Bayerischer VGH, Urteil vom 12.10.2015 - 14 BV 14.1493
Fundstelle
openJur 2015, 18976
  • Rkr:

Ein Umzug, für den nach entsprechender Zusage eine Umzugskostenvergütung zu gewähren ist, liegt auch dann vor, wenn der Beamte aus dienstlichen Gründen unter Beibehaltung seines nicht im Einzugsgebiet des neuen Dienstorts gelegenen Familienwohnsitzes eine Nebenwohnung im Einzugsgebiet des neuen Dienstorts begründet.Umzugskostenvergütung; Nebenwohnung; Beibehaltung des Familienwohnsitzes

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die vom Kläger beantragte Umzugskostenvergütung.

Der Kläger steht als Justizvollzugsbeamter im Dienste des Beklagten. Mit Verfügung vom 24. Juni 2013 wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. August 2013 in eine Planstelle bei der Justizvollzugsanstalt A. eingewiesen. Gleichzeitig wurde ihm für den Fall, dass er nicht am Dienstort oder in dessen Einzugsgebiet wohne, Umzugskostenvergütung nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayUKG zugesagt. Der Kläger bezog zum 1. August 2013 eine Nebenwohnung in A. unter Beibehaltung seines Familienwohnsitzes in B.. Auf das Schreiben des Klägers vom 4. September 2013 mit der Bitte um Versetzung zur Justizvollzugsanstalt E. oder alternativ zu den Justizvollzugsanstalten B. oder N. wurde ihm mit Schreiben vom 23. September 2013 mitgeteilt, dass dem Versetzungsgesuch derzeit aus dienstlichen Gründen nicht entsprochen werden könne, dass dieses aber im Zusammenhang mit der Zuteilung der Nachwuchskräfte der Qualifikationsprüfung im Jahr 2014 überprüft werde.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 lehnte das Landesamt für Finanzen den Antrag des Klägers vom 7. Oktober 2013 auf Erstattung der Umzugskostenvergütung (Pauschvergütung für Beförderungsauslagen in Höhe von 400 Euro sowie Wohnungsvermittlungsgebühren in Höhe von 660,40 Euro) ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Anspruch auf Umzugskostenvergütung nur dann bestehe, wenn der Beamte nach der Zusage der Umzugskostenvergütung seinen Lebensmittelpunkt an den neuen Dienstort oder in dessen Einzugsgebiet verlege. Die Beibehaltung des Lebensmittelpunkts am bisherigen Wohnort und die Begründung eines Zweitwohnsitzes begründeten keinen Anspruch auf Zahlung der Umzugskostenvergütung. Nach den Angaben des Klägers sei die bisherige Wohnung als Familienwohnsitz beibehalten worden. Den gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Landesamt für Finanzen mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2013 als unbegründet zurück.

