SG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2015 - S 11 KR 69/13
Fundstelle
openJur 2015, 18904
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 963,24 € festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 963,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2012 nach Abgabe des Arzneimittels "REMICADE(r) 100 mg TAM 3 St" der K. GmbH durch ihn am 08.03.2012 und Retaxation dieses Betrags am 27.09.2012 durch die Beklagte hat.

Am 08.03.2012 gab der Kläger aufgrund vertragsärztlicher Verordnung des Internisten und Rheumatologen W.R. eine Packung des Importarzneimittels "REMICADE 100 mg Trockenampullen 3 St" der K. GmbH zu Lasten der Beklagten ab. In der ärztlichen Verordnung war das sog. "aut idem" Feld nicht angekreuzt. Zum Zeitpunkt der Abgabe benutzte der Kläger die Apotheken-Software "a.". Dem Kläger wurde im Rahmen der Abfrage des Arzneimittels am 08.03.2012 durch die benutzte Apotheken-Software erkennbar angezeigt, dass das Arzneimittel die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einhält, d.h. der Preis des abgegebenen Arzneimittels mindestens 15 % bzw. 15,00 € niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels. Gleichzeitig wurde dem Kläger angezeigt, dass für das rabattbegünstigte Originalpräparat "Remicade(r) der M. GmbH" ein Rabattvertrag bestand. Zum Zeitpunkt der Abgabe des Arzneimittels "Remicade(r)" am 08.03.2012 konnte der Kläger in der von ihm benutzten Apothekensoftware jedoch nicht erkennen, ob das rabattbegünstigte Originalpräparat "Remicade(r) der M.GmbH" günstiger als das von ihm abgegebene Importprodukt war.

Mit Schriftsatz vom 01.08.2012 beanstandete die S. IT-Dienstleistungs GmbH, die im Namen und im Auftrag der Beklagten Rezept- und Abrechnungsprüfungen vornimmt, die Nichtberücksichtigung des Rabattvertrags wegen der Abgabe von Remicade(r) der K. GmbH am 08.03.2012. Die abgerechnete Verordnung werde beanstandet und eine Kürzung/Retaxation des Gesamtabrechnungsbetrags für das Arzneimittel in Höhe von 2.752,12 € um 35 % in Höhe von 963,24 € vorgenommen, d.h. es werde eine Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch des Klägers erfolgen. Die vom Kläger hiergegen mit Schriftsätzen vom 30.08.2012 und 13.11.2012 erhobenen Einsprüche lehnte die S. IT-Dienstleistungs GmbH mit Schriftsätzen vom 17.10.2012 und 12.12.2012 ab. Die Retaxation des Betrags in Höhe von 963,24 € war am 27.09.2012 erfolgt.

Am 22.02.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (Schriftsatz vom 21.02.2013) und zur Begründung mit Schriftsätzen vom 21.02.2013, 01.08.2013, 15.10.2013, 13.01.2014, 03.03.2014, 26.05.2014, 22.10.2014 und 12.02.2015 insbesondere Folgendes vorgetragen:

Er habe einen gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Beklagte und somit einen Anspruch auf Zahlung von 2.752,12 € (Preis für eine Packung Remicade(r) der K. GmbH nach Abzug des Hersteller-Apothekenrabatts) gemäß § 129 SGB V i. V. m. dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V i. d. F. vom 01.02.2011 und dem Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern (AV-Bay) vom 14.06.2007. Eine Verpflichtung zur bevorzugten Abgabe des rabattierten Originalarzneimittels nach § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V und § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrages habe nicht bestanden. Denn das abgegebene K.-Präparat sei wirtschaftlich gewesen. Grundsätzlich seien die Apotheken nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrags zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln an Versicherte verpflichtet. Die Auslegung des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V (als gesetzliche Basis des § 5 Abs. 1 Satz 3 des Rahmenvertrags) nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach der Systematik ergebe eindeutig, dass kein pauschaler Vorrang eines rabattierten Originalarzneimittels gegenüber einem Importarzneimittel bestehe.

Der Wortlaut des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V sei sehr wohl der Auslegung fähig. Einen eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Gesetzeswortlaut gebe es bereits nicht (so auch Secker in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, Einleitung, Rn. 115). Maßgeblich für die Auslegung sei in jedem Falle, dass der Gesetzeszweck ("ratio legis") bei der Anwendung der Vorschrift verwirklicht und ein widersinniges, d.h. mit dem Gesetzeszweck unvereinbares Ergebnis vermieden werde (vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 333). Die Vorschrift sei durch das "Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes" (AMNOG) in das SGB V integriert worden. Ziel des Gesetzes sei es, "die rasant steigenden Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen einzudämmen". Gehe es damit vorrangig um Kosteneffizienz und Kostenersparnis, sei es mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, dass rabattbegünstigte Arzneimittel gegenüber parallelimportierten, nicht rabattbegünstigten Arzneimitteln immer vorrangig abzugeben seien und zwar selbst dann, wenn sie tatsächlich teurer seien als parallelimportierte, nicht rabattbegünstigte Arzneimittel.

