VG Augsburg, Urteil vom 22.09.2015 - Au 3 K 15.1008
Fundstelle
openJur 2015, 18838
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Ausbildungsförderung.

1. Die 1993 geborene Klägerin studierte zunächst vom Wintersemester 2012/2013 bis zum Sommersemester 2014 an der Universität B. im Studiengang Lehramt an Grundschulen mit dem Unterrichtsfach Katholische Religionslehre sowie den Didaktik-Fächern Deutsch-Mathematik-Sport. Mit Bescheid vom 24. September 2014 lehnte die Universität A. ihren Antrag auf Zulassung zum Studium im dritten Fachsemester für den Studiengang Lehramt an Grundschulen ab. Seit dem Wintersemester 2014/2015 ist die Klägerin an der Universität A. im Studiengang Lehramt an Mittelschulen mit dem Hauptfach Sozialkunde sowie den Didaktik-Fächern Deutsch-Geschichte-Musik immatrikuliert. Sie wurde hierbei in das erste Fachsemester eingestuft (Bl. 109 der Behördenakte).

Am 28. Oktober 2014 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Ausbildungsförderung. Sie begründete ihren Fachrichtungswechsel mit Schreiben vom 11. November 2014 damit, dass sie im Verlauf ihrer Studienzeit in B. völlig unerwartet mehrere epileptische Anfälle – mit den entsprechenden physischen und psychischen Folgen für sie – erlitten habe (Bl. 110 der Behördenakte). Im späten Frühjahr 2014 habe sie die Diagnose „Epilepsie“ erhalten. Infolge dieser Erkrankung habe sie auf ärztliches Anraten ihren Wohnsitz wieder in die elterliche Obhut verlegt, um ihre geistige und körperliche Sicherheit zu gewährleisten, bis die anfallverhindernde Wirkung der Medikamente nachgewiesen gewesen sei. Da sie A. von ihrem Heimatort aus erreichen könne, habe sie sich für das Wintersemester 2014/2015 an der Universität A. für den Studiengang „Grundschullehramt“ beworben. Voraussetzung für die Bewerbung sei jedoch gewesen, sich in B. zu exmatrikulieren. Deshalb habe sie sich im Vorfeld ausführlich über die Chancen und Möglichkeiten eines Wechsels an die Universität A. informiert; dabei sei ihr versichert worden, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest in das dritte Fachsemester Grundschullehramt aufgenommen werden könne. Die Universität A. habe jedoch ihren diesbezüglichen Antrag auf Zulassung abgelehnt. Nachforschungen hätten ergeben, dass sich „wider Erwarten“ so viele „alte“ Studierende beworben hätten, dass kein neuer Bewerber habe zugelassen werden können. Sie hätte dadurch alles verloren, was sie sich in den letzten vier Semestern trotz aller Widrigkeiten erarbeitet habe. Die Studienberatung der Universität A. habe ihr nach Darlegung ihrer Situation empfohlen, sich in das erste Semester „Mittelschule“ einzuschreiben und die Vorlesungen und Seminare zu besuchen, welche ihr später nach einem erneuten Wechsel in das Studienfach „Grundschullehramt“ angerechnet werden könnten. Nur durch diesen Fachrichtungswechsel habe sie die Möglichkeit, ohne größere zeitliche und finanzielle Verluste weiter zu studieren, so dass es ihr hoffentlich möglich sein werde, im nächsten Semester wieder in das Fach Grundschullehramt zu wechseln; denn ihr Berufswunsch sei und bleibe es, Grundschullehrerin zu werden.