Auf die daraufhin erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg den Beklagten unter Aufhebung des o.g. Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids verpflichtet, dem Kläger Umzugskostenvergütung in beantragter Höhe einschließlich Prozesszinsen zu bewilligen. Der Kläger habe hierauf einen Anspruch. Das Bayerische Umzugskostengesetz enthalte keinen Anknüpfungspunkt für die Auslegung, dass ein Umzug im Sinne der umzugskostenrechtlichen Vorschriften die Verlagerung des Lebensmittelpunkts erfordere. Art. 4 BayUKG setze lediglich voraus, dass der Umzug aus den dort genannten dienstlichen Anlässen stattfinde und –in bestimmten Fällen –, dass der neue Dienstort ein anderer als der bisherige Dienstort sei und die Wohnung des Berechtigten nicht am neuen Dienstort oder in dessen Einzugsgebiet bereits bestehe. Die Betonung der dienstlichen Gründe für den Umzug in Art. 4 BayUKG spreche dafür, dass keine Umzugskostenvergütung im Rahmen eines ausschließlich oder überwiegend privat veranlassten Umzugs erfolgen solle. Da Beamte und ihre Familienangehörigen nach geltender Rechtslage keine Residenzpflicht treffe, müsse es ihnen erst recht möglich sein, sich ohne Nachteile gegen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den neuen Dienstort zu entscheiden und deshalb am neuen Dienstort lediglich einen Nebenwohnsitz zu begründen. Alles andere widerspräche den praktischen Lebensbedürfnissen der heutigen Zeit, in der Flexibilität und Mobilität immer mehr an Bedeutung gewännen. Das Umzugskostenrecht konkretisiere die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn als Ausgleich dafür, dass der Dienstherr den Beamten innerhalb des gesamten bayerischen Staatsgebiets versetzen könne. Im Vordergrund stehe nicht die Erleichterung des Zusammenlebens des Beamten mit seiner Familie durch Gewährung der Umzugskostenvergütung. Diese familienpolitische Erwägung stelle einen Nebeneffekt, nicht aber den Hauptzweck der Umzugskostenvergütung dar, was schon der Umstand belege, dass deren Gewährung nicht vom Familienstand abhängig sei. Etwas anderes folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2004 – 2 WD 4.04 – (BVerwGE 120, 350), da diese sich ihrem Gesamtzusammenhang nach in erster Linie auf die Frage beziehe, ob eine Umzugswilligkeit des berechtigten Beamten vorliege, wenn die Umzugswilligkeit der Familienangehörigen zweifelhaft sei.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juni 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, schon der Wortsinn lege nahe, dass von dem Begriff des „Umzugs“, jedenfalls bei einer Person mit einem einzigen Wohnsitz, wie dies beim Kläger der Fall gewesen sei, stets die komplette Verlagerung des Hauptwohnsitzes umfasst werde. Zudem deute der Umstand, dass die erstmalige Begründung eines Nebenwohnsitzes im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt werde, darauf hin, dass dieser Fall nicht erfasst werden solle. Auch das Bundesverwaltungsgericht lege in der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung dieses Begriffsverständnis zugrunde. Es treffe zwar zu, dass dieses Urteil in erster Linie die Frage der Umzugswilligkeit betreffe, diese Problematik müsse aber vor dem Hintergrund der Auslegung des Begriffs „Umzug“ gesehen werden. Wenn das Bundesverwaltungsgericht darlege, dass der Berechtigte dann uneingeschränkt umzugswillig sei, „wenn er die Absicht hat, seinen Lebensmittelpunkt an den neuen Dienstort endgültig zu verlegen“, erscheine es wenig überzeugend, ein Begriffsverständnis zugrunde zu legen, das einerseits als „Umzug“ die Begründung eines neuen Nebenwohnsitzes und damit gerade nicht die Verlagerung des Lebensmittelpunkts genügen lasse, bei der darauf bezogenen Umzugsbereitschaft aber andererseits die Verlagerung eben dieses Lebensmittelpunkts fordere. Aus der Systematik der Art. 5 ff. BayUKG sowie aus dem jeweiligen Regelungsgehalt lasse sich ebenfalls ableiten, dass der Gesetzgeber von dem dargelegten Verständnis des Begriffs „Umzug“ ausgegangen sei. Art. 6 BayUKG impliziere beispielsweise, dass eine Verlagerung des gesamten Hausstands erfasst werden solle. Typischerweise sei dagegen die Begründung eines (neuen) Nebenwohnsitzes bei Beibehaltung der bisherigen Hauptwohnung kaum mit einer vollständigen oder auch nur teilweisen Räumung der bisherigen Wohnung verbunden. Auch Art. 7 BayUKG gehe von der Vorstellung aus, dass es zu einer „Umzugsreise“ des Berechtigten und seiner Familie komme, für die Fahrtkosten erstattet würden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diese für einen Familienangehörigen gewährt werden sollte, wenn nur der Berechtigte selbst einen neuen Wohnsitz begründe. Auch aus der Zielsetzung des Gesetzes ergebe sich, dass bei einem Umzug stets auf die Verlagerung des Lebensmittelpunkts abzustellen sei. Der Dienstherr mache bei Zusage der Umzugskostenvergütung deutlich, dass er den baldigen Umzug des Berechtigten und somit die Beendigung der Trennung von Familie und Wohnung für zweckmäßig und sinnvoll erachte, dass er also, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. Januar 1989 – 6 C 47.86 – (BVerwGE 81,149/152) ausführe, die „alsbaldige Beendigung der Trennung für geboten hält und sie durch die Umzugskostenzusage unterstützen will“. Bei der Gewährung von Umzugskostenvergütung könne das Ziel, ein Zusammenleben von Eheleuten oder Familien zu fördern, auch nicht als Nebeneffekt qualifiziert werden. Dadurch würde die Schutzwirkung des Art. 6 GG ausgeblendet, die von der Fürsorge mitumfasst sei und durch die Regelungen des Bayerischen Umzugskostengesetzes ausgestaltet werde. Für Beamte, die sich nicht auf Art. 6 GG berufen könnten, stehe allein die allgemeine Fürsorgepflicht im Hintergrund der Umzugskostenregelungen. Dies ändere jedoch nichts an der grundrechtlich gebotenen Sichtweise in Fällen, in denen der Schutzbereich des Art. 6 GG eröffnet sei.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Wortsinn führe nicht zu der vom Beklagten angenommenen Auslegung des Begriffs „Umzug“. Auch die Auflösung einer Nebenwohnung und Begründung einer neuen Wohnung könnten einen Umzug darstellen. Es seien keine Umstände erkennbar, die auf einen Willen des Gesetzgebers schließen ließen, eine Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnung im Hinblick auf die Umzugskostenvergütung vorzunehmen. Auch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayUKG, wonach Umzugskostenvergütung nicht gewährt werde, wenn eine Versetzung an einen solchen Ort erfolge, an dem eine Wohnung des Umzugskostenberechtigten bestehe, differenziere nicht danach, ob es sich um eine Haupt- oder Zweitwohnung handele, sondern stelle allein darauf ab, dass eine irgendwie geartete Wohnung bestehe. Der Beklagte könne für die Auslegung auch nicht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2004 heranziehen, da sich eine entsprechende Verwendung des Begriffs der „uneingeschränkten Umzugswilligkeit“ im Regelungsbereich für die Umzugskostenvergütung nicht befinde. Dies ergebe sich aus der Betrachtung der differenzierenden Zweckrichtung von Trennungsgeld und Umzugskosten. Die Regelungen in Art. 5 ff. BayUKG gäben ebenfalls keine Erkenntnis dafür, dass unter einem Umzug im Sinne des Umzugskostengesetzes ausschließlich die Verlagerung des Lebensmittelpunkts zu verstehen sei. Werde eine Nebenwohnung aufgelöst, stelle sich ebenso die Frage, was mit dem darin befindlichen Mobiliar geschehe, sofern eine neue Wohnung – und sei es auch ein Nebenwohnsitz – begründet werde. Auch hier werde man ohne weiteres davon ausgehen können, dass der Beamte das Mobiliar als Umzugsgut in die neue Wohnung verbringe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage des Klägers zu Recht stattgegeben, da dieser einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Umzugskostenvergütung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Umzugskostenvergütung in Höhe einer Pauschvergütung für Beförderungsauslagen von 400 Euro sowie der Wohnungsvermittlungsgebühren in Höhe von 660,40 Euro ist vorliegend Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Art. 8 Abs. 4 Satz 1 BayUKG. Die nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUKG erforderliche Umzugskostenvergütungszusage war dem Kläger unter dem 24. Juni 2013 wegen seiner dienstlich veranlassten Versetzung zur Justizvollzugsanstalt A. nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 BayUKG unter der Voraussetzung erteilt worden, dass er nicht am neuen Dienstort oder in dessen Einzugsgebiet wohne. Bis zu seiner Versetzung hatte der Kläger ausschließlich in B. einen (Familien-)Wohnsitz. Das Verwaltungsgericht hat die allein im Streit befangene Frage, ob durch das Beziehen einer Nebenwohnung in A. unter Beibehaltung des Familienwohnsitzes in B. ein Umzug im Rechtssinne vorliegt, zutreffend bejaht.

