LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.10.2014 - 22 TaBV 1/14
Fundstelle
openJur 2015, 19079
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2013 - 14 BV 1/13 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2013 - 14 BV 1/13 wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. (Betriebsratsmitglied, fortan Herr S.).

Der 37-jährige, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Beteiligte zu 3. ist bei der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (fortan Arbeitgeberin) seit dem 12.03.2001 aufgrund Arbeitsvertrages vom 09.03.2001 (mit Ergänzungen vom 09.03.2011 und 23.07.2012, auf die Bezug genommen wird) gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 4.013,03 EUR beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses stieg Herr S. vom Maschinenbediener bis zum Teamleiter Verpackung auf. In der Zeit vom 01.03.2011 bis 30.06.2012 war er kommissarischer Teamleiter der Abteilung Produktion und ab 01.07.2012 wieder Teamleiter Verpackung (auf die Arbeitsplatzbeschreibung vom 27.06.2012 wird Bezug genommen).

Die Arbeitgeberin beschäftigt regelmäßig ca. 510 Arbeitnehmer und stellt Konsumgüter Verpackungen her. Der Beteiligte zu 3 ist Mitglied des 11-Köpfigen Betriebsrates, sein Bruder ist Betriebsratsvorsitzender. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie Anwendung.

Mit Antrag vom 19.03.2013 begehrte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Beteiligten zu 2 (fortan Betriebsrat) zur außerordentlichen Kündigung des Herrn S., die das Arbeitsgericht nach dessen Ablehnung ersetzte. Über das vorliegende Verfahren mit dem Aktenzeichen 22 TaBV 1/14 (Beschwerdeverfahren Betriebsratszustimmung) hinaus waren noch anhängig: Das Verfahren mit dem Aktenzeichen 9 SaGa 1/13 (einstweilige Verfügung Weiterbeschäftigung), 9 TaBVGa 1/13 (einstweilige Verfügung Hausverbot), 10 TaBV 3/13 (Hausverbot Betriebsrat) und 11 Sa 3/14 (Hauptsache Weiterbeschäftigung).

Die Chronologie der Ereignisse ist im Wesentlichen unstreitig. Die Firma Q... (...). hat als Subunternehmerin mit anfangs zirka 15 Mitarbeitern im Auftrag der Arbeitgeberin Sortieraufträge durchgeführt (auf die mit der Anlage BG 5 und BG 6 vorgelegten Verfahrensanweisungen und Fotografien wird Bezug genommen). Der vormalige Mitgeschäftsführer der Firma Q..., Herr Hy., teilte nach seinem Zerwürfnis mit dem Mitgeschäftsführer V. und Ausscheiden aus der Firma am Sonntag, den 17.02.2013 Herrn Hä. (Geschäftsführer der Arbeitgeberin) per E-Mail mit, dass Herr S. eine finanzielle Vergütung für die Einflussnahme auf die Vergabe von Aufträgen durch die Arbeitgeberin an die Firma Q... erhalten habe. Herr Hy umriss die Summe der gewährten finanziellen Leistungen mit ca. 22.000,00 EUR (auf Bl. 89 + 90 d.e.A. sowie Bl. 130 bis 132 d.e.A. und 337 f. d.e.A. wird Bezug genommen). Weiter habe Herr S. darauf gedrängt, dass seine Ehefrau, U. S., bei der Firma Q... angestellt werde und eine monatliche Vergütung in Höhe von 400,00 EUR erhalte, ohne tatsächlich für die Firma Q... tätig werden zu müssen.

Im Zuge eines ersten Treffens am 18.02.2013 übergab Herr Hy. an Herrn Hä. ein ausgeschaltetes Mobiltelefon, das Herrn Hy. gehörte und nach dessen Aussage SMS Kurzmitteilungen des Herrn S. beinhalten sollte, die dort gespeichert seien und die Forderung einer höheren Geldsumme belegten. Herr Hy. bestätigte auf spätere Nachfrage mit E-Mail vom 18.02.2013, er habe in den Unterlagen nachgeschaut und es seien ca. 22.000,00 EUR, die Herr S. bekommen habe, des Weiteren sei Frau U. S. zu keiner Zeit für die Firma Q... tätig geworden (auf Bl. 91 d.e.A. sowie Bl. 131 + 132 d.e.A. wird verwiesen).

Am 19., 20. und 21. Februar 2013 fanden interne Gespräche bei der Arbeitgeberin statt und am Freitag, den 22. Februar 2013 kam es zur ersten Befragung des Herrn S. Bei dieser Besprechung waren Herr Hä., Herr F. der Leiter des Werks in N. sowie Herr Ro., G... S... I... A... Manager der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin anwesend. Herr S. trat den geäußerten Verdächtigungen entgegen, sagte aber zu, Stundenzettel seiner Ehefrau beizubringen. Die Arbeitgeberin recherchierte bis 25.02.2013 umfangreich nach Frau U. S. in den bei ihr vorliegenden Sortierunterlagen und es stellte sich schließlich (zuletzt unstreitig) heraus, dass keine Stundenzettel existierten und Frau U. S. von Dezember 2009 bis Mai 2010 in einem Geringverdienerverhältnis bei Firma Q... gemeldet war und dort die Aufgabe hatte, Sortiermitarbeiter für die Firma Q... zu rekrutieren.

Am 26.02.2013 kam es zu einer Unterhaltung zwischen dem Herrn S. und dem Werksleiter, Herrn F. Nach dem bestrittenen Vortrag der Arbeitgeberin habe Herr S. aus eigenem Antrieb eingeräumt, eine SMS-Kurzmitteilung an Herrn Hy. versandt zu haben. Diese SMS habe Herr S. mit Finanzierungsschwierigkeiten beim Bau seines Hauses gerechtfertigt. Familienangehörige habe er nicht fragen wollen. Banken hätten keinen Kredit gegeben. Herr Hy. habe zu einem früheren Zeitpunkt in anderem Zusammenhang die Möglichkeit finanzieller Unterstützung angedeutet. Letztlich habe er doch kein Geld von diesem erhalten. Sein Vater habe ihm einen Kredit über 4.000,00 EUR gewährt, den er derzeit noch zurückzahle.

Am 01.03.2013 stellte die Arbeitgeberin Herr S. zunächst befristet bis zum 08.03.2013 von der Arbeitsleistung frei. Unter dem Datum des 01.03.2013 wurde der Betriebsrat erstmalig beteiligt. Als erste Reaktion soll der Betriebsratsvorsitzende, der Bruder des Herr S., sinngemäß zu Herrn F. gesagt haben: „Ich habe ihm gesagt, dass er die Finger davon lassen soll“ (auf Bl. 100 d.e.A. sowie die Anhörung des Betriebsrats Bl. 137 bis 143 d.e.A. wird Bezug genommen). Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 01.03.2013, der Arbeitgeberin übergeben am 04.03.2013 (auf Bl. 144 + Bl. 145 d.e.A. wird Bezug genommen, des Weiteren auf das Schreiben des Betriebsrats an den Geschäftsführer der Arbeitgeberin Bl. 146 + 147 d.e.A.).

