Bayerischer VGH, Urteil vom 14.07.2015 - 13 A 15.132
Fundstelle
openJur 2015, 18970
  • Rkr:

Die Zuteilung eines nur schwer zu bewirtschaftenden Steilhangs durch den Flurbereinigungsplan kann trotz angemessener Hangabschläge die Wertgleichheit der Abfindung beeinträchtigen.Flurbereinigung; Bewirtschaftungsnachteile; Erwerb eines Grundstücks; Flurbereinigungsplan; Hangflächen; Feld- und Waldweg; Wege- und Gewässerplan; Aufnahme in den Flurbereinigungsplan; Flurbereinigungsplan; Unfallgefahr; Wertgleichheit; Zurückverweisung an Spruchausschuss

Tenor

I. Die Verfahren 13 A 14.2106, 13 A 14.2108, 13 A 14.2109, 13 A 15.132 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2014 wird die Sache an den Spruchausschuss bei dem Amt für Ländliche Entwicklung Oberfranken zur erneuten Verhandlung und Bescheidung zurückverwiesen.

III. Die beklagte Teilnehmergemeinschaft C. hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 1.360 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die drei Kläger sind Teilnehmer des am 24. April 1996 nach § 86 FlurbG angeordneten vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens C. In diesem Verfahren stellte der Vorstand der beklagten Teilnehmergemeinschaft am 3. April 2002 die Ergebnisse der Wertermittlung fest. Die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung wurde vom 5. März bis 7. April 2008 öffentlich bekanntgemacht. Hiergegen legten die Eheleute K.W. und G.W. (in Gütergemeinschaft) am Montag, 7. April 2008 Widerspruch ein. Im Schreiben vom 8. August 2008 teilten die Eheleute dem Amt für Ländliche Entwicklung Oberfranken (ALE O.) u.a. mit, dass sie einen Bescheid über den Widerspruch gegen die Wertermittlung erwarteten. Hierüber ist nicht entschieden worden.

Bereits mit Schreiben vom 8. Oktober 2006 hatten sich die Eheleute gegen einen von Osten her zum Ortsrand hin geplanten Feldweg ausgesprochen. Sie hatten geltend gemacht, dass dieser Weg das am Ortsrand gelegene Einlageflurstück 266 von der Hofstelle (Einlageflurstück 11) abtrennen würde. Durch notariellen Vertrag vom 20. Mai 2007 übertrugen die Eheleute das genannte Einlageflurstück mit 0,4110 ha auf ihre Tochter (Klägerin im Verfahren 13 A 14.2109). Die Eintragung im Grundbuch des Amtsgerichts B. erfolgte am 20. Juli 2007. Am 23. Mai und 31. Juli 2007 beschloss der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft C. den Flurbereinigungsplan Teil I. Hierdurch wurden den Eheleuten die Abfindungsflurstücke 3, 7/4, 7/6, 11, 698, 732, 742, 750, 840 sowie 840/1 und der Tochter das Abfindungsflurstück 779 zugeteilt. Die Abfindung der Eheleute im Verfahren C. umfasst 10,1333 ha mit 145.594 Wertverhältniszahlen und einer Durchschnittswertzahl von 14,4. Diejenige der Tochter umfasst 0,4855 ha mit 7.328 WVZ und einer DWZ von 15,1. Der Anhörungstermin fand am 17. März 2009 statt. Am 9. April 2013 beschloss der Vorstand den Flurbereinigungsplan Teil II. Der Anhörungstermin hierzu fand am 17. April 2013 statt.

Am 2. August 2007 ordnete das ALE O. die vorläufige Besitzeinweisung an. Der Besitzübergang erfolgte bis zum 1. Oktober 2007. Durch Bescheid vom 20. Oktober 2014 erging die vorzeitige Ausführungsanordnung. Danach trat der neue Rechtszustand am 1. Februar 2015 ein.

Am 6. Oktober 2008 beschloss der Vorstand eine Änderung des ursprünglich am 5. März 2001 genehmigten Plans nach § 41 FlurbG (Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan – Fortlaufende Niederschriften – FN – S. 373, 375). Mit Bescheid vom 28. Mai 2010 genehmigte das ALE O. die Änderung des Plans, welche u.a. die Wegebaumaßnahme 116 149 (Abfindungsflurstück 780) am östlichen Rand der Ortschaft C. ausweist. Gemäß dem Anlagen- und Anlagenverzeichnis Nr. 1074-10 vom April 2010 handelt es sich hierbei um einen Wirtschaftsweg Bautyp 8 mit Einfachbefestigung.