Das nachgereichte Schreiben der Dipl.-Psychologin und psychologischen Psychotherapeutin (VT) vom 13. November 2014 beinhaltet im Wesentlichen, dass sich die Klägerin seit Oktober 2013 in psychotherapeutischer Behandlung befinde und deren Entscheidung, zu ihren Eltern zu ziehen, aus psychotherapeutischer Sicht befürwortet worden sei. Dem vorgelegten Attest der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums ... vom 12. Dezember 2014 (Bl. 113 der Behördenakte) ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Klägerin seit Mai 2012 an einer Epilepsie mit generalisierten motorischen Anfällen leide. Darüber hinaus bestehe eine Angststörung. Auf Grund der Epilepsie sei festzustellen, dass die Klägerin ihr Studium nicht innerhalb der Regelstudienzeit werde abschließen können. Da die Rekonvaleszenz nach einem epileptischen Anfall zwischen Tagen und Wochen andauern könne, sollten nicht nur die Anfallstage als Krankheitstage berücksichtigt werden. Auf Grund der begleitenden Angststörung sei zudem ein Wechsel von B. nach A. in die Nähe der elterlichen Wohnung notwendig geworden. Aus ärztlicher Sicht sei dieser Schritt zu begrüßen.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Ausbildungsförderung für das Studium im Fach Lehramt Mittelschule (Sozialkunde; Deutsch/Geschichte/Musik) an der Universität A. ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erkrankung der Klägerin an Epilepsie könne zwar als ursächlich für den Wechsel an die Universität A. angesehen werden, sie könne jedoch nicht als unabweisbarer Grund für den Wechsel der Fachrichtung herangezogen werden. Dies sei insbesondere in der Tatsache begründet, dass die Klägerin nach dem vollzogenen Wechsel weiterhin einen Abschluss als Lehrerin anstrebe. Insofern sei die Fortführung der bisherigen Ausbildung weder unmöglich noch unzumutbar. Die Nichtzulassung zum gewünschten Studium, begründe für sich genommen jedoch keinen unabweisbaren Grund im Sinne der Rechtsprechung. Ein solcher liege nur vor, wenn die Eignung in Bezug auf die spätere Ausübung des Berufs infolge der Nichtzulassung im Studiengang Lehramt Grundschule wegfalle. Dies sei jedoch nicht der Fall: Zum einen strebe die Klägerin weiterhin an, später einmal als Lehrerin tätig zu sein; zum anderen werde durch die Ablehnung der Zulassung zum gewünschten Studium zum Wintersemester 2014/2015 eine Weiterführung des Studiums nicht generell unmöglich gemacht. Hiergegen erhob die Klägerin am 20. Februar 2015 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2015 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Förderung einer weiteren bzw. anderen Ausbildung sei nur in Ausnahmefällen beabsichtigt und möglich. Entsprechend diesem Grundsatz werde Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung nur geleistet, wenn der Auszubildende die Fachrichtung vor Beginn des vierten Fachsemesters aus wichtigem Grund oder später aus einem unabweisbaren Grund gewechselt habe. Mit der Aufgabe der Ausbildung im Studiengang Lehramt Grundschule und der Aufnahme des Studiums Lehramt Mittelschule habe die Klägerin einen Fachrichtungswechsel vollzogen. Dieser sei nach Beginn des vierten Fachsemesters erfolgt, da sie in das erste Fachsemester eingestuft worden sei. Ausbildungsförderung könne nur beansprucht werden, wenn ein unabweisbarer Grund vorliege. Ein Grund sei nur dann unabweisbar, wenn Umstände eintreten, die die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung oder die Ausübung des bisher angestrebten Berufs objektiv oder subjektiv unmöglich machen. Die Erkrankung an Epilepsie als maßgeblicher Umstand und der damit einhergehende Wechsel des Studienortes und der Fachrichtung seien nicht als unabweisbarer Grund zu werten. Auch die Nichtzulassung zum Studium Lehramt Grundschule an der Universität A. zum Wintersemester 2014/2015 stelle keinen unabweisbaren Grund dar. Die mit Bescheid vom 24. September 2014 ausgesprochene Ablehnung sei nicht gleichzusetzen mit einer endgültigen objektiven und subjektiven Unmöglichkeit der Fortsetzung der gewünschten Ausbildung. Eine solche sei nicht gegeben, wenn die Fortsetzung der Ausbildung lediglich vorübergehend nicht möglich sei. Der Klägerin wäre es möglich und auch zumutbar gewesen, sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut für das gewünschte Studium zu bewerben oder sich von der Universität B. einstweilen beurlauben zu lassen.

2. Die Klägerin beantragt:

Der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2015 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Ausbildungsförderung für das Studium Lehramt Mittelschule mit dem Hauptfach Sozialkunde sowie den Didaktik-Fächern Deutsch-Geschichte-Musik ab dem Wintersemester 2014/2015 zu gewähren.

Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, den Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Klägerin leide seit Mai 2012 an einer zunächst unerkannten Epilepsie. Im Jahr 2013 sei erstmals ein epileptischer Anfall als solcher erkannt worden. Die Klägerin habe sich daher (am 15.10.2013) in psychotherapeutische Behandlung begeben. Nach einem weiteren epileptischen Anfall im Frühjahr 2014 sei die Epilepsie diagnostiziert und die Klägerin u.a. stationär behandelt worden. Die Diagnose dieser Erkrankung habe eine ebenfalls ärztlich diagnostizierte Angststörung ausgelöst. Da die epileptischen Anfälle nur in der Nachtzeit aufgetreten seien und die Klägerin in B. im Falle eines weiteren schweren Anfalls hilflos gewesen wäre, habe sie sich – wie von ihrer Psychotherapeutin und ihrem Neurologen befürwortet – entschlossen, zu ihren Eltern zurückzuziehen, bis die Wirksamkeit der medikamentösen Behandlung nachgewiesen gewesen sei. Die Klägerin habe sich an die Studienberatung der Universität A. gewendet, um einen Wechsel nach A. vorzubereiten. Sie habe dort die Auskunft erhalten, dass zwischen Universitäten nur vollständige Module anerkannt werden könnten sowie, dass sie sich für das dritte Fachsemester in ihrem Lehramtsstudium bewerben solle. Entgegen der von der Studienberatung prognostizierten „großen Wahrscheinlichkeit“ habe die Klägerin keinen Studienplatz erhalten. In einem zweiten Termin bei der Studienberatung am 25. September 2014, der von der zuständigen Mitarbeiterin (Frau G. A.) bestätigt worden sei, sei ihr geraten worden, kurzzeitig zum Lehramtsstudium an Mittelschulen zu wechseln, um die Möglichkeit zu haben, ohne Unterbrechung ihres Studiums Leistungen zu erbringen und Scheine zu erwerben, die auf das Lehramtsstudium an Grundschulen anrechenbar seien. Die Alternative, die der Klägerin sowohl den Studienplatz als auch die Ausbildungsförderung gesichert hätte, wäre eine Beurlaubung gewesen; hierzu wurde eine E-Mail der Studienkanzlei B. (vom 28.6.2015) vorgelegt. Die Klägerin habe jedoch ihr Studium fortsetzen wollen; es entspreche schon der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Krankschreibung und Beurlaubung für eine Wiedergenesung und insbesondere die begleitende Angststörung kontraproduktiv gewesen wären. Nachdem die medikamentöse Behandlung angeschlagen habe, habe sich die Klägerin in B. erneut für das Lehramtsstudium an Grundschulen beworben. Sie habe hierzu die Mitteilung erhalten, dass sie sich frühestens zum Wintersemester 2015/2016 bewerben könne (s. o.g. E-Mail vom 28.6.2015). Es liege kein Abbruch der Ausbildung und kein (dauerhafter) Wechsel der Fachrichtung vor. Zwar stelle der Wechsel zwischen Lehramtsstudiengängen grundsätzlich einen Fachrichtungswechsel dar; § 7 Abs. 3 BAföG bedürfe jedoch der grundrechtskonformen Auslegung. Schon die Systematik der Norm und der Vergleich mit der zweiten Tatbestandsalternative eines Abbruchs der Ausbildung zeigten, dass ein vorübergehender Wechsel kein Fachrichtungswechsel sein könne. Ein Abbruch sei endgültig; dementsprechend müsse auch ein Fachrichtungswechsel von Dauer sein. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Zudem sei der Klägerin seitens der Studierendenberatung nahegelegt worden, sich für das Lehramtsstudium für Mittelschulen einzuschreiben. Diese Beratung müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des unabweisbaren Grundes sei daher das Vorverhalten des Beklagten zu berücksichtigen. Kein Fachrichtungswechsel, sondern lediglich eine Schwerpunktverlagerung liege vor, wenn der Auszubildende eine Bescheinigung der zuständigen Stelle vorlegen könne, in der bestätigt werde, dass die im zunächst durchgeführten Studiengang erbrachten Semester auf den anderen Studiengang im Einzelfall voll angerechnet werden. Dem müsse der Fall der Klägerin gleichstehen, da in einem temporären Zwischenstudium (Lehramt an Mittelschulen) erbrachte Leistungen auf das zunächst durchgeführte und eigentlich erstrebte Hauptstudium (Lehramt an Grundschulen) voll angerechnet werden könnten. Die Studienberatung habe den Wechsel der Lehramtsart unter Hinweis auf die Anrechenbarkeit der Leistungen nahegelegt. § 1 BAföG wolle vor dem Hintergrund des Rechts eines Auszubildenden, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen, des Gleichheitssatzes und des Sozialstaatsprinzips auch solchen Studierwilligen eine universitäre Ausbildung ermöglichen, die andernfalls nicht die notwendigen finanziellen Mittel für ein Studium hätten. Der Klägerin stehe ein derivatives Teilhaberecht im Sinne eines Verteilungsverfahrens zu, das die Chancengleichzeit wahre. Der Fall der Klägerin entspreche nicht dem Normalfall des Fachrichtungswechsels, der ohne anerkennungswürdige Motivation erfolge. Der vorübergehende Wechsel sei hier „aus der Not geboren“ gewesen. Diesem Sonderfall sei bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs eines unabweisbaren Grundes Rechnung zu tragen.

3. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend wird vorgetragen, der Wechsel vom Studiengang Lehramt an Grundschulen zum Studiengang Lehramt an Mittelschulen stelle unstreitig einen Fachrichtungswechsel i.S.d. § 7 Abs. 3 BAföG dar. Die Klägerin habe diesen nach vier Fachsemestern vorgenommen. Eine Anrechnung von Fachsemestern aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang sei nicht erfolgt. Die vorgetragene Krankheit stelle keinen unabweisbaren Grund dar. Ein besonderer Zusammenhang zwischen dem Studiengang Lehramt an Grundschulen und der Erkrankung sei nicht erkennbar. Vielmehr trage die Klägerin vor, sich inzwischen erneut für diesen Studiengang beworben zu haben. Die Nichtzulassung zum Studiengang Lehramt an Grundschulen zum Wintersemester 2014/2015 stelle ebenfalls keinen unabweisbaren Grund dar. Mit der Aufnahme des Studiums in der Fachrichtung Lehramt an Mittelschulen habe die Klägerin ein „Parkstudium“ begonnen. Sie hätte in dieser Situation ihre Verpflichtung zu einer umsichtigen Planung und zielstrebigen Durchführung der Ausbildung nur erfüllt, wenn sie auf eine förderungsfähige Ausbildung verzichtet hätte. Nach Auskunft der Universität B., welche die Klägerin mit der Klageschrift eingereicht habe, wäre eine Beurlaubung und damit verbunden eine „Sicherung“ des Studienplatzes ohne weiteres möglich gewesen. Diese Beurlaubung wäre der Klägerin auch zumutbar gewesen, zumal sie ohnehin vortrage, dass ärztlicherseits (zumindest vorübergehend) eine Anwesenheit am elterlichen Wohnort empfohlen worden sei. Eine – wie vorgetragen werde – fehlerhafte Studienberatung sei dem Amt für Ausbildungsförderung als nur förderungsrechtlich zuständige Behörde nicht zuzurechnen. Ein eventueller Amtshaftungsanspruch sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

4. In der mündlichen Verhandlung stellte der Klagebevollmächtigte einen bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Leistungen der Klägerin im Zwischenstudium des Lehramts an Mittelschulen anrechenbare Leistungen für ihr Erststudium des Lehramts an Grundschulen darstellen, Frau G. A. als Zeugin einzuvernehmen.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Versagungsgegenklage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 für ihr nach einem Fachrichtungswechsel begonnenes Studium im Studiengang Lehramt an Mittelschulen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2015 ist demnach rechtmäßig.