Am Freitag dem 08.03.2013 lagen die Ergebnisse des am 05.03.2013 mit dem Auslesen der gespeicherten Handydaten beauftragten Fachunternehmens vor.

Am 04.04.2012 hatte Herr S. an Herrn Hy. geschrieben: „Hallo Herr Hy... du wolltest dich melden. Hab eine Bitte an Euch habe ein Problem mit Geld ... Muss einige Sachen zahlen. Könnt ihr mir helfen ... Geld für dieses Jahr... Werde bestimmt mal wieder einen guten Auftrag für uns alle besorgen damit wir wieder zufrieden sind. Hat ja gut angefangen das Jahr. Gruß A...“

Eine weitere SMS vom 05.04.2012 lautete: „Hallo D..., geht es dir besser??? Ich habe 5.000,00 EUR Schulden, die mich gerade fertig machen...:-(( A...“

In einer dritten SMS vom 31.10.2012 stand: „Hallo D..., habe einen Termin beim Chef gegen euch. Hast du schon etwas denen gesagt? Werde es klären wie wir gesprochen haben. Wann bist du mal wieder unten, weißt schon :-)“

Es existiert noch eine weitere SMS vom 14.05.2012 die die Arbeitgeberin nicht erwähnte, die allerdings Herr S. zu seiner Entlastung einführt.

Am 11.03.2013 wurde der Betriebsrat ein zweites Mal beteiligt (auf Bl. 104 sowie die Bl. 151 bis 162 d.e.A. wird Bezug genommen). Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 13.03.2013 die Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung des Herrn S. (auf Bl.163 + 164 d.e.A. wird Bezug genommen). Am 19.03.2013 beantragte die Arbeitgeberin sodann die Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht.

Die Arbeitgeberin war beim Arbeitsgericht der Ansicht, die Zustimmung sei zu ersetzen. Die Kündigung sei als Tat- oder Verdachtskündigung begründet. Herr S. habe für sich selbst Geld gefordert und seine Ehefrau habe von der Firma Q... Geld ohne Gegenleistung erhalten. Herr S. habe faktisch die Einflussmöglichkeit auf die Auswahlentscheidung der Arbeitgeberin für zu vergebende Sortieraufträge besessen. Im Übrigen reiche es aus, dass Herr S. die Einflussmöglichkeit nach außen darstelle, unabhängig davon, ob er diese tatsächlich innehabe. Ein wichtiger Grund liege in der illoyalen Einstellung des Herrn S. gegenüber der Arbeitgeberin, wenn bei der Aufgabenerfüllung bedenkenlos eigene Vorteile gesucht würden, was vorliegend der Fall sei. Auch im Rahmen der Interessenabwägung sei dem Beendigungsinteresse der Arbeitgeberin konkret der Vorrang vor dem Bestandsinteresse des Herrn S. zu geben. Zuletzt sei die Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gewahrt. Die Arbeitgeberin habe mit der gebotenen Sorgfalt und Eile die Sachverhaltsaufklärung vorangetrieben, weshalb dem Antrag stattzugeben sei.

Die Arbeitgeberin beantragte beim Arbeitsgericht:

Die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3., des Betriebsratsmitglieds Herrn S., zu ersetzen.

Der Betriebsrat und Herr S. beantragten jeweils,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat und Herr S. haben bestritten, dass Herr S. von der Firma Q..., insbesondere den Herrn V. und Hy. Bestechungsgelder gefordert oder genommen habe. Die Ehefrau des Herrn S. sei lediglich in der Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 auf Wunsch der Firma Q... als geringfügig Beschäftigte angestellt gewesen, um Personal für die Firma Q... zu rekrutieren. Herr Hy. sei als Zeuge unglaubwürdig. Herr V. habe als weiterer Geschäftsführer der Firma Q... vielmehr glaubhaft bestätigt, dass Herr S. kein Geld erhalten oder gefordert habe. Die SMS seien auch nicht so zu verstehen, dass Herr S. Geld fordere. Herr S. habe keinerlei Befugnisse zur Auftragserteilung für Sortierarbeiten gehabt. Es habe auch nicht zu den Aufgaben des Herrn S. gehört, Sortierfirmen auszuwählen, was aus den Verfahrensanweisungen „Produkte sortieren“ folge. Stichhaltige Beweise für die Unterstellung der Arbeitgeberin lägen bis zuletzt nicht vor. Weder könnten diese aus dem Gespräch vom 17.02.2013 mit Herrn Hy., entnommen werden, noch sei geklärt, dass die Ehefrau des Herrn S. nicht doch für die Arbeitgeberin gearbeitet habe. In strafrechtlicher Hinsicht liege kein Verstoß gegen das Schmiergeldverbot des § 299 StGB oder der §§ 331 oder 332 StGB vor. Der Vortrag der Arbeitgeberin lasse nicht erkennen, in welcher Art Herr S. tatsächlich Einfluss auf die Drittfirma genommen habe. Eine Verdachtskündigung scheitere an der Anhörung des Herrn S. Zu den SMS fehle eine solche. Im Übrigen habe die Arbeitgeberin den Betriebsrat am 01.03.2013 angehört, weshalb sie davon ausgegangen sei, genügend Verdachtsmomente zu haben. Es bestehe schon kein hinreichender Tatverdacht. Konkrete Anhaltspunkte für den Erhalt von Geldleistungen gebe es nicht. Dies folge auch nicht aus den SMS. Ebenso wenig aus der Aussage des Herrn Hy. Die Kündigung scheitere erst Recht als Tatkündigung. Die Tatkündigung wäre auch verfristet. Mit dem Entschluss am 01.03.2013 den Betriebsrat zur außerordentlichen Kündigung anzuhören habe der Kündigungsentschluss bestanden. Zum Auslesen des Handys sei noch nicht einmal der Auftrag erteilt gewesen, weshalb dies nicht zügig erfolgt sei. Vielmehr sei dies erst 15 Tage nach dessen Übergabe erfolgt und damit zu spät. Die Zustimmung sei nicht zu ersetzen, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes beim Arbeitsgericht wurde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Anhörungen vom 10.04.2013 und 11.10.2013 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats mit Beschluss vom 11.10.2013 ersetzt. Das Herrn S. vorgeworfene Verhalten stelle eine Vertragspflichtverletzung dar, welche generell geeignet sei, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Es lägen die Voraussetzungen einer Tatkündigung vor. Auch die Interessenabwägung sei nicht zu beanstanden. Nicht zuletzt sei auch die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gewahrt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts ab Seite 9 des Beschlusses verwiesen.