Im Verfahren C. hatte der Vorstand am 23. Mai 2007 unter TOP 3 (FN S. 310) folgenden Beschluss gefasst: „Um die Ländliche Entwicklung für das Verfahren zweckmäßig durchzuführen, werden im Einvernehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft K. Abfindungsforderungen einzelner Teilnehmer zur Behandlung im Flurbereinigungsplan der Teilnehmergemeinschaft K. dorthin überwiesen und umgekehrt Abfindungsforderungen einzelner Teilnehmer des dortigen Verfahrensgebietes zur Behandlung im Flurbereinigungsplan C. zugewiesen.“ Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft K. beschloss am 22. Mai und 1. August 2007 den Flurbereinigungsplan. Der Anhörungstermin folgte am 17. März 2009. Durch den Flurbereinigungsplan K. wurde den Eheleuten im dortigen Verfahrensgebiet das Abfindungsflurstück 698/1 zugeteilt. Dieses grenzt von Westen her an das den Klägern im Verfahren C. zugeteilte Abfindungsflurstück 698. Der Forderungsnachweis im Verfahren K. enthält folgende Forderungsüberweisung: „+4122 m², +5685 WVZ, DWZ 13,8“. Am 31. März 2009 legten sie gegen „den Kostenbeitrag der Teilnehmergemeinschaft K. für das Abfindungsflurstück 698/1“ Widerspruch ein. Hierbei machten sie u.a. geltend, dass sie in der Gemarkung K. keine Einlageflächen gehabt und dort auch keine Abfindungsflächen gefordert hätten.

Mit Schreiben vom 25. und 26. März 2009, eingegangen bei dem ALE O. am 30. März 2009, legten die Eheleute (unter Hinweis auf die Kontoauszüge der Teilnehmergemeinschaft C. und der Teilnehmergemeinschaft K.) Widerspruch „gegen den Flurbereinigungsplan“ ein. Hierbei rügten sie, dass die Abfindung eine erhebliche Mehrung von Hangflächen im Bereich der Abfindungsflurstücke 698 und 750, einen Verlust von ebenen Flächen und teilweise eine fehlende Erschließung, eine ungünstige Form und Größe oder eine ungünstige Lage aufweise. Außerdem wandten sie sich mit weiterem Schreiben vom 26. März 2009 zusammen mit ihrer Tochter gegen die Ausweisung des Weges Abfindungsflurstück 780. Dieser sollte entfallen, weil hierdurch die bis zur Hofstelle reichende Viehweide durchschnitten werde. Bisher grenze das Einlageflurstück 266, dem das Abfindungsflurstück 779 entspreche, in einer Breite von 10 m an das Hofgrundstück Flurstück 11. Wenn dieser Zusammenhang entfiele, wäre die Weidehaltung unterbrochen, so dass auf dem Abfindungsflurstück 779 neue Stallungen oder Tränken errichtet werden müssten. Dies hätte eine völlige Änderung der bisherigen Betriebsstruktur und eine erhebliche Wertminderung des Besitzstands zur Folge. Außerdem hätte die rückwärtige Erschließung für das Flurstück 779 und die benachbarten Flächen keinen Vorteil, weil dieser Bereich bereits von der Teerstraße aus erschlossen sei.

Durch Bescheid vom 21. August 2014, den Klägern zugestellt am 26. August 2014, wies der Spruchausschuss bei dem ALE O. die Widersprüche zurück. Sie seien unbegründet. Die Kläger hätten eine wertgleiche Abfindung erhalten. Der neu geplante Weg Abfindungsflurstück 780 sei nicht nachteilig, zumal in der elterlichen Hofstelle derzeit ohnehin keine Tierhaltung betrieben werde. Der maßgebliche Gesamtvergleich von Einlage und Abfindung zeige, dass die neuen Flurstücke offensichtlich besser geformt seien als die alten, die ausnahmslos klein und unförmig seien. Die Abfindung lasse sich wesentlich besser und kostengünstiger bearbeiten. Die Unform des ca. 0,5 ha großen Teilbereichs des Abfindungsflurstücks 698 sei im Rahmen der Grünlandnutzung nicht gravierend. Für die verlegbaren 14 Einlageflurstücke seien vier größere Abfindungsflurstücke zugeteilt worden. Die Bewirtschaftungsnachteile infolge der Mehrung an Hangflächen seien durch Abschläge und den entsprechenden Ausgleich in Land kompensiert worden.

