OLG Köln, Urteil vom 03.07.2012 - 15 U 201/11
Fundstelle
openJur 2016, 4290
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19.10.2011 (28 O 124/11) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche wegen Äußerungen auf der Internetseite der Beklagten.

Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger - inzwischen rechtskräftig - freigesprochen. Im Ermittlungs- und Strafverfahren stellte sich heraus, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.

Die Beklagte betreibt die Internetseite www.C.de.

Am 28.10.2010 veröffentlichte sie einen Artikel der Autorin T mit dem Titel "L und die Mitleidsmasche", der folgende Passage enthält: "Er hatte zur angeblichen Tatzeit schließlich 5 Frauen gleichzeitig Ehe und Kinder versprochen und soll von jeder erwartet haben, dass sie "treu" ist".

In einem ebenfalls von T verfassten Beitrag vom 22.12.2010 mit dem Titel "L ist sein eigenes Opfer" heißt es auszugsweise: "Dieses Leben mit mindestens sechs Frauen gleichzeitig, denen er allen die Ehe versprochen hat." Der Kläger ließ die Beklagte wegen dieses Artikels abmahnen. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.

Diese bzw. gleich lautende Beiträge sind auch Gegenstand der Verfahren 28 O 129/11 (LG Köln) = 15 U 200/11 (OLG Köln) und 28 O 125/11 (LG Köln) = 15 U 202/11 (OLG Köln), in denen die T2 AG als Herausgeberin der C-Zeitung und T als Autorin auf Beklagtenseite stehen.

Der Kläger erwirkte beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 4.1.2011 (28 O 4/11), durch die der Beklagten untersagt wurde, folgende Äußerung zu verbreiten, wenn dies geschieht wie im Rahmen des Artikels "L ist sein eigenes Opfer" auf www.C.de vom 22.12.2010 geschehen: "Dieses Leben mit mindestens sechs Frauen gleichzeitig, denen er allen die Ehe versprochen hat."

Am 28.1.2011 veröffentlichte die Beklagte unter Bezugnahme auf die in dem einstweiligen Verfügungsverfahren eingereichte eidesstattliche Versicherung des Klägers einen Artikel von T mit dem Titel "L und die Sache mit den Eheversprechen", wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 23 ff. GA verwiesen wird.

Der Kläger hat in erster Instanz behauptet, nicht gegenüber fünf oder sechs Frauen, mit denen er gleichzeitig liiert gewesen sei, Eheversprechen abgegeben zu haben, und die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung entsprechender Äußerungen begehrt.

Zunächst hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilten,

1) a) es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, folgende Äußerung zu verbreiten:

"Dieses Leben mit mindestens sechs Frauen gleichzeitig, denen er allen die Ehe versprochen hat.",

wenn dies geschieht wie im Artikel "L ist sein eigenes Opfer" im Onlineangebot "C.de" vom 22.12.2010 geschehen,

2) und ihn von den Kosten der vorprozessualen Vertretung in Höhe von 455,90 € freizustellen,

und die Klage später dahingehend erweitert, dass er zusätzlich beantragt hat,

1) b) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, folgende Äußerung zu verbreiten:

"Er hatte zur angeblichen Tatzeit schließlich 5 Frauen gleichzeitig Ehe und Kinder versprochen und soll von jeder erwartet haben, dass sie "treu" ist",

wenn dies geschieht wie im Artikel "L und die Mitleidsmasche" im Onlineangebot "C.de" vom 28.10.2010 geschehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klageanträge zu unbestimmt seien. Ferner hat sie behauptet, dass nach dem Ermittlungsergebnis in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren davon auszugehen sei, dass er jedenfalls gegenüber drei Frauen ein Eheversprechen abgegeben habe. Die Beklagte hat gemeint, dass wegen der darüber hinausgehenden Äußerung, Eheversprechen seien gegenüber fünf bzw. sechs Frauen abgegeben worden, kein Unterlassungsanspruch des Klägers bestehe und eine Wiederholungsgefahr durch Richtigstellung im dem Artikel vom 28.1.2011 ausgeräumt worden sei.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten mit der Begründung stattgegeben, dass der Antrag hinreichend bestimmt sei, und die in Rede stehenden Veröffentlichungen unwahre Tatsachenbehauptungen enthielten, weil der Kläger selbst nach dem Vorbringen der Beklagten höchstens zwei oder drei und nicht fünf oder sechs Frauen die Ehe versprochen habe. Eine Beweisaufnahme sei auch mangels hinreichenden Parteivortrags nicht durchzuführen. Die Wiederholungsgefahr werde durch die Veröffentlichung vom 28.1.2011 nicht ausgeräumt, weil es an einer hinreichend ernsthaften Richtigstellung fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 161 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt sowie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, vertieft und ergänzt. Die Beklagte ist der Meinung, dass das Landgericht den Klageantrag in unzulässiger Weise ausgelegt habe. Die in Rede stehenden Artikel würden lediglich eine Meinungsäußerung beinhalten, bei der der Begriff "Eheversprechen" nicht verwendet worden sei. Zwischen einem Eheversprechen gegenüber fünf oder sechs Frauen und solchen - nach Meinung der Beklagten unstreitigen bzw. unter Beweis gestellten - Äußerungen gegenüber drei bzw. vier Frauen bei gleichzeitigem Belügen von mindestens sechs Frauen bestehe allenfalls ein gradueller Unterschied. Die Berichterstattung greife deshalb nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, zumal er selbst Fehlverhalten etwa gegenüber der C-Zeitung eingeräumt habe. Schließlich beinhalte der Artikel vom 28.1.2011 eine umfassende, unmissverständliche und vorbehaltlose Richtigstellung unter Bezugnahme auf die in den einstweiligen Verfügungsverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherungen des Klägers, so dass nach Auffassung der Beklagten keine Unterlassung (mehr) verlangt werden könne. In Bezug auf den Artikel vom 28.10.2010 sei die Richtigstellung sogar unaufgefordert geschehen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass konkret geäußerte Eheversprechen durch die Berichterstattung der Beklagten zumindest suggeriert, aber nicht konkret dargelegt worden seien. Dabei handele es sich nicht um bloße Meinungsäußerungen, sondern die Berichte würden einen Tatsachenkern enthalten. Diese Behauptung werde trotz des Berichts vom 28.1.2011 aufrecht erhalten, da dieser keine ernsthafte Distanzierung beinhalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 15.5.2012 (Bl. 290 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Beklagten im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung in Bezug auf die Veröffentlichungen vom 28.10.2010 ("L und die Mitleidsmasche") und vom 22.12.2010 ("L ist sein eigenes Opfer") gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB sowie Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG untersagt, die Äußerung zu verbreiten, dass der Kläger fünf bzw. sechs Frauen die Ehe versprochen habe. Das Berufungsvorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

1. Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage oder die Bestimmtheit des Tenors der landgerichtlichen Entscheidung bestehen nicht.

Dass der Tenor des angefochtenen Urteils hinreichend bestimmt ist, stellt die Beklagte selbst nicht in Abrede. Durch die Unterstreichung bestimmter Textpassagen ("denen er allen die Ehe versprochen hat." bzw. "Er hatte zur angeblichen Tatzeit schließlich 5 Frauen gleichzeitig Ehe und Kinder versprochen") wird deutlich, welche konkreten Äußerungen untersagt werden sollen. Diese Fassung des Unterlassungsgebots ist nicht weniger bestimmt als ein "Herausfiltern" der inkriminierten Äußerungen mit anschließender Wiedergabe des Kontextes.

Der Tenor entspricht den vom Kläger erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträgen, so dass das Landgericht schon aus diesem Grunde entgegen der Auffassung der Beklagten keine unzulässige Auslegung des Klagebegehrens vorgenommen hat. Die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil sind ersichtlich als Reaktion auf die bereits erstinstanzlich erhobenen Beanstandungen der Beklagten zu verstehen und stellen keine (einschränkende) Auslegung des Klageantrags dar.

2. Das Landgericht hat auch zu Recht die untersagten (im Tenor unterstrichenen) Äußerungen in den beiden von der Beklagten veröffentlichten Artikeln als Tatsachenbehauptungen eingeordnet, nämlich die Behauptung, dass der Kläger gegenüber fünf bzw. sechs Frauen gleichzeitig ein "Eheversprechen" abgegeben habe.

Nach allgemeiner Ansicht sind Tatsachenbehauptungen Äußerungen über Tatbestände oder Vorgänge, die Anspruch auf Wirklichkeitstreue erheben und auf ihre Richtigkeit objektiv, mit den Mitteln der Beweiserhebung überprüfbar sind. Entscheidend ist nicht, wie die Äußerung von dem Verfasser gemeint war oder in welcher Form er sich geäußert hat, sondern ob der unbefangene durchschnittliche Leser einer Äußerung ihr einen auf dem Weg der Beweiserhebung auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfbaren Sachverhalt entnimmt. Maßgeblich ist dabei das Verständnis des unbefangenen Durchschnittsrezipienten, bei dessen Ermittlung auch zu berücksichtigen ist, an welchen Kreis sich die Publikation wendet. Demgegenüber ist eine Meinungsäußerung - wiederum aus der Sicht des durchschnittlichen Rezipienten - nicht mit dem Anspruch auf Wahrheit ausgestattet, sondern geprägt durch Elemente einer subjektiven Ansicht oder Überzeugung. Weist eine Äußerung untrennbar sowohl tatsächliche wie auch wertende Elemente auf, wird die Äußerung danach zu beurteilen sein, ob der tatsächliche oder der wertende Charakter überwiegt. Dabei ist die beanstandete Äußerung in dem Gesamtkontext zu beurteilen, in dem sie gefallen ist (BGH, Urteil vom 22.9.2009 - VI ZR 19/08, in: NJW 2009, 3580 ff.; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kapitel 4 Rn 43, 48, 50 - jeweils m.w.N.).

Nach diesen Abgrenzungskriterien beinhalten die angegriffenen Artikel die o.g. Tatsachenbehauptung:

Der Einwand der Beklagten, dass der (Rechts-) Begriff "Eheversprechen" in dem Sinne, den ihm das Landgericht beimesse, überhaupt nicht verwendet worden sei, greift nicht durch. Die in den in Rede stehenden Artikeln enthaltene Äußerung, der Kläger habe fünf bzw. sechs Frauen (u.a.) die Ehe versprochen, ist nicht anders als fünf bzw. sechs Eheversprechen zu verstehen (§§ 133, 157 BGB). Unabhängig von der juristischen Definition versteht der unbefangene Durchschnittsleser hierunter eine ernsthafte Zusage, die Ehe eingehen zu wollen, und nicht lediglich Gespräche über eine mögliche Heirat, Zusammenleben und/oder gemeinsame Kinder ohne konkreten Bindungswillen in Bezug auf eine Eheschließung. Solche Vorgänge hat das Landgericht ersichtlich auch nicht als "konkludentes" Eheversprechen gewertet. Hierfür reichen nur Verhaltensweisen aus, die zwar nicht mit einem ausdrücklichen Eheversprechen (Heiratsantrag oder Annahme eines solchen Antrags) verbunden sind, aber einen entsprechenden Willen anderweitig unmissverständlich zum Ausdruck bringen (z.B. konkrete Hochzeitsvorbereitungen o.ä.). Auch und gerade die Eheschließung mit einem Prominenten bedeutet nicht nur eine rechtliche Absicherung, sondern auch eine "offizielle" Bekanntgabe der Beziehung, was einen erheblichen qualitativen Unterschied zu einer "bloßen" Partnerschaft oder einem nichtehelichen Zusammenleben mit oder ohne gemeinsame Kinder begründet.

Das Landgericht hat die Äußerungen in den Artikeln vom 28.10.2010 und 22.12.2010 auch nicht - wie die Beklagte meint - in dem Sinne interpretiert (missverstanden), dass der Kläger zeitgleich, d.h. in Anwesenheit sämtlicher Frauen fünf bzw. sechs Eheversprechen abgegeben habe, sondern dass gleichzeitig fünf oder sechs "aktuelle", d.h. nicht durch Beendigung der Beziehung oder in sonstiger Weise zurückgenommene Eheversprechen in der Welt gewesen sein sollen. Ein anderes Verständnis läge angesichts des in den streitgegenständlichen Veröffentlichungen erhobenen Vorwurfs, dass der Kläger mehrere Frauen hintergangen habe, auch fern.

Bei der Äußerung, der Kläger habe - in dem so verstandenen Sinne - fünf oder sechs Frauen die Ehe versprochen, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung und nicht um eine Meinungsäußerung, weil ein ausdrückliches oder konkludentes Eheversprechen durch die o.g. Verhaltensweisen einer Beweisaufnahme zugänglich ist (vgl. zu diesem Abgrenzungskriterium: BGH, Urteil vom 28.6.1994 - VI ZR 252/93, in: NJW 1994, 2614 ff.) und die Artikel nach ihrem Gesamtkontext nicht lediglich eine wertende Betrachtung oder Bewertung von Informationen beinhalten. Damit steht in Einklang, dass sich die Beklagte selbst zum Beweis ihrer Behauptung von Eheversprechen des Klägers (jedenfalls) gegenüber drei oder vier Frauen (u.a.) auf deren Zeugnis beruft.

Dass der Kläger nicht solche "Eheversprechen" gegenüber fünf oder sechs Frauen abgegeben hat, bestreitet die Beklagte nicht, so dass diese Tatsachenbehauptung unstreitig unwahr ist. Hieran vermag auch die vom Kläger anderweitig zum Ausdruck gebrachte Reue nichts zu ändern, da sich diese nicht auf Eheversprechen, sondern sonstiges (Fehl-) Verhalten des Klägers gegenüber seinen Partnerinnen bezieht.

3. Die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch die unwahre Behauptung von fünf bzw. sechs Eheversprechen muss der Kläger nicht hinnehmen. Eine Duldungspflicht ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass - wie die Beklagte unter Beweisantritt behauptet - der Kläger jedenfalls drei oder vier Frauen die Ehe versprochen und sechs Frauen belogen haben soll.

Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs zwar darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2005 - VI ZR 274/04, in: NJW 2009, 609 f.). Mit dem Sachverhalt, der dieser Entscheidung, auf die sich die Beklagte beruft, zugrunde lag (Behauptung, der Kläger habe sich gegenüber "T3" geäußert, während er tatsächlich "E" ein Interview gegeben hatte), ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar und es besteht auch ansonsten keine Rechtfertigung für die Berichterstattung der Beklagten:

Zwischen der selbst nach dem Vorbringen der Beklagten unwahren Tatsachenbehauptung und dem nach ihrem Vorbringen wahren Sachverhalt besteht aus der Sicht des Durchschnittslesers ein wesentlicher und nicht nur - wie die Beklagte meint - lediglich "gradueller" Unterschied im Sinne einer "Vergröberung" (vgl. dazu: OLG Brandenburg, Urteil vom 2.9.1998 - 1 U 4/98, in: NJW 1999, 3339 ff.). Schon die Steigerung in der Berichterstattung von fünf Eheversprechen in dem Artikel vom 29.10.2010 auf sechs Eheversprechen in dem Artikel vom 22.12.2010 zeigt, dass die genaue Zahl auch nach Meinung der Beklagten nicht unerheblich ist oder war. Selbst wenn aus der Sicht eines Durchschnittslesers auch drei oder vier Eheversprechen (jedenfalls) als moralisch anstößig erscheinen, rückt die Behauptung von fünf oder sechs Eheversprechen den Kläger in ein noch schlechteres Licht, weil dies ein systematisches Vorgehen und eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber einer Vielzahl ("halbes Dutzend") von ihm vertrauenden Partnerinnen impliziert. Das Vortäuschen von ernsthaften Absichten in Bezug auf eine gemeinsame Zukunft ist aus den dargelegten Gründen nicht mit einem Eheversprechen gleichzusetzen, so dass selbst dann, wenn der Kläger - wie die Beklagte behauptet - insoweit sechs Frauen belogen haben sollte, eine Erheblichkeit der Rechtsverletzung durch die Berichterstattung nicht verneint werden kann.

Deshalb bedarf es keiner Beweisaufnahme zu der Behauptung der Beklagten von drei bzw. vier Eheversprechen und/oder dem Belügen von sechs Frauen. Ob der Durchführung einer Beweisaufnahme zu der Behauptung von drei bzw. vier Eheversprechen auch die mangelnde Substanz des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten entgegen stünde, ist danach unerheblich.

4. Das Landgericht ist schließlich auch zu Recht davon ausgegangen, dass die durch die Veröffentlichung vom 22.12.2010 indizierte Wiederholungsgefahr nicht durch den am 28.1.2011 veröffentlichten Beitrag mit dem Titel "L und die Sache mit den Eheversprechen" entfallen ist.

Die aufgrund der früheren Veröffentlichung bestehende Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann zwar auch in Situationen entfallen, in denen der Verletzer in anderer Weise als durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung jenseits allen Zweifels deutlich macht, dass er die beanstandete Behauptung unter keinen Umständen wiederholen wird. Dies kann etwa durch eine klare, eindeutige und ausdrücklich gegenüber den eigenen Lesern oder Zuschauern erfolgte Richtigstellung geschehen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 15.11.2004 - 9 W 154/04, in: NJW-RR 2005, 274 f.).

Diesen Anforderungen genügt der Artikel vom 28.1.2011 aus den in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegten Gründen jedoch nicht. Vordergründig wurde darin zwar unter Bezugnahme auf den Beitrag vom 22.12.2010 und daraufhin vom Kläger eingeleitete rechtliche Schritte angekündigt, dem Kläger zugefügtes Unrecht wiedergutmachen zu wollen. Die Formulierung und der Gesamtzusammenhang des Artikels, insbesondere die an die Wiedergabe des Inhalts der eidesstattlichen Versicherung des Klägers anschließenden Bewertungen, sind jedoch nicht geeignet, dem Leser den für eine Richtigstellung erforderlichen Eindruck zu vermitteln, die Beklagte bzw. die Autorin habe die Unwahrheit der früheren Tatsachenbehauptungen eingesehen, distanziere sich davon und werde diese - vorbehaltlich neuer Erkenntnisse - keinesfalls nochmals verbreiten. Denn insbesondere der letzte Absatz ("Zusammenleben, Kinder bekommen, eine glückliche Beziehung für das ganze Leben führen ... Ein Eheversprechen ist das alles nicht. Nur der Glaube an eine gemeinsame Zukunft. Und das ist schließlich etwas anderes. Für Juristen zumindest.") verdeutlicht, dass die Autorin das "juristische" Verständnis eines Eheversprechens nicht teilt, sondern eigentlich eine andere Betrachtungsweise für maßgeblich hält. Gegen eine ernsthafte Richtigstellungsabsicht spricht auch, dass T ähnliche Äußerungen noch am 31.5.2011 in der Sendung "N" gemacht hat, die Gegenstand des Verfahrens 28 O 125/11 (LG Köln) = 15 U 202/11 (OLG Köln sind.

Ob an eine die Wiederholungsgefahr ausräumende Richtigstellung ähnliche Anforderungen wie an einen Widerruf (z.B. hinsichtlich Aktualität, Positionierung u.ä.) zu stellen wären und/oder diese vorliegend erfüllt sind, bedarf danach keiner abschließenden Beurteilung.

Auf die Veröffentlichung vom 28.10.2010 bezieht sich der Artikel vom 28.1.2011 überhaupt nicht, so dass in Bezug auf den Antrag zu 1) b) eine Richtigstellung von Vornherein nicht in Betracht kommt und der Meinung der Beklagten, dass insofern sogar ohne Abmahnung eine Richtigstellung erfolgt sei, nicht gefolgt werden kann.

5. Gegen den aufgrund des danach bestehenden Unterlassungsanspruchs grundsätzlich zu bejahenden Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, die das Landgericht - vom Kläger unbeanstandet - gekürzt hat, weil es sich bei dem Vorgehen gegen die Beklagte, die T2 AG und T wegen des Artikels vom 22.12.2010 um eine einheitliche Angelegenheit handele, werden mit der Berufung der Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe nach Einwendungen erhoben.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf Einzelfallumständen beruht. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, waren nicht zu entscheiden.

Berufungsstreitwert: 40.000,00 € (entsprechend der für richtig erachteten erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die von den Parteien in der Berufungsverhandlung keine Einwendungen erhoben wurden)