Der Beschluss vom 11.10.2013 wurde den Beteiligten zu 3 am 11.12.2013, dem Beteiligten zu 2 am 13.12.2013 zugestellt. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3 ging am 10.01.2014, diejenige des Beteiligten zu 2 am 13.01.2014 per Fax beim Landesarbeitsgericht ein. Die Beschwerden wurden nach Fristverlängerung jeweils rechtzeitig begründet.

Herr S. trägt im Beschwerderechtszug vor, die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei völlig überraschend und haltlos. Die angenommene Tatkündigung sei abwegig und eine Verdachtskündigung scheitere schon daran, dass der Beteiligte zu 3 zu den SMS nie angehört worden sei. Herr S. habe als Teamleiter Verpackung und noch weniger als Teamleiter Produktion zum keinem Zeitpunkt irgendwelchen Einfluss auf die Vergabe von Aufträge nehmen können, was die Geschäftsführer der Firma Q... auch beweisbar auf jeden Fall gewusst hätten. Herr S. habe auch nie Geld erhalten, so dass unerfindlich sei, wie das Arbeitsgericht zu einer Tatkündigung kommen könnte.

a) Das Arbeitsgericht habe die SMS falsch ausgelegt und tendenziös zu Lasten des Herrn S. bewertet. Herr S. habe kein Geld „gefordert“, sondern nur um Geld „gebeten“. Die Feststellungen des Gerichts reduzierten sich darauf, dass Herr S. mit den SMS den Versuch unternommen habe, sich bei den Herren Hy. und V. Geld zu „leihen“. Nicht mehr und nicht weniger. Daraus könne man doch nicht das Fordern von Bestechungsgeld konstruieren, da geliehenes Geld ja zurückgezahlt werde. Zudem sei die Bitte ein Darlehen zu gewähren unstreitig abgelehnt worden und es habe keine weiteren Verhandlungen in dieser Sache gegeben. Damit sei klar erwiesen, dass weder Geld geflossen noch Aufträge erteilt worden seien. Es sei „völlig verrückt“, wenn man einerseits Herrn S. seinen Darlehensversuch vorwerfe und ihn parallel als Bestechungsgeldempfänger ansehe und brandmarke. Jedenfalls gäben die SMS keinesfalls einen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen Geldzahlung und der Vergabe von Aufträgen her.

b) Es sei weder die Entscheidung noch im Einflussbereich des Herrn S. gewesen, dass die Firma Q... ein Beschäftigungsverhältnis mit seiner Ehefrau eingegangen sei, genauso wenig habe er die gegenseitigen Leistungen kontrolliert. Herr S. habe sich zu Beginn des Jahres 2010 nicht mit den Geschäftsführern der Firma Q... getroffen und sei auch nie mit diesen Essen gewesen. Der Mitgeschäftsführer V. der Firma Q... könne aufklären, dass es nach einer erfolglosen Nachfrage beim Arbeitsamt die Idee von Herrn Hy. gewesen sei, die Ehefrau des Herrn S. zur Personalsuche anzustellen. Jene habe auch mindestens zwei Personen aus ihrem Bekanntenkreis an die Firma Q... vermittelt, wobei es absolut unerträglich sei, wenn diese Personalvermittlung ständig Herrn S. untergeschoben werde. Das Beschäftigungsverhältnis sei ordnungsgemäß abgewickelt und nach ca. einem halben Jahr beendet worden. Angesichts der Kosten privater Arbeitsvermittler sei das gezahlte Honorar in Höhe von knapp 2000,00 EUR für zwei erfolgreiche Vermittlungen angemessen. Es sei unerklärlich wie das Arbeitsgericht diesen Vorgang mit der Zahlung von Bestechungsgeldern in Verbindung bringen könne.

c) Für Herrn S. sei die Vernehmung des absolut glaubwürdigen Mitgeschäftsführers V. unerlässlich. Dieser habe mit Herrn Hy. ein gemeinsames Geschäftskonto unterhalten und Zahlungen an Herr S. unmissverständlich in Abrede gestellt. Auch habe Herr V. klar und deutlich geäußert, dass die Firma Q... stets davon ausging, dass Herr S. keinen Einfluss auf die Auftragsvergabe nehmen konnte. Andere Aussagen von Herrn Hy. oder gar die E-Mail vom 17.02.2013 seien nach dessen strafrechtlicher Verurteilung wegen übler Nachrede gegenstandslos und könnten wegen ihrer Widersprüchlichkeit auch keine Verdachtskündigung stützen. Der angeblich als Geldbote tätige Herr K. habe die Aussage verweigert und spätestens damit seien angebliche Zahlungen von Firma Q... an Herrn S. als ein Lügengebilde von Herrn Hy. entlarvt. Herr Hy. hätte im Übrigen Herrn K. in Geldangelegenheiten niemals vertraut. Die wegen Bestechlichkeit gegen Herr S. geführten Ermittlungen hätten diesen vollständig entlastet. Vielmehr sei er das Opfer eines Gauners geworden und habe gegen seinen Arbeitgeber Anspruch darauf, endlich rehabilitiert zu werden.

d) Herr S. habe weder als Teamleiter Verpackung und erst recht nicht als Teamleiter Produktion irgendeine Möglichkeit gehabt, Sortieraufträge an die Firma Q... zu erteilen oder zu vermitteln. Er sei auch nicht mehr als andere Beschäftigte in die Auftragsausführung „involviert“ gewesen. Vielmehr habe die Entscheidung über die Auftragsvergabe bei der Qualitätsabteilung, Herrn Re. und Werksleiter F. gelegen. Herr S. habe kein Vorschlags- oder Mitspracherecht in Anspruch genommen und die Herren Hy. und V. seien über die Entscheidungsabläufe bei der Arbeitgeberin bereits im Frühjahr 2011 detailliert unterrichtet worden. Diese sowie sämtliche Mitarbeiter der Firma Q... hätten nachweislich ganz genau gewusst, dass Herr S. mit ihren Aufträgen rein gar nichts zu tun hatte und insofern seien die SMS von vorneherein nicht geeignet, den Verdacht auf Bestechlichkeit zu untermauern. Die unterstellten Sabotageakte seien haltlos, wenn sie Herrn S. anlasteten, er sei als Teamleiter Produktion durch die Firma gelaufen und habe Metering-Zylinder beschädigt.

e) Das Arbeitsgericht habe die Tatkündigung auf die drei SMS gestützt, ohne sich den Zeitpunkt anzusehen. Der Sachverhalt sei zum einen weit weg von der Anstellung der Ehefrau und zum anderen habe Herr S. als Teamleiter Produktion eindeutig nichts mehr mit den Sortieraufträgen zu tun gehabt. Es habe damit keinen Sinn gemacht, dass Herr S. – wie das Arbeitsgericht geradezu „hanebüchen“ unterstelle – Geld für Aufträge fordere.