Am 24. September 2014 haben die drei Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - Flurbereinigungsgericht - erhoben. Sie beziehen sich zur Klagebegründung auf die Widerspruchsschreiben und machen darüber hinaus geltend, dass das Abfindungsflurstück 750 keine eigene Zufahrt habe und nur über das benachbarte Gemeindegrundstück 749 erreichbar sei. Die kleine quadratische Teilfläche des Abfindungsflurstücks 698 lasse sich nur separat und mit übermäßigem Aufwand bewirtschaften; die zu erzielende Pacht sei entsprechend niedrig. Der im flachen Gelände gelegene östliche Teil des Einlageflurstücks 60 sollte ihnen zugeteilt werden, weil es sich um eine ortsnahe Fläche handele, an deren Wiedererlangung ein gesteigertes Interesse bestehe. Bezüglich der Zuteilung größerer FFH-Flächen sei zu rügen, dass bestimmte andere Teilnehmer hiervon verschont geblieben seien. Das Einlageflurstück 266 bzw. Abfindungsflurstück 779 müsste mit Wertzahl 100 bewertet werden, weil es sich um Bauerwartungsland handele. Im Verfahren K. hätten sie keine Einlage gehabt und hätten dort eine Abfindung ohne ihr Einverständnis bekommen (Abfindungsflurstücks 698/1).

Am 14. Januar 2015 haben die Eheleute beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof außerdem Klage gegen die Teilnehmergemeinschaft K. erhoben.

Die Kläger beantragen,

die Flurbereinigungspläne C. und K. entsprechend ihrem Vorbringen zu ändern.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

in allen Verfahren die Klage abzuweisen.

Er macht in der Klageerwiderung Folgendes geltend: Das Abfindungsflurstück 698/1 liege in der Gemarkung C., gehöre aber zum Verfahrensgebiet K. Es bilde zusammen mit dem Abfindungsflurstück 698 in der Örtlichkeit eine Einheit. Die Forderungsüberweisung in Gestalt des Flurstücks 698/1 sei im Interesse der Kläger erfolgt, die auf diese Weise eine ortsnahe, zusammenhängende Nutzfläche von 3,7 ha erlangt hätten. Außerdem sei diese Flurlage durch den neuen Weg von Osten her wesentlich besser als früher erschlossen. Der Zuwachs an Hangflächen sei durch die Hangabschläge und die Verminderung von Nässeflächen ausgeglichen. Bezüglich der Bewertung des Einlageflurstücks 266 dürfte die Klagefrist des § 142 Abs. 2 FlurbG überschritten sein. Die Beklagte habe den Klägern mit Schreiben vom 12. Mai 2009 mitgeteilt, dass dem Widerspruch nicht stattgegeben werde. Da hierauf keine Reaktion erfolgt sei, habe sie angenommen, dass die Angelegenheit erledigt sei.

Der Senat hat Beweis erhoben mittels Einnahme eines Augenscheins. Wegen des Verlaufs sowie der Ergebnisse der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschriften vom 13. Juli 2015 bzw. 14. Juli 2015 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die gemäß § 93 Satz 1 VwGO zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig und begründet.

Die beklagte Teilnehmergemeinschaft C. hat in Ausübung des ihr im Flurbereinigungsgesetz eingeräumten planerischen Gestaltungsermessens die bei der Abfindung eines Teilnehmers zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze bei der klägerischen Abfindung nicht ausreichend berücksichtigt (§§ 113, 114 VwGO, § 138 Abs. 1 Satz 2, §§ 144, 146 Nr. 2 FlurbG).