Nach dem Wortlaut der Norm habe zwar die Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels "Vorrang" vor der Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln. Allerdings seien gemäß § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V die Sätze 3 und 4 nicht unmittelbar, sondern nur "entsprechend" anzuwenden. § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V schränke im 2. Halbsatz die unbedingte Substitutionspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("... ist die Ersetzung vorzunehmen ...") ein (" ... hat die Abgabe eines [Rabatt-]Arzneimittels [...] Vorrang ... "). Bereits aus diesem Unterschied im Wortlaut ergebe sich ohne weiteres, dass der Gesetzgeber die Substitutionspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht eins zu eins für den Importbereich habe übernehmen wollen. Andernfalls hätte es ausgereicht, den 2. Halbsatz des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V schlicht wegzulassen. Wäre es tatsächlich die Absicht des Gesetzgebers gewesen, den Apotheker zur Abgabe des rabattierten Arzneimittels in allen Fällen ohne weitere Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu verpflichten, hätte der Gesetzgeber formulieren können und müssen: "Bei Bestehen einer Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 ist entgegen Satz 1 Nr. 2 das rabattierte Arzneimittel abzugeben". Die Einlassung der Beklagten diene ersichtlich lediglich den Partikularinteressen der Beklagten, nicht jedoch dem elementaren Grundsatz der Beitragsstabilität (siehe LSG Bayern, Urteil vom 04.12.2013, L 12 KA 37/11) und schon gar nicht der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, obwohl diese "in einem Sozialstaat ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut" sei (so schon BVerfG vom 13.09.2005, 2 BvF 2/03, Rn. 239 m.w.N).

Die Gesetzesbegründungen untermauerten dieses:

Die Gesetzesbegründung zu § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V, auf die die Beklagte auf Satz 2 ihres Schriftsatzes vom 02.12.2013 verweise, sei zur Auslegung des erst später eingeführten § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V nur insoweit ergiebig, als sie den Unterschied in der Auslegung der beiden Normen verdeutliche. In der Gesetzesbegründung zu § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V heiße es ausdrücklich, dass "Voraussetzung für die Austauschpflicht der Apotheke ist, dass das rabattierte Arzneimittel nach Abzug des Rabatts preisgünstiger ist" (BT-Drs. 17/3698 S. 53). Der Gesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung damit klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass ein Vorrang zugunsten eines rabattierten patentgeschützten Arzneimittels nur bestehen solle, wenn das rabattierte Originalarzneimittel tatsächlich preisgünstiger als das Importarzneimittel sei. Anders sei dies für das Verhältnis von Originalarzneimittel und Generikum nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Bei der Einführung der vorrangigen Abgabe von Rabattarzneimitteln gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) habe der Gesetzgeber - anders als bei der vorliegenden Regelung - in der Gesetzesbegründung gerade nicht erläutert, dass ein Vorrang nur bestehe, wenn das rabattierte Arzneimittel preisgünstiger sei. Im Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20.07.2011 u. a. an den GKV-Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Deutschen Apothekerverband e.V. heiße es:

"Hat eine Krankenkasse für ein patentgeschütztes Bezugsarzneimittel eine Rabattvereinbarung getroffen und ist der sich daraus ergebende Zahlbetrag der Krankenkassen höher als der Schwellenwert für die Preisgünstigkeit von Importen zu marktüblichen Preisen, gilt auch nach dem Inkrafttreten des AMNOG, dass die Krankenkasse die Apotheken nicht zur Abgabe des unwirtschaftlichen Bezugsarzneimittels durch Hinterlegung eines Rabatt-Kennzeichens verpflichten darf. Dies gilt unabhängig vom Inhalt dieses Rabattvertrags zwischen der Krankenkasse und dem pharmazeutischen Unternehmen nach § 130 a Abs. 8 SGB V".

Es werde ausdrücklich bestritten, dass das rabattbegünstigte Arzneimittel "Remicade(r) der M. GmbH" preisgünstiger als das tatsächlich abgegebene der K. GmbH gewesen sei. Die Beklagte habe in ihrem Schreiben vom 17.10.2012 lediglich behauptet, der Rabattvertrag mit dem Originalhersteller sei für die Kasse günstiger. Sie bleibe allerdings jegliche Beweise für diese pauschale Behauptung schuldig. Das Verhalten der Beklagten sei als vorwerfbare Beweisvereitelung zu werten, die zu einer Beweislastumkehr führe (vgl. BSG Urteil vom 29.04.1976, Az. 12/3 RK 66/75, Rn. 20). Auch sei er grundsätzlich an das in § 12 Abs. 1 SGB V verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. § 70 SGB V regele ebenfalls ausdrücklich, dass die Versorgung der Versicherten wirtschaftlich erbracht werden müsse.

Eine Verpflichtung zur vorrangigen Abgabe ergebe sich für ihn auch nicht aufgrund § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrags. Diese Vorschrift könne ihm keine weitergehenden Pflichten auferlegen als es die gesetzlichen Bestimmungen des SGB V vorsähen. Ferner habe sich für ihn keine Verpflichtung zur bevorzugten Abgabe des rabattierten Originalarzneimittels wegen fehlerhafter Hinterlegung eines Rabatthinweises ergeben, weil das Rabattkennzeichen - wegen Unwirtschaftlichkeit des rabattbegünstigten Arzneimittels im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V - durch die Beklagte in der Arzneimitteldatenbank nicht habe hinterlegt werden dürfen.

Die von der Beklagten gezahlten Arzneimittelvergütungen könnten nur dann zurückgefordert werden, wenn zwischen ihm und der Beklagten kein wirksamer Beschaffungsvertrag für das Arzneimittel "Remicade(r)" zustande gekommen sei (vgl. BSG, Urteil vom 03.08.2006, B 3 KR 6/06 R). Hier sei aber ein wirksamer Vertrag zustande gekommen, weil die Abgabe durch ihn im Einklang mit den Vorgaben des SGB V und des Rahmenvertrags erfolgt sei.