f) Die Arbeitgeberin habe den Zustimmungsersetzungsantrag erst am 19.03.2013 eingereicht, also 18 Tage nach erstmaliger Zustimmungsverweigerung. Zu diesem Zeitpunkt seien die Vorgänge um die Ehefrau des Herrn S. ausermittelt und die Frist des § 626 Abs. 2 BGB längst verstrichen gewesen. Auch das Auslesen des Handys habe unerklärlich lang gedauert, nachdem doch Herr S. gegenüber Herrn F. bereits am 26.02.2013 mitgeteilt habe, dass er per SMS bei Herrn Hy. um ein Baudarlehen zur Überbrückung von kurzzeitigen Zahlungsschwierigkeiten gebeten habe. Damit habe die Beklagte die für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen spätestens am 01.03.2013 allesamt gekannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein sachlicher Grund für die neue Betriebsratsanhörung vom 11.03.2013 notwendig. Nach Darstellung der Arbeitgeberin habe man Herrn Ö. und Herrn Fue. nach der Ehefrau des Herrn S. befragt. Weitere neue Tatsachen seien zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Wenn man nun den am 08.03.2013 bekannt gewordenen Inhalt der SMS heranziehen wolle, habe man dazu eine neue Anhörung des Herrn S. durchführen müssen.

g) Die Arbeitgeberin habe Herr S. mit dem Inhalt dieser drei SMS niemals konfrontiert und auch nicht dazu angehört. Wenn die SMS einen wesentlichen Grund für die Verdachtskündigung darstellen sollten, hätte Herr S. nach der Rechtsprechung dazu angehört werden müssen. In diesem Fall hätte also die Arbeitgeberin nach dem angeblichen Auslesetermin am 08.03.2013 mit Herrn S. noch einmal diskutieren müssen. Bei den ersten Gesprächen seien die angeblichen SMS kein Thema gewesen. Es sei unerklärlich, weshalb das Handy am 18.02.2013 übergeben, jedoch bis zum 08.03.2013 nicht genutzt worden sei. Da sich Herr S. zu den SMS nicht habe äußern können, könnten die SMS für eine Verdachtskündigung nicht verwertet werden. Für eine Tatkündigung gebe es von vorne herein in diesem Zusammenhang keinerlei Ansatzpunkte.

h) Die Betriebsratsanhörung sei nicht korrekt, da Herr S. zum Zeitpunkt der Versendung der SMS nicht mehr die in der Unterlage angegebene Funktion des Teamleiters Verpackung sondern die Funktion des Teamleiters Produktion innegehabt habe. Es sei absolut irreführend die in den SMS angedeutete Vergabe eines Auftrags dem Teamleiter Verpackung zuzuordnen, wenn dieser als Teamleiter Produktion eindeutig und bekanntermaßen nichts mit Sortieraufträgen zu tun gehabt habe. Herr S. habe zur Zeit der Versendung der SMS weder „erheblichen tatsächlichen Einfluss“ noch die „Möglichkeit, Stimmung zu machen“ in Bezug auf Sortieraufträge gehabt. Dem Betriebsrat sei nicht ansatzweise verdeutlicht worden, weshalb überhaupt die Firma Q... ausgerechnet diesem Betriebsratsmitglied hätte Geld zahlen sollen. Schließlich hätten doch der Werksleiter, der Produktionsbereichsleiter, der Qualitätsleiter, die Qualitätskontrolleure oder der Einkaufsleiter Einfluss auf die Vergabe von Sortieraufträgen genommen, so dass man wenn überhaupt diese hätte bestechen müssen.

Der Betriebsrat trägt im Beschwerderechtszug vor, das Arbeitsgericht habe einem rechtskräftig Verurteilten geglaubt und es nicht für nötig gehalten, den Betroffenen oder Entlastungszeugen anzuhören. Die Tatkündigung sei ohne Beweise angenommen worden und für die allenfalls mögliche Verdachtskündigung sei der Betroffene nicht ausreichend angehört worden. Herr S. sei in Wirklichkeit Opfer von Herrn Hy., der die haltlosen Anschuldigungen nur erhoben habe, um die von seinem ehemaligen Mitgeschäftsführer V. fortgeführte Sortierfirma aus dem Geschäft mit der Arbeitgeberin zu drängen.

a) Dem Betriebsrat lägen keinerlei Erkenntnisse dafür vor, dass Herr S. die Firma Q... darauf gedrängt habe, dass seine Ehefrau angestellt werden müsse. In Wirklichkeit sei der Sachverhalt wie vom Herrn S. vorgetragen (auf die im Wesentlichen mit den Einlassungen des Herrn S. übereinstimmenden Darlegungen unter II. des Beschwerdebegründungsschriftsatzes und in dem Erwiderungsschriftsatz vom 09.09.2014 wird Bezug genommen). Der Betriebsrat könne auch Bestechungszahlungen in Höhe von ca. 22.000,00 EUR nicht nachvollziehen, da der Mitgeschäftsführer der Firma Q... V. als Mitinhaber des Kontos dies ganz klar verneint habe.

b) Der Betriebsrat kenne die behaupteten SMS-Nachrichten nicht und wundere sich über die Daten, da die SMS während der kommissarischen Teamleitung Produktion des Herrn S. und damit unstreitig ohne Bezug zu Sortieraufträgen versandt worden seien. Es seien nicht alle SMS angegeben und die Inhalte seien missverstanden worden. Wenn Herr S. von 5.000,00 EUR Schulden rede, sei damit mitnichten die Erwartung einer Geldzahlung geäußert. Herr S. habe als Privatperson ohne Verstoß gegen compliance - Regeln ein Darlehen erbeten und dieses nicht erhalten. Dieser Vorgang passe doch eindeutig nicht zu der Annahme, Herr S. habe laufend für Aufträge Geld erhalten.

c) Der Betriebsrat kenne nur den Sachverhalt aus der schriftlichen Betriebsratsanhörung vom 01.03.2013. Die zweite Anhörung des Betriebsrats gemäß §§ 102, BetrVG vom 11.03.2013 sei fast inhaltsgleich. Die angebliche erst am 08.03.2013 eingegangene SMS - Auslesung werde bestritten. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB abgelaufen war (auf die im Wesentlichen mit den Einlassungen des Herrn S. übereinstimmenden Darlegungen unter III. des Beschwerdebegründungsschriftsatzes und in dem Erwiderungsschriftsatz vom 09.09.2014 wird Bezug genommen).

d) Es gebe keinerlei Beweis oder auch nur eine substantiierte Darstellung dazu, dass Herr S. um Geld gebeten oder gar Geld erhalten habe: Entgegen der Behauptungen des Herrn Hy. in der ersten Mail sei völlig klar, dass Herr S. mit der Auftragsvergabe nichts zu tun gehabt habe. Auch fehle es an einer Geldzahlung. Die SMS seien missverstanden worden. Mit dem guten Auftrag könnten auch Aufträge anderer Firmen gemeint sein. Die Ehefrau habe für die Firma Q... sinnvolle Arbeit geleistet und nicht als Strohfrau für Herrn S. agiert.

