Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.10.2015 - 9 ZB 15.1280
Fundstelle
openJur 2015, 18707
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine von der Beklagten verfügte und für sofort vollziehbar erklärte Wegnahme von 43 Katzen.

Mit Bescheid vom 23. Juli 2014 bestätigte die Beklagte ihre am 15. Juli 2014 anlässlich einer Vorortkontrolle gegenüber Herrn E... O... getroffene mündliche Anordnung, dass der Klägerin die in der Wohnung des Herrn E... O... untergebrachten 43 Katzen fortgenommen und so lange auf ihre Kosten im Tierheim pfleglich untergebracht werden, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Tiere durch sie sichergestellt ist. Zudem wurde die Einziehung der Tiere angeordnet, sofern die Betroffene nicht bis spätestens 1. August 2014 eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Tiere nachweist.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht erheben lassen. Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. September 2014 (AN 10 S 14.01209) abgelehnt; Rechtsmittel hiergegen blieben erfolglos (BayVGH, B.v. 31.10.2014 – 9 CS 14.2034 und BVerwG, B.v. 31.7.2015 – 3 B 48/15). Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Februar 2015 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anordnung der Beklagten vom 15. Juli 2014 und deren schriftliche Bestätigung vom 23. Juli 2014 rechtmäßig seien und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen würden. Die bei der Kontrolle der Tierhaltung am 15. Juli 2014 vorgefundenen Zustände, die durch die gutachterliche Stellungnahme des Amtsveterinärs in einer Weise dokumentiert wurden, die keinerlei Zweifel aufkommen lässt, belegten, dass die Katzen der Klägerin nicht artgerecht gehalten und erheblich vernachlässigt würden. Die Katzen litten an diversen Krankheiten. Am Ort der Tierhaltung stehe ihnen zu wenig Raum zur Verfügung, da sich in der ca. 60 m² großen Wohnung 43 Katzen aufhielten.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) ist unzulässig und deshalb in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.

1. Der Antrag ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO begründet worden.

Das mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Postzustellungsurkunde am 22. Mai 2015 zugestellt (§ 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1, §§ 176 ff ZPO). Die zweimonatige Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO lief deshalb nach § 57 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB am Mittwoch, dem 22. Juli 2015 ab. Die erst am 25. Juli 2015 per Telefax beim Verwaltungsgerichtshof eingegangene Begründung wahrt diese nicht verlängerbare Frist (§ 224 Abs. 2 ZPO) nicht. Ob Gründe für eine Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO vorliegen, ist unerheblich, da der Zulassungsantrag unabhängig davon unzulässig ist.

2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung genügt auch nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Für eine diesen Anforderungen genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es zwar nicht notwendig, dass die Klägerin ausdrücklich eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Erforderlich ist jedoch eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt (BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 9 ZB 13.2581 – juris Rn. 6). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich in umfangreichen Schilderungen des historischen Sachverhalts aus der Sicht der Klägerin, Hinweisen zur Katzenhaltung, Mutmaßungen und nicht nachvollziehbaren Unterstellungen. Diese werden vermischt mit Kritik am Vorgehen der Beklagten, den Einschätzungen des Amtstierarztes und den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, so dass ein unstrukturierter Vortrag entsteht. Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich jedoch aus einem derartigen „Darlegungs-Gemenge“ nicht das herauszusuchen, was bei wohlwollender Auslegung zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte. Dem Darlegungserfordernis wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn in Verkennung des rechtssystematischen Unterschieds zwischen Begründung eines Zulassungsantrags und der Begründung der Berufung die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht angegriffen wird, ohne zwischen den einzelnen Zulassungsgründen zu unterscheiden (BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 9 ZB 13.2581 – juris Rn. 7). Auch einem durchschnittlichen, nicht auf das Verwaltungsprozessrecht spezialisierten Rechtsanwalt ist es zumutbar, durch einen hinreichend strukturierten Vortrag zumindest der Sache nach deutlich zu machen, welcher gesetzlich normierte Zulassungsgrund geltend gemacht wird (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – juris Rn. 13).

Im vorliegenden Fall lässt sich auch durch Auslegung nicht eindeutig ermitteln, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag der Klägerin gestützt werden soll. Die umfangreichen Schilderungen zur Katzenhaltung und zum Sachverhalt sowie die Kritik an der erstinstanzlichen Entscheidung lassen nicht erkennen, auf welchen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe das Vorbringen abzielt. Auch den unterschiedlichen Darlegungserfordernissen dieser Zulassungsgründe wird nicht Rechnung getragen. Selbst wenn der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 5. Juni 2015 dahingehend zu verstehen sein sollte, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, fehlt es insoweit an jeglicher Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen und einer substantiellen Erörterung. Gleiches gilt, soweit in dem Schriftsatz vom 25. Juli 2015 mögliche Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) angedeutet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).