Hilfsweise solle darauf hingewiesen werden, dass die von der Beklagten geltend gemachte Retaxation in Höhe von 35 % der Kosten für Remicade(r), also ein Retaxierungsbetrag in Höhe von 963,24 €, jeglicher Rechtsgrundlage entbehre. Weder im SGB V noch im Rahmenvertrag oder im AV-Bay finde sich eine entsprechende Regelung, die eine derartige Aufrechnung erlaube. Da es vorliegend nicht um die Sanktionierung von Verstößen, sondern lediglich darum gehe, eine etwaige unrechtmäßige Vermögenslage nachträglich zu korrigieren, könne im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen der §§ 129 Abs. 1 SGB V, 4 Abs. 2 Rahmenvertrag -also bei Nichtabgabe eines vorrangigen rabattbegün-stigten Arzneimittels- eine Folgenbeseitigung nur die entgangene Rabatthöhe umfassen, weil nur insoweit eine unrechtmäßige Vermögenslage tatsächlich bestehe. Eine derartige Retaxierung des dem Grunde nach entstandenen Vergütungsanspruchs des Apothekers würde -analog den im Urteil des SG Lübeck (Urteil vom 02.02.2012, Az. S 3 KR 761/09) entwickelten Grundsätzen -eine Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bedeuten, die nicht durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Die Regelungen in § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 SGB V hätten das Ziel, die Abgabe rabattgünstiger Arzneimittel zu fördern und dadurch Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Arzneiversorgung auszuschöpfen. Dieser Zweck rechtfertige es nicht, bei Verstößen gegen die Pflicht zur Abgabe der Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 SGB V bestehe, die Retaxierung eines Pauschalbetrags vorzunehmen, da ein solcher Eingriff nicht erforderlich sei. Die Krankenkassen hätten die Möglichkeit, dem Apotheker bei Verstößen gegen Bestimmungen über die Abgabe von Arzneimitteln die in § 11 Abs. 1 Rahmenvertrag vorgesehenen Sanktionen aufzuerlegen. Die Beklagte könne nur die Erstattung des tatsächlich entstandenen Schadens verlangen. Dazu müsste sie jedoch den Schadensbetrag nachweisen, d.h. den Rabattvertrag offenlegen.

Die Entscheidungen des BSG vom 02.07.2013 seien in einem vom Deutschen Apothekerverband und der TKK geführten sog. Musterstreitverfahren ergangen, was darauf hinweise, dass es in diesen Rechtsstreitigkeiten allein um die Frage gegangen sei, ob bei der Nichtabgabe eines rabattbegünstigen Arzneimittels der Rechnungsbetrag durch die Krankenkasse in voller Höhe (sog. Null-Retaxation) berichtigt werden könne, vgl. § 1 Musterstreitvereinbarung. Die Fallgestaltungen der BSG-Entscheidungen hätten das Verhältnis zwischen rabattierten Arzneimitteln und generischen (wirkstoffgleichen) Arzneimitteln und damit die Fallgestaltung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V betroffen.

Für die nicht durch Aufrechnung erloschene Forderung stünden ihm Verzugszinsen gemäß § 61 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. den §§ 288 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog in geltend gemachter Höhe zu. Die Zinshöhe betrage, da hier ein Verbraucher nicht beteiligt sei, analog § 288 Abs. 2 BGB 8 %-Punkte über dem Basiszinssatz.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 963,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2012 zu zahlen.

Hingegen beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte mit Schriftsätzen vom 04.07.2013, 20.09.2013, 02.12.2013, 31.01.2014, 24.04.2014, 11.06.2014, 26.08.2014, 20.01.2015 und 06.08.2015 insbesondere Folgendes vor:

Zum Zeitpunkt der Abgabe des Arzneimittels "Remicade(r)" am 08.03.2012 habe für den Kläger eine Substitutionspflicht bestanden, die in § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 3 SGB V mit dem GKV-WSG vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) geregelt worden sei. Die Substitutionspflicht als Vorrang eines rabattierten Arzneimittels gegenüber einem nicht rabattierten Arzneimittel habe der Gesetzgeber mit dem ANMOG (BT-Drs. 17/3698) auf den Bereich der Importarzneimittel ausgedehnt. Die vom Kläger zitierte Gesetzesbegründung zu Art. I Nr. 15 Buchst. a "cc" der vorgenannten Drucksache werde auf deren S. 76 wie folgt eingeleitet:

"Mit Satz 7 [des § 129 Abs. 1 SGB V] wird die Verpflichtung zur Abgabe von Arzneimitteln, für die eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 besteht, auch für importierte Arzneimittel und ihre Bezugsarzneimittel hergestellt (...). Künftig haben auch Hersteller patentgeschützter Arzneimittel sowie Arzneimittelimporteure die Gewähr, dass Arzneimittel, für die sie eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 geschlossen haben, an Versicherte der jeweiligen Krankenkasse vorrangig abgegeben werden. Voraussetzung für die Austauschpflicht der Apotheke ist, dass das rabattierte Arzneimittel nach Abzug des Rabatts preisgünstiger ist. Bei Rabattverträgen für Importarzneimittel sowie ihre Bezugsarzneimittel ist die Lieferfähigkeit sicherzustellen. Nur unter dieser Voraussetzung darf eine Krankenkasse an die maßgebliche Datenbank ein entsprechendes Kennzeichen melden, so dass die Apotheke das rabattierte Arzneimittel vorrangig abgeben muss".

Die vorstehenden Ausführungen fänden auch in der jüngsten Rechtsprechung des BSG (vom 04.07.2013, B 1 KR 49/12 R) ihre Entsprechung. Diese Pflicht zur vorrangigen Abgabe von Rabattarzneimitteln sei dem Gesetzeswortlaut unzweifelhaft zu entnehmen, eines Rückgriffs auf die Gesetzesbegründung bedürfe es daher nicht. Zudem habe der Gesetzgeber des AMNOG diese Pflicht zur vorrangigen Abgabe von Rabattarzneimitteln nicht relativiert, sondern ausgedehnt.