15a. Der Begriff des Umzugs wird zwar im Bayerischen Umzugskostengesetz nicht definiert, das Gesetz setzt ihn aber voraus (BayVGH, U.v. 16.12.2009 –14 B 07.1373 –juris Rn. 19). Üblicherweise wird unter „Umzug“ ein Wohnungswechsel verstanden (BayVGH, U.v. 16.12.2009 a.a.O.). Die Auslegung des Begriffs „Umzug“ nach dem Wortsinn allerdings gibt nicht hinreichend Aufschluss darüber, ob unter einem Umzug auch die Verlagerung des Lebensmittelpunkts von der bisherigen Wohnung in die neue Wohnung, bei einer Familienwohnung mithin die Verlagerung des Familienwohnsitzes an den neuen Dienstort zu verstehen ist, oder ob unter Umzug im Rechtssinne auch die Beibehaltung der Familienwohnung und die Begründung einer Nebenwohnung am neuen Dienstort gemeint sein kann. Der allgemeine Sprachgebrauch lässt beide Möglichkeiten zu, denn im landläufigen Sinn wird nicht nur die Verlagerung des Hauptwohnsitzes als Umzug verstanden, sondern beispielsweise auch die Auflösung einer Nebenwohnung (am bisherigen Dienstort) und die Begründung einer neuen Nebenwohnung (am neuen Dienstort). In einem solchen Fall sind die Kernbestandteile eines Umzugs, wie sie etwa das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 15. Oktober 2014 – 1 A 1362/13 – (juris Rn. 13) betreffend Maklergebühren als Bestandteil der nach dem Bundesumzugskostengesetz zu gewährenden Umzugskostenvergütung (§ 5 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 BUKG) benannt hat, nämlich Auszug aus der bisher genutzten Wohnung und Einzug in eine neue Wohnung, ersichtlich erfüllt. Eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts ist in einem solchen Fall – jedenfalls bei Familien – nicht erfolgt. Nichts anderes kann bei der Erstbegründung eines Nebenwohnsitzes gelten. Auch hier wird ein weiterer Hausstand außerhalb des Familienwohnsitzes begründet.

