OLG Stuttgart, Urteil vom 23.02.2015 - 7 U 44/14
Fundstelle
openJur 2015, 19453
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ulm - 3 O 58/13 - vom 14. Februar 2014abgeändertund die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 847,49 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. April 2013 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägerszurückgewiesen.3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger 11/12 und die Beklagte 1/12, von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt der Kläger 7/9 und die Beklagte 2/9.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: I. Instanz bis zu 10.500 Euro, II. Instanz bis zu 4.000 Euro.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Dem Kläger steht ein weiterer Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nur i.H.v. 847,49 Euro zu.

1. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Beiträge verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.

a) Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (vgl. Anlage BLD 2 = GA I 114 f.). Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Juni 2011 (Anlage K 4 = GA I 49 ff.) rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.

aa) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem sogenannten Policenmodell.

Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 15).

Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den Vorgaben des Art. 31 Abs. 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungsnehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen kann. Jedenfalls wurde die 30-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht wirksam in Lauf gesetzt. Es kann hier dahinstehen, ob die Art und Weise der Belehrung über das Widerspruchsrecht den gesetzlichen Anforderungen genügt, nachdem der Beklagten der Nachweis nicht gelungen ist, dass dem Kläger neben dem Versicherungsschein und der Versicherungsbedingungen auch die weiteren Verbraucherinformationen vollständig zugegangen sind.

Denn dieser hat von der Beklagten im Zuge der Annahme des Antrages und der Übersendung des Versicherungsscheins nicht alle - auch nach Ansicht der Beklagten - erforderlichen Unterlagen erhalten. Dies betrifft hier das „Leitblatt Verbraucherinformationen nach § 10a VAG“ (vorgelegt als Anlage BLD 17 = GA I 317 f.), in dem unter anderem die nach der Anlage D zu § 10a VAG (dort: Abschnitt I Ziff. 1 lit. a) erforderliche Information zu Name, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Versicherers und der etwaigen Niederlassung, über die der Vertrag abgeschlossen werden soll, enthalten ist. Der Beklagten ist der ihr obliegende Beweis des Zugangs nach § 5a Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. nicht gelungen. Diese kann sich insofern zunächst nicht auf den Hinweis im Protokoll der Verhandlung vor dem Erstgericht berufen, dass unstreitig sei, dass der Kläger die im Versicherungsschein genannten Unterlagen - und damit auch das benannte Leitblatt - erhalten habe. Bereits aus der anschließenden Feststellung des Landgerichts, dass das Leitblatt sich in den Unterlagen nicht befinde, folgt unzweifelhaft, dass eine entsprechende Feststellung, wie sie die Beklagte verstanden haben will, in erster Instanz nicht getroffen worden ist. Dazuhin kann sich die Beklagte auch nicht auf eine tatsächliche Vermutung berufen, dass der Kläger als Versicherungsnehmer auch die Informationen - und die Belehrung - erhalten hat. Denn die - auch nach dem Vorbringen der Beklagten - notwendige Voraussetzung, dass angenommen werden kann, dass der Versicherer üblicherweise den Versicherungsschein mit den Informationen (und der Belehrung) verbindet und der Zugang des Versicherungsscheins feststeht, ist hier nicht gegeben. Einen entsprechenden Beweis über eine derartige Versendungspraxis hat die Beklagte hier nicht angeboten; überdies hat die Beklagte gerade die entsprechende Anlage im erstinstanzlichen Verfahren erst auf den Hinweis der Kammer vorgelegt, so dass nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ein entsprechender Zusammenstellungsfehler auch in der Vergangenheit unterlaufen sein könnte. Daher war hier nur der Kläger als Partei anzuhören. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat indes angegeben, dass er sich an den genauen Umfang der im Zusammenhang mit dem hier gegenständlichen Vertrag übersandten Unterlagen nicht mehr erinnern könne und insbesondere nicht wisse, ob er das „Leitblatt Verbraucherinformationen“ erhalten hat. Bereits aufgrund dieser - mit Blick auf den Zeitlauf nachvollziehbaren - Angaben kann nicht angenommen, dass die Beklagten den ihr obliegenden Nachweis geführt hat.

bb) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 2002 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im Juni 2011 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort, nachdem die Bestimmung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. richtlinienkonform dergestalt auszulegen ist, dass sie im - hier einschlägigen - Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 27 ff.).

b) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den § 7 Abs. 2 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 37).

c) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.

aa) Er hat sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine vollständigen Vertragsinformationen erteilte und damit die Widerspruchsfrist des § 5a VVG a.F. nicht wirksam in Lauf setzen konnte (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 39).

bb) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung. Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen. Die Beklagte kann indes keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, dem Kläger vollständige Vertragsinformationen zu erteilen.

2. Die Beklagte ist dem Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zur Herausgabe des durch deren Leistung Erlangten verpflichtet und daher zur Zahlung weiterer 847,49 Euro zu verurteilen.

a) Die sich aus dem Bereicherungsrecht ergebenden Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind dabei nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 41 ff.).

b) Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat nach den Grundsätzen der sogenannten Saldotheorie zu erfolgen. Danach ist der Bereicherungsanspruch bei beiderseits ausgeführten gegenseitigen nichtigen Verträgen ein von vornherein in sich beschränkter einheitlicher Anspruch auf Ausgleich aller mit der Vermögensverschiebung zurechenbar zusammenhängender Vorgänge in Höhe des sich dabei ergebenden Saldos. Es ist deshalb durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Leistung und Gegenleistung sind dabei in Fortgeltung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zu saldieren. Dies bedeutet bei ungleichartigen Leistungen, dass der Bereicherungsschuldner die erlangte Leistung nur Zug um Zug gegen seine volle Gegenleistung herauszugeben braucht, ohne dass es der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bedarf (so BGH, Urteil vom 20. März 2001 - XI ZR 213/00, NJW 2001, 1863).

aa) Daher kann der Kläger nach § 818 Abs. 2 BGB dem Grunde nach den Ersatz des Wertes der von ihm im Zeitraum von Dezember 2002 bis Juli 2011 (vgl. Anlage K 7 = GA I 58 f.) nur auf die Hauptversicherung geleisteten Prämien i.H.v.

3.449,04 Euro

verlangen (vgl. Wendehorst in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 818 Rn. 23).

bb) Allerdings muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Beendigung des Vertrages aufgrund des Widerspruchs und der gleichzeitig erklärten Kündigung vom Juni 2011 genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann.

(1) Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 45).

Dabei sind die Beitragsanteile, die auf diesen partiellen Versicherungsschutz entfallen, anzusetzen, nicht aber der Versicherungsnehmer so zu stellen, als habe er - zu entsprechend anderen Konditionen - eine Risikoversicherung abgeschlossen (vgl. dazu Heyers, NJW 2014, 2619, 2621).

(2) Hier hat sich die Beklagte verpflichtet, beim Tod des Klägers eine Todesfallleistung i.H.v. mindestens 5.940 Euro zu zahlen, die sich im Rahmen der Dynamik im Laufe der Jahre stets bis auf zuletzt 9.192 Euro erhöhte (vgl. Anlage BLD 2 = GA I 114 ff. und Anlage K 2 = GA I 27). Auch dafür hat der Kläger einen Teil der Beiträge aufgebracht, nämlich denjenigen, der kalkulatorisch für die Finanzierung dieser Leistung vorgesehen ist, soweit diese über das kalkulatorisch vorgesehene Deckungskapital des Versicherungsvertrages hinausgeht. Dieser Anteil ist mit dem von der Beklagten angegebenen Wert von

73,60 Euro

anzusetzen, mithin bei 104 Monaten Laufzeit mit monatlich durchschnittlich 0,71 Euro.

Auf diese Risikoabsicherung entfallende Verwaltungskosten fallen demgegenüber nicht maßgeblich ins Gewicht und sind daher - mit Blick auf die bereits zuvor vorgenommene Schätzung - zu vernachlässigen.

cc) Darüber hinaus sind die angesichts des Zeitablaufs nicht mehr zurück zu fordernden Kosten der Vermittlung in Abzug zu bringen. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Verwaltungskosten (so aber OLG Köln, Urteil vom 15. August 2014 - 20 U 39/14), sondern um Kosten des Erwerbs und der Vertragsausführung, die grundsätzlich zu den Aufwendungen auf die erlangte Sache zählen, welche die Bereicherung mindern (dazu allgemein BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648; RG, Urteil vom 11. Juni 1909 - II 571/08, RGZ 72, 1 [3 f.]; Staudinger/Lorenz, BGB [2007] § 818 Rn. 37; abweichend Schwab in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 818 Rn. 135).

Diese sind von der Beklagten - pauschal als Abschluss und Verwaltungskosten (GA II 406) - i.H.v. 1.229,50 Euro angegeben worden. Dieser Betrag ist unangemessen hoch. Vor diesem Hintergrund sind die anzusetzenden Abschlusskosten vom Senat gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Mit Blick auf aus anderen Verfahren gewonnene Erfahrungswerte und auf die nunmehr in § 4 Abs. 1 der Deckungsrückstellungsverordnung bestimmte Obergrenze der im Wege der Zillmerung zu berücksichtigenden Abschlusskosten wäre jedenfalls ein Ansatz von 4 Prozent der Beitragssumme des vom Kläger ursprünglich abgeschlossenen Versicherungsvertrages nicht zu beanstanden. Nach der zunächst gewählten vertraglichen Gestaltung betrug die Summe aller Beiträge zur Lebensversicherung lediglich 9.900 Euro. Hiervon errechnen sich vier Prozent mit

396 Euro.

Dieser Betrag ist hier für die Abschlusskosten in Ansatz zu bringen.

dd) Nicht abzuziehen sind Verwaltungskosten für den gesamten Vertrag über die hier gegenständliche Lebensversicherung, dessen Zustandekommen der Kläger wirksam widersprochen hat. Insoweit kommt zum Tragen, dass die Frage, inwieweit der Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, bereicherungsmindernd geltend machen kann, nicht für alle Fälle einheitlich beantwortet werden kann. Dies hängt vielmehr maßgeblich davon ab, welche der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das Risiko der Rückerlangung der an einen Dritten geleisteten Zahlung tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314 unter I 3 b aa). Insoweit trägt die Beklagte hier das Entreicherungsrisiko (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14).

ee) Im Ergebnis errechnet sich demnach ein Betrag von insgesamt

2.979,44 Euro,

der vom Kläger auf die streitgegenständliche Versicherung erbracht worden ist und als Bereicherung bei der Beklagten verblieben ist.

c) Dem Kläger steht ein weiterer Anspruch nach § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen nicht zu.

aa) Erfasst werden davon nur diejenigen Nutzungen, die tatsächlich gezogen werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Bereicherte (weitere) Nutzungen hätte ziehen können, und ob er dies schuldhaft unterlassen hat. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, ob der Bereicherungsgläubiger die Nutzungen hätte selbst ziehen können. Verwendet der Empfänger rechtsgrundlos erlangtes Geld in einer Weise, die nach der Lebenserfahrung bestimmte wirtschaftliche Vorteile vermuten lässt, so ist der übliche Zinssatz als gezogene Nutzung anzusetzen (vgl. nur Schwab in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 818 Rn. 8).

bb) Hier hatte der Kläger bei der Beklagten um den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung nachgesucht. Die Beitragsanteile, die nicht auf die Verrechnung von Kosten usw. angefallen sind, sind von der Beklagten bedingungsgemäß in den vom Kläger bei Antragsstellung ausgewählten Fonds eingezahlt worden (vgl. dazu Anlage BLD 1 = GA I 109). Daher kann sich der Kläger hier - anders als z.B. bei einer genommenen Risikolebensversicherung - nicht darauf berufen, dass die Beklagte im Bereich der Kapitalanlagen durchweg Gewinne erzielt habe. Mithin kann der Kläger insbesondere - und anders als bei anderen Vertragsgestaltungen - nicht diejenigen Nettozinsen beanspruchen, die die Beklagte im hier maßgeblichen Zeitraum von 2002 bis 2011 erzielen konnte. Ebenso wenig kann zu seinen Gunsten auf etwaige Deckungsrückstellungen für die Kapital- und Risikoversicherung der Beklagten abgestellt werden, da insofern kein ausreichender Bezug zu der hier gewählten Vertragsart besteht.

Der Kläger hat - trotz diesbezüglicher Hinweise - zu den behaupteten Nutzungen i.H.v. 2.131,95 Euro, die die Beklagte allgemein bzw. aus dem Fonds gezogen haben soll, nicht substantiiert vorgetragen. Soweit im Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 z.B. vorgebracht ist, die Beklagte habe Kick-Back-Zahlungen erhalten, genügt der diesbezügliche Vortrag nicht, um auch nur ansatzweise Rückschlüsse auf etwaige Kick-Back-Zahlungen der Fonds, in denen die Investition stattfand, zu begründen.

cc) Der Kläger nimmt infolge des Abschlusses einer fondsgebundenen Versicherung hinsichtlich der von ihm aufgewendeten Beiträge am Schicksal des ausgewählten Fonds teil. Er trägt dabei das Risiko von dessen künftiger wirtschaftlicher Entwicklung und hat mithin auch eine eventuelle Wertminderung zu tragen. Dies hat zur Folge, dass der ausgezahlte Rückkaufswert geringer als diejenigen Beitragsanteile sein kann, die nicht auf die Verrechnung von Kosten usw. angefallen sind. Daher ist eine etwaige ungünstige Entwicklung der Fondswerte bereits bei der Bemessung des Rückkaufswertes eingestellt.

d) Die von der Beklagten dem Grunde nach als Bereicherung herauszugebenden Beträge belaufen sich mithin auf insgesamt

2.979,44 Euro.

Hierauf hat die Beklagte aufgrund der Abrechnung vom 18. Juli 2011 (vgl. Anlage K 6 = GA I 56) allerdings bereits einen Betrag von

2.131,95 Euro

an den Kläger ausgekehrt, der hier in Abzug zu bringen ist.

Es verbleibt demnach ein noch offener Restbetrag i.H.v.

847,49 Euro,

zu dessen Zahlung die Beklagte zu verurteilen ist.

e) Auf diesen Betrag hat die Beklagte Rechtshängigkeitszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 187 BGB in entsprechender Anwendung zu erbringen. Für einen Verzug der Beklagten zu einem früheren Zeitpunkt besteht keine Grundlage (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14).

f) Gegenüber diesem Anspruch des Klägers kann die Beklagte nicht erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben.

aa) Der vom Kläger erhobene Anspruch ist erst infolge der Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahr 2011 entstanden, da erst aufgrund dieser Erklärung die schwebende Unwirksamkeit, in der sich das Rechtsverhältnis befunden hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065 Rn. 14), geendet hat (anders Armbrüster, NJW 2014, 497, 498; Jacob, jurisPR-VersR 8/2014 Anm. 2; Heyers, NJW 2014, 2619, 2622). Insofern ist die Beurteilung nicht anders als bei dem Fall vorzunehmen, in dem die Entstehung des Anspruchs von einer Kündigung oder Anfechtung abhängt (vgl. auch Koch, LMK 2014, 359159); auch da beginnt die Verjährung erst mit wirksamer Kündigung bzw. Anfechtung zu laufen (vgl. Henrich/Spindler in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 199 Rn. 4; Grothe in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 199 Rn. 14).

bb) Dazuhin ist hier vor dem Jahr 2012 (vgl. die Vorlageentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608) nicht davon auszugehen, dass der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätte einsetzen können. Zwar ist danach grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen erforderlich, in der Regel indes nicht, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Daher liegt grob fahrlässige Unkenntnis vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 33 f.). Dies kann indes nicht in dem Fall angenommen werden, dass die Rechtslage unsicher und zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; dies führt zum Hinausschieben des Verjährungsbeginns (vgl. nur BGH, Urteile 1. Juni 2011 - VIII ZR 91/10, NJW 2011, 2570 Rn. 23 und vom 23. September 2008 - XI ZR 263/07, BeckRS 2008, 22079 Rn. 18).

Gerade so liegt der Fall jedoch hier, nachdem insbesondere die Rechtslage hinsichtlich der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. lange Zeit ungewiss war und die frühere obergerichtliche Rechtsprechung einen Anspruch des Klägers bereits dem Grunde nach verneint hätte, da sie einhellig von der europarechtlichen Unbedenklichkeit der Regelungen des § 5a VVG a.F. ausgegangen ist.

3. Der noch in erster Instanz verfolgte Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wird in der zweiten Instanz vom Kläger nicht weiter begründet, so dass es insofern an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung fehlt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO 30. Aufl. § 520 Rn. 37, 37a). Aufgrund dessen muss hierauf seitens des Senates nicht weiter eingegangen werden.

4. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 461,13 Euro nicht zu.

a) Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich bereits im Zeitpunkt der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB geschuldeten Herausgabe von Prämien in Verzug befunden hätte, nachdem diese erst mit Schreiben vom 15. Juni 2011 (vgl. Anlage K 4 = GA I 49 ff.) den Widerspruch erklärt haben. Daher kann der Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ebenfalls nicht beanspruchen.

b) Der begehrte Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten kann aus den genannten Gründen auch nicht auf den ebenfalls verfolgten Schadensersatzanspruch gestützt werden (vgl. oben 3).III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, nachdem die Beschwer beider Parteien unterhalb der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO liegt.

2. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.

3. Bei der Festsetzung des Streitwertes ist berücksichtigt worden, dass bei Bereicherungsansprüchen Zinsen und Nutzungen nur dann Teil der Hauptforderung sind, wenn sie Gegenstand eines einheitlichen Gesamtanspruchs sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2000 - XI ZR 273/99, NJW-RR 2000, 1015; Onderka in Schneider/Herget, Streitwertkommentar 13. Aufl. Rn. 1632).

a) Mit Blick auf den bereits von der Beklagten gezahlten und vom Kläger bei Bemessung der Klagsumme berücksichtigen Betrag von 2.131,95 Euro und unter der Annahme, dass diese Zahlung auf gegebenenfalls zurückzuerstattende Prämien, nicht aber auf etwaige gezogene Nutzungen anzurechnen ist, wären die in von Dezember 2002 bis einschließlich August 2008 auf die Lebensversicherung gezahlten Prämien bereits zur Gänze rückerstattet und im Klagantrag Ziff. 1 erster Instanz noch 9.102,13 Euro an nicht erstatteten Beiträgen enthalten. Für den Zeitraum von Dezember 2002 bis einschließlich August 2008 macht der Kläger - ausgehend von einem Zinssatz von 7,2288 Prozent (vgl. Anlage K 11 = GA I 71 ff.) - einen Zinsanspruch i.H.v. etwa 1.000 Euro geltend, der bei der Streitwertbemessung einzubeziehen ist; die weiteren Zinsen bleiben indes unberücksichtigt.

Demnach ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren in Addition der soeben angeführten Beträge auf bis zu 10.500 Euro festzusetzen.

b) In zweiter Instanz macht der Kläger nur noch einen Anspruch i.H.v. insgesamt 3.721,07 Euro geltend, von denen 3.449,04 Euro auf die Prämienrückforderung hinsichtlich der Lebensversicherung entfallen, der Rest auf anteilige Zinsen. Daher kann die Streitwertfestsetzung hier auf bis zu 4.000 Euro erfolgen.