Der für jede Landabfindung zwingend vorgeschriebene Gestaltungsgrundsatz, den Teilnehmer für seine in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden (§ 44 Abs. 1 FlurbG), ist zwar rechnerisch beachtet. Neben dieser rechnerischen Wertgleichheit (Summe der Wertverhältniszahlen) sind aber auch die in § 44 Abs. 2 und 4 FlurbG aufgeführten gleichwertigkeitsbestimmenden Umstände und Faktoren zu beachten. Hierbei ist die gesamte Einlage mit der gesamten Abfindung zu vergleichen (BVerwG, U.v. 10.5.1990 – 5 C 1.87BVerwGE 85, 129). Im vorliegenden Fall widerspricht die Gestaltung der Abfindung dem Gebot, alle Umstände zu berücksichtigen, die u.a. auf die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben (§ 44 Abs. 2 Alt. 2 FlurbG).

19Durch die Zuteilung sehr steiler Teilflächen im oberen Bereich des hängigen Abfindungsflurstücks 750 ist bei den Klägern (Eheleuten) eine unzumutbare Bewirtschaftungserschwernis eingetreten. Diese ca. 100 m lange Grünlandfläche von ca. 1.600 m², welche hohe Hangabschläge von –4H und –5H aufweist, kann nach Einschätzung des zur Beurteilung landwirtschaftlicher Sachverhalte nach § 139 FlurbG fachmännisch besetzten Flurbereinigungssenats (BVerwG, B.v. 4.11.2010 – 9 B 85.09 – RdL 2011, 74) nicht ohne Unfallgefahr abgemäht werden. Die mit –5H belegte Teilfläche lässt sich mit großen Maschinen nicht bearbeiten, weil dort die große Gefahr des Umkippens besteht. Selbst bei Einsatz einer kleinen Maschine und versierter Fahrweise wäre das Risiko des Umkippens nicht zu vernachlässigen. Die mit –4H belegte Teilfläche lässt sich von der Hangneigung her zwar ohne Unfallgefahr befahren, weist aber einen zusätzlichen Risikofaktor auf. Entlang der Grenze zwischen den Einlageflurstücken 340 und 341 verläuft parallel zur Bewirtschaftungsrichtung ein absatzartiger alter Feldrain, der zwar nicht sehr hoch ist, aber bei Befahren der Kante unter Umständen bewirken kann, dass die eingesetzte Mähmaschine ins Rutschen geraten und dann umkippen würde. Diese schwerwiegenden, in der Einlage nicht vorhandenen Nachteile werden durch die Hangabschläge und die daraus resultierende Zuteilung entsprechend größerer Nutzflächen nicht kompensiert. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass die Nachteile der Hängigkeit wie z.B. erhöhte Schlepperkosten, geringere Erträge und zunehmende Erosionsgefahr durch die Hangabschläge ausgeglichen sind (BVerwG, U.v. 23.6.1959 – I C 78.58 – Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 2). Etwas anderes gilt jedoch, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Bewirtschaftungsnachteile betrieblich nicht auffangbar sind (BVerwG, U.v. 26.3.1962 – I C 24.61RdL 1962, 217/218; Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 44 Rn. 14). Aus diesem Grund ist hier auch kein Nachteilsausgleich durch einen der Abfindung innewohnenden positiven neuen Wertfaktor anzunehmen (vgl. Mayr, a.a.O., Rn. 15). Zwar wurde den Klägern eine mit –4N belegte, sehr nasse Fläche von 900 m² nicht wieder zugeteilt, jedoch vermag dieser Umstand die erheblich erschwerte Bewirtschaftung der oberen Steilflächen in Abfindungsflurstück 750 nicht zu kompensieren.

