VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20.10.2015 - 3 K 1187/12
Fundstelle
openJur 2016, 1951
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin war bis Ende 2012 mit einem Anteil von 1/7 Mitglied einer Erbengemeinschaft, in deren Eigentum das Grundstück N... 1 in S... steht, das als Flurstück 1... der Flur 3... im Grundbuch von S... eingetragen ist und im unbeplanten Innenbereich liegt. Das Grundstück ist seit dem Jahr 1974 verpachtet und wurde von den Pächtern im Jahr 2012 zu Erholungszwecken genutzt; sie haben auf dem Grundstück ein Wochenendhaus errichtet. Die Pächter haben einen Jägerzaun errichtet mit einem Tor, das von ihnen genutzt wurde, um auf das Grundstück mit Kraftfahrzeugen zu fahren. Infolgedessen existierten vor den Bauarbeiten deutlich ausgefahrene Fahrspuren von der unbefestigten Fahrbahn der Nelkengasse zu dem Grundstückstor. Das Grundstück ist ein Eckgrundstück und grenzt sowohl an die L... als auch an die N... . Die Fahrbahn der N... verläuft zum Teil auf dem Flurstück 1... und auch der Seitenstreifen der L... liegt zum Teil auf diesem Flurstück. Auf dem für das Grundstück angelegten Grundbuchblatt findet sich eine 1928 eingetragene „Vormerkung zur Sicherung des Rechts der Landgemeinde S... auf Auflassung von Straßenland“. Ferner ist auf dem Grundbuchblatt ein „Vorkaufsrecht gemäß § 20 VermG“ eingetragen.

S... ist ein Ortsteil der von der Beklagten vertretenen Gemeinde. Die N... befindet sich innerhalb dieses Ortsteils in der sogenannten „Siedlung 'Ost'“, in der neben der N... noch die weiteren Anliegerstraßen J... G... und A... verlaufen, die bis zum Jahr 2010 alle unbefestigt waren und starke Unebenheiten aufwiesen. Das anfallende Niederschlagswasser sammelte sich in Straßenvertiefungen und ausgefahrenen Seitenbereichen.

Die „Siedlung 'Ost'“ entstand in den 1920er Jahren durch Parzellierung von Obstbauflächen. Auf den damals parzellierten Baugrundstücken wurden in der Folgezeit Wohnhäuser errichtet, so wurde z.B. im Jahr 1931 eine Baugenehmigung für ein zweigeschossiges Wohnhaus und die Erteilung einer Ausnahme vom „ortsstatuarischen Bauverbot“ unter der Voraussetzung der „Erfüllung der Ansiedlungsleistungen“ beantragt. Es liegt eine Katasterkarte aus DDR-Zeiten vor, auf der die Flächen der heutigen N... (damals unter der Bezeichnung „N...“) in einer Breite von insgesamt 14 m aus den angrenzenden Anliegergrundstücken herausgemessen worden waren, wobei dabei auf beiden Seiten jeweils 7 m der Anliegergrundstücke abgetrennt und die „Nutzungsartengrenze“ zwischen der Straßenfläche und den Anliegergrundstücken durch einen so genannten „Überhaken“ gekennzeichnet wurde. Eine Trennung dieser Straßenflächen von den Privatgrundstücken und die Bildung selbstständiger Flurstücke erfolgte nicht; sie gehören katastermäßig vielmehr nach wie vor zu den angrenzenden Anliegergrundstücken und stehen in Privateigentum. Die Grundstückseinfriedungen der Anliegergrundstücke entlang der N... befinden sich überwiegend in einer Entfernung von ca. 7 m Entfernung von der Straßenmitte. In der Mitte der ca. 14 m breiten Fläche zwischen den Grundstückseinfriedungen verläuft die vor dem Jahr 2010 unbefestigte und heute asphaltierte Fahrbahn der N... Der Zaun um das Flurstück 1... ist gegenüber den Einfriedungen der benachbarten Grundstücke von der Fahrbahn der N... ausgesehen um weitere 2 m zurückversetzt, befindet sich also in einer Entfernung von ca. 9 m von der Fahrbahnmitte.

Die Gemeindevertretung der von der Beklagten vertretenen Gemeinde beschloss am 12. Juli 2007 eine „Satzung über den Kostenersatz für Grundstückszufahrten der Gemeinde W... (Grundstückszufahrtensatzung – GZS)“. Die GZS ist im Amtsblatt für die Gemeinde W... vom 28. Juli 2007 auf den Seiten 9 bis 10 bekannt gemacht worden und sollte gemäß ihrem § 7 zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Nach § 1 dieser Satzung erhebt die Gemeinde Kostenersatz für Aufwand und Kosten für Grundstückszufahrten zu den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen sowie für Überfahrten von Geh- oder Radwegen sowie kombinierten Geh- und Radwegen nach den Vorschriften des § 10 a Kommunalabgabengesetz sowie nach Maßgabe dieser Satzung.

Im Jahr 2010 beschloss die Gemeindevertretung, die Straßen innerhalb der „Siedlung 'Ost'“ grundhaft auszubauen. Es sollten asphaltierte Fahrbahnen mit einer Breite von 4,75 m hergestellt und über zu schaffende Mulden entwässert werden; auch eine Beleuchtungsanlage und Grundstückszufahrten aus Betonsteinpflaster sollten errichtet werden.

Die Baumaßnahmen wurden wie geplant ausgeführt; die Bauabnahme erfolgte am 7. April 2011. Im Zuge der Baumaßnahmen wurde auch die Fläche zwischen der neu hergestellten asphaltierten Fahrbahn und dem von den Pächtern zum Zwecke der Zufahrt zu dem von ihnen genutzten Flurstück 1... genutzten Tor als Grundstückszufahrt in Betonsteinpflaster ausgebaut, wobei die neu hergestellte Zufahrt in einer Entfernung von ca. 7 m von der Fahrbahnmitte endet. Es verblieb deshalb ein unbefestigter Streifen von ca. 2 m zwischen dem Ende der Zufahrt und der Toreinfahrt.

Mit einem notariell beurkundeten „Erbanteils-Schenkungsvertrag“ vom 26. Juni 2012 schenkte die Klägerin ihren Erbanteil nach ihrer verstorbenen Mutter einem Neffen. Nach dem Wortlaut der Urkunde waren sich die Vertragsparteien einig, dass der Nachlass nur noch aus dem 1/7 Anteil der Schenkerin an dem Grundstück N... 1 bestand. In § 2 Abs. 2 stellte der Beschenkte die Schenkerin mit Wirkung ab dem Tag des Vertragsschlusses von allen Verpflichtungen aus dem Nachlass im Innenverhältnis frei. Aufgrund des Schenkungsvertrages wurde der Beschenkte am 23. November 2012 anstelle der Klägerin im Grundbuch eingetragen.

Bereits unter dem 29. Mai 2012 erließ die Beklagte einen Kostenersatzbescheid, mit dem sie die Klägerin als (Mit-)Eigentümerin des Grundstücks N... zur Zahlung von Kostenersatz für die Herstellung der Grundstückszufahrt i.H.v. 1.055,52 € heranzog.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihrer anwaltlichen Vertreter vom 21. Juni 2012 Widerspruch ein, den sie nicht näher begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2012 (zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 6. Oktober 2012) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 6. November 2012 Klage erhoben.

Zur Begründung erklärt sie u.a., ihr Grundstück weise keine Wohnbebauung auf, sondern werde seit 1974 und bis heute ausschließlich von Pächtern zu Erholungszwecken genutzt. Auf dem Grundstück befinde sich nur eine Hütte als Wochenendhaus. Ferner sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück ein Eckgrundstück sei und die der L... zugewandte Grundstücksbreite 40 m betrage, während der N... nur 30 m zugewandt seien. Die anderen Grundstücke entlang der L... hätten ihre Grundstückszufahrt durchweg zu dieser. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens über den Standort der errichteten Zufahrt informiert oder befragt worden. Sie sei mit dem Kostenersatzbescheid vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die Beklagte habe die Zufahrt auf dem Privatgrundstück der Klägerin ohne Berechtigung errichtet. Die errichtete Zufahrt sei für die Klägerin nutzlos, denn mit Blick auf die Grundstücksbreite von 40 m sei eine Bebauung mit 2 Einfamilienhäusern möglich. Die erforderlichen Zufahrten müssten von der L... aus angelegt werden. Die von der N... aus angelegte Zufahrt sei im Falle einer späteren Bebauung nicht nutzbar, zumal sie auch noch auf die Mitte des Grundstücks führe. Es sei insgesamt nicht erkennbar, mit welchen Überlegungen und aus welchem Grund die Zufahrt hier von der N... aus angelegt worden sei. Der Klägerin sei durch die fehlende Anhörung auch die Möglichkeit genommen worden, einen Antrag auf Zurückstellung der Herstellung der Grundstückszufahrt zu stellen. Die Beklagte habe den fehlerhaften Adressaten ausgewählt. Richtiger Schuldner sei der dauerhafte Nutzer des Grundstücks, der Pächter. Dies gelte umso mehr, weil er auch „Nutzer“ des Grundstücks gemäß § 4 Abs. 1 SchuldRAnpG sei und die Bestellung eines Vorkaufsrechts nach § 20 des Vermögensgesetzes verlangt habe, das auch im Grundbuch eingetragen sei.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14. September 2015 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Kostenersatzbescheid der Beklagten vom 29. Mai 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2012 aufzuheben,

und,

die Hinzuziehung ihrer Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Erhebung des Kostenersatzes und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung des Einzelrichters waren.

Gründe

I.

Der Einzelrichter konnte die mündliche Verhandlung ohne die Klägerin durchführen, da diese in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung darauf hingewiesen wurde, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der angegriffene Bescheid ist in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

Mit ihm hat die Beklagte die Klägerin zur Zahlung der Kosten verpflichtet, die für die Anlegung der Zufahrt zu dem im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Grundstück entstanden sind, zu der sie damals gehörte.

Die Beklagte stützt die Kostenersatzforderung zu Recht auf § 10 a Abs. 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG). Nach dieser Vorschrift können u.a. die Gemeinden bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung einer Grundstückszufahrt zu den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen ersetzt wird. Für den Anspruch gelten gemäß § 10 a Abs. 3 Satz 2 KAG die Vorschriften des KAG entsprechend. Die nach § 2 Abs. 1 S. 1 KAG erforderliche Satzungsgrundlage findet die streitgegenständliche Beitragsveranlagung in der GZS. Die formelle Wirksamkeit dieser Satzung ist von der Klägerin selbst nicht in Zweifel gezogen worden. Beachtliche Rechtsfehler sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat allerdings in der Sache im wesentlichen gerügt,

–sie sei nicht der richtige Ersatzpflichtige (1.);–sie sei vor dem Bau der Zufahrt weder informiert noch zu ihren Wünschen hinsichtlich von Standort und Gestaltung der Zufahrt befragt worden (2.);–die Zufahrt sei deshalb an einem Standort errichtet worden, wo sie für die Eigentümer keinen Nutzen bringe (3.);–die Beklagte habe sie zu Unrecht nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, die Herstellung der Grundstückszufahrt zurückstellen zu lassen (4.) und–die Beklagte habe die Grundstückszufahrt auf einer Fläche angelegt, die im Privateigentum der Erbengemeinschaft stehe, ohne die Eigentumsverhältnisse zuvor zu ordnen (5.),1.

Der Vortrag der Klägerin, nicht sie, sondern der Pächter des Grundstücks sei zur Zahlung des Kostenersatzes verpflichtet, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.

Die Beklagte hat sich bei der Bestimmung des Kostenersatzpflichtigen vielmehr zu Recht auf § 5 Abs. 1 GZS gestützt. Danach ist ersatzpflichtig derjenige, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Kostenersatzbescheides Eigentümer des Grundstückes ist. Dies war unstreitig (auch) die Klägerin.

34Daran ändert sich auch nichts, wenn man die Regelung des § 5 Abs. 3 GZS berücksichtigt. Danach tritt der Nutzer an die Stelle des Eigentümers, wenn für das Grundstück ein Nutzungsrecht besteht. Nutzer sind die in § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung genannten natürlichen oder juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts. Die Beitragspflicht dieses Personenkreises entsteht nur, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Abgabenbescheides das Wahlrecht über die Bestellung eines Erbbaurechtes oder den Ankauf des Grundstückes gemäß den §§ 15 und 16 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bereits ausgeübt und gegen den Anspruch des Nutzers keine der nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz statthaften Einreden und Einwendungen geltend gemacht worden sind; andernfalls bleibt die Kostenersatzpflicht des Grundstückseigentümers unberührt.Diese Vorschrift entspricht den Bestimmungen über die Kostenersatzpflicht, § 10 Buchst. a Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 4 und 5 KAG.

35Der Berichterstatter hat die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Verfügung vom 14. September 2015 darauf hingewiesen, dass allein mit dem Verweis auf Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes und die auf dessen Grundlage vorgenommene Eintragung eines Vorkaufsrechtes gemäß § 20 VermG nicht dargelegt ist, dass die Pächter und Inhaber des Vorkaufsrechtes auch Nutzer im Sinne von § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes sind. Er hat der Klägerin mit dieser Verfügung Gelegenheit gegeben, ergänzend vorzutragen und zu belegen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 3 GZS bezogen auf den Pächter und Inhaber des Vorkaufsrechtes erfüllt sind.

Daraufhin haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber lediglich mit Schriftsatz vom 22.September 2015 nochmals auf das Vorkaufsrecht gemäß § 20 VermG verwiesen. Für eine Ausübung eines Wahlrechts über die Bestellung eines Erbbaurechtes oder den Ankauf des Grundstücks gemäß den §§ 15 und 16 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes fehlt nach wie vor jeder Anhaltspunkt.

37Folglich tritt der Pächter auch nicht gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 GZS als Kostenersatzpflichtiger an die Stelle der Eigentümer und es bleibt bei der Kostenersatzpflicht der Klägerin nach § 5 Abs. 1 GZS.

2.

Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe sie nicht angehört oder sonst informiert, kann ihrer Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

39a) Zunächst gilt auch bei der Erhebung von Kostenersatz für die Herstellung einer Grundstückszufahrt, dass es für die Rechtmäßigkeit eines Kostenersatzbescheides nicht darauf ankommt, ob die jeweiligen Grundstückseigentümer vor den Baumaßnahmen ausreichend beteiligt worden sind. Die Grundstückszufahrt erleichtert die Nutzung der anliegenden Grundstücke, in dem sie es ermöglicht, von der Fahrbahn der davor verlaufenden öffentlichen Straße über deren sonst unbefestigten Seitenstreifen auf das Grundstück zu fahren. Dieser besondere Vorteil, der den Anspruch der Gemeinde auf vollständigen Ersatz der Kosten für die Herstellung der Zufahrt begründet, besteht unabhängig von einer Bürgerbeteiligung oder Anhörung zur Baumaßnahme. Insofern gilt nichts anderes als im Straßenbaubeitragsrecht (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2015 – OVG 9 N 201.13 –, juris Rn. 5).

b) Soweit die Klägerin das Fehlen einer Anhörung vor Erlass des Kostenersatzbescheides gerügt hat, ist diese Anhörung jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Denn in diesem Verfahren hatte die Klägerin ausreichend Gelegenheit, Einwendungen gegen den Kostenersatzbescheid vorzubringen.

3.

Die Entscheidung der Beklagten, die Zufahrt an der von ihr gewählten Stelle zu errichten, begegnet auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin keinen rechtlichen Bedenken.

42a) Der Gemeinde kommt nämlich auch bezogen auf die Gestaltung der Grundstückszufahrten ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. Urteile der Kammer vom 19. März 2013 – VG 3 K 508/10 –, Seite 10 des Urteilsabdrucks und vom 25. März 2014 – VG 3 K 203/11 –, Seite 12 des Urteilsabdrucks sowie Urteil vom 11. November 2014 – VG 3 K 654/13 –, Seiten 10 ff. des Urteilsabdrucks).

43b) Allerdings ist nach Auffassung der Kammer, der der Einzelrichter folgt, davon auszugehen, dass ein Kostenersatzanspruch der Gemeinde für die Herstellung einer Grundstückszufahrt – wie bei dem insoweit vergleichbaren Anspruch auf Ersatz der Kosten für Grundstücksanschlussleitungen nach § 10 KAG – auch ohne entsprechende Normierung im gesetzlichen Tatbestand nur ausgelöst wird, wenn die Herstellung der Grundstückszufahrt im „Sonderinteresse“ des betroffenen Anliegers liegt (VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 26. November 2014 – 3 K 662/11 –, juris Rn. 20; so auch Deppe, in: Becker u.a., KAG, § 10 a Rn. 52). Denn die Grundstückszufahrt wird (auch) im Interesse des jeweiligen Eigentümers hergestellt und dieser finanziert die Baumaßnahme vollständig. Abgesehen von den Fällen, in denen der Eigentümer des anliegenden Grundstücks den Bau einer Zufahrt verlangt oder die Gemeinde die Maßnahme in Abstimmung mit dem Eigentümer und mit dessen ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung durchführt, wird ein solches Sonderinteresse in der Regel dann vorliegen, wenn die Anlegung der Zufahrt eine konkrete, aktuelle Nützlichkeit für das dadurch erschlossene Grundstück aufweist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 17. Januar 1996 – 22 A 2467/93 –, juris Rn. 4 zu Grundstücksanschlussleitungen). Ob dies der Fall ist, entscheidet sich nicht maßgeblich nach der subjektiven Beurteilung des jeweiligen Eigentümers; es ist vielmehr objektiv, insbesondere anhand der tatsächlichen oder konkret geplanten Grundstücksnutzung zu bestimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des hohen Ausstattungsgrades mit Kraftfahrzeugen in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle bei bebauten Grundstücken zu erwarten ist, dass die Nutzer dieser Grundstücke mit Fahrzeugen auf die Grundstücke zu den dort befindlichen Gebäuden fahren werden, um Personen und Sachen in diese Gebäude zu bringen. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall, denn der Pächter des Flurstücks 1... fuhr ausweislich der vorliegenden Licht- und Luftbilder (brandenburg-viewer.de) mit seinen Fahrzeugen durch das errichtete Tor auf das Grundstück. Dabei steht es dem Grundstückseigentümer nicht frei, über einen unbefestigten Seitenstreifen auf sein Grundstück zu fahren, da eine solche Nutzung des Straßengrundstücks regelmäßig nicht von der Widmung umfasst ist und aufgrund der damit verbundenen Belastungen und möglichen Zerstörungen den Bestand der Straße gefährden kann (vgl. Deppe, in: Becker u.a., KAG, § 10 a Rn. 58). Dies gilt auch für die N... nach ihrer erstmaligen Herstellung im Jahr 2010. Für bebaute Grundstücke ist die Herstellung einer Zufahrt vor diesem Hintergrund bei objektiver Betrachtung regelmäßig nützlich; ihre Nutzung wird nämlich durch die Herstellung der Zufahrt erleichtert. Es ist deshalb von dem Entscheidungsspielraum der Gemeinde gedeckt, jedenfalls bei Grundstücken, die bebaut sind, auch gegen den ausdrücklichen Willen des jeweiligen Eigentümers eine Grundstückszufahrt herzustellen.

44c) Die Nützlichkeit der hergestellten Zufahrt für die Nutzung des Flurstücks 1... wird auch nicht durch ihren Standort in Frage gestellt. Die Beklagte hat sich insoweit daran orientiert, dass der Pächter auf dem Grundstück ein Wochenendhaus errichtet hatte und zu diesem auch mit Fahrzeugen auf das Grundstück fuhr. Zu diesem Zweck hatte er ein Tor in dem von ihm errichteten Zaun angelegt. Aufgrund der häufigen Befahrung hatten sich auch eindeutige Fahrspuren von der öffentlichen Verkehrsfläche der N... zu diesem Tor gebildet. Die Klägerin hat im Rechtsstreit VG 3 K 1161/12 mit ihrem Schriftsatz vom 3. September 2013 selbst ein Lichtbild aus der Zeit vor der Herstellung der vorliegend umstrittenen Grundstückszufahrt vorgelegt, dass sowohl diese Fahrspuren, als auch das Tor und das Wochenendhaus zeigt (Bl. 52 der Gerichtsakte des Verfahrens VG 3 K 1161/12). Die Entscheidung der Beklagten, die Zufahrt an der durch das vorhandene Tor vorgegebenen Stelle zu errichten, steht im Einklang mit der tatsächlichen Grundstücksnutzung und begegnet keinen relevanten Zweifeln. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Pächter im Innenverhältnis berechtigt war, mit dem Pkw auf das Grundstück zu fahren. Aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Position der Beklagten war das Grundstück mit einem Wochenendhaus bebaut, zu dem die Nutzer im Rahmen der üblicherweise zu erwartenden Grundstücksnutzung regelmäßig mit PKW über die öffentliche Straße durch ein Tor fuhren. Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit dieser Nutzung waren weder für die Gemeinde noch sonst nach außen erkennbar. Die Beklagte hatte bei der von ihr im Jahr 2010 getroffenen Entscheidung über die Errichtung der Grundstückszufahrt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Nutzungsänderung in absehbarer Zeit konkret geplant war. Die Klägerin hat selbst erklärt, der Pachtvertrag bestehe bis ins Jahr 2016 unverändert fort. Konkrete Pläne für eine – von der bestehenden Bebauung abweichende – bauliche Nutzung hat sie bis heute nicht vorgelegt.

4.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zurückstellung der Herstellung der Grundstückszufahrt. Soweit sie sich zur Begründung des Gegenteils auf das Protokoll der Einwohnerversammlung vom 16. März 2009 beruft, kann offen bleiben, ob eine entsprechende Erklärung von Mitarbeitern der Gemeinde in einer solchen Einwohnerversammlung überhaupt einen Anspruch begründen könnte. Denn jedenfalls liegen schon die in dieser Erklärung genannten Voraussetzungen für eine Zurückstellung im Fall des Flurstücks 1... nicht vor. Denn dieses Flurstück ist und war nicht etwa unbebaut. Vielmehr haben die Pächter darauf ein Wochenendhaus errichtet.

5.

Der Kostenersatzbescheid erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil die damit abgerechnete Zufahrt auf einer Fläche errichtet worden ist, die im Privateigentum der Erbengemeinschaft steht, deren Mitglied die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt war.

a) Weder die Vorschrift des § 16 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG), die vor dem Inkrafttreten von § 10 a KAG allein maßgeblich für die Erstattung von Mehrkosten für die Herstellung von Grundstückszufahrten war, noch § 10 a KAG oder die Grundstückszufahrtensatzung der von der Beklagten vertretenen Gemeinde setzen für die Entstehung des Kostenersatzanspruchs voraus, dass die Flächen, auf denen die Grundstückszufahrt hergestellt worden ist, im Eigentum der Gemeinde stehen. Bei der Anwendung dieser Vorschriften kommt es vielmehr maßgeblich darauf an, dass die Gemeinde den zur Straße gehörenden Seiten-, Rand und Sicherheitsstreifen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BbgStrG) besonders ausbaut, um die Überfahrt auf die anliegenden Grundstücke ohne Beschädigung der Fahrbahn und von Seiten-, Rand und Sicherheitsstreifen zu ermöglichen. Es kommt also darauf an, ob die Flächen, auf denen die Grundstückszufahrt hergestellt worden ist, einen Bestandteil der öffentlichen Straße darstellen. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen.

b) Zwar fehlt eine förmliche Widmung im Sinne von § 6 BbgStrG, der man die räumliche Ausdehnung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsfläche im Bereich der N... entnehmen könnte. Es handelt sich bei der N... vielmehr um eine bereits vor dem Inkrafttreten des brandenburgischen Straßengesetzes bestehende Straße, deren Widmung sich aus § 48 Abs. 7 BbgStrG ergibt. Danach gelten Straßen, die nach dem bisherigen Recht öffentlich genutzt wurden, nach § 6 als gewidmet. Die Nelkengasse diente nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (unter der Bezeichnung „N...“) bereits vor der Gründung der DDR und auch zu DDR-Zeiten der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr, namentlich der Erschließung der bereits seit Ende der 1920er und 1930er Jahre sukzessive bebauten Anliegergrundstücke (vgl. z.B. die von der Beklagten vorgelegte DDR-Katasterkarte und den Bauantrag aus dem Jahr 1931, aber auch den von der Klägerin selbst vorgelegten Pachtvertrag vom 20. August 1974, in dem sich die Angabe findet, das zu verpachtende Grundstück sei in der „Siedlung Ost, N... “ belegen). Folgerichtig findet sich im Grundbuch auch eine Vormerkung zur Sicherung des Rechtes der Landgemeinde S... auf Auflassung von Straßenland. Die N... (früher „N...“) wurde nach den damals geltenden Regelungen (Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957, GBl. I S. 377 und Verordnung über die Öffentlichen Straßen – Straßenverordnung – vom 22. August 1974, GBl. I S. 5515) öffentlich genutzt und galt deshalb auch nach Inkrafttreten des Brandenburgischen Straßengesetzes als gewidmet.

c) Bei der Bestimmung des Umfangs der Widmung hat sich die Beklagte zu Recht nicht an der Einfriedung des Flurstücks 1..., sondern daran orientiert, dass die vorliegende Katasterkarte eine ca. 14 m breite Fläche für die N... (heute „N...“) auswies und die Anliegergrundstücke auch ganz überwiegend tatsächlich entsprechend dieser ursprünglichen katastermäßigen Vorgabe eingefriedet worden sind. Die Zäune stehen also ganz überwiegend in einer Entfernung von 7 m von der Fahrbahnmitte. Die zwischen den Einfriedungen liegende Fläche mit einer Breite von ca. 14 m wurde als öffentliche Verkehrsfläche genutzt und gilt deshalb nach § 48 Abs. 7 BbgStrG als gewidmet. Die von der Beklagten innerhalb dieser Grenzen hergestellte Zufahrt liegt demnach auf öffentlich gewidmeten Flächen.

Bestätigt wird dies auch durch den Inhalt des Pachtvertrages vom 20. August 1974, bei dessen Abschluss die Vertragsparteien davon ausgingen, dass nicht das gesamte Flurstück 1... mit einer Fläche von über 1400 m² zu verpachten war, sondern lediglich eine Teilfläche von ca. 1130 m² (genau vgl. den Pachtvertrag auf Bl. 38 der Gerichtsakte). Das entspricht in etwa der Teilfläche des Flurstücks 1... die man erhält, wenn man die öffentlichen Straßenflächen abzieht. Die außerhalb der Umzäunung liegenden Teilflächen entlang der L... und der N... (früher „N...“) waren schon damals der öffentlichen Nutzung vorbehalten.

d) Die Herstellung der Zufahrt und die Abrechnung der hierfür entstandenen Kosten gegenüber der Klägerin begegnet auch nicht etwa deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Beklagte die zwar öffentlich gewidmeten, aber im Privateigentum der Erbengemeinschaft stehenden Flächen nicht vor der Errichtung der Zufahrt erworben hat.

Richtig ist zwar, dass der Träger der Straßenbaulast das Eigentum an den der Straße dienenden Grundstücken erwerben soll (§ 13 Abs. 1 BbgStrG). Auf Antrag des Eigentümers besteht gemäß § 13 Abs. 2 BbgStrG sogar ein Anspruch auf Übernahme der für die Straßen Anspruch genommenen Grundstücke durch die Gemeinde; einen entsprechenden Antrag haben die Eigentümer des Flurstücks 1... aber bisher nicht gestellt.

Bis zum Erwerb der für die Straße in Anspruch genommenen Grundstücke stehen dem Träger der Straßenbaulast die Rechte und Pflichten des Eigentümers der Ausübung nach in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert (§ 13 Abs. 4 BbgStrG). Hierzu gehören auch bauliche Vorkehrungen zum Schutz der Fahrbahn und von Seiten-, Rand und Sicherheitsstreifen vor Schäden, die durch die Überfahrt mit Fahrzeugen auf die anliegenden Grundstücke entstehen können. Zur Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs ist es danach auch erforderlich, Grundstückszufahrten zu bebauten Anliegergrundstücken entsprechend dem zu erwartenden Anliegerverkehr auszubauen. Die vorliegend von der Beklagten vorgenommene Herstellung einer Grundstückszufahrt in Betonsteinpflaster zu dem mit einem Wochenendhaus bebauten Erholungsgrundstück steht mit diesen rechtlichen Vorgaben im Einklang.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren erübrigte sich im Hinblick auf ihr vollständiges Unterliegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.