Laut Duden werden als bedeutungsgleich mit „Umzug“ u.a. Auszug, Übersiedlung, Umsiedlung, Wohnortverlegung, Wohnungswechsel bzw. das Umziehen in eine andere Wohnung gesehen (http://www.duden.de./rechtschreibung/Umzug), wobei auch diese Begrifflichkeiten für die hier interessierende Frage kein eindeutiges Ergebnis herbeizuführen vermögen. Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 1. April 2009 – 10 A 11056/08 – (juris Rn. 4) und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 15. Januar 2014 – 1 A 1175/12 – (juris Rn. 15, 17) im Zusammenhang mit der Gewährung eines Ausstattungsbeitrags nach § 12 AUV von einem „Ausgleich für besondere materielle und immaterielle Belastungen, die mit der Verlegung des Lebensmittelpunkts ins Ausland verbunden sind“ sprechen, gibt dies ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Auslegung des Begriffs „Umzug“ im Sinne der bayerischen Umzugskostenvergütungsvorschriften.

b. Der Gesetzesbegründung lässt sich die Definition des Begriffs „Umzug“ ebenfalls nicht entnehmen. Danach liegt ein Umzug aus Anlass der aufgeführten Maßnahmen dann vor, wenn die neue Wohnung am neuen Dienstort (bzw. in dessen Einzugsgebiet) liegt oder in einem räumlichen Zusammenhang mit dem Dienstort steht, d.h. die Berechtigten ihren Wohnort so wählen, dass sie in der Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt sind (LT-Drs. 15/3058 S. 8). Nachdem allerdings die Begründung – ebenso wie das Gesetz selbst – keine weiteren Kriterien für die zukünftige Wohnung und damit auch keinen Hinweis auf eine Notwendigkeit der Verlegung des Lebensmittelpunkts an den neuen Dienstort liefert, kann nicht zwingend gefolgert werden, dass die dienstlich bedingte Begründung eines neuen Wohnsitzes mit einer Verlagerung des Familienwohnsitzes einhergehen muss.

18c. Die Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm spricht dafür, dass für einen Umzug im Rechtssinn nicht auch der Familienwohnsitz verlagert werden muss, sondern für den Anspruch auf Umzugskostenvergütung – anders als beim Trennungsgeld – die Begründung einer Nebenwohnung am neuen Dienstort unter Beibehaltung des Familienwohnsitzes ausreichend ist. Maßgeblich hierfür sind folgende Überlegungen:

19Das Umzugskostenrecht konkretisiert die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn als Ausgleich dafür, dass der Dienstherr den Beamten innerhalb des gesamten bayerischen Staatsgebiets versetzen kann. Deshalb hat der Beamte im Gegenzug Anspruch auf Erstattung der durch einen dienstlich veranlassten Wohnungswechsel entstehenden notwendigen Mehraufwendungen (so schon BVerwG, U.v. 8.3.1974 – BVerwG II C 48.72 – Buchholz 238.90 Nr. 53). Allerdings trifft den Beamten grundsätzlich keine Residenzpflicht, eine solche besteht ausnahmsweise nur dann, wenn es die dienstlichen Verhältnisse erfordern, dass der Beamte die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen hat (Art. 74 Abs. 2 BayBG). Daher ergibt sich weder für den Beamten noch für seine Familie eine Pflicht zum Umzug an den neuen Dienstort (vgl. Summer in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Juli 2015, Art 74 BayBG Rn. 8; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand September 2015, § 28 BBG Rn. 18). Der Beamte ist lediglich verpflichtet, eine Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird (Art. 74 Abs. 1 BayBG). Dieser – allein für den Beamten und nicht für seine Familie bestehenden – Pflicht kann er auch von einer Nebenwohnung am neuen Dienstort aus nachkommen, denn unter Wohnung im Sinn der Norm ist auch die als Familienwohnung ungeeignete Zweitwohnung zu verstehen (Summer a.a.O.). Auch das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 21.12.1998 – 10 A 2.95 – juris Rn. 30) spricht von einem „Umzug“, wenn der Dienstherr einen Beamten aufgrund des § 74 Abs. 2 BBG a.F. (jetzt § 72 Abs. 2 BBG n.F.), der inhaltsgleich mit Art. 74 Abs. 2 BayBG ist, zur Wohnsitznahme am neuen Dienstort zwingt.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht von der in die Personalmaßnahme (Versetzung, Abordnung etc.) eingeschlossenen und durch die Umzugskostenzusage fürsorglich unterstützten Erwartung, der Beamte werde seinen Familienwohnsitz sobald wie möglich an den neuen Dienstort verlegen, spricht (BVerwG, U.v. 9.1.1989 –6 C 47.46 – BVerwGE 81, 149; U.v. 21.12.1998 – 10 A 2.95 – juris Rn. 28), kann daraus nicht geschlossen werden, dass für einen Anspruch auf Umzugskostenvergütung gemäß Art. 3, 4 Abs. 1 Nr. 1 BayUKG auch die Verlegung des Familienwohnsitzes erforderlich ist. Den zitierten Entscheidungen lagen andere Fallgestaltungen zugrunde, denn es ging dort um die Bedeutung der Zusage der Umzugskostenvergütung für die Gewährung von Trennungsgeld, dem eine andere Zweckrichtung als der Umzugskostenvergütung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass beide Leistungen selbständig geregelt und damit rechtlich voneinander unabhängige Leistungen sind, die auf unterschiedlichen Erwägungen beruhen, und allenfalls eine rein tatsächliche Beziehung zwischen Umzugskostenzusage und Gewährung von Trennungsgeld besteht (BVerwG, U.v. 21.12.1998, a.a.O., Rn. 23, 29). Auch in dem vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2004 – 2 WD 4.04 – (BVerwGE 120, 350) ging es nur um die Voraussetzungen für eine Gewährung von Trennungsgeld, weil der Kläger im dortigen Verfahren – im Gegensatz zum Kläger hier – trotz der erteilten Umzugskostenvergütungszusage Trennungsgeld erhalten hatte und so die Frage der Umzugswilligkeit des Beamten und seiner Familie inmitten stand. Vorliegend geht es jedoch ausschließlich um die Frage, ob ein Anspruch auf Umzugskostenvergütung besteht, ohne jeglichen Bezug zur Gewährung von Trennungsgeld.