1. Nach § 1 des Bundesgesetzes über die individuelle Förderung der Ausbildung - Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – hat ein Auszubildender einen Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungsförderung für eine seiner Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.

a) Hat ein Auszubildender oder eine Auszubildende aus wichtigem Grund (Nummer 1) oder aus unabweisbarem Grund (Nummer 2) die Fachrichtung gewechselt, so wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt Nummer 1 nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG). Beim erstmaligen Fachrichtungswechsel wird in der Regel vermutet, dass die Voraussetzungen nach Nummer 1 erfüllt sind; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt dies nur, wenn der Wechsel oder Abbruch bis zum Beginn des dritten Fachsemesters erfolgt (§ 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG). Die Förderungsfähigkeit einer anderen Ausbildung nach vorherigem Ausbildungsabbruch oder Fachrichtungswechsel beurteilt sich ausschließlich nach § 7 Abs. 3 BAföG (vgl. Schepers, BAföG, 1. Aufl. 2012, § 7 Rn. 6). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung nach Abbruch einer Ausbildung oder Wechsel der Fachrichtung bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen nach Beginn des vierten Fachsemesters nur geleistet, wenn der Auszubildende die Fachrichtung aus unabweisbarem Grund gewechselt hat. Denn der Grundgedanke des Ausbildungsförderungsrechts besteht darin, öffentliche Mittel (nur) für eine sinnvoll geplante und zielstrebig durchgeführte Ausbildung einzusetzen; demnach wird Ausbildungsförderung grundsätzlich für eine Ausbildung geleistet (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG; VG München, U.v. 9.6.2011 – M 15 K 10.4241 – juris). Auch bereits nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG bestehen keine Zweifel, dass nach einem Fachrichtungswechsel eine andere Ausbildung nur förderungsfähig ist, wenn der Auszubildende die Fachrichtung aus wichtigem Grund oder nach Beginn des vierten Fachsemesters aus unabweisbarem Grund gewechselt hat.

b) Für eine Weitergewährung von Ausbildungsförderung ist vorliegend § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG einschlägig, da die Klägerin nach viersemestrigem Studium im Studiengang Lehramt an Grundschulen zum Wintersemester 2014/2015 das Studium im Studiengang Lehramt an Mittelschulen aufgenommen hat.

aa) Vorliegend ist demnach ein Wechsel der Fachrichtung im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG gegeben. Diese Bestimmung besagt, dass ein Fachrichtungswechsel immer dann vorliegt, wenn der oder die Auszubildende einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt. Der Begriff der Fachrichtung ist dabei wesentlich enger als der hochschulrechtliche Fachrichtungsbegriff (vgl. Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 7 Rn. 126); Fachrichtung im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist ein durch Lehrpläne, Ausbildungs- bzw. Studienordnungen oder Prüfungsordnungen geregelter Ausbildungsgang, der auf einen bestimmten berufsqualifizierenden Abschluss oder ein bestimmtes Ausbildungsziel gerichtet ist und für den i.d.R. die Mindestdauer sowie Zahl und Art der Unterrichts- bzw. Lehrveranstaltungen festgelegt sind (vgl. Humborg in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. März 2015, § 7 Rn. 47). Nicht erforderlich ist, dass der Auszubildende das zunächst angestrebte Ausbildungsziel – hier Lehramt an Grundschulen – endgültig aufgibt; es reicht vielmehr aus, dass das Anstreben dieses Zieles unterbrochen wird (vgl. Humborg in: Rothe/Blanke, BAföG, § 7 Rn. 46).

Lediglich der vom Fachrichtungswechsel abzugrenzende Abbruch der Ausbildung setzt voraus, dass der Auszubildende den Besuch von Ausbildungsstätten einer Ausbildungsstättenart einschließlich der im Zusammenhang hiermit geforderten Praktika endgültig aufgibt (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BAföG). Für einen Fachrichtungswechsel ist dies gerade nicht erforderlich (vgl. die Legaldefinition in § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG). Die Klägerin hat vorliegend das Studium im Studiengang Lehramt an Mittelschulen an der Universität A. (zum Wintersemester 2014/2015) in unmittelbarem Zusammenhang mit der Exmatrikulation zum 30. September 2014 aufgenommen (s. Bescheinigung der Universität B. vom 30.6.2014, Bl. 105 der Behördenakte), so dass kein Abbruch, sondern ein Fachrichtungswechsel vorliegt. Denn die Klägerin strebt eine andere Ausbildung an einer Universität als Ausbildungsstätte der Ausbildungsstättenart „Hochschule“ an (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 119; Humborg in: Rothe/Blanke, BAföG, § 7 Rn. 45.1).