20Hinzu kommt, dass dieses Flurstück nicht ausreichend erschlossen ist. Nach § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG müssen Grundstücke durch Wege zugänglich gemacht werden. Die Zugänglichkeit setzt einen Anschluss an das öffentliche Wegenetz voraus. Die Beschaffenheit der Erschließung muss der Nutzung der neuen Grundstücke entsprechen, insbesondere das Heranfahren mit den zur Ausübung der Nutzung erforderlichen Fahrzeugen ermöglichen (BayVGH, U.v. 31.7.2007 – 13 A 06.1737 – RdL 2009, 296). Dieses Erfordernis ist hier aber nicht erfüllt. Zwar grenzt das genannte Abfindungsflurstück nordseitig an den öffentlichen Feld- und Waldweg Abfindungsflurstück 748, jedoch fehlt es wegen der ungünstigen Orographie des Geländes an der Möglichkeit, Siloballen vom Abfindungsflurstück 750 aus zur Straße zu transportieren. Aufgrund der gegebenen Bewirtschaftungsrichtung (West-Ost) käme nur eine Abfuhr an dem westlichen Ende in Betracht. Da sich dort aber ein nach Südwesten hin stark abfallender Hügel befindet, kann diese Stelle nicht – wie erforderlich wäre – schräg befahren werden. Die faktische Zufahrt über das westlich angrenzende Abfindungsflurstück 749 genügt nicht, weil die Überfahrt nicht rechtlich gesichert ist (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., Rn. 65). Dass das im dortigen Hangbereich gelegene Einlageflurstück 340 der Kläger ebenfalls nicht durch einen Weg erschlossen war, ist unerheblich, weil es sich bei der Erschließungspflicht um einen zwingend vorgeschriebenen Gestaltungsgrundsatz handelt.

Ob die weiteren Rügen wegen der Gestaltung der Abfindung begründet wären, kann dahin stehen, weil es allein schon aufgrund der zugeteilten Steilhangflächen an der Wertgleichheit von Einlage und Abfindung fehlt. Allerdings kann ein Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens grundsätzlich nicht verlangen, mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage – auch nicht in der Lage seiner alten Grundstücke – abgefunden zu werden, da ansonsten die Zusammenlegung von Grundstücken erheblich erschwert oder unmöglich gemacht würde (BVerwG, B.v. 19.11.1998 – 11 B 53.98RdL 1999, 65). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf bestimmte Einzelmaßnahmen, vor allem nicht auf unverändert wieder zugewiesene Einlageflurstücke (Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 Rn. 41). Der Gesichtspunkt der Ortsnähe ist ebenfalls nicht ausschlaggebend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient die Vorschrift des § 44 Abs. 4 FlurbG, wonach die Landabfindung eines Teilnehmers u.a. in der Entfernung vom Wirtschaftshofe oder der Ortslage seinen alten Grundstücken entsprechen soll, nicht dazu, den Beteiligten den Verkehrswert ortsnaher Grundstücke zu erhalten (BVerfG, B.v. 8.7.1998 – 1 BvR 851/87NVwZ 1999, 62). Die Bilanz der Flora-Fauna-Habitat-Flächen dürfte die Wertgleichheit ebenfalls nicht in Frage stellen. Selbst wenn bei bestimmten anderen Teilnehmern die FFH-Bilanz deutlich günstiger ausgefallen sein sollte, wäre hierdurch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Dem Gleichheitssatz genügt die Erfüllung des jedem Teilnehmer zustehenden Anspruchs auf wertgleiche Abfindung. Ist dieser Anspruch erfüllt, so ist damit die in Anbetracht der Verschiedenheit der einzelnen Ansprüche mögliche gleiche Behandlung erreicht. Dass einzelne Teilnehmer – bei im übrigen wertgleicher Abfindung – größere Vorteile durch die Flurbereinigung erhalten als andere, bedeutet für sich allein noch keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gleichheit (BVerwG, B.v. 19.11.1998 – 11 B 53.98RdL 1999, 65; BayVGH, U.v. 16.3.2006 – 13 A 04.515 – RzF 103 zu § 44 Abs. 1 FlurbG).