21Zwar spielt die Umzugskostenvergütungszusage sowohl bei der Erstattung von Umzugskosten als auch bei der Gewährung von Trennungsgeld eine entscheidende Rolle. Wegen der anderen Zweckrichtung kann aus den für das Trennungsgeld geltenden Grundsätzen nicht der Rückschluss gezogen werden, ein Umzug im Sinn der umzugsvergütungsrechtlichen Regelungen könne zwangsläufig nur bei Verlegung des Lebensmittelpunkts angenommen werden. Trennungsgeld wird einem versetzten oder abgeordneten Beamten gewährt, um ihn im angemessenen Umfang von den Kosten zu entlasten, die ihm für eine doppelte Haushaltsführung und notwendige Reisen zwischen Dienst- und Wohnort deswegen entstehen, weil er als Folge der Versetzung oder Abordnung an einem anderen Ort als seinem Wohnort Dienst zu leisten hat (Art. 13 Abs. 1 BayUKG). Wird die Umzugskostenvergütung nicht zugesagt, lässt der Dienstherr damit erkennen, dass er einen Umzug des Betreffenden an den neuen Dienstort ausnahmsweise nicht erwartet. Damit nimmt er in Kauf, dass das Entstehen zusätzlicher Kosten durch die Trennung von Familie und Hausstand für die gesamte Dauer der dienstlichen Maßnahme auf diese zurückgeführt wird. Der Anspruch auf Trennungsgeld bleibt daher für diesen Zeitraum bestehen. Sagt der Dienstherr die Erstattung der Umzugskosten dagegen zu, macht er damit deutlich, dass er die alsbaldige Beendigung der Trennung für geboten hält und sie durch die Umzugskostenzusage unterstützen will (BVerwG, U.v. 21.12.1998 – 10 A 2.95 – juris Rn. 28); Trennungsgeld erhält der Beamte in diesem Fall nur dann, wenn er uneingeschränkt umzugswillig ist und nachweislich wegen Wohnungsmangels am neuen Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets nicht umziehen kann (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayUKG). Dies erfordert zwangsläufig die Absicht des Beamten, seinen Lebensmittelpunkt und damit seinen Familienwohnsitz an den neuen Dienstort endgültig zu verlegen und so die doppelte Haushaltsführung, also die Trennung von seiner Familie, zu beenden. Vor dem Hintergrund der besonderen Zweckrichtung des Trennungsgelds gewinnt die Frage der uneingeschränkten Umzugswilligkeit und der Verlagerung des Familienwohnsitzes bei Zusage der Umzugskostenvergütung maßgebliche Bedeutung. In diesem Sinne liegt ein vollzogener Umzug folgerichtig dann vor, wenn der Beamte am neuen Wohnort eine Wohnung mit einer Einrichtung versehen hat, die ihm und seiner Familie das endgültige Wohnen ermöglicht, und wenn er die neue Wohnung in der Absicht bezogen hat, dort mit seiner Familie endgültig wohnen zu bleiben (BVerwG, U.v. 13.3.1980 – 1 D 101.78BVerwGE 63, 346; U.v. 27.4.2004 – 2 WD 4.04 – BVerwGE 120, 330). Verlegt der Beamte lediglich einen Nebenwohnsitz oder gründet einen neuen Nebenwohnsitz, ohne gleichzeitig den Familienwohnsitz zu verlagern, ist die kostenverursachende und dem Trennungsgeldrecht immanent vorausgesetzte doppelte Haushaltsführung nicht mehr der Personalentscheidung des Dienstherrn zuzurechnen, sondern der eigenen privaten Entscheidung des Beamten, die Trennung aufrecht zu erhalten, obwohl die Verlagerung des Familienwohnsitzes möglich wäre. Trennungsgeld kann in diesem Falle nicht gewährt werden. Im Falle der Gewährung von Umzugskosten spielt jedoch die Frage der trennungsgeldrechtlich relevanten doppelten Haushaltsführung keine Rolle, denn die Kosten für den Umzug fallen ohnehin an, damit der Beamte in der Nähe zum Dienstort wohnen und seine Dienstgeschäfte uneingeschränkt wahrnehmen kann. Insoweit unterscheidet sich der trennungsgeldrechtlich maßgebliche Umzug von dem für die Gewährung einer Umzugskostenvergütung maßgeblichen Umzug. Die erteilte Umzugskostenvergütungszusage, die Voraussetzung für die Gewährung der Umzugskostenvergütung ist (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUKG), enthält als Minus auch die Zusage für einen Umzug nur des Beamten.