Eine Schwerpunktverlagerung ist demgegenüber gegeben, wenn die betroffenen Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind bzw. in den Ausbildungsbestimmungen vorgeschrieben ist, dass die im zunächst durchgeführten Studiengang erbrachten Semester auf den anderen Studiengang voll angerechnet werden, oder wenn die im zunächst durchgeführten Studiengang verbrachten Semester vollen Umfangs auf den neuen Studiengang – hier Lehramt an Mittelschulen – angerechnet werden, so dass sich eine Verlängerung der Gesamtstudienzeit trotz des Wechsels nicht ergibt (vgl. Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 127 m.w.N.). Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall. Der ursprüngliche und der neue Studiengang der Klägerin sind bis zum Wechsel nicht identisch gewesen; auch eine volle Anrechnung der im zunächst betriebenen Studium erbrachten Semester ist weder vorgeschrieben noch erfolgt (vgl. § 9 der Prüfungsordnung der Universität A. für die Modulprüfungen im Rahmen der Ersten Prüfung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen und für die lehramtsbezogenen Bachelorstudiengänge der Universität A. (LPO-UA) vom 20.11.2013). Die Klägerin wurde vielmehr im Studiengang Lehramt an Mittelschulen unstrittig in das erste Semester eingestuft.

Beim Lehramtsstudium ist der Wechsel von einem bestimmten Lehramt in ein anderes Lehramt – vorliegend vom Lehramt für Grundschulen zum Lehramt für Mittelschulen – ein Fachrichtungswechsel, ohne dass es darauf ankäme, ob die Fächerkombination beibehalten wird (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.1994 – 11 C 10/93FamRZ 1994, 999; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 129). Ein Fachrichtungswechsel ist auch bereits dann gegeben, wenn der oder die Auszubildende in einem Mehrfächerstudium, wie es das Lehramtsstudium darstellt, eines der beiden Hauptfächer wechselt (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2011 – 12 BV 10.2187 – juris m.w.N.); für den vorliegenden Wechsel der Klägerin zum Lehramt an Mittelschulen mit dem Hauptfach Sozialkunde kann daher im Übrigen bereits nach dem Grundsatz des argumentum a fortiori nichts anderes gelten.

Soweit die Klägerin geltend macht, es sei nach wie vor ihr Berufswunsch, Grundschullehrerin zu werden, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Denn auch eine Rückkehr zu ihrer ursprünglichen Fachrichtung stellt (grundsätzlich) einen erneuten Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG dar (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1985 – 5 C 56/82FamRZ 1986, 731). Nach der Rechtsprechung muss für jeden Fachrichtungswechsel ein wichtiger oder unabweisbarer Grund gegeben sein, und zwar auch dann, wenn der Auszubildende zur ursprünglichen Fachrichtung zurückkehrt (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.1990 – 5 C 66/85BVerwGE 85, 188; U.v. 9.6.1983 – 5 C 122/81BVerwGE 67, 250; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 125). Nach den vorgenannten Maßgaben stellt das seitens der Klägerin nunmehr betriebene Lehramtsstudium an Mittelschulen auch unter Berücksichtigung der gegebenen Einzelfallumstände, insbesondere ihrer Absicht, dieses krankheitsbedingt nur vorübergehend aufzunehmen, nicht lediglich eine Schwerpunktverlagerung dar. Ein abweichend zu beurteilender Ausnahmefall kann danach auch nicht mit Blick auf Besonderheiten des Ausbildungsganges der Klägerin angenommen werden. Insbesondere ist keine Besonderheit dahingehend gegeben, dass in der Prüfungsordnung vorgesehene Schwerpunkte des ursprünglichen Studiums in einem fachverwandten Studiengang erworben werden können, weil etwa der Studiengang Lehramt an Grundschulen nicht ausreichend ausgestattet ist (vgl. OVG NRW, U.v. 8.8.1988 – 16 A 2738/87 – juris; §§ 4 und 8 der Studien- und Prüfungsordnung für die Modulprüfungen im Rahmen der Ersten Lehramtsprüfung an der ...-Universität B. vom 1.4.2015).

bb) Nach § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG wird bei der Bestimmung des nach den Sätzen 1 und 4 maßgeblichen Fachsemesters die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet werden. Eine Anrechnung von Fachsemestern aus dem Studium der Klägerin im Studiengang Lehramt an Grundschulen auf ihr Studium im Studiengang Lehramt Mittelschule ist unstrittig nicht erfolgt.Die Regelung des Satzes 5 bezieht sich auch nach dessen Entstehungsgeschichte und systematischer Stellung nur auf die tatsächlich erfolgte Anrechnung konkreter Fachsemester aus dem ursprünglich betriebenen Studium (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2012 – 12 CE 11.2829 – juris; U.v. 16.6.2011 – 12 BV 10.2187 – juris). Die Vorschrift ist durch das 22. BAföG-Änderungsgesetz (vom 23.12. 2007, BGBl. I S. 2354) dem § 7 Abs. 3 BAföG angefügt worden; mit dieser Ergänzung wurde in den Gesetzestext nur das übernommen, was ohnehin aufgrund verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift geltendes Recht war (siehe dazu BVerfG (Kammer), B.v. 24.8.2005 – 1 BvR 309/03FamRZ 2005, 1895). Dabei stellte das Bundesverfassungsgericht für seine erweiternde Auslegung des früheren § 7 Abs. 3 BAföG gerade und entscheidend darauf ab, dass wegen der „Anrechnung“ von Semestern der bisherigen Fachrichtung die für die Ausbildungsförderung maßgebliche Zeitschwelle nicht überschritten wird (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2011 – 12 BV 10.2187 – juris; B.v. 16.3.2007 – 12 ZB 06.1403 – juris). Mit dieser Interpretation der Vorschrift wird auch deren Intention Rechnung getragen, im Interesse eines sinnvollen Einsatzes von Fördermitteln die Möglichkeit des förderungsunschädlichen Fachrichtungswechsels zeitlich zu limitieren (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2011 a.a.O.).