Bezüglich des öffentlichen Feldwegs Abfindungsflurstück 780 ist wegen des bisherigen Zusammenhangs zwischen der Hofstelle Einlageflurstück 11 und dem am Ortsrand gelegenen Einlageflurstück 266 von einer Wirtschaftseinheit von Eltern und Tochter auszugehen. Der strittige Weg unterbricht den Zusammenhang. Im Übrigen können Teilnehmer den Wege- und Gewässerplan nach § 41 FlurbG als selbständige Festsetzung des Flurbereinigungsplans auch unabhängig von der Rüge ihrer Abfindung angreifen, da sie durch einen verfehlten Wegeausbau z.B. durch einen überhöhten Landabzug nach § 47 FlurbG oder durch einen unwirtschaftlichen Kostenbeitrag nach § 19 FlurbG belastet sind (BVerwG, B.v. 18.3.1985 – 5 B 75.83 – RzF 6 zu § 41 Abs. 5 FlurbG; BayVGH, U.v. 6.10.2009 – 13 A 08.2090RdL 2010, 105). Indem die Tochter das im Flurbereinigungsgebiet C. gelegene Einlageflurstück 266 erwarb, trat sie nach § 15 Satz 1 FlurbG in die bisherige Verfahrensposition der Eltern ein. Somit ist sie befugt, den Rechtsbehelf im eigenen Namen weiterzuverfolgen (BVerwG, B.v. 1.11.1976 – V B 82.74RdL 1977, 323) und die gegenüber der Einlage veränderte Zuteilung mit dem Abfindungsflurstück 779 zu rügen. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass die mit Bescheid vom 28. Mai 2010 genehmigte Änderung des Plans nach § 41 FlurbG, welche u.a. die Wegebaumaßnahme 116 149 (Abfindungsflurstück 780) ausweist, entgegen der Vorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG bisher nicht in den Flurbereinigungsplan aufgenommen und damit noch nicht Gegenstand von Widerspruch und Klage geworden ist. Die Frage, ob das Interesse der Kläger, sich künftige Entwicklungsoptionen offen zu halten („Erwerbszweig Urlaub auf dem Bauernhof bzw. unserer landwirtschaftlichen Tätigkeit, z.B. Ponyhof, Schaf-, Ziegen- und Damwildhaltung“) als ein abwägungsrelevanter betrieblicher Faktor zu erachten wäre, ist somit im rechtshängigen Klageverfahren nicht entscheidungserheblich (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2006 – 10 C 4.05BVerwGE 126, 303). Im Übrigen ist zu bedenken, dass für die Teilnehmergemeinschaft bei der Festlegung des Wegenetzes im Rahmen der Aufstellung des Plans nach § 41 FlurbG ein weites Planungsermessen besteht (BayVGH, U.v. 6.10.2009 – 13 A 08.2090RdL 2010, 105; NdsOVG, U.v. 28.9.2006 – 15 KF 8/04RdL 2007, 70; OVG RhPf, U.v. 12.5.1981 – 9 C 58/80RdL 1981, 241; Wingerter in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 41 Rn. 7).