Die Beschwerdeführer beantragen,

den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde abzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss. Herr S. habe nachweislich (SMS) von einer Zuliefererfirma Geldleistungen gefordert und im Gegenzug die Vergabe von Aufträgen in Aussicht gestellt. Darüber hinaus sei Herr S. aufgrund der Aussagen von Herrn Hy. und aufgrund der sorgfältigen Ermittlungen der Arbeitgeberin dringend verdächtig, die von ihm geforderten Geldleistungen auch tatsächlich erhalten zu haben. Schließlich habe Herr S. erreicht, dass seine Ehefrau als Geringverdienerin angestellt worden sei, ohne arbeiten zu müssen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Arbeitgeberin wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Beschwerdeerwiderungsschriftsätze vom 20.03.2014, vom 25.04.2014 sowie 03.09.2014 nebst deren Anlagen verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das ausführliche Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Die Beschwerdekammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F. Das Beweisthema und Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben sich ebenfalls aus dem Sitzungsprotokoll.

II.

Die Beschwerde der im ersten Rechtszug unterlegenen Beteiligten zu 2. und 3. (Betriebsrat und Herr S.) ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 89 86 Abs.1 ArbGG, 518, 519 ZPO).

Die Beschwerden bleiben jedoch in der Sache ohne Erfolg, weil das Arbeitsgericht zu Recht die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Herrn S. ersetzt hat. Die gemäß §§ 103 BetrVG, 15 Abs. 1 KSchG erforderliche Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. (Herrn S.) konnte zwar für eine beabsichtigte Tatkündigung mangels Nachweises eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht ersetzt werden. Allerdings gilt dies nicht in gleicher Weise für die beabsichtigte fristlose Kündigung als Verdachtskündigung (nachfolgend 1.). Die Beschwerdeangriffe des Herrn S. vermögen allesamt nicht zu überzeugen (nachfolgend 2.). Auch die Beschwerdeangriffe des Betriebsrats sind nicht überzeugend und verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg (nachfolgend 3.). Es liegen Tatsachen vor, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung ist auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt (nachfolgend 4.).

1. Vorliegend hat das Arbeitsgericht zutreffend sowohl die Gewährung von Vorteilen durch einen Vertragspartner des Arbeitgebers als auch das Begehren von Vorteilen für das Inaussichtstellen von Aufträgen des Arbeitgebers als an sich wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB angesehen. Es liegen starke Verdachtsmomente gegen Herrn S. vor, die sich auf objektive Tatsachen gründen.

a) Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nach § 15 KSchG unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wird. Die Zustimmung ist zu ersetzen, wenn das Gericht einen wichtigen Grund als gegeben ansieht. Für die Annahme eines wichtigen Grundes müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist darauf abzustellen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum ersten möglichen Entlassungstermin aufgrund einer ein Jahr nach Ablauf der Amtszeit des Betriebsratsmitglieds ausgesprochenen ordentlichen Kündigung noch zugemutet werden kann (Hessisches LAG 24.10.2012 - 12 TaBV 46/11, Juris Rn. 22 m.N.).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 23.05.2013 - 2 AZR 102/12, Juris Rn. 20 und 21 m.N.) kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen schwerwiegenden Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines nicht (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. § 626 Abs. 1 BGB lässt eine Verdachtskündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, wenn diese Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis zu zerstören und wenn der Arbeitgeber alle ihm zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

c) Es gibt vorliegend starke Verdachtsmomente gegen Herrn S., dass seine Ehefrau eine entgeltliche Anstellung bei der Firma Q... erhielt, jedoch gar keine oder keine dem Entgelt adäquate Arbeitsleistung erbringen musste. Damit hätte die Firma Q... als Subunternehmer des Arbeitgebers Herrn S. Vorteile gewährt. Die Ehefrau des Herrn S. war in der Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 bei der Firma Q... auf 400,00 EUR Basis angemeldet und bezog laut den vorgelegten Gehaltsabrechnungen monatlich diesen Betrag auf das im Personalfragebogen angegebene Konto. Herr S. hat im Rahmen seiner Anhörung zunächst gegenüber seinem Arbeitgeber widersprüchliche Angaben gemacht. In seiner ersten Befragung am 22.02.2013 gab er an, seine Ehefrau sei in einem Zeitraum von etwa 1,5 Jahren fest bei der Firma Q... und für diese bei verschiedenen Firmen als Sortiererin tätig gewesen. Später änderte er seine Angaben dahingehend, dass seine Ehefrau auf Abruf als Sortiererin eingesprungen sei. Im Berufungstermin ließ er sich dahingehend ein, seine Ehefrau sei als Arbeitsvermittlerin bei der Firma Q... tätig gewesen und habe zwei Arbeitnehmer vermittelt, seinen Bruder H. S. und Herrn Fon. Im Verlauf der Verhandlungen zeigte sich jedoch, dass H. S. bereits früher, als Zeitarbeiter (vom 12.06.2006 bis 20.08.2006) und in der Zeit vom 09.03.2010 bis 05.09.2010 als Leiharbeiter bei der Arbeitgeberin tätig war. Diese Umstände sprechen gegen eine Personalvermittlung durch die Ehefrau des Herrn S. Zudem verfügte Frau S. damals weder über eine Gewerbeanmeldung als private Arbeitsvermittlerin noch über eine Zulassung nach § 45 SGB III. Sie erhielt auch nicht - wie Herr S. mit dem irreführenden Begriff glauben machen wollte - ein angemessenes „Honorar“ für eine vermeintliche Personalvermittlung. Vielmehr erhielt sie ein laufendes monatliches Entgelt als weisungsabhängige Arbeitnehmerin, ohne dass sie jemals die Geschäftsführer der Firma Q... persönlich kennen gelernt hätte. Der Arbeitgeber Q... kontrollierte nicht ein einziges Mal ihre Dienste und ihren Zeitaufwand. Nicht zuletzt ist H. S. der Bruder von Herrn S. sodass es als wirklichkeitsfremd und irreal erscheint, dass er an der Stellenvermittlung überhaupt nicht mitgewirkt haben soll.