Demnach kann eine möglicherweise künftig erfolgende Anrechnung von Leistungen, welche die Klägerin im nunmehrigen Studium des Lehramtes an Mittelschulen erwirbt bzw. erworben hat, unabhängig davon, dass bislang keine Bestätigung über eine Anrechenbarkeit für den Studiengang Lehramt an Grundschulen vorgelegt worden ist, insoweit keine Berücksichtigung finden. Auch eine analoge Heranziehung des § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG scheidet insofern aus, denn es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Es ist nicht zu ersehen und es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber beim Erlass des 22. BAföG-Änderungsgesetzes die Rechtsprechung zu den sogenannten Mehrfächerstudiengängen nicht bekannt gewesen wäre. Gleichwohl hat er keine über § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG hinausgehende Ausnahme in das Gesetz aufgenommen, sondern auf eine tatsächliche Anrechnung von früheren Fachsemestern durch die Ausbildungsstätte abgestellt (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2011 – 12 BV 10.2187 – juris). Das entspricht auch dem vorgenannten Regelungszweck der Vorschrift und benachteiligt die Auszubildenden, die ein Lehramtsstudium ergreifen, nicht unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2011 a.a.O.).

Die Gewährung von Ausbildungsförderung für die neu begonnene andere Ausbildung der Klägerin kommt daher gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG nur in Betracht, wenn der vollzogene Fachrichtungswechsel auf einem unabweisbaren Grund beruht. Bei dem Tatbestandsmerkmal des „unabweisbaren Grundes“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der uneingeschränkten gerichtlichen Prüfung unterliegt.

2. Ein unabweisbarer Grund für den vollzogenen Fachrichtungswechsel der Klägerin ist jedoch nicht gegeben, daher ist ihr Anspruch auf Ausbildungsförderung erloschen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1983 – 5 C 122/81BVerwGE 67, 250).

a) Ein Grund für einen Fachrichtungswechsel ist dann unabweisbar im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG, wenn er eine Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht zulässt. Es müssen nachträglich außergewöhnliche Umstände eingetreten sein, die die Eignung des Auszubildenden für die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung oder die Ausübung des bisher angestrebten Berufs bei objektiver und subjektiver Betrachtung haben wegfallen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 5 C 6/03BVerwGE 120, 149; U.v. 30.4.1981 – 5 C 36/79BVerwGE 62, 174; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 7 Rn. 162). Bei der Anerkennung von Umständen als in diesem Sinne "unabweisbarer Grund" für einen Fachrichtungswechsel hatte das Bundesverwaltungsgericht eine unerwartete – etwa als Unfallfolge eingetretene – Behinderung im Blick, welche die Ausübung des bisher angestrebten Berufs unmöglich macht (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1981 – 5 C 36/79BVerwGE 62, 174). Von diesem Verständnis ist auch der Gesetzgeber bei der Einführung des Tatbestandsmerkmals des unabweisbaren Grundes ausgegangen (vgl. BT-Drs. 13/4246, S. 16, zum 18. BAföGÄndG; die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG differenziert seither, d.h. seit 1.8.1996, zwischen „wichtigen“ und „unabweisbaren“ Gründen). Die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG beinhaltet einen erheblich strengeren Maßstab bei der Beurteilung der Berechtigung eines Fachrichtungswechsels.

Während ein (lediglich) wichtiger Grund vorliegt, wenn dem Auszubildenden unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden kann, ist ein Grund erst dann unabweisbar, wenn er schlechterdings keine Wahlmöglichkeit zulässt, also zwingend ist (vgl. Ramsauer/Stallbaum NVwZ 1996, 1065).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt bei der Klägerin eine vergleichbare Fallgestaltung nicht vor.