d. Eine Auslegung im Sinne des Beklagten würde auch zu einer Benachteiligung von verheirateten gegenüber ledigen Beamten führen. In Art. 15 Abs. 2 Satz 2 des Meldegesetzes (MeldeG) ist zwingend bestimmt, dass Hauptwohnung eines Verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner ist. Es ist daher für verheiratete Beamte ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen. Dies führt dazu, dass ein Lediger im Gegensatz zu einem Verheirateten problemlos durch Bestimmung der von ihm überwiegend genutzten Wohnung am neuen Dienstort als Hauptwohnsitz Umzugskostenvergütung erstattet erhält, der Verheiratete hingegen nur, wenn die gesamte Familie an den neuen Wohnort mitumzieht (vgl. BVerfG, B.v. 11.10.2005 –1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03BVerfGE 114, 316 zum Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG bei Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf das Innehaben einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet). Bei der im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 124 BV vorzunehmenden Auslegung des Begriffs „Umzug“ kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass diese Grundrechte jede Ehe und Familie schützen und zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung garantieren, die staatlicher Einwirkung entzogen ist. Der Gesetzgeber muss Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen. Eine Eingrenzung der Erstattung der Umzugskosten ausschließlich für Familienumzüge könnte sich erschwerend auf die Vereinbarkeit von Ehe und Berufsausübung beider Ehegatten auswirken und würde zu einer offenkundig unzulässigen Typisierung der „Alleinverdienerehe“ führen (vgl. BVerfG, B.v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00BVerfGE 107, 27 zur Verwerfung der gesetzlichen Zweijahresfrist für die steuerliche Abzugsfähigkeit doppelter Haushaltsführung bei beiderseits berufstätigen Ehegatten). Auch diese Überlegung stützt nicht die Auffassung des Beklagten, das Zusammenleben der Familie an einem Familienwohnsitz sei der Hauptzweck der Umzugskostenvergütung, ganz abgesehen davon, dass Ledige ebenfalls Anspruch auf Umzugskostenvergütung haben. Selbst wenn die in Bezug auf § 15 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 2, § 2 Abs. 2 BUKG a.F. getroffene Aussage des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 13. März 1980 – 1 D 101.78 – (BVerwG 63, 346), „ein Beamter ist im Sinne dieser Vorschriften an einen anderen Wohnort umgezogen, wenn er den Lebensmittelpunkt seiner Familie endgültig an diesen Ort verlegt hat“, dahingehend zu verstehen wäre, dass ein Umzug im Sinn des Umzugskostenrechts insgesamt nur bei Verlagerung des Lebensmittelpunkts mit der Familie vorliegt, müsste diese heute im Lichte der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anders gesehen werden.

e. Diesem Befund widerspricht nicht, dass der Dienstherr mit der Umzugskostenvergütungszusage die Erstattung einer der in Art. 5 Abs. 1 BayUKG vorgesehenen Auslagen für einen Familienumzug verbindet, damit der Beamte den Umzug mit seiner Familie an den neuen Dienstort nicht deshalb unterlässt oder aufschiebt, weil er die damit verbundenen Aufwendungen nicht aufzubringen vermag. Denn über die Fürsorgepflicht des Dienstherrn hinaus gebieten es Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 124 BV, dass dem Beamten die Möglichkeit eingeräumt wird, mit seiner Familie an den neuen Dienstort zu ziehen. Diese durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 124 BV gebotene Erstattung des gesamten Familienumzugsguts kann aber im Umkehrschluss nicht dazu führen, den vom Umfang her weitaus geringeren Umzug nur des Beamten in eine Wohnung am neuen Dienstort nicht als Umzug im Rechtssinne anzusehen. Denn das Zusammenleben der Familie kann nicht wesentlicher Zweck der Umzugskostenvergütung durch den Dienstherrn sein. Dadurch würde die Schutzwirkung der Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 124 BV einseitig auf eine spezifische Ausprägung des ehelichen Zusammenlebens reduziert und es blieben die inzwischen weit ausgedehnte Berufstätigkeit beider Ehegatten, ihre rechtliche Gleichrangigkeit und die gestiegenen Anforderungen an die berufliche Mobilität der Beamten sowie aller Beschäftigten unberücksichtigt.

2. Im Hinblick auf das Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 9) verwiesen werden (§ 125 Abs. 1, § 117 Abs. 5 VwGO). Anhaltspunkte dafür, dass die darüber hinaus erforderlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung der Pauschvergütung für Beförderungsauslagen von 400 Euro sowie der Wohnungsvermittlungsgebühren in Höhe von 660,40 Euro gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Art. 8 Abs. 4 Satz 1 BayUKG nicht vorliegen, sind nicht ersichtlich.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.066,40 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 GKG (wie Vorinstanz).