Der Kläger habe zur Zeit der Abgabe des Importarzneimittels gewusst, dass in der Apothekensoftware ein rabattiertes Arzneimittel hinterlegt gewesen sei. Er berufe sich dabei darauf, dass die Abgabe des Importarzneimittels wirtschaftlicher gewesen wäre, gibt in seiner Klagebegründung jedoch zugleich zu erkennen, dass er den Abgabepreis des rabattierten Arzneimittels nicht kenne. Nach den allgemeinen Beweislastregeln sei es zum einen Sache des Klägers, darzulegen und zu beweisen, dass das Importarzneimittel tatsächlich günstiger gewesen sei. Wenn er sich zudem sehenden Auges in eine Beweisnot begebe, sei das Verlangen nach einer Umkehr der Beweislast treuwidrig. Zum anderen verhalte es sich tatsächlich so, dass das Rabattarzneimittel günstiger gewesen sei, zumal der gesamte Rabattvertrag andernfalls keinen Sinn für die Beklagte mache. Letztlich komme es darauf aber nicht mehr an. Das BSG habe mit den Urteilen vom 02.07.2013 (B 1 KR 49/12 R und B 1 5/13 R) entschieden, dass sich die Apotheken zwingend an Rabattverträge zu halten hätten, weil der Versicherte - so lange die Substitution - wie hier - nicht ausgeschlossen sei - ausschließlich Anspruch auf das rabattierte Präparat habe. Der Gesetzeswortlaut sei insoweit eindeutig. Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit sei dem Leistungsgefüge des SGB V immanent. Es sei jedoch innerhalb des Systems der Arzneimittelabgabe gemäß § 129 Abs. 1 SGB V kein Raum und auch in § 129 Abs. 1 SGB V gesetzlich nicht vorgesehen, dass der Leistungserbringer bei unstreitig bestehendem Rabattvertrag eine Wahlmöglichkeit unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit habe. Das vom Kläger zitierte Schreiben des BMG richte sich ausschließlich als Verwaltungsinternum an die Krankenkassen und stelle klar, unter welchen Voraussetzungen eine Krankenkasse ein Rabattkennzeichen melden dürfe. Hierdurch werde aber kein Handlungsspielraum für den Kläger eröffnet, insbesondere kein Recht. Auch könne es nicht sein, dass der Kläger das Melden von Rabattkennzeichen durch die Beklagte einem "Generalverdacht" der Unwirtschaftlichkeit bzw. des Verstoßes gegen die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rabattkennzeichnung aussetze und damit das System der Rabattverträge auf den Kopf stelle. Wäre dies möglich, müssten die Kassen die Inhalte der Rabattverträge regelmäßig offenlegen, dann wäre das Substitutionsgebot nicht mehr praktikabel, weil es stets sein könnte, dass ein anderes (Import-)Arzneimittel vielleicht gerade günstiger gewesen wäre. Der Rabattvorrang gelte grundsätzlich, insbesondere auch im Verhältnis zur Abgabe von Importarzneimitteln gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V, zumal sonst die vom Gesetzgeber gewünschte Wirksamkeit der Arzneimittelrabatte unterlaufen werde (vgl. auch BSG, a.a.O.). Das System der Arzneimittelabgabe mit der von den Krankenkassen selbst herbeigeführten und aufrechterhaltenen Intransparenz der Arzneimittelabgabepreise (vgl. Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 13.01.2014, S. 5 oben) beruhe nicht zuletzt auf der Rahmenvereinbarung nach § 129 Abs. 2 SGB V, die zwischen dem GKV Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband e.V., mithin der Spitzenorganisation der Apothekerinnen und Apotheker, geschlossen worden sei. Aus der so beschriebenen Substitutionspflicht auf Seiten des Klägers als Leistungserbringer resultiere auch eine leistungsrechtliche Anspruchsberechtigung des Versicherten, die hierdurch und hierauf begrenzt sei.

Die Beklagte hätte eine Retaxation auf Null durchführen können. Weil ihr diese Maßnahme als zu hart erschienen sei, habe sie zu einem milderen Mittel gegriffen und eine Retaxation auf 65 % dadurch durchgeführt, dass sie 35 % des Arzneimittelbetrags einbehalten habe, dem Kläger mithin 65 % verblieben seien.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Stellungnahmen der Beteiligten in der Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; es liegt ein Streit im Gleichordnungsverhältnis vor, in dem auf Seiten der Krankenkassen eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 90/1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3 S. 18, 20, BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 12, Rn. 10). Es bedurfte weder der Einhaltung einer Klagefrist gemäß § 87 SGG noch der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 78 SGG.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 963,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2012 zu. Denn der Vergütungsanspruch des Klägers für die Abgabe des Arzneimittels "REMICADE(r) 100 mg TAM 3 St" der K. GmbH am 08.03.2012 ist am 27.09.2012 durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten erloschen.

Nach § 129 SGB V (i. d. F. des Gesetzes vom 22.12.2010 - Arzneimittelmarktverordnungsgesetz <AMNOG> BGBl. I 2010, 2262) geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarung und Landesverträge (§ 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V, vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. Diese Vorschrift begründet in Verbindung mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und - verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 02.07.2013, B 1 KR 49/12 R; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr. 2 Rn. 13; ausführlich BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 §129 Nr. 5 Rn. 15). Die entsprechende Anwendung von Grundsätzen des Kaufvertragsrechts (vgl. §§ 433 ff. BGB i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V) scheidet aus.

Der in Höhe von 963,24 Euro entstandene streitgegenständliche Vergütungsanspruch des Klägers erlosch dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB in gleicher Höhe mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen ihn am 27.09.2012 aufrechnete.