d) Des Weiteren haben sich starke Verdachtsmomente gegen Herrn S. dahingehend ergeben, dass er Geld für eine eventuell denkbare Auftragsvermittlung an die Firma Q... erlangen wollte. Am 4. und 5. April 2012 sowie am 31.10.2012 hat Herr S. mehrere SMS an Herrn Hy. geschickt, die man bei verständiger Würdigung nicht anders deuten kann. Die Berufungskammer schließt sich der Auslegung des Arbeitsgerichts zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich (§ 69 Abs. 2 ArbGG) an. Die unentwegt vorgebrachte Behauptung des Herrn S., er habe lediglich um ein Darlehen gebeten, findet beim besten Willen in den SMS keinerlei Entsprechung. Er bittet um Geld und von Zurückzahlen oder Zinsen ist nicht ansatzweise die Rede. Der Kammer ist hauptsächlich die eigenartige Vorgehensweise aufgefallen. Wer um ein Darlehen bittet, wählt dafür nicht den Weg der SMS. Vielmehr erscheint es plausibler, ein persönliches Gespräch zu suchen. Die Verknüpfung mit Aufträgen stellt vor allem die SMS vom 04.04.2012 unzweideutig her: „…damit wir wieder zufrieden sind…“, “…Geld für dieses Jahr…“ und „…werde bestimmt mal wieder einen Auftrag für uns alle besorgen…“. Der Weg über die Kurznachrichten und die in der SMS vom 05.04.2012 gewählte vertrauliche Anrede „Hallo D...…Gruß A...“, legt zwingend nahe, dass die betroffenen Personen in Geldangelegenheiten schon öfters miteinander zu tun hatten. Es gibt keine andere sinnvolle Schlussfolgerung, als dass diese Art und Weise des „privaten Online Bankings“ schon zuvor mehrfach gepflegt wurde. Die Kammer hat zur Kenntnis genommen, dass Herr S. auf die SMS-Bitten kein Geld von der Firma Q... erhalten hat. Dies vermag indessen den Verdacht nicht abzuschwächen. Denn die SMS wurden zu einem Zeitpunkt gesendet, als Herr S. als kommissarischer Teamleiter Produktion mit der Abwicklung von Sortieraufträgen nach übereinstimmendem Vortrag aller Beteiligten wenig oder gar nichts zu tun hatte. So besehen ist die Ablehnung der Firma Q... erst recht bei der verdächtigen Verknüpfung der Geldzahlung mit Auftragserteilung nachvollziehbar.

2. Die Beschwerdeangriffe des Herrn S. vermögen allesamt nicht zu überzeugen

a) Zur Auslegung der SMS wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Man fragt nicht per SMS um einen Kredit. Von Darlehen war keine Rede. Die Verknüpfung von Aufträgen ergibt sich aus dem Text der SMS vom 04.04.2012. Die Tatsache, dass Herr S. auf diese SMS kein Geld erhielt, entlastet ihn nicht.

b) Auch zur Beschäftigung der Ehefrau wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die Einwendungen des Herrn S. erklären nicht seine widersprüchlichen Rechtfertigungsversuche. Wenn seine Ehefrau von Anfang an als Personalvermittlerin eingestellt war macht die Suche nach Stundenzetteln bei den Sortierern keinen Sinn. Wozu braucht es dann Herrn Ö., der die Ehefrau auf dem Betriebsgelände gesehen haben will? Es wurde kein Honorar gezahlt, sondern ein laufendes monatliches Entgelt. Wenn überhaupt hat sie lediglich Herr Fon. für Q... rekrutiert. Und dafür soll sie ein halbes Jahr monatlich 400,00 EUR erhalten haben? Sie kannte ihren Arbeitgeber gar nicht und dieser erteilte ihr auch keine Arbeitsanweisung.

c) Die Kammer hat die behaupteten Angaben des als Zeugen angebotenen Mitgeschäftsführers V. als wahr unterstellt. Herr V. hätte danach zu keinem Zeitpunkt Zahlungen an Herrn S. veranlasst oder derartiges über das Geschäftskonto der Firma Q... zur Kenntnis genommen. Sowohl er als auch die maßgeblichen Personen der Firma Q... wären zumindest seit dem Frühjahr 2011 davon ausgegangen, dass Herr S. keinerlei Einfluss auf die Auftragsvergabe nehmen konnte. Dennoch sind die inadäquate Beschäftigung von Frau S. bei Q... und die versendeten SMS objektiv nicht wegzudiskutieren. Die Arbeitgeberin hat in der zweiten Beschwerdeerwiderung belegt (Zitat aus LAG Rheinland-Pfalz 09.06.2011 - 2 Sa 705/10), dass es unerheblich ist, ob jemand tatsächlich Einfluss auf die Auftragsvergabe hatte. Es genügt, wenn Herr S. Herrn Hy. gegenüber zumindest in der Anfangsphase den Eindruck vermittelt haben sollte, er sei an der Auftragsvergabe beteiligt. Es ist lebensnah, dass ein Auftragnehmer der Person, die ihm die Auftragserteilung telefonisch durchgibt und die Durchführung des Auftrags koordiniert bzw. persönlich vor Ort ist (so die Aufgaben des Herrn S. während seiner Zeit als Teamleiter Verpackung, siehe Arbeitsplatzbeschreibung, Anlage BG 4) möglicherweise sogar gegen besseres Wissen nur faktisch eine gewisse Mit-/Entscheidungskompetenz unterstellt. So gesehen war es Herrn S. schon wegen seiner Reinraumnähe ohne größeren Aufwand möglich, gegenüber der Sortierfirma den Anschein zu erwecken, als ob er „Aufträge vergibt“. In dieselbe Richtung weist die Aussage von Werksleiter F., der es angesichts der operativen Rolle des Herrn S. für denkbar und möglich hielt, dass sich die Geschäftsführer der Firma Q... einbilden konnten, Herr S. sei ein „maßgeblicher Mann“. Mithin kommt es im Ergebnis ausschlaggebend auf das Verhalten und die Absichten des Herrn S. und nicht so sehr auf den Erkenntnishorizont der Geschäftsführer von Q... an. Es bleibt dabei, dass Herr S. - möglicherweise in Selbstüberschätzung - mit der SMS vom 04.04.2012 einen Verdacht setzte, indem er schrieb, „werde bestimmt mal wieder einen guten Auftrag für uns alle besorgen, damit wir wieder zufrieden sind“. Wenn die Geschäftsführer der Firma Q... tatsächlich genau über die Rolle des Herrn S. Bescheid gewusst haben sollten, könnte dies allenfalls als Entlastungsindiz dahin deuten, dass die Handlungsweise aller Beteiligten wirtschaftlich keinen Sinn macht. Das ändert aber nichts daran, dass es die inkongruente Beschäftigung der Ehefrau und die Geldanfrage per SMS schlicht und ergreifend gab.