Aufgrund der geltend gemachten gesundheitlichen Gründe – eine fachärztlich attestierte Epilepsie und eine begleitende Angststörung – bestand für die Klägerin vorliegend keine Situation, welche die Wahl zwischen der Fortsetzung des Studiums im Studiengang Lehramt an Grundschulen und dem Überwechseln in eine andere Ausbildung nicht zuließ. Die Fortführung ihres zunächst betriebenen Lehramtsstudiums wurde hierdurch nicht unmöglich; dies belegt bereits die Tatsache, dass die Klägerin, die ausweislich des vorgelegten Attestes vom 12. Dezember 2014 seit Mai 2012 an einer Epilepsie leidet und seit Oktober 2013 psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt (s. Bestätigung vom 13.11.2014, Bl. 111 der Behördenakte), auch nach ihrer Erkrankung zunächst an der Universität B. im Studiengang Lehramt an Grundschulen studierte. Gleiches gilt für die Ausübung des zunächst angestrebten Berufes. Anhaltspunkte dafür, dass eine Epilepsie und eine begleitende Angststörung gerade zu einem Wegfall der Eignung für die künftige Ausübung des Berufes einer Grundschullehrerin führen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Klägerin trägt vielmehr vor, ihr Berufswunsch sei und bleibe es, Grundschullehrerin zu werden. Zudem studiert sie derzeit im Studiengang Lehramt Mittelschule; sie strebt also auch nach ihrem Fachrichtungswechsel eine Tätigkeit als Lehrerin an und macht geltend, dass dieser Wechsel krankheitsbedingt nur vorübergehend angestrebt werde. Auch wenn hinsichtlich der Angststörung bzw. der als maßgeblich angeführten nächtlichen Anfälle (bis zum Nachweis der Wirkung der Medikamente) auf einen (lediglich) vorübergehenden Charakter abgestellt wird, vermag dies keine andere rechtliche Beurteilung zu begründen. Denn eine Erkrankung bzw. krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Klägerin, die nur als temporär anzusehen und im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr gegeben ist, stellt für den Fachrichtungswechsel keinen unabweisbaren Grund dar (vgl. BayVGH, B.v. 17.1.2013 – 12 ZB 12.2277 – juris Rn. 14).

Der Einwand der Klägerin, dass die Universität A. wider Erwarten ihren Antrag auf Zulassung zum Studium im dritten Fachsemester für den Studiengang Lehramt an Grundschulen abgelehnt habe, greift nicht durch. Zwar kann unter bestimmten Voraussetzungen für den Wechsel von der Park- zur Wunschausbildung ein wichtiger Grund anerkannt werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1983 – 5 C 8/80BVerwG 67, 235; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 142 ff.). Jedoch besteht auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung (auch zu sog. Numerus-clausus-Ausbildungen) bzw. Maßgaben kein Förderanspruch der Klägerin, die nach viersemestrigem Studium in ihrem Wunschstudiengang die Fachrichtung wechselte, und das nunmehrige Studium nach ihrer Planung nur vorübergehend anstrebt. Denn ein sog. Parkstudium kommt danach nur als wichtiger, nicht aber als unabweisbarer Grund in Betracht; zumal seit der vorgenannten Neufassung des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG eine andere Ausbildung grundsätzlich nur noch dann gefördert wird, wenn der Abbruch der Ausbildung oder der Wechsel der Fachrichtung vor Beginn des dritten bzw. vierten Fachsemesters stattfinden (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 (letzter Halbsatz) und 4 BAföG). Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung dieser Zeitschranke gerade auch der Rechtsprechung, die einen wichtigen Grund für den Wechsel vom Park- zum Wunschstudium noch bis zum Ablauf des vierten Semesters anerkannt hatte, begegnen (vgl. Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 164; BVerwG; U.v. 22.6.1989 – 5 C 42/88BVerwGE 82, 163; BT-Drs. 13/4246, S. 15). Im Übrigen setzt bereits die Anerkennung eines wichtigen Grundes insoweit u.a. voraus, dass der Auszubildende grundsätzlich ohne Unterbrechung alle nicht von vornherein aussichtslosen Bewerbungsmöglichkeiten genutzt hat, um einen Studienplatz in seinem Wunschstudium zu erhalten (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1983 a.a.O.). Die Klägerin hatte sich jedoch zunächst nur bei der Universität A. beworben; eine Bewerbung bei der Universität E. ist nach den Darlegungen ihres Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung erst aktuell (für das Wintersemester 2015/2016) erfolgt.

Auch der Einwand der Klägerin, ihr Wechsel zum Studiengang Lehramt an Mittelschulen sei krankheitsbedingt erfolgt, so dass eine anerkennenswerte Motivation bestanden habe, vermag keine andere rechtliche Beurteilung zu begründen. Das Gericht stellt dabei nicht in Abrede, dass die Klägerin den Fachrichtungswechsel entsprechend ihrem Vortrag vornahm, um wegen ihrer Erkrankung vorübergehend bei ihren Eltern wohnen zu können und das, was sie sich in den vorherigen Semestern erarbeitet hatte, nicht „zu verlieren“. Ausgehend von den vorgenannten Maßgaben kann dies jedoch nicht als unabweisbarer Grund anerkannt werden. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die gegebenen Umstände schlechterdings keine Wahlmöglichkeit zuließen bzw. der Klägerin ein Festhalten an ihrem zunächst betriebenen Studium unzumutbar war. Der Klägerin ist zuzugeben, dass ein für den Fachrichtungswechsel geltend gemachter Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich ihr bisheriges Ausbildungsverhältnis unmittelbar berühren kann (vgl. VGH BW, U.v. 28.11.2003 – 7 S 7/03VBlBW 2004, 110 m.w.N.). Jedoch weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es der Klägerin tatsächlich möglich und auch zumutbar gewesen wäre, sich beurlauben zu lassen (s. vorgelegte E-Mail vom 28.6.2015). Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf den vorgetragenen erneuten epileptischen Anfall im Frühjahr 2014, die stationäre Behandlung und die erforderliche Rekonvaleszenz (vgl. Attest vom 12.12.2014, Bl. 113 der Behördenakte). Insoweit wäre im Übrigen ein unverzügliches Handeln der Klägerin erforderlich gewesen. Unter den gegebenen Einzelfallumständen ist kein Fall gegeben, der es schlechterdings unerträglich erscheinen ließe, die Klägerin an ihrem Studium für Lehramt an Grundschulen festzuhalten. Anknüpfungspunkt hierfür ist sowohl ihr zunächst betriebenes Studium als auch die nach wie vor angestrebte berufliche Betätigung als Grundschullehrerin (vgl. Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, § 7 Rn. 162). Ausgehend von den vorliegenden Einzelfallumständen war es der Klägerin auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zumutbar, sich zunächst beurlauben zu lassen (BVerfG, B.v. 3.7.1985 – 1 BvR 1428/82BVerfGE 70, 230; BVerwG, U.v. 21.6.1990 – 5 C 66/85BVerwGE 85, 188). Zumal weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass dies für einen unverhältnismäßig bzw. unzumutbar langen Zeitraum notwendig gewesen wäre. Vielmehr hatte sich die Klägerin für das Wintersemester 2015/2016 erneut für das Lehramtsstudium an Grundschulen in B. beworben (s.a. E-Mail Studienkanzlei vom 28.6.2015).