Die Anwendbarkeit der §§ 387 ff BGB analog folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (siehe BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 1 Rn. 16; BSG, Urteil vom 02.07.2013, a. a. O.) geht die erkennende Kammer davon aus, dass das Recht zur Rechnungs- und Taxberichtigung und die damit verbundene Möglichkeit zur Aufrechnung gegen spätere Zahlungsansprüche aus Arzneilieferungen umfassend ist. Daher betrifft es nicht nur die Korrektur von sog. Abrechnungsfehlern. Taxberichtigungen/Retaxierungen sind vielmehr grundsätzlich auch dann möglich, wenn sich nachträglich herausstellt, dass es z. B. an einer ordnungsgemäßen ärztlichen Verordnung mangelt oder ein Medikament unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Arzneilieferungsvertrages (ALV) abgegeben worden ist (vgl. z. B. BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6 - fehlende Genehmigung der Krankenkassen vor Abgabe des Importarzneimittels). Entsprechendes gilt bei sonstigen Verstößen gegen die Vorgaben des § 129 SGB V und die sie konkretisierenden Bestimmungen des Rahmenvertrags. Ein Ausschluss der Aufrechnungsbefugnis ergibt sich hier weder aus dem Gesetz noch aus den Rahmenverträgen.

Die Aufrechnung mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung durch die Beklagte am 27.09.2012 war rechtmäßig (vgl. zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch z. B. BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17 b Nr. 2, Rn. 10 f m. w. N.; zur Aufrechnung mit diesen z. B. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 Rn. 11; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 10; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rn. 15). Die Rückabwicklungsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Apothekern aus einer fehlgeschlagenen, aber intendierten Leistungserbringung für nach dem SGB V Versicherte sind kongruent zu den Leistungsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur. Der Vergütungsanspruch des Klägers einerseits und der von der Beklagten gemäß den rahmenvertraglichen Bestimmungen formell ordnungsgemäß geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten zum Zeitpunkt der Aufrechnung am 27.09.2012 die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war fällig und der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllbar.

Die Beklagte hatte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm ohne Rechtsgrund 963,24 Euro aufgrund der Lieferung des Arzneimittels "REMICADE(r) 100 mg TAM 3 St" der K. GmbH gezahlt hatte. Der vom Kläger hierfür geltend gemachte Vergütungsanspruch war nicht entstanden. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wertersatz oder zumindest auf Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten wie auch seine Geltendmachung im Aufrechnungswege stehen im Einklang mit höherrangigem Recht.

Der Kläger erwarb keinen Vergütungsanspruch, weil er zur Abgabe des Arzneimittels "REMICADE(r) 100 mg TAM 3 ST" der K. GmbH an die Versicherte nicht berechtigt war. Er erfüllte damit nicht seine öffentlich-rechtliche Leistungspflicht, sondern missachtete das Substitutionsgebot für "aut idem" verordnete Rabattarzneimittel. Dieses Substitutionsgebot beruht auf § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem ergänzenden Vertragsrecht und gilt nach § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V auch im Verhältnis von Rabattarzneimitteln zu Importarzneimitteln. Die Verletzung des Substitutionsgebots schließt einen Vergütungsanspruch des Klägers aus, weil er sich nicht darauf berufen kann, dass das von ihm abgegebene Importarzneimittel preisgünstiger war als das rabattbegünstigte Originalpräparat "Remicade(r)" der M. GmbH.

Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe der Rahmenvertrags nach § 129 Abs. 2 SGB V zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels u. a. in den Fällen verpflichtet, in denen der verordnende Arzt die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b SGB V). In den Fällen der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen ist und ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt (Satz 2). Nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 SGB V mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in ergänzenden Verträgen auf Landesebene nach § 129 Abs. 5 SGB V nichts anderes vereinbart ist (Satz 3). Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 SGB V, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrags vorzunehmen. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 4 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nr. 2, Satz 7.

Zur Überzeugung der erkennenden Kammer steht fest, dass die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 SGB V besteht, Vorrang vor der Abgabe nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V hat. Dies ergibt sich aus der grammatikalischen Auslegung des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V, dem systematischen Zusammenhang mit den Sätzen 3 und 4 sowie Satz 1 Nr. 2 sowie aufgrund der teleologischen Auslegung des Satz 7.

Bei der grammatikalischen Auslegung ist die Grenze des möglichen Wortsinns auch die Grenze der Auslegung (siehe BVerfGE 71, 115; 87, 224). Will die Rechtsprechung diese Grenze überschreiten, so kann das nicht durch Interpretation, sondern nur durch gesetzesergänzende oder gesetzesberichtigende Rechtsfortbildung, insbesondere durch "Lückenausfüllung" geschehen (siehe Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl., § 9 II S. 47). Maßgeblich ist, welche Bedeutungen einem Wort (bzw. Satz) gerade noch beigelegt werden können und zwar - soweit das Gesetz keine abweichende Begriffsbestimmung enthält - nach dem Sprachgebrauch der Rechtsgemeinschaft (Zippelius, a. a. O., Seite 47).

Der Wortlaut des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V verpflichtet den Apotheker jedoch eindeutig und ohne Einschränkung zur vorrangigen Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 SGB V besteht, vor der Abgabe eines Importarzneimittels. Dies ist insbesondere dem 2. HS des Satz 7 mit der Formulierung: "... dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130 a Abs. 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nr. 2..." zu entnehmen. Damit hat der Gesetzgeber den uneingeschränkten Vorrang des Rabattarzneimittels gegenüber dem Importarzneimittel ausdrücklich normiert. Bei der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung hätte der Gesetzgeber eine andere Formulierung wählen müssen. Seine Argumentation, einen eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Gesetzeswortlaut gebe es bereits nicht, entwertet die grammatikalische Auslegung einer Norm als eigenständige Auslegungsmethode und hätte letztlich eine durch die historische, systematische und teleologische Auslegung nicht zu kompensierende Rechtsunsicherheit zur Folge.

Die Einwendungen des Klägers gegen diese Interpretation sind unbegründet. Insoweit trägt der Kläger vor, dass die Sätze 3 und 4 nach § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anzuwenden seien, sodass nach dem insoweit ungenauen Gesetzeswortlaut unklar bleibe, ob der Vorrang uneingeschränkt gelte. Dies sei allerdings nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht anzunehmen. § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB V regelten in direkter Anwendung lediglich das Verhältnis von rabattierten Arzneimitteln zu generischen (wirkstoffgleichen) Arzneimitteln. Es finde hier § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V Anwendung, der auf eine lediglich entsprechende Anwendung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V verweise und im 2. HS die unbedingte Substitutionspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("... ist die Ersetzung vorzunehmen...") eingeschränkt habe ("... hat die Abgabe eines <Rabatt-> Arzneimittels <...> Vorrang..."). Bereits aus diesem Unterschied im Wortlaut ergebe sich ohne Weiteres, dass der Gesetzgeber die Substitutionspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht eins zu eins für den Importbereich habe übernehmen wollen. Andernfalls hätte es ausgereicht, den 2. HS des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V schlicht wegzulassen.

Soweit die Sätze 3 und 4 des § 129 Abs. 1 SGB V nach Satz 7 dieser Vorschrift "entsprechend" anzuwenden sind, lässt sich daraus weder eine Unklarheit der Vorschrift noch eine Wahlmöglichkeit des Apothekers unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ableiten. Dies ergibt sich schon aus der klarstellenden Funktion des 2. HS des Satz 7. Die unterschiedliche Wortwahl (einerseits "... ist die Ersetzung vorzunehmen...", andererseits "... hat die Abgabe eines Rabattarzneimittels Vorrang...") ist kein stichhaltiges Argument für die Rechtsauffassung des Klägers, dass der Gesetzgeber die Substitutionspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht eins zu eins für den Importbereich habe übernehmen wollen. Vielmehr ist der Wortlaut "... Vorrang..." eindeutig und gerade nicht mit einer inhaltlichen Einschränkung bzw. einem Adjektiv verbunden, das den Apotheker als Leistungserbringer zu einer Prüfung des preisgünstigeren Arzneimittels im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung berechtigt bzw. verpflichtet. Der weitere Rückschluss des Klägers "... andernfalls hätte es ausgereicht, den 2. HS des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V schlicht wegzulassen..." verkennt die klarstellende Funktion des 2. HS und ist logisch nicht nachvollziehbar.

Ebensowenig vermag die erkennende Kammer der Argumentation des Klägers zu folgen, eine Verpflichtung zur vorrangigen Abgabe ergebe sich für ihn nicht aufgrund § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrags, weil diese Vorschrift ihm keine weitergehenden Pflichten auferlegen könne als es die gesetzlichen Bestimmungen des SGB V vorsähen. Vielmehr wurde durch § 4 Abs. 4 i. V. m. § 5 des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V (i. d. F. vom 1. Februar 2011) der Vorrang der Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel gegenüber importierten Arzneimitteln vertraglich vereinbart. Denn nach § 4 Abs. 4 des Rahmenvertrags (a. a. O.) steht ein importiertes Arzneimittel nach Maßgabe des § 5 des Rahmenvertrags nur dann zur Auswahl, wenn eine vorrangige Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel nach Absatz 2 nicht zustande kommt. Entsprechend § 129 Abs. 1 Satz 7 2. HS SGB V bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 3 des Rahmenvertrags (a. a. O.) ausdrücklich, dass die Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels Vorrang vor der Abgabe eines nicht rabattbegünstigten importierten Arzneimittels hat. Ein Widerspruch der Regelungen des Rahmenvertrags zu § 129 Abs. 1 Satz 7 2. HS SGB V ist gerade nicht erkennbar.

Auch die Gesetzesbegründung zum Satz 7 des § 129 Abs. 1 SGB V rechtfertigt nicht die Rechtsauffassung des Klägers. Satz 7 ist durch das "Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes" in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl. I, S. 378) in das SGB V integriert worden. Ziel des Gesetzes war es, "die rasant steigenden Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen einzudämmen". Zwar heißt es in der Gesetzesbegründung unter anderem ausdrücklich, dass "Voraussetzung für die Austauschpflicht der Apotheke ist, dass das rabattierte Arzneimittel nach Abzug des Rabatts preisgünstiger ist" (BT Drucks. 17/3698 S. 53). Diese Gesetzesbegründung hat jedoch keinen Niederschlag im Gesetz selbst, d. h. im Wortlaut des Satz 7 des § 129 Abs. 1 SGB V gefunden (siehe zu diesem Erfordernis BVerfG, Urteil vom 07.10.2014, 2 BvR 1641/11, Rn. 158; BSG, Urteil vom 23.07.2014, B 12 KR 21/12 R).

Somit hat das Kriterium, welches Arzneimittel preisgünstiger ist, im Gesetzestext des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V keinen Niederschlag gefunden, sodass eine gegen den Wortlaut gerichtete Auslegung ausgeschlossen ist (so zu Recht auch SG für das Saarland, Urteil vom 18.07.2014, S 1 KR 343/11, Rn. 60).

Auch unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs mit den Sätzen 3 und 4 des § 129 Abs. 1 SGB V ist nach Satz 7 des § 129 Abs. 1 SGB V eine Wahlmöglichkeit des Apothekers, im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung das jeweils preisgünstigere Arzneimittel (im Verhältnis Importarzneimittel Rabattarzneimittel) abzugeben, ausgeschlossen. Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit ist zwar dem Leistungsgefüge des SGB V immanent und richtet sich in § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch ausdrücklich an die Leistungserbringer, jedoch ist innerhalb des Systems der Arzneimittelabgabe gemäß § 129 Abs. 1 SGB V kein Raum - vielmehr durch § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V ausgeschlossen -, dass der Leistungserbringer bei unstreitig bestehendem Rabattvertrag eine Wahlmöglichkeit unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit hat. Zudem spricht die Systematik des SGB V und insbesondere des § 129 Abs. 1 SGB V dafür, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung in die Phase des Abschlusses eines entsprechenden Rabattvertrags vorverlagert ist (so zu Recht LG Hamburg, Urteil vom 05.05.2011, 327 O 106/11 Rn. 40). Weder die Systematik des Satz 7 im Zusammenhang mit den Sätzen 3 und 4 des § 129 Abs. 1 SGB V noch Sinn und Zweck dieser Vorschrift lassen die vom Kläger dargestellte Interpretation des Satz 7 zu.

Sinngemäß begehrt der Kläger letztlich eine teleologische Reduktion des Satz 7 des § 129 Abs. 1 SGB V in dem Sinne, dass der Vorrang der Abgabe eines Rabattarzneimittels nicht uneingeschränkt gilt, sondern lediglich dann, wenn es preisgünstiger als ein Importarzneimittel ist. Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG, Beschluss vom 15.10.2004, 2 BvR 1316/04 = NJW 2005, 352, 353; BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2011, 1 BvL 13/07 = NZS 2011, 812; BSG, Urteil vom 19.12.2013, B 2 U 17/12 R). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997, 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231; BSG, Urteil vom 18.08.2011, B 10 EG 7/10 R = BSGE 109, 42 = SozR 4-7837, § 2 Nr. 10). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein.

Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und Sinn und Zweck des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V sprechen im vorliegenden Fall jedoch gegen eine teleologische Reduktion im vom Kläger begehrten Sinne. Die Frage der Preisgünstigkeit eines Arzneimittels ist von der konkreten Abgabesituation in der Apotheke unabhängig und in die Phase des Abschlusses eines entsprechenden Rabattvertrags vorgelagert. Hierfür spricht zum einen, dass die Vorschrift des § 129 SGB V, die sich explizit an Apotheker richtet und die Verpflichtung des Apothekers bei der Abgabe eines Arzneimittels beschreibt, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des Arzneimittels - wie bereits dargelegt - nicht normiert. Darüber hinaus bestätigt die Gesetzesbegründung eine weitere Voraussetzung für eine vorrangige Abgabe rabattierter Präparate durch folgenden Hinweis:

"Bei Rabattverträgen für Importarzneimittel sowie ihrer Bezugsarzneimittel ist die Liefer-fähigkeit sicherzustellen. Nur unter dieser Voraussetzung darf eine Krankenkasse an die maßgebliche Datenbank ein entsprechendes Kennzeichen melden, sodass die Apotheke das rabattierte Arzneimittel vorrangig abgeben muss".

Somit ist eine weitere Voraussetzung für eine vorrangige Abgabe eines rabattierten Produkts die Sicherstellung der Lieferfähigkeit desselben. Daraus wird deutlich, dass diese Frage allein von den Vertragsparteien des entsprechenden Rabattvertrages geprüft, bewertet und vom Unternehmer schließlich auch sichergestellt werden kann (so zu Recht LG Hamburg, a. a. O., Rn. 39 f).

Bei der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung wären für die Rabattarzneimittel Planungssicherheit und Kalkulationsgrundlage nicht mehr gegeben, sodass die Wirksamkeit von Arzneimittelrabatten unterlaufen würde und letztlich die Funktionsfähigkeit des Systems von Rabattverträgen in Frage gestellt wäre.

Gegen die Rechtsauffassung des Klägers spricht ferner, dass der von ihm geltend gemachte Anspruch nicht kongruent mit dem Anspruch der Versicherten auf Rabattarzneimittel wäre. Der Anspruch des Klägers als Leistungserbringer kann nämlich nicht weiter reichen als der Anspruch des Versicherten auf das in Frage stehende Arzneimittel. Ein Versicherter, dem ein Vertragsarzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung oder unter seinem Produktnamen verordnet, ohne dessen Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel auszuschließen, hat aus den dargelegten Gründen jedoch lediglich Anspruch auf Verschaffung eines entsprechenden Rabattvertragsarzneimittels unter Achtung des Substitutionsgebots (vgl. allgemein zum Verhältnis von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht z. B. BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr. 4, Rn. 20 f).

Das vom Kläger zitierte Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 20.07.2011 erläutert die Rechtsauffassung des BMG, leistet jedoch keinen rechtlich relevanten Beitrag zur Interpretation des § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V.

Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass der Apotheker bei der von ihm benutzten Software "a." nicht erkennen kann, welches Arzneimittel das preisgünstigere ist und er derzeit schon aus praktischen Gründen nicht in der Lage ist, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorzunehmen. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang auch, dass das billigste Medikament nicht immer und nicht zwangsläufig das wirtschaftlichste sein muss (so zu Recht SG für das Saarland, a. a. O., Rn. 62).