d) Der Arbeitgeber verteidigt die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum erheblichen tatsächlichen Einfluss des Herrn S. auf die Vergabe von Sortieraufträgen. Das Arbeitsgericht leitet diese Einwirkungsmöglichkeit zutreffend aus den in den Arbeitsplatzbeschreibungen „Teamleiter Verpackung“ und „Teamleiter Produktion“ aufgelisteten Aufgaben her. Die in Wirklichkeit damit verbundenen Tätigkeiten beinhalten zahlreiche Möglichkeiten, sich indirekt einzubringen. Während der Tätigkeit als Teamleiter Produktion wurde die Entscheidung darüber, ob Ware zu 100% kontrolliert werden muss – mithin Sortieraufträge vergeben werden – in Absprache mit dem Qualitätsgruppenleiter und dem Produktionsgruppenleiter getroffen. Zwar entschied der Qualitätsgruppenleiter abschließend, er war jedoch auf Auskünfte des Herrn S. als Teamleiter Produktion angewiesen. Während der Tätigkeit als Teamleiter Verpackung hatte Herr S. intensiven Kontakt zu den Sortierfirmen und deren Mitarbeiter. Bei diesem Hintergrund hilft es Herrn S. wenig, beständig darauf hinzuweisen, er habe weder Sortieraufträge erteilt noch vermittelt. Er kann seine tatsächlichen Mitwirkungsmöglichkeiten, die sich letztlich aus dem Zuschnitt seiner Arbeitsplätze ergeben, nicht ernstlich dementieren.

e) Herrn S. ist durchaus zuzugestehen, dass er zur Absendezeit der SMS von April 2012 und Oktober 2012 räumlich von den Sortieraufträgen weit weg war und möglicherweise die oben beschriebenen Einflussmöglichkeiten auf die Auftragserteilung in dieser Zeit deutlich schwächer waren. Dass er dennoch den Mut fand, Geldanfragen bei der Firma Q... per SMS zu platzieren, erhärtet eher den Verdacht, als es ihn entlastet. Möglicherweise sind damit die geradezu kryptischen Anspielungen an irgendwelche Zeiten in der SMS vom 04.04.2012 zu erklären. Er schreibt von „Geld für dieses Jahr“ und meint, dieses habe ja gut angefangen. Herr S. könnte schon allein wegen der Höhe der geforderten Summe, aber auch wegen der neuen Aufgaben damit gerechnet haben, dass die Geldbeschaffung bei „D...“ nicht wie immer reibungslos klappt. Vor diesem Hintergrund mag es durchaus plausibel sein, dass er mangels Gegenleistung dieses Mal tatsächlich nur um ein Darlehen bat. Das ändert an den oben unter 1d) festgestellten Verdachtsmomenten nichts. Es ist absolut ungewöhnlich, einen Privatkredit per SMS auf den Weg zu bringen, wenn man im Vorfeld in Geldangelegenheiten noch nie miteinander zu tun hatte.

f) Nicht gefolgt werden kann Herrn S., wenn er meint, die Arbeitgeberin habe schleppend ermittelt und Anhörungsfristen versäumt. Am 22.02.2013 wurde Herr S. mit den Beschuldigungen aus der E-Mail des Herrn Hy. konfrontiert und bereits zu diesem frühen Zeitpunkt war das Handy und darin mutmaßlich enthaltene SMS thematisiert. Darauf folgten Ermittlungen zur Beschäftigung der Ehefrau, deren vorläufiges Ergebnis Herrn S. noch am gleichen Tag im Zuge einer zweiten Besprechung eröffnet wurde. Am 26.02.2013 gab Herr S. nach Gesprächen mit Herrn Fue. aus eigenem Antrieb gegenüber Herrn F. zu, SMS an Herrn Hy. gesandt zu haben, deren genauer Inhalt jedoch bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Um innerhalb der 14-Tages-Frist zügig zu agieren, wurde der Betriebsrat am 01.03.2013 erstmals zu einer Verdachtskündigung (unter 3.2 der Anhörung sind sowohl das Arbeitsverhältnis der Ehefrau als auch die SMS erwähnt) beteiligt. Als dieser die Zustimmung wegen angeblich noch ungeklärter Fragen verweigerte, ging noch am gleichen Tag der Auftrag zur Auslesung des Handys an ein Fachunternehmen, das die Ergebnisse nachweislich am 08.03.2013 (Freitag) vorlegte. Am 11.03.2013 hat die Arbeitgeberin die Ergebnisse der Nachermittlungen geschildert und den Betriebsrat erneut um Zustimmung ersucht. In diesem Antrag ist der Sachverhalt über viele Seiten ausführlich beschrieben und es enthält insbesondere eine detaillierte Darstellung des widersprüchlichen Aufklärungsverhaltens von Herrn S. sowie eine Wiedergabe des genauen Wortlauts der mittlerweile ausgelesenen SMS. Damit hat die Arbeitgeberin wie von der Rechtsprechung (BAG 23.05.2013 - 2 AZR 102/12, Juris Rn. 20) gefordert bei weitem alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen und Herrn S. mannigfaltig Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen.

g) Aus dem Vorstehenden folgt, dass zumindest der Betriebsrat den genauen Inhalt der SMS kannte und diesen seinem Betriebsratsmitglied und Bruder des Betriebsratsvorsitzenden Herrn S. nahe gebracht haben dürfte. Aber selbst wenn man diese Spekulation nicht bemühen würde und einen Formalverstoß wegen Nichtanhörung zum genauen Wortlaut der SMS konstruieren wollte, verhilft dies der Beschwerde des Herrn S. nicht zum Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 23.05.2013 - 2 AZR 102/12 in den Leitsätzen deutlich gemacht, dass es sowohl bei lediglich verdachtserhärtenden neuen Tatsachen, als auch bei Tatsachen, die den Verdacht einer weiteren Pflichtverletzung begründen, keiner erneuten Anhörung des Arbeitnehmers bedarf. Er kann sich gegen den verstärkten bzw. neuen Verdacht ohne weiteres im anhängigen Kündigungsschutzverfahren oder im Zustimmungsersetzungsverfahren verteidigen. Das Nachschieben nachträglich bekannt gewordener Gründe schließt § 626 Abs. 2 BGB nicht aus.