Auch mit Blick auf den geltend gemachten Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. Chancengleichheit und Art. 12 des Grundgesetzes (GG) ist kein unabweisbarer Grund anzuerkennen. Denn ein Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung lässt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht entnehmen (vgl. BVerwG, B.v. 16.09.1982 – 5 B 25/82 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 29, unter Verweis auf BVerwG, U.v. 26.1.1966 – V C 88.64BVerwGE 23, 149 [151 ff.]). Ein Anspruch auf Ausbildungsförderung wird gemäß § 1 BAföG nur nach Maßgabe des Gesetzes gewährt. Durch § 7 Abs. 1 BAföG ist sichergestellt, dass eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung gefördert wird. Wenn § 7 Abs. 3 BAföG die Leistung von Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung davon abhängig macht, dass die bisherige Ausbildung aus wichtigem Grund bzw. unabweisbarem Grund nicht fortgesetzt wird, dann verletzt dies vorliegend nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl. BVerfG (Kammer), B.v. 24.8.2005 – 1 BvR 309/03FamRZ 2005, 1895 zur verfassungskonformen Auslegung vor Ergänzung von § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG).

Die vorgetragene „Studienberatung“ rechtfertigt keinen unabweisbaren Grund. Im Interesse der Auszubildenden ist in § 46 Abs. 5 BAföG eine besondere Feststellungsentscheidung vorgesehen. Nach Satz 1 Nr. 4 dieser Vorschrift kann ein Auszubildender noch bevor er die Ausbildung aufgenommen hat, eine verbindliche Entscheidung darüber herbeiführen, ob die Förderungsvoraussetzungen für eine nach Fachrichtung und Ausbildungsstätte bestimmt bezeichnete andere Ausbildung nach § 7 Absatz 3 BAföG vorliegen. Der Einwand der Klägerin, der Beklagte müsse sich die Beratung durch die Studienberatung zurechnen lassen, greift ebenfalls nicht durch. Gemäß Art. 60 Satz 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) unterrichtet die Hochschule Studierende sowie Studienbewerber und Studienbewerberinnen über die Studienmöglichkeiten und über Inhalte, Aufbau und Anforderungen eines Studiums. Die Hochschule wirkt bei der Studienberatung insbesondere mit den für die Berufsberatung und den für die staatlichen Prüfungen zuständigen Stellen zusammen (Art. 60 Satz 3 BayHSchG). Demgegenüber handelt es sich bei dem beklagten Studentenwerk um eine rechtlich selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß Art. 90 Satz 1 BayHSchG (vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung – Bayerisches Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz – BayAGBAföG). Die Klägerin etwa im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als erfülle sie die Leistungsvoraussetzungen, könnte allenfalls dann erwogen werden, wenn von der zuständigen Sozialverwaltung, hier also der Ausbildungsförderungsverwaltung, falsche oder unvollständige Auskünfte erteilt worden wären (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.1994 – 11 C 19/94FamRZ 1995, 765). Entsprechendes hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Der Fachrichtungswechsel der Klägerin beruht demnach nicht auf einem unabweisbaren Grund, sodass die Klägerin weder einen Anspruch auf die begehrte Ausbildungsförderung noch auf erneute Verbescheidung ihres diesbezüglichen Antrages hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).

c) Der in der mündlichen Verhandlung gestellte bedingte Beweisantrag ist mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 25 und 38), da es auf diese Beweistatsache – wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt – nicht ankommt. Diese Beweistatsache ist nicht geeignet, die Entscheidung in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Denn selbst bei einer künftigen Anrechnung von Leistungen auf das ursprünglich betriebene Studium im Studiengang Lehramt für Grundschulen, in dem die Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht immatrikuliert gewesen ist, ergibt sich danach für das gegenständliche Verfahren auch mit Blick auf § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG kein Förderanspruch.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).  

Beschluss

Der Gegenstandswert wird auf 868,-- EUR festgesetzt (§ 33 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes).