerweile hat der M... H... im Berufungsverfahren 2 U 152/14 eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt (GA 461), in der es unter anderem heißt:

„28.05./2.06.2014 vereinbarte Pachtgarantie ist mit einer Frist von sechs Wochen kündbar.

In dem Vertrag wird uns wie folgt eine Option zum Erwerb des Grundstücks eingeräumt:

„R... verpflichtet sich während der Laufzeit dieser Vereinbarung das bezeichnete Grundstück nicht an Dritte im Erbbaurecht zu vergeben bzw. das Grundstück an Dritte zu verkaufen. Während der Laufzeit dieser Vereinbarung erhält M... weiterhin das Recht, die in der UR-Nr. 0...0/2012 des Notars Dr. G... und der Ergänzungsurkunde UR-Nr. G1...8/2013 beschriebene Option auf Annahme des Angebotes des Erbbaurechtsvertrages auszuüben oder das bezeichnete Grundstück zur Realisierung des M... Konzeptes für einen Kaufpreis von [...] (zuzgl. 19 % MwSt.) zu erwerben bzw. einen entsprechenden Käufer zu benennen. Die Annahme des Angebots des Kaufes ist durch M... oder den benannten Käufer durch einen geeigneten Finanzierungsnachweis und einer bindenden Absichtserklärung glaubhaft zu machen. Für die Annahme des Angebots des Erbbaurechtsvertrages gelten die Bestimmungen der oben genannten UR-Nr. 0...0/2012 und UR-Nr. 01...8/2013."

Der Vertrag enthält keinen Hinweis darauf, dass die Option nicht innerhalb der 6-wöchigen Kündigungsfrist ausgeübt werden kann.“

Auf einen gerichtlichen Hinweis durch Verfügung des Vorsitzenden vom 07. April 2015 hat die Vollstreckungsschuldnerin weiter vorgetragen:

Die Kontrolle am Ende des Arbeitstages sichere die Erledigung der Fristsachen lediglich zusätzlich. Es bestehe, wie vorgetragen, die Anweisung,

- alle fristwahrenden Schriftsätze vorab per Fax zu senden,- auf die erste Seite der fristwahrenden Schriftsätze fett „vorab per Fax" zu notieren,- nach der Faxsendung die Faxnummer auf dem Sendebericht mit der auf dem Schriftsatz notierten Nummer zu vergleichen,- die Frist erst zu streichen, wenn geprüft worden ist, ob das Schriftstück vollständig an die richtige Faxnummer gesendet wurde, und wenn gemäß einer Prüfung der Akte auch im Übrigen nichts mehr zu veranlassen ist.

Dies stehe im Einklang mit den Anforderungen des Bundesgerichtshofes.

Es sei vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die Rechtanwälte der Sozietät die Ausführung der Kanzleianweisung in regelmäßigen Stichproben kontrollierten und die Assistentinnen regelmäßig an sie erinnerten, ferner, dass der Unterzeichner in regelmäßigen Stichproben den Umgang Frau M... mit Fristen kontrolliere.

Am fraglichen Tag sei eine Kontrolle nicht geboten gewesen.

Der Assistentin sei nicht vorzuwerfen, mehrere Fehler begangen zu haben. Sie habe gemeint, die Fristsache erledigt zu haben, ohne die Faxsendung zu überprüfen. Dieser Fehler habe sich nicht bei der dann folgenden Streichung der Frist und der zusätzlichen Kontrolle am Ende des Arbeitstages offenbart. Ein zusätzlicher Fehler sei der Assistentin deshalb nicht vorzuwerfen.

Die Vollstreckungsbeklagte regt an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sofern der Senat die Wiedereinsetzung versage.

Zum Ordnungsmittelbeschluss selbst vertieft die Beschwerde ihr Vorbringen und rügt, dass sich der Senat in seinem Beschluss vom 07. April 2015 (Az. 2 W 2/15) nicht mit der Argumentation der Vollstreckungsschuldnerin auseinandersetzt habe. Dies sei nun um so mehr geboten, als es um ein Ordnungsgeld gehe, das die Vollstreckungsschuldnerin durch seine Höhe vor erhebliche Probleme stellen würde. Es bestehe der Eindruck, der Senat habe die Bestimmtheit des Antrages und die Voraussetzungen einer Irreführung vermengt.

Ergänzend trägt die Vollstreckungsschuldnerin zur Vertragslage vor wie in der zitierten eidesstattlichen Versicherung ausgeführt. Die in dem Pachtvertrag mit der Grundstückseigentümerin vereinbarte Option könne auch innerhalb der sechswöchigen Frist zwischen Ausübung der Kündigung und Ende des Vertrages ausgeübt werden.

Zur Branchenübung legt die Vollstreckungsschuldnerin Stellungnahmen des Herrn Dr. P... H..., der H... P... GmbH & Co. KG vom 21.04.2014, der Frau Dr. K... H..., verantwortlich für strategische Projekte bei G... & Partner GmbH vom 20.04.2014 sowie die des Herrn Dr. P... F..., geschäftsführende Gesellschafter der Y... Immobilien GmbH vom 17.04.2014 vor (S 3, S 4, S 5).

Eine spekulative Realisierung ohne Käufer oder Mieter komme gerade bei Spezialimmobilien wie dem „M..." kaum vor, da deren Gestaltung und Ausstattung in hohem Maße von den Wünschen der zukünftigen Mieter abhänge. Ziel sei, in einem ersten Schritt gewerbliche Mietinteressenten auf das Immobilienprojekt aufmerksam zu machen. In einem zweiten Schritt würden konkrete Verhandlungen für eine Vermietung aufgenommen. Es sei üblich, dass gewerbliche Mietinteressenten über die noch zu schaffenden Voraussetzungen der Verwirklichung des Projekts bei Aufnahme der Mietvertragsverhandlung informiert würden. Je nach Sicherheit dieser Verwirklichung würden dann Möglichkeiten des Rücktritts oder aufschiebende oder auflösende Bedingungen vorgesehen, falls das Projekt letztlich nicht umgesetzt werde.

Auf Eigentümerseite bestehe in der Regel kein Interesse, das Eigentum am Grundstück frühzeitig zu Gunsten eines Interessenten dinglich zu sichern.

Im Ergebnis werde der Vollstreckungsschuldnerin die Möglichkeit genommen, in branchenüblicher Weise für die Vermarktung des Objekts zu sorgen und das Projekt auf diese Weise zu finanzieren. Das sei ein im höchsten Maße unbilliges Ergebnis.

Das Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin verstoße dem Wortlaut nach nicht gegen das Titelverbot. Der Vertrag mit dem Eigentümer sichere das Projekt.

Die Vollstreckungsschuldnerin bittet darum, über die Beschwerde mündlich zu verhandeln.

Sie beantragt,

1. der Schuldnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren

2. den Beschluss vom 24.02.2015 - 35 0 44/14 - aufzuheben und den Antrag auf seinen Erlass zurückzuweisen.

C

Das Landgericht hat der Beschwerde, den Wiedereinsetzungsantrag offen lassend, durch Beschluss vom 22. März 2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.II.

Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 890, 793 ZPO statthaft, aber unzulässig, da verfristet. Der Vollstreckungsschuldnerin ist die beantragte Wiedereinsetzung in die zweiwöchige, eingeräumtermaßen versäumte Beschwerdefrist nicht zu gewähren.

A

Der Antrag der Vollstreckungsschuldnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO in Ansehung der Beschwerdefrist ist zulässig.

B

Dieser Antrag ist jedoch nach Maßgabe der §§ 233 ff. ZPO unbegründet. Denn die Vollstreckungsschuldnerin hat diese Frist aufgrund eines Verschuldens ihrer Prozessbevollmächtigten versäumt, das ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Davon hat der Senat für seine Entscheidung auszugehen. Es obliegt der Partei, die Wiedereinsetzung erstrebt, die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung darzulegen und glaubhaft zu machen. Die Vollstreckungsschuldnerin hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass ihre Prozessbevollmächtigten durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen hätten, dass Rechtsmittelfristen in Fällen nicht versäumt würden, in denen eine Rechtsmittelschrift so spät abgesandt wird, dass ein rechtzeitiger Eingang des Schriftsatzes bei Gericht mit gewöhnlicher Post bei regelmäßigem Verlauf der Dinge nicht mehr angenommen werden kann und deshalb eine Telefaxübermittlung erforderlich ist, um die Rechtsmittelfrist zu wahren.

1.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 08. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645, Rn. 10; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330, Rn. 6; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8, je m.w.N.).

Darüber hinaus gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., s. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009, Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506, Rn. 7 f.; vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 f.; vom 09. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, MDR 2015, 112, bei juris Rz. 8, m.w.N.; vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, juris Rn. 9; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746, Rn. 9; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Rn. 7).

2.

Der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist nicht zu entnehmen, dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden wären. Unbeschadet der anderen gebotenen Kontrollanweisungen ist keine Anordnung der Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin dargetan, durch die gewährleistet wäre, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werde.

a)

Der Bundesgerichtshof fordert nicht lediglich eine Kontrolle der Streichung der Frist im Kalender, sondern anhand des Fristenkalenders, aus dem sich ergibt, welche Fristsachen an jenem Tag zu erledigen waren, eine Kontrolle, ob die Erledigung stattgefunden hat. Diese Kontrolle soll auch verhindern, dass die Streichung irrtümlich erfolgt ist. Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.

Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, bei juris Rz. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 04. November 2014 - VIII ZB 38/14, bei juris Rz. 10; und vom 26. Februar 2015 – III ZB 55/14, MDR 2015, 481, bei juris Rz. 18).

Diesen Zweck kann sie nur erfüllen, wenn anhand des Fristenkalenders eine über die Streichung hinausgehende Überprüfung erfolgt, ob der fristwahrende Schriftsatz ordnungsgemäß behandelt wurde. Dies erfordert bei Schriftsätzen, die per Telefax übermittelt werden müssen, um eine Frist noch wahren zu können, dass anhand des Sendeprotokolls die ordnungsgemäße Übersendung an das Gericht noch einmal überprüft wird.

b)

Eine derartige Anweisung hat die Vollstreckungsschuldnerin weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht. Sie hat sich zunächst auf einen ganz allgemeinen Vortrag beschränkt, dass am Ende des Arbeitstages eine erneute Kontrolle angewiesen sei. Auch auf den Hinweis des Vorsitzenden hin, dass der Vortrag zu allgemein gehalten sei, hat die Vollstreckungsklägerin im Wesentlichen substanzlos behauptet, ihre Prozessbevollmächtigten hätten die gebotenen Anweisungen gegeben, um eine ordnungsgemäße Fristenbearbeitung sicherzustellen.

c)

Ferner haben die Vollstreckungsschuldnervertreter nur ganz pauschal und ohne Inhalt und Frequenz der Kontrollen zu beschreiben, behauptet, sie würden überwachen, dass das Kanzleipersonal die ihm gegebenen Anweisungen zum Arbeitsablauf einhalte. Auch auf den gerichtlichen Hinweis hin ist keine Substantiierung erfolgt.

d)

Dahinstehen kann, dass der Senat nach wir vor davon ausgeht, dass die zuständige Angestellte am 16. März 2015 kurz hintereinander mehrere Fehler bei ihrer Arbeit gemacht hat, die - ausgehend vom Vortrag der Vollstreckungsschuldnerin - gegen verschiedene Anweisungen zum Umgang mit fristwahrenden Schriftsätzen und der Streichung von Fristen verstoßen hat, so dass nicht glaubhaft gemacht ist, dass es sich bei ihr um eine zuverlässige Kraft gehandelt habe, der diese verantwortungsvollen Aufgaben eigenständig übertragen werden durften.

Sie hätte nach diesem Vortrag trotz einer Einzelanweisung die Übersendung des Schriftsatzes per Telefax vergessen, nicht daran gedacht, die Faxnummer auf dem Sendebericht mit der auf dem Schriftsatz notierten Nummer zu vergleichen (wodurch der erste Fehler hätte auffallen müssen), die Frist im Fristenkalender gestrichen, ohne geprüft zu haben, ob das Schriftstück vollständig an die richtige Faxnummer gesendet worden war (was wiederum den Ausgangsfehler hätte erkennen lassen), gleichwohl die Frist aus dem Fristenkalender gestrichen und keine effektive Erledigungskontrolle am Abend desselben Arbeitstages durchgeführt.

3.

Die unzureichende Ausgangskontrolle war ursächlich dafür, dass die Beschwerdefrist vorliegend versäumt wurde. Hätten die Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin in ihrer Büroorganisation die gebotenen Vorkehrungen getroffen, um insbesondere die abendliche Erledigungskontrolle zu gewährleisten, so wäre die Beschwerdefrist gewahrt worden. Denn dann wäre das Unterlassen festgestellt und die Beschwerdeschrift noch am selben Abend, mithin fristwahrend, an das Landgericht gefaxt worden. Davon ist der Senat ohne Weiteres überzeugt (vgl. zur Kausalität BGH, Beschlüsse vom 09. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, MDR 2015, 112, bei juris Rz. ; und vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151, Rn. 9).III.

Ausführungen zur Begründetheit der Beschwerde haben damit zu unterbleiben.

Lediglich vorsorglich weist der Senat, um Weiterungen zu vermeiden, darauf hin, dass gegen die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes nichts zu erinnern ist. Die Vollstreckungsschuldnerin verstößt wiederholt, mehrfach und offensichtlich hartnäckig gegen das Titelverbot. Der nunmehr gerügte Auftritt fand sich schon wenige Wochen, nachdem das Landgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- EUR gegen die Vollstreckungsschuldnerin verhängt hatte, im Internet. Die Vollstreckungsschuldnerin zeigt damit, dass sie nicht willens ist, sich an die gerichtliche Entscheidung zu halten.

Schon dies belegt, dass ein Ordnungsgeld in der Größenordnung von 5.000,- EUR bei Weitem nicht ausreicht, die Vollstreckungsschuldnerin von Verstößen abzuhalten.

Hinzu kommt, dass das wirtschaftliche Interesse der Vollstreckungsschuldnerin an derartiger Werbung nach ihrem eigenen Vortrag sehr groß ist. Sie trägt vor, für das streitgegenständliche Grundstück in B... monatlich einen fünfstelligen Pachtbetrag zahlen zu müssen. Dies belegt ihr wirtschaftliches Interesse an einer beschleunigten Vermarktung ihres Projektes und damit auch, dass ein hohes Ordnungsgeld erforderlich ist, um der Vollstreckungsschuldnerin den Anreiz zu nehmen, um dieses Interesses willen das gerichtliche Verbot zu missachten.

Außerdem wirken sich auch hinsichtlich des Strafcharakters des Ordnungsgeldes der Wiederholungsfall, die Rückfallgeschwindigkeit und die Hartnäckigkeit des Ungehorsams der Vollstreckungsschuldnerin gegenüber der Rechtsordnung aus.IV.

A

Die Kostenentscheidung folgt §§ 891, 97 ZPO.

B

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind vorliegend nicht gegeben. Diese wäre zwar statthaft (BGH, Beschlüsse vom 22. November 2012 - I ZB 18/12, bei juris Rz. 8; und vom 19. Februar 2015 – I ZB 55/13, WRP 2015, 590). Es liegt aber kein Zulassungsgrund vor. Denn die Beschwerdeentscheidung beruht nicht auf der von der Vollstreckungsschuldnerin für rechtsbeschwerdefähig gehaltenen Reichweite der Organisationspflichten des Rechtsanwaltes. Selbst wenn die sofortige Beschwerde zulässig wäre, hätte sie in der Sache gleichwohl keinen Erfolg gehabt. Der Senat verweist hierzu auf seinen Beschluss vom 07. April 2015 (Az.: 2 W 2/15), von dem abzuweichen der Senat keinen Anlass hätte.

C

Der Wert der Ordnungsmittelanträge erster Instanz rührt aus dem Interesse der Gläubigerin, künftige Verstöße gegen den Titel zu verhindern, der Beschwerdewert ergibt sich aus dem Interesse der Schuldnerin, dass das gegen sie festgesetzte Ordnungsgeld beseitigt werde.