h) Die Berufungskammer kann nicht nachvollziehen, inwiefern die Betriebsratsanhörung irreführend gewesen sein soll. In der Anhörung vom 11.03.2013 ist der Sachverhalt, wie er sich der Arbeitgeberin bis dahin darstellte, sehr ausführlich geschildert. Sämtliche Gespräche und Stellungnahmen des Herrn S. sind enthalten. Auch die Einwendungen des Betriebsrats aus der Anhörung vom 01.03.2012 werden bearbeitet. Noch dazu zeigte sich in der Unterlage, dass wesentliche Rechtfertigungsstrategien des Herrn S. vom Betriebsrat aufgegriffen worden waren (oder umgekehrt, jedenfalls liefen sie parallel). Denn es ist der Betriebsrat, der sich wundert, weshalb gerade Herr S. aus der Mehrzahl von zweifelhaften Vorgängen im Zusammenhang mit Q... „herausgepickt“ worden sei. Das lässt den Schluss zu, dass der Betriebsrat über die in der Anhörung aufgelisteten Verdachtsmomente hinaus ganz genau wusste, worum es geht. Das kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Es ist allgemein anerkannt (BAG 23.05.2013 – 2 AZR 102/12, Leitsatz 1), dass der Streitstoff des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht sozusagen auf den Zeitpunkt der Anhörung „eingefroren“ ist. Vielmehr ist der Arbeitgeber nicht gehindert im Rechtsstreit sämtliche später bekannt gewordenen Umstände vorzutragen, soweit sie im Zeitpunkt der Antragsstellung objektiv bereits vorlagen. Damit konnte der Betriebsrat sämtliche von ihm wahrgenommenen Irreführungen im Rahmen der Anhörung des vorliegenden Verfahrens in aller Ruhe aufklären.

3. Auch die Beschwerdeangriffe des Betriebsrats sind nicht überzeugend und vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a) Der Verdacht gegen Herrn S. gründet sich wie unter 1. c) dargelegt auf eine inkongruente Zahlung an Frau S. Ob und wann Herr S. die Firma Q... dazu gedrängt haben soll ist für den dringenden Verdacht unerheblich. Tatsache ist, dass Frau S. ihre angeblichen Arbeitgeber bei der Firma Q... nicht ein einziges Mal gesehen hat und dass sie Geld bekam, ohne dass der monatlichen Überweisung eine kongruente Dienstleistung zugeordnet werden konnte. Dies alles wurde über Herrn S. vermittelt. Die dem zugrunde liegenden objektiven Tatsachen sind dem Betriebsrat bekannt.

b) Es ist der Kammer unerklärlich, weshalb der Betriebsrat den Inhalt der behaupteten SMS nicht zur Kenntnis genommen haben will. Schließlich ist deren Wortlaut in der Anhörung vom 11.03.2012 unter 3. c) enthalten. Möglich ist, dass der Betriebsrat diese SMS so auslegt, wie sie Herr S. verstanden haben will. Mit der Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung hat dies nichts zu tun. Der Betriebsrat kann selbstverständlich die Standpunkte des Herrn S. vertreten, muss jedoch die andere Bewertung der Kammer hinnehmen.

c) Zur Frist des § 626 Abs. 2 BGB hat die Kammer unter 2. f) ausführlich Stellung genommen.

d) Der Betriebsrat hat Recht. Es gibt keinen handfesten Beweis für Schmiergeldzahlungen. Die Herren Hy. und K. sind als Zeugen unglaubwürdig und wären im Übrigen wohl auch gar nicht mehr aussagebereit. Selbst wenn man Herrn Hy. glauben würde, wären seine Angaben von Herrn V. in Zweifel gezogen und ein Beweis an dieser Stelle im Ergebnis nicht führbar. Die Kammer hat die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats nicht wie das Arbeitsgericht auf eine bewiesene Vertragsverletzung gestützt, sondern auf den schwerwiegenden und auf objektiven Tatsachen beruhenden Verdacht einer massiven Verfehlung.

4. Es liegen Tatsachen vor, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht mehr zugemutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung ist auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt.

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum ersten möglichen Entlassungstermin aufgrund einer ein Jahr nach Ablauf der Amtszeit des Betriebsratsmitglieds ausgesprochenen ordentlichen Kündigung noch zugemutet werden kann, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10, Juris Rn. 26)

b) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10, Juris Rn. 27). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können zu berücksichtigen sein. Besteht kein Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und den Unterhaltspflichten, können diese bei der Abwägung in den Hintergrund treten. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10, Juris Rn. 24).

c) Herr S. hat sich verdächtig gemacht, seine Pflichten vorsätzlich und schwerwiegend verletzt zu haben. Die drei SMS an den Geschäftsführer der Firma Q... können nach verständiger Würdigung nur als vorsätzliches Fordern von Geld verstanden werden. Herr S. hat sich mit seiner Vorgehensweise dem Verdacht ausgesetzt, schon seit längerem Geld für Sortieraufträge erhalten zu haben. Auch die Überweisungen an Frau S. tragen den Verdacht, dass Herr S. dadurch mittelbar von der Firma Q... Geld erhielt. Eine Abmahnung war hinsichtlich beider Pflichtverstöße nicht erforderlich. Herrn S. musste klar sein, dass die Arbeitgeberin die Geldgeschäfte nicht hinnehmen würde. Er hat über einen Zeitraum von fünf Monaten Vorteile für seine Frau in Höhe von insgesamt ca. 2.000,00 EUR Euro entgegengenommen und mit den SMS weitere Vorteile in Höhe von 5.000,00 EUR Euro erbeten. Wegen der Schwere des Verdachts ist der Arbeitgeberin eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen. Weder die Dauer des Arbeitsverhältnisses von 12 Jahren noch das Lebensalter des Klägers von 36 Jahren, welches auf dem Arbeitsmarkt keine Einschränkungen mit sich bringt noch die Unterhaltspflichten gegenüber der Ehefrau und den drei Kindern, welche keinen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung aufweisen, könnten ein anderes Ergebnis rechtfertigen. Bei der Interessenabwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass Herr S. sich bei der Sachaufklärung in Widersprüche verwickelte. Eine Wiederherstellung des für ein Arbeitsverhältnis notwendigen Vertrauens kann vorliegend auch angesichts der langen fiktiven Kündigungsfrist nicht erwartet werden. Herr S. ist für sein Team verantwortlich und steht als Führungskraft für Integrität und Redlichkeit. Die Kammer hat dabei durchaus in Rechnung gestellt, dass die Arbeitgeberin und nicht Herr S. mit der Firma Q... eine windige Truppe ins Haus geholt hat und andere Mitarbeiter betroffen sein könnten. Es war Herr S., der zeitlich sehr lange in Bezug auf seine Ehefrau und mit den SMS relativ dreist agierte und so den Verdacht nicht mehr loswerden kann, er habe neben dem Reinraum ein eigenes kleines Geschäft betrieben. Herr S. zeigte auch wenig Unrechtsbewusstsein, wenn er meinte, auch andere hätten mitgewirkt und warum man gerade ihn rauspicke. Das verdeutlicht eine nicht hinnehmbare Einstellung und die Neigung, sich von sachfremden, nicht arbeitsplatzbezogenen Erwägungen leiten zu lassen.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. und auch die Beschwerde des Beteiligten zu 3. waren deshalb im Ergebnis zurückzuweisen.

III.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG).

IV.

Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind.