LSG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2006 - L 5 B 136/05 ER AS
Fundstelle
openJur 2011, 14320
  • Rkr:

Auch bei Vollzeitpflege ist das Erziehungshonorar teilweise als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen (Fortführung von LSG Hamburg, Beschluss vom 23.6.2005 - L 5 B 80/05 ER AS).

Tenor

Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die fristgerecht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) Hamburg nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung ihrer Einnahmen aus der Tagespflege von drei Kindern und der Vollzeitpflege eines weiteren Kindes zu gewähren.

Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Der durch den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit seiner vorläufigen Sicherung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr fehlt es hier schon am Anordnungsanspruch. Das der Antragstellerin als Bestandteil des Tagespflegegeldes gewährte Erziehungsgeld für D. N., geb. ... 2001, C. B., geb. ... 1995, und J. B., geb. 3. 1994, sowie der ihr für die Vollzeitpflege von M. B1, geb. ... 2001, neben dem Pflegegeld gezahlte Erziehungsbeitrag (auch als Kosten der Erziehung bezeichnet) sind bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II als ihr Einkommen anzurechnen.

Die als Erziehungsbeitrag, Erziehungsgeld oder Kosten der Erziehung bezeichneten Zuwendungen des Jugendamts sind Einkommen der Antragstellerin.

Gegenteiliges lässt sich für die Kosten der Erziehung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) nicht daraus ableiten, dass diese nach dem Wortlaut des Gesetzes Bestandteil des vom Jugendamt nach Satz 1 sicherzustellenden notwendigen Unterhalts des Kindes außerhalb des Elternhauses sind. Dieser - ebenso im Unterhaltsrecht (§ 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) - geregelte Zusammenhang bedeutet nicht, dass die Pflegeperson mit diesen Mitteln ausschließlich einen weiteren Bedarf des Pflegekindes decken darf und ihr die Verwendung für den eigenen Unterhalt untersagt ist.

Bestandteil des Unterhaltsanspruchs des Kindes ist diese Leistung des Jugendamtes, weil die Mittel benötigt werden, um die notwendige Erziehung des Kindes zu finanzieren. Wird die Erziehung - wie hier - außerhalb des Elternhauses geleistet, ist auch diese Erziehungsleistung kostenpflichtiger Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts. In diesen Fällen werden Pflege und Erziehung von Personen übernommen, die zur Übernahme dieser Aufgabe gesetzlich nicht verpflichtet und deren Leistungen deshalb ebenfalls in bestimmtem Umfang zu entgelten sind (Pflegeeltern, Heimerzieher). Dass solche Kosten in Einrichtungen entstehen, wird seit dem fast völligen Verschwinden religiös motivierter Tätigkeit von Ordensleuten und infolge der Einstellung zu entlohnender Fachkräfte akzeptiert. Betreuung und Erziehung fremder Kinder oder Jugendlicher in einem familiären Rahmen wird dagegen immer noch vielfach als Ehrenamt begriffen. Ein solches Verständnis wird der gesellschaftlichen Realität nicht mehr gerecht. Anders als im 19. Jahrhundert, als Pflegekinder als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft eingesetzt werden konnten, erfordert diese Aufgabe heute - nicht zuletzt im Hinblick auf bereits vorhandene psychische Schäden und Verletzungen der zu betreuenden Kinder und Jugendlichen - besondere Belastbarkeit und pädagogisches Engagement, was auch finanziell berücksichtigt werden muss. In Anbetracht der Vielfalt der Pflegeverhältnisse werden zudem unterschiedliche Anforderungen an die erzieherische Kompetenz gestellt. Daran muss sich die Höhe der Erziehungsbeiträge orientieren. Diese können daher von pauschalen Erziehungszuschlägen als Anerkennungsbetrag bis hin zur tariflichen Vergütung bei besonderen Anforderungen reichen, denen sonst nur im Rahmen der Heimerziehung Rechnung getragen werden könnte (Wiesner in Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII 2. Aufl. Rdnrn. 14 und 15 zu § 39; ebenso Jans/Happe/Saurbier/ Maas, Jugendhilferecht 3. Aufl. § 39 Rdnr. 22; Kunkel in Lehr- und Praxiskommentar <LPK> SGB VIII Rdnr. 6 zu § 39). Das den Lebensbedarf des Kindes abdeckende Pflegegeld und die Honorierung der Erziehung durch ein Erziehungsentgelt ergeben zusammen den notwendigen Unterhalt (Stähr in Hauck - Haines, Kommentar zum SGB VIII, Rdnr. 15 zu § 39). Wenn Münder (Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 4. Auflage Rdnr. 7 zu § 39) in derselben Weise als Kosten der Erziehung die den betreuenden und erziehenden Personen zu zahlenden Gelder bezeichnet, in diesem Zusammenhang sodann unter Bezugnahme auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 24. November 1995 - 24 A 4833/94 -, ZfS 1996, S. 176 ff., 177 f.) ausführt, die Kosten der Erziehung seien nicht Einkommen der Pflegeperson, so ist dies kein Widerspruch. Jene Entscheidung erging nämlich zu den §§ 76, 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und betraf nicht den Begriff des Einkommens schlechthin, sondern den des auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG anrechenbaren Einkommens. Sie schloss die Anrechnung des Erziehungsbeitrages bzw. -honorars mit der Begründung aus, es handele sich dabei um eine zweckbestimmte Leistung. Deren Anrechung war nach § 77 BSHG generell ausgeschlossen. Demgegenüber ist die Anrechnung einer solchen zweckbestimmten Leistung auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur in dem in § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II beschriebenen Umfang ausgeschlossen, mithin im Übrigen zulässig.

Der Senat sieht seine Auffassung bestätigt durch die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18. April 1984 - IVb ZR 80/82 -, NJW 1984, S. 2355 ff., 2356 f.; vgl. auch OLG Zweibrücken, Urteil vom 30. August 2001 - 6 U F 55/01 -, juris sowie Kador in Jung, SGB VIII, § 39 Rdnr. 2 m.w.N.), derzufolge der Erziehungsbeitrag als den Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten minderndes Einkommen berücksichtigt werden kann. Als ausschlaggebend dafür wird angesehen, dass der Anteil des Pflegegeldes, der als Anerkennung für die Leistungen der Pflegeperson gezahlt wird, tatsächlich zur (Teil-) Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht und entsprechend verwendet werden darf. Um nichts anderes, als diesem Umstand Rechnung zu tragen, geht es in diesem Rechtsstreit.

Ein für die Antragstellerin günstigeres Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. Oktober 2005 (Az. VII ZB 13/05) ableiten, demzufolge ein vom Träger der Jugendhilfe als Teil des Pflegegeldes an die Pflegeeltern für ein in deren Haushalt aufgenommenes Kind ausgezahlter Anerkennungsbetrag gemäß § 850a Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbar ist. Diese Entscheidung, die auf die oben angeführte unterhaltsrechtliche Rechtsprechung des BGH verweist, beruht lediglich auf der Bewertung des Erziehungsbeitrags als eine den in § 850a Nr. 6 ZPO aufgeführten Erziehungsgeldern und Studienbeihilfen vergleichbare öffentliche Beihilfe ohne Lohnersatzfunktion, die wie jene unmittelbar der Erziehung und Ausbildung der Kinder diene, mithin auf der Qualifizierung als zweckbestimmter Leistung. Dies wird durch den Hinweis auf die sozialhilferechtliche Behandlung dieser Leistung im Rahmen des § 76 BSHG, insbesondere auf die oben bereits zitierte Entscheidung des OVG NRW vom 24. November 1995 deutlich.

Der Schluss, dass der Erziehungsbeitrag teilweise für eigene Zwecke der Pflegeperson eingesetzt werden darf, wird ferner durch die Praxis des Trägers der Jugendhilfe selbst gestützt. So konnte etwa der in den Kosten der Erziehung enthaltene Ergänzungsbetrag von 52,- EUR ohne weiteres auch zur freiwilligen Alterssicherung verwendet werden, d.h. dann auch zu anderen Zwecken.

Mit dem Hintergrund des in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII verwendeten Begriffs der Kosten der Erziehung setzt sich der von der Antragstellerin für ihren Standpunkt angeführte Beschluss des SG Aurich vom 24. Februar 2005 - S 25 AS 6/05 ER - (vgl. auch SG Aurich, Beschluss vom 15. April 2005 - S 15 AS 27/05 ER - und SG Leipzig, Beschluss vom 8. September 2005 - S 16 AS 236/05 ER - Juris)) nicht auseinander, so dass er schon deswegen nicht zu überzeugen vermag.

Gleiches gilt für die Ausführungen der 7. Kammer des SG Schleswig zum Charakter des Erziehungsbeitrages (Beschluss vom 12. Januar 2006 - S 7 AR 37/05 ER - Juris). Der vom SG Schleswig dort formulierte weitere Einwand, die Anrechnung des Erziehungsbeitrags als Einkommen des Hilfebedürftigen bei der Berechnung seines Arbeitslosengeldes II komme nicht in Betracht, weil die - in jenem Verfahren vom zuständigen Träger der Jugendhilfe offenbar vorgenommene - Differenzierung innerhalb der Pflegepauschale zwischen dem Erziehungsbeitrag einerseits und dem Pflegegeld im engeren Sinne andererseits in der für Schleswig-Holstein geltenden Landesverordnung über die Leistungen zum Lebensunterhalt in der Jugendhilfe (Lebensunterhalt-Verordnung - LUVO - vom 26. April 2001, GVOBl. Schleswig-Holstein 2001, S. 68) keine Grundlage habe, lässt sich auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragen, da die Normen des Landesrechts von Schleswig-Holstein, aus denen das SG Schleswig seine Auffassung ableitet, hier - zu Recht - nicht zum Zuge gekommen sind. Vielmehr ist der Kreis Pinneberg als Träger der Jugendhilfe für das Pflegekind M. B1 bei der Festsetzung des Pflegegeldes durch Bescheid vom 6. Mai 2003 mit 406 EUR monatlich für den Unterhalt des Kindes und 194 EUR als Kosten der Erziehung den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (zitiert von Jung a.a.O., Rdnr. 21) gefolgt, nach denen in Hamburg - am Ort der Pflegestelle (vgl. § 39 Abs. 4 Satz 5 SGB VIII) - die nach Landesrecht zuständigen Behörden gemäß § 39 Abs. 5 SGB VIII die Pflegepauschale festsetzen. Diese sehen bzw. sahen für Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr für materielle Aufwendungen 406 EUR monatlich und für Kosten der Erziehung 194 EUR monatlich vor. Eine LUVO für die Freie und Hansestadt Hamburg, die der Kreis Pinneberg im o. g. Bescheid als dessen rechtliche Grundlage angeführt hat, existiert nicht. Unter diesen Umständen bedarf es an dieser Stelle keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Einwand des SG Schleswig. Angemerkt sei lediglich, dass er dem vom Gesetz und auch vom oben dargestellten Charakter der Kosten der Erziehung vorgegebenen Unterscheidung zwischen diesen und dem übrigen Unterhalt des Pflegekindes nicht gerecht wird.

Das somit als Einkommen der Antragstellerin im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu qualifizierende Erziehungshonorar ist nicht kraft Gesetzes oder auf Grund der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I 2622) vollständig von der Berücksichtigung ausgeschlossen. Der Umstand, dass diese Leistung trotz der kontroversen Diskussion über ihre grundsätzliche Berücksichtigung als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II auch bei der Änderung der Alg II-V mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch Art. 1 der Verordnung vom 22. August 2005 (I 2499) nicht in den dort unter § 1 geregelten Katalog der anrechnungsfreien Leistungen aufgenommen wurde, spricht dagegen, dass diese Bestimmung insofern eine planwidrige - gleichsam irrtümlich vorgenommene - Auslassung aufweist, sondern dafür, dass der Verordnungsgeber sich bewusst gegen eine solche Aufnahme entschieden hat.

In der angerechneten Höhe ist das Erziehungshonorar insbesondere nicht gem. § 11 Abs. 3 Ziffer 1 lit. a SGB II von der Anrechung als Einkommen ausgenommen. Nach dieser Vorschrift sind zweckbestimmte Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB nicht gerechtfertigt wären.

Bei dem Erziehungsbeitrag dürfte es sich um eine zweckbestimmte Leistung handeln, wobei der Senat offen lässt, ob es bei ihm in voller Höhe um eine zweckbestimmte Einnahme geht, die einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dient, und zwar zum einen, weil die Antragsgegnerin diese Frage bejaht, und zum anderen, weil die Antragstellerin wegen Nichtvorliegens der zweiten Voraussetzung des § 11 Abs. 3 SGB II keinen höheren Leistungsanspruch hat.

