Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.10.2015 - 10 C 15.2212
Fundstelle
openJur 2015, 18742
  • Rkr:

Abschiebungsanordnung; Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung; Zulässigkeit; Rechtsschutzbedürfnis; Begründetheit; Anordnungsanspruch; Aussetzung der Abschiebung; Passivlegitimation; rechtliche Unmöglichkeit; bevorstehende Eheschließung; Prozesskostenhilfe; hinreichende Aussicht auf Erfolg

Tenor

I. Die Verfahren 10 CE 15.2165 und 10 C 15.2212 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

IV. Unter Abänderung der Nr. III des den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffenden Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. September 2015 wird der Streitwert für das Verfahren M 4 E 15.4046 und für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.2165 jeweils auf 1.250,- Euro festgesetzt.

V. Der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.2165 unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

Die Verbindung der Verfahren 10 CE 15.2165 und 10 C 15.2212 zur gemeinsamen Entscheidung beruht auf § 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 Satz 1 VwGO.

Die zulässigen Beschwerden, mit denen der Antragsteller seine in erster Instanz erfolglosen Anträge weiterverfolgt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers bis zu dessen beabsichtigter Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen auszusetzen (10 CE 15.2165; I.), und dem Antragsteller für den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seine Prozessbevollmächtigte beizuordnen (II.), sind unbegründet. Schließlich hat auch der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.2165 unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, keinen Erfolg (III.).

I. Die Beschwerde im Verfahren 10 CE 15.2165 ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist weder zulässig (1.) noch begründet (2.).

1. Der Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers bis zu dessen Eheschließung auszusetzen, ist unzulässig, weil dem Antragsteller insoweit das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. Denn der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel nach der Systematik der insoweit maßgeblichen asylverfahrensrechtlichen Bestimmungen vorrangig und wirksam durch einen gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 7 oder § 123 VwGO verfolgen, so dass sich der gegen den Antragsgegner als Träger der Ausländerbehörde gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO als rechtsmissbräuchlich erweist (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – juris Rn. 3).

a) Der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel, bis zu seiner Eheschließung nicht abgeschoben zu werden, mit einem gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO oder § 123 Abs. 1 VwGO verfolgen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Asylantrag des Antragstellers vom 25. September 2014 mit Bescheid vom 18. Dezember 2014 als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Antragstellers nach Italien als den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union angeordnet. Dagegen hat der Antragsteller Klage erhoben und hinsichtlich der Abschiebungsanordnung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO beantragt. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Mai 2015 (M 18 S 15.50131) abgelehnt.

Soll ein Ausländer, dessen Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig ist, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, wie hier in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden, so ordnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dabei hat das Bundesamt außer der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (stRspr; vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – juris Rn. 4; B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4; B.v. 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris Rn. 4; B.v. 12.11.2012 – 10 CE 12.2428 – juris Rn. 4 jeweils m.w.N.). Dementsprechend ist es auch Sache des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der Prüfung, ob die Abschiebung durchgeführt werden kann, darüber zu entscheiden, ob die Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, weil sie wegen einer bevorstehenden Eheschließung gegen die Eheschließungsfreiheit des Ausländers nach Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen würde, wie der Antragsteller geltend macht. Die Prüfung durch das Bundesamt erstreckt sich dabei nicht nur auf bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegende, sondern auch auf nachträglich auftretende Abschiebungshindernisse oder Duldungsgründe. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – juris Rn. 4; B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/34 – juris Rn. 12 m.w.N.).

Geht man davon aus, dass über die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsanordnung vom 18. Dezember 2014 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, so kann der Antragsteller die im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung behauptete rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Klageverfahren noch geltend machen. Denn in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz stellt das Gericht nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder – im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – auf den Zeitpunkt der Entscheidung ab. Als statthafter Rechtsbehelf im Eilverfahren entspricht dem systematisch ein Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Insbesondere kann der Antragsteller im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung und die seiner Ansicht nach daraus resultierende rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Änderung des Beschlusses vom 27. Mai 2015, mit dem sein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG abgelehnt worden war, wegen veränderter Umstände beantragen (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 5). Ebenso kann der Antragsteller sich im Klageverfahren gegen die Unzulässigkeit seines Asylantrags nach § 27a AsylVfG wenden, von der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgegangen ist, und nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Änderung des Beschlusses vom 27. Mai 2015 wegen im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen, wenn ihm die zur Begründung der Zulässigkeit seines Asylantrags vorgelegten Unterlagen über eine Tätigkeit für ein afghanisches Unternehmen von April bis August 2014 erst nach Abschluss des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO zugänglich geworden sein sollten.

Sollte hingegen die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung bereits rechtskräftig abgewiesen und die Abschiebungsanordnung damit bestandskräftig geworden sein, so muss der Antragsteller, will er sich gegen die Annahme der Unzulässigkeit seines Asylantrags nach § 27a AsylVfG durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wenden und den behaupteten Duldungsgrund der bevorstehenden Eheschließung geltend machen, nach § 51 Abs. 1 VwVfG beim Bundesamt einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen und im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls im Wege der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO eine Sachentscheidung erzwingen (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – Rn. 5 m.w.N.). Der dem systematisch entsprechende statthafte Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist dann aber ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, mit dem eine vorläufige Verhinderung der angeordneten Abschiebung erreicht werden soll, indem der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträgerin des Bundesamtes aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – Rn. 5 m.w.N.).

b) Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen den Antragsgegner als den Rechtsträger der Ausländerbehörde kommt daneben nicht in Betracht. Zwar mag es in extrem zugespitzten Ausnahmefällen, in denen auf dem dargelegten vorrangigen Rechtsschutzweg eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung nicht mehr erreichbar ist, etwa weil eine Mitteilung an die Ausländerbehörde, dass vorläufig nicht aufgrund der Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf, offensichtlich zu spät kommen würde, aus Gründen der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Effektivität des Rechtsschutzes möglich sein, im Wege der einstweiligen Anordnung unmittelbar gegenüber der für den Vollzug der Abschiebungsanordnung zuständigen Ausländerbehörde eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung zu erstreiten (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15. 813 – juris Rn. 7 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Die Ausländerbehörde hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. September 2015 mitgeteilt, dass er sich am 17. September 2015 ab 6.00 Uhr für seine Abschiebung nach Italien bereithalten solle. Der Antragsteller hat daraufhin am 15. September 2015 gegen 21.15 Uhr den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber dem Antragsgegner beantragt. Zur gleichen Zeit hätte er aber auch einen Eilantrag gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als Träger des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge stellen können. Angesichts des bis zur Abschiebung des Antragstellers verbleibenden Zeitraums von mehr als einem Tag ist jedoch nicht ersichtlich, dass mit einem solchen Antrag eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung nicht mehr erreichbar gewesen wäre, weil eine Mitteilung an die Ausländerbehörde, dass vorläufig nicht aufgrund der Abschiebungsanordnung abgeschoben werden dürfe, offensichtlich zu spät gekommen wäre. Denn die Verwaltungsgerichte sind in solchen Fällen erfahrungsgemäß ohne weiteres in der Lage, so rechtzeitig zu entscheiden, dass die Ausländerbehörde über eine für den Antragsteller günstige Entscheidung rechtzeitig informiert und die Abschiebung gestoppt werden kann.

2. Der Antrag wäre im Übrigen auch unbegründet. Denn der Antragsteller hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).

a) Ein Anordnungsanspruch besteht zunächst nicht, soweit der Antragsteller der Sache nach geltend macht, die Abschiebungsanordnung sei rechtswidrig, weil für die Durchführung des Asylverfahrens nicht Italien, sondern die Bundesrepublik Deutschland zuständig sei, so dass es an der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG fehle und deshalb eine Abschiebung nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht hätte angeordnet werden dürfen. Denn der Antragsgegner ist insoweit nicht passivlegitimiert.

Die Entscheidung darüber, ob die Abschiebung eines Asylantragstellers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angeordnet wird, wird nach dieser Regelung nicht von der Ausländerbehörde, sondern allein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getroffen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris Rn. 4). Passivlegitimiert ist deshalb insoweit nicht der Antragsgegner als Träger der Ausländerbehörde, sondern die Bundesrepublik Deutschland als Träger des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

b) Der Antragsteller hat schließlich auch einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht insoweit glaubhaft gemacht, als er geltend macht, er habe sich inzwischen mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt und beabsichtige, sie zu heiraten, so dass die Abschiebung im Hinblick auf seine Eheschließungsfreiheit nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtlich unmöglich sei.

aa) Zum einen fehlt es auch insoweit an der Passivlegitimation des Antragsgegners, weil, wie dargelegt, im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Durchführbarkeit der Abschiebung dem Bundesamt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bezüglich nachträglich auftretender Abschiebungshindernisse oder Duldungsgründe obliegt, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde hinsichtlich der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum bleibt.

bb) Zum anderen steht derzeit noch nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die Abschiebung des Antragstellers im Hinblick auf ihre Unvereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 GG aus rechtlichen Gründen unmöglich und deshalb nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bis zur Eheschließung auszusetzen wäre.

Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2012 – 10 CE 12.2125 – juris Rn. 3; B.v. 11.3.2010 – 19 CE 10.364 – juris Rn. 3 m.w.N.). Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2012 – 10 CE 12.2125 – juris Rn. 3; B.v. 11.3.2010 – 19 CE 10.364 – juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch derzeit noch nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit vor. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Verlobten bereits alle vom Standesbeamten geforderten Unterlagen beschafft hätten.

Vielmehr trägt der Antragsteller selbst vor, dass die für die Eheschließung notwendigen Unterlagen dem Standesbeamten noch nicht vollständig vorlägen, weil die nach der vorgelegten Aufstellung notwendige Ledigkeitsbescheinigung aus dem Heimatland des Antragstellers zwar angefordert, aber noch nicht eingetroffen sei. Zwar behauptet der Antragsteller im Widerspruch dazu sowohl in der Antrags- als auch in der Beschwerdebegründung an anderer Stelle, er habe sämtliche vom Standesamt angeforderten Unterlagen für die Eheschließung beigebracht. Dies wird aber nicht belegt. Insbesondere legt der Antragsteller die nach seinen eigenen Angaben im Heimatland angeforderte Ledigkeitsbescheinigung nicht vor. Angesichts dieses widersprüchlichen Vortrags kann aber nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die für die Eheschließung notwendigen Unterlagen bereits vollständig vorliegen.

II. Die Beschwerde im Verfahren 10 C 15.2212 ist damit ebenfalls unbegründet. Denn die Voraussetzungen von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffende erstinstanzliche Verfahren liegen ebenso wenig vor wie die Voraussetzungen von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO für die Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Verfahren. Denn da sich der Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Abschiebung bis zur Eheschließung des Antragsteller auszusetzen, sowohl als unzulässig als auch als unbegründet darstellt, bot die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

III. Schließlich ist auch der Antrag abzulehnen, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.2212 nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seine Prozessbevollmächtigte nach § 121 Abs. 1 ZPO beizuordnen. Denn die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bot keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie, wie ausgeführt, unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für die Verfahren M 4 E 15.4046 und 10 CE 15.2165 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG, wobei jeweils ein Viertel des Auffangwerts nach § 52 Abs. 2 GKG zugrunde gelegt wird (vgl. Nr. 1.5 und Nr. 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren 10 C 15.2212, das die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das erstinstanzliche Eilverfahren (M 4 E 15.4046) betrifft, bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Hinsichtlich des Antrags, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren 10 CE 15.2165 unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, bedarf es keiner Kostenentscheidung. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Kostenerstattung ist ausgeschlossen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).