Zudem bestehen erhebliche Bedenken, ob die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung hinsichtlich des Einlageflurstücks 266 bestandskräftig ist. Anders als vom Spruchausschuss angenommen haben die Eltern (am 7. April 2008) Widerspruch eingelegt. Aufgrund der von der Tochter mit Schreiben vom 19. Juli 2007 nach § 120 FlurbG erteilten Vollmacht (s. Bl. 9 der Widerspruchsakte) war das Widerspruchsschreiben vom 2. April 2008 objektiv so aufzufassen, dass die Eltern jedenfalls auch im Namen der Tochter Widerspruch einlegen wollten. Hierfür spricht das von der Tochter mitunterzeichnete Schreiben vom 1. Juli 2008, in dem unterstrichen wurde, dass das genannte Flurstück Bauerwartungsland sei. Die Bestandskraft dürfte nicht infolge der Versäumung der Frist zur Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 142 Abs. 2 FlurbG eingetreten sein. Danach wäre die Klagefrist bereits am 7. Januar 2009 abgelaufen. Aufgrund der besonderen Einzelfallumstände erscheint hier jedoch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB und Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausnahme geboten, weil die Klägerin durch das Verhalten der Widerspruchsbehörde wohl davon abgehalten wurde, fristgerecht zu klagen. Dies ist der Fall, wenn die Behörde den Eindruck erweckt, der Teilnehmer dürfe mit dem Erlass des Widerspruchsbescheids noch rechnen (BVerwG, B.v. 13.7.1981 – 5 B 50.81 – Buchholz 424.01 § 142 FlurbG Nr. 3; BayVGH, U.v. 20.4.2004 – 13 A 02.718 – RdL 2004, 322; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 142 Rn. 16a). Zur Anfrage vom 8. August 2008 wegen des ausstehenden Widerspruchsbescheids betreffend die Ergebnisse der Wertermittlung teilte das ALE O. durch Schreiben vom 26. September 2008 mit, dass die Vorstandsbeschlüsse über die Behandlung der diesbezüglichen Widersprüche einheitlich Mitte November 2008 zugesandt werden würden. Diese Mitteilung dürfte so zu verstehen sein, dass zunächst die weitere Befassung durch die Teilnehmergemeinschaft abgewartet werde, bevor das Widerspruchsverfahren seinen Fortgang nehmen würde. Der Mitteilung lässt sich hingegen kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es für die Widerspruchsbehörde mit der Nichtabhilfe durch die Teilnehmergemeinschaft sein Bewenden hätte und kein Widerspruchsbescheid zur Wertermittlung ergehen würde. Im Rahmen der erneuten Verhandlung und Bescheidung des Widerspruchs wird demnach auch darüber zu befinden sein, ob die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung Bestandskraft erlangt hat und ob andernfalls der diesbezügliche Widerspruch weiter zu behandeln wäre. Dabei wäre zu prüfen, ob die Einstufung als Bauerwartungsland veranlasst ist. Hiervon ist jedenfalls das ALE O. in seinen Prüfungsanmerkungen im Jahr 2008 ausgegangen (FN nach S. 348 – letzter Vermerk zu 2520/526). Bauerwartungsland sind nach § 4 Abs. 2 der hier maßgeblichen Wertermittlungsverordnung (WertV vom 6.12.1988 BGBl. I S. 2209) Flächen, die nach ihrer Eigenschaft, ihrer sonstigen Beschaffenheit und ihrer Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit erwarten lassen. Diese Erwartung kann sich insbesondere auf ein entsprechendes Verhalten der Gemeinde gründen. Hierbei dürfte von Bedeutung sein, dass sich der Gemeinderat von A. durch Beschluss vom 26. April 2007 unter der Voraussetzung geklärter Grundstücksverhältnisse grundsätzlich zur Aufstellung eines Bebauungsplans zwecks Errichtung einer Ferienhausanlage auf den Flurstücken 264, 265 und 266 bereit erklärt hat. Maßgebend sind die Gegebenheiten im Zeitpunkt der Feststellung der Wertermittlungsergebnisse durch den Vorstand, also die damaligen Wertverhältnisse (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.1971 – IV CB 145.68RdL 1971, 184; BayVGH, U.v. 24.5.2011 – 13 A 10.2193 – RdL 2012, 43 = VGH n.F. 64, 115; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 27 Rn. 10). Abzustellen ist auf das Wirksamwerden des feststellenden Verwaltungsakts (Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG), demnach auf die öffentliche Bekanntmachung (hier: März/April 2008).

Auch hinsichtlich des Flurbereinigungsplans K. ist die Klage begründet. Zwar ist eine Landabfindung im Wege des Austausches in einem anderen Flurbereinigungsgebiet (hier: Überweisung und Zuteilung von Abfindungsflurstück 698/1 im Verfahrensgebiet K.) nach § 44 Abs. 6 FlurbG zulässig, soweit es für die Durchführung der Flurbereinigung zweckmäßig ist und in den betroffenen Flurbereinigungsgebieten der neue Rechtszustand gleichzeitig eintritt. Wenngleich diesbezüglich keine durchgreifenden Bedenken bestehen, war auch insoweit die Sache an den Spruchausschuss zurückzuverweisen, um im erneuten Widerspruchsverfahren über die Abfindungen der Eheleute auch die Zweckmäßigkeit der Abfindung im Verfahren K. beurteilen zu können.

Nach § 144 Satz 1 FlurbG kann das Flurbereinigungsgericht, soweit es die Klage für begründet hält, den angefochtenen Verwaltungsakt durch Urteil ändern oder den Widerspruchsbescheid ganz oder teilweise aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an die Widerspruchsbehörde (Spruchausschuss) zurückverweisen. Eine Änderung der Flurbereinigungspläne durch das Flurbereinigungsgericht selbst kommt im vorliegenden Fall jedoch nicht in Betracht, weil es hierzu eingehender und komplizierter Planungserwägungen bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1992 – 11 C 3.92RdL 1993, 98).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Kostenlast wurde allein der Teilnehmergemeinschaft C. aufgebürdet, weil die von der die Teilnehmergemeinschaft K. getroffene Regelung keinen schwerwiegenden Bedenken begegnet und diese nur sekundär betroffen ist.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.