Der Erziehungsbeitrag beeinflusst die Lage der Antragstellerin so günstig, dass daneben insoweit Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt sind. Der Senat lässt dahinstehen, ob die vom Gesetzgeber zum Bezugspunkt für die Feststellung der Rechtfertigung weiterer Zahlungen nach dem SGB II gemachte Lage des Empfängers zweckbestimmter Einnahmen allein dessen finanzielle Lage betrifft, wofür die Gesamtkonzeption des SGB II als System der Grundsicherung spricht, oder ob daneben noch andere Umstände Berücksichtigung finden können. Sonstige Umstände, welche die fraglose Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin durch das ihr zufließende Erziehungshonorar soweit relativieren, dass dieses bei der Prüfung der Rechtfertigung einer fortgesetzten ungeschmälerten Zahlung der Leistungen nach dem SGB II völlig anrechnungsfrei bleiben muss, sind nämlich von ihr nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin auf den Durchführungshinweis Nr. 6 der Bundesagentur für Arbeit zu § 11 SGB II in der bis zum 1. Oktober 2005 geltenden Fassung, wonach davon auszugehen sei, dass es sich bei der Erziehungsleistung einer Pflegeperson im Sinne des SGB VIII um eine Erwerbstätigkeit des § 30 SGB II handele und deshalb u. a. auch die Werbungskostenpauschale nach § 3 Nr. 3 Buchst. b Alg II-V (für selbständig Erwerbstätige in Höhe von 30 v. H. der Betriebseinnahmen) in Abzug zu bringen sei. Die verwaltungsinternen Durchführungshinweise haben keine Rechtsnormqualität und daher keine die Gerichte bindende Wirkung. Es handelt sich bei dem Durchführungshinweis Nr. 6 auch nicht um eine Ermessensrichtlinie, deren Beachtung durch die Antragsgegnerin der Senat zu überprüfen hätte und deren Missachtung ihre Entscheidung rechtswidrig machen würde, denn die Antragsgegnerin hatte insofern kein Ermessen auszuüben.

Die zeitweise ausgeübte Verwaltungspraxis gibt dem Senat keinen Anlass, seine Auffassung zu ändern. Er hält die Berücksichtigung der Werbungskostenpauschale für selbstständig Erwerbstätige bei Empfängern von Erziehungsgeld im Sinne des SGB VIII für unvereinbar mit der Privilegierung dieser Einnahmen als zweckbestimmte Einkünfte, die erst den Weg für eine Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe der Hälfte der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 20 SGB II eröffnet. Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit - einer auf Erwerb ausgerichteten Tätigkeit - können nicht gleichzeitig zweckbestimmte, d. h. nicht - oder jedenfalls nicht in erster Linie - zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmte Einnahmen sein. Wollte man der Antragstellerin die Berücksichtigung der Werbungskostenpauschale für selbstständig Erwerbstätige zugestehen, so müsste sie gleichzeitig auf diese Privilegierung des Erziehungsgeldes als zweckbestimmte Einnahme verzichten. Dies wäre für sie im Ergebnis ungünstiger, denn der Wegfall des durch besagte Privilegierung eingeräumten Freibetrags in Höhe von 172,50 EUR würde durch die Werbungskostenpauschale nach § 3 Nr. 3 lit. B ALG II-V in Höhe von 30 v. H. der Betriebseinnahmen, d. h. von rd. 149 EUR nicht kompensiert. Die Berücksichtigung des gesamten Pflegegeldes würde die Antragstellerin nicht günstiger stellen, denn dies würde zwar auf der Grundlage der gesamten Betriebseinnahmen zu einer höheren Pauschale, aber auch zu einem höheren Anrechnungsbetrag führen.

In derselben Weise wie die für die Vollzeitpflege gewährten Leistungen ist auch das der Antragstellerin gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Eignung von Tagespflegepersonen und Tagespflegegeld vom 15. April 2003 (TagPflVO - Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl. S. 64) vom Jugendamt als Bestandteil des Tagespflegegeldes gewährte Erziehungsgeld bei der Prüfung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu berücksichtigen. Da § 23 Abs. 3 SGB VIII diese Leistung - anders als dies § 39 SGB VIII für das Pflegegeld bzw. den Erziehungsbeitrag vorsieht - ausdrücklich den in der Tagespflege tätigen Personen als Ersatz ihrer Aufwendungen unter Einschluss der Kosten der Erziehung zuspricht, stellt sich allerdings schon nicht die Frage, ob es sich dabei nicht um Einkommen der Antragstellerin, sondern der Pflegekinder handelt.

Für die Privilegierung dieser Leistung als zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Ziff. 1 lit. a SGB II gelten die zum Erziehungsbeitrag angestellten Überlegungen sinngemäß. Der Senat verweist ergänzend hierzu auf seine Ausführungen in dem im Parallelverfahren L 5 B 80/05 ER AS am 23. Juni 2005 ergangenen Beschluss (FEVS 57 < 2006 >, S. 29 ff.), der den Beteiligten bekannt ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.

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