Der Verstoß des Klägers gegen das Substitutionsgebot bei Abgabe des Importarzneimittels am 08.03.2012 schließt jeglichen Vergütungsanspruch für die Abgabe des Arzneimittels aus. Ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse besteht bei Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel an deren Versicherte lediglich als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung (vgl. BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 13; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 5, Rn. 16). Fehlt es an einer Lieferberechtigung und -verpflichtung des Apothekers, kann aus einer dennoch erfolgten Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer Krankenkasse kein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse erwachsen. Das gesetzesergänzende Normenvertragsrecht regelt, welcher Vertragspartner oder Vertragsunterworfene welche Risiken trägt. Den Apotheker trifft die Pflicht, ordnungsgemäß vertragsärztlich verordnete Arzneimittel nur im Rahmen seiner Lieferberechtigung an Versicherte abzugeben. Verletzt er diese Pflicht, ist dies sein Risiko: Die Krankenkasse muss für nicht veranlasste, pflichtwidrige Arzneimittelabgaben nichts zahlen (so zu Recht BSG, Urteil vom 02.07.2013, B 1 KR 49/12 R, Rn. 21).

Gegen die Annahme einer Vergütungspflicht der Krankenkassen für unter Verletzung des Substitutionsgebots abgegebene Arzneimittel spricht auch, dass Versicherte keinen Anspruch auf eine Arzneimittelabgabe unter Verstoß gegen das Substitutionsgebot zugun-sten von Rabattarzneimitteln haben. Anhaltspunkte für eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegen im vorliegenden Fall nicht vor (siehe hierzu z. B. BSG GesR 2007, 276, Rn. 55; BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10, Rn. 33; BSGE 101, 33 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 9; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 5, Rn. 23; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 20; nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG hat ein Apotheker, der bei der Abgabe einzelimportierter Fertigarzneimittel an Versicherte gegen Vertragspflichten verstößt, selbst dann keinen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkasse, wenn der Versicherte das Mittel zur Behandlung einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit beanspruchen kann <vgl. BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 17 ff.>. Danach genügt es für einen Vergütungsanspruch trotz Verletzung des Substitutionsgebotes nicht, dass ein Versicherter das abgegebene Arzneimittel beanspruchen könnte).

In Übereinstimmung mit dem BSG (Urteil vom 02.07.2013, a. a. O., Rn. 25) geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass der dem Grunde nach bestehende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten den vollen Betrag der rechtsgrundlos gezahlten Vergütung erfasst. Eine Retaxierung in Höhe von lediglich 35 % ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Die dargelegten Grenzen eines Vergütungsanspruchs stehen der Anwendung der Regelungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen entgegen (§§ 812 ff BGB i. V. m. § 69 Satz 4 SGB V i. d. F. des Art. 1 Nr. 40 a GKV-WSG). Der Anwendungsbereich der Vorschriften über eine ungerechtfertigte Bereicherung gemäß §§ 812 ff BGB ist nicht eröffnet, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - gesetzliche und (normen) vertragliche Regelungen, die das Leistungs- und Leistungserbringungsgeschehen in der GKV steuern, zu unterlaufen drohen. Diese Regelungen können ihre Steuerungsfunktion nur erfüllen, wenn sie vollständig beachtet werden. Auf die Schwere des Verstoßes kommt es dabei nicht an. Die Anwendung bereicherungsrechtlicher Grundsätze zu Gun-sten des Leistungserbringers würde den Sinn und Zweck des Substitutionsgebotes missachten (vgl. entsprechend hierzu 1. Senat des BSG z. B. BSGE 86, 66, 75 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 21 S. 97; BSGE 89, 93, 44 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 25 S. 121; BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 9, Rn. 24 zu Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung).

§ 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V verstößt in der vorgenommenen Auslegung auch nicht gegen höherrangiges Recht. Zwar liegt in der aus § 129 Abs. 1 Satz 7 SGB V folgenden Verpflichtung der Apotheker zur Einhaltung des Substitutionsgebots und erst recht in dem durch die angegriffenen Entscheidungen bestätigten vollständigen Vergütungsausschluss ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG vor (vgl. z. B. zu Preisregelungen für Apotheker BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr. 9 Rn. 129 ff; siehe auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 Rn. 15). In Übereinstimmung mit dem BSG geht die erkennende Kammer jedoch davon aus, dass die Berufsausübungsregelung - wie verfassungsrechtlich geboten - durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (siehe BSG, Urteil vom 02.07.2013, B 1 KR 49/12 R, Rn. 28; aA. erstinstanzlich: SG Lübeck, Urteil vom 02.02.2012, S 3 KR 761/09). Sie dient in geeigneter Weise und nach vertretbarer Einschätzung des Gesetzgebers in erforderlichem Umfang der Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV. Das Substitutionsgebot ist auch verhältnismäßig. Die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV ist als Gemeinwohlbelang von überragender Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2013, a. a. O., Rn. 28; BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr. 9, Rn. 233; BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art. 5 Nr. 1 S. 3). Das Gebot, Rabattvertragsarzneimittel abzugeben, kann nur dann seinen Zweck sicher erfüllen, wenn es zugleich umfassend verbietet, nicht rabattierte Arzneimittel abzugeben. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Gesetz dessen strikte Einhaltung einfordert und bei insoweit fehlerhafter Abgabe einen Vergütungsanspruch vollständig ausschließt. Eine Retaxierung um 35 % - wie im vorliegenden Fall - ist daher erst recht nicht zu beanstanden.

Die Aufrechnung ist auch nicht durch die in § 11 des Rahmenvertrags geregelten "Vertragsmaßnahmen" (Verwarnung, Vertragsstrafe bis zu 25.000 €) ausgeschlossen. Derartige Sanktionen schließen einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nämlich nicht aus. Vielmehr knüpfen sie als vertraglich vereinbarte Sanktionen an ein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten des Apothekers an. Sie haben aber nicht die Rückabwicklung von rechtswidrigen Vermögensverschiebungen zum Gegenstand. Nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck schließen sie einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht aus, weil andernfalls ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot gegeben wäre (zu einer gegen die Krankenkassen gerichteten Ausschlussfrist vgl. BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr. 1, Rn. 35).

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 GKG.