VG Hamburg, Beschluss vom 31.01.2005 - 6 E 4707/04
Fundstelle
openJur 2011, 14292
  • Rkr:

Es bestehen hinreichend gewichtige Zweifel an er Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Hochschulgesetzes wie auch der Studiengebührensatzung der Hochschule, soweit diese eine Gebührenpflicht für Studierende mit Hauptwohnung außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer Metropolregion begründen.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren.

Der Antragsteller ist mit Hauptwohnung in ... gemeldet und war im Sommersemester 2004 an der Hamburger ... eingeschrieben.

Mit Bescheid vom 25. März 2004 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller für das Sommersemester 2004 zu einer Studiengebühr nach § 4 der Studiengebührsatzung der ... vom 4. Februar 2004 (Amtl.Anz. S. ...) -Studiengebührensatzung- i.V.m. § 6 Abs. 7 Hamburgisches Hochschulgesetz vom 18. Juli 2001 (GVBl. S.171) in der Fassung vom 27. Mai 2003 (GVBl. S. 138, 170, 228) -HmbHG- in Höhe von 500,- Euro heran. Zur Begründung führte sie aus, daß der Antragsteller nach der von ihm angegebenen Studienadresse nicht in Hamburg oder der Metropolregion nach der Metropolregion-Verordnung-Hochschulen vom 5. August 2003 (GVBl. S. 451) - MetroVO-H- gemeldet sei und deshalb nicht gemäß § 2 der Studiengebührensatzung i.V.m. § 6 Abs. 6 HmbHG über ein einmaliges Studienguthaben verfüge.

Mit E-Mail vom 19.4.2004 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, er finde es bedauerlich, daß es keine Regelung für Teilzeitstudenten gebe. Eine hälftige Belastung durch die Studiengebühren hätte er vielleicht für tragbar gehalten. Mit Schreiben vom 24. April 2004 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Gebührenbescheid mit den "Anträgen:

1.) Aufhebung des Gebührenbescheides wegen Unzulässigkeit

2.) Die Studiengebühr auf 250,00 Euro je Semester festzusetzen.

3.) Erlaß der Studiengebühren für zwei Semester nach § 5, 2 Punkt 7 lt. Studiengebührensatzung der HWP vom 04.02.2004"

Der Antragsteller berief sich im weiteren darauf, daß die Studiengebührensatzung der HWP beruhend auf § 6 HmbHG mit § 27 Abs. 4 HRG unvereinbar sei. Ferner verstoße die Hamburgische Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein sachgerechter Grund für die unterschiedliche Behandlung der Studierenden, die innerhalb der Metropolregion ihren Hauptwohnsitz hätten und denen, die nicht dort wohnten, sei nicht erkennbar. Der Antrags-gegnerin würden jedenfalls keine höheren Kosten für Studierende entstehen, die außerhalb dieser Metropolregion ihren Wohnsitz hätten.

Zugleich mit dem Widerspruch beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2004 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers als unbegründet zurück. Der Antragsteller sei nach § 4 der Studiengebührensatzung i.V.m. § 6 Abs. 7 HmbHG gebührenpflichtig. Diese Vorschriften verstießen nicht gegen § 27 Abs. 4 HRG, weil nach den Feststellungen der Antrags-gegnerin nach Einführung des Studienguthabenmodells höchstens 20 % der Studierenden in Hamburg studiengebührenpflichtig seien. Das durch § 27 Abs. 4 HRG vorgegeben Regel-Ausnahme-Verhältnis sei somit eingehalten worden.

Weiterhin sei die Studiengebührenpflicht für solche Studierende, die ihren Hauptwohnsitz außerhalb Hamburgs oder der Metropolregion hätten, sachlich gerechtfertigt. Das Land Hamburg stelle nämlich proportional erheblich mehr Studienplätze bereit, als es seinem Anteil an der Einwohnerzahl des Bundesgebietes und auch an seinem Steuerbehalt entspreche. Dies würde Hamburg zu einem sogenannten Studienimportland machen. Vor diesem Hintergrund sei es legitim, von Studierenden aus anderen Bundesländern, die von dieser überobligatorischen Leistung profitierten, einen moderaten und nicht kostendeckenden Anteil an diesen Aufwendungen zu fordern.

Darüber hinaus sei die Wirkung der Differenzierung nach dem Wohnort gering, weil sich jeder Studierende, welcher in Hamburg ein Studium aufnehme, grundsätzlich durch Anmeldung in der Stadt oder der Metropolregion die Vorteile des Studienguthabens verschaffen könne.

Gründe für eine Befreiung von der Studiengebühr oder den Erlaß der Studiengebühr gemäß § 5 der Studiengebührensatzung seien nicht ersichtlich, zumal keine Gründe vorgetragen oder Belege vorgelegt worden seien.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies die Antragsgegnerin ab.

Am 24. September 2004 hat der Antragsteller Klage (6 K 4706/04) erhoben und zugleich den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage gegen den Gebührenbescheid vom 25. März 2004 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Widerspruchsbescheid.

Nachdem sich der Antragsteller nicht zum Wintersemester 04/05 zurückgemeldet hat, ist er mit Bescheid vom 4. Oktober 2004 exmatrikuliert worden.

II. 1. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Kammer das gesamte Vorbringen des Antragstellers dahin versteht, daß er mit Widerspruch und Klage in erster Linie die vollständige Aufhebung des Gebührenbescheides vom 25. März 2004 erreichen will. Seinen im Widerspruchsschreiben gestellten "Antrag", die Studiengebühr auf 250,- Euro je Semester festzusetzen, sieht die Kammer vor dem Hintergrund seiner übrigen Äußerungen als sein nur hilfsweise verfolgtes Begehren an.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid der Antragsgegnerin vom 25. März 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. August 2004 anzuordnen, ist zulässig. Bei der im Streit befindlichen Studiengebühr handelt es sich um eine öffentliche Abgabe im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, bei deren Anforderung die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfällt (vgl. VG Gera, Beschl. v. 27.8.2004, Az.: 2 E 1066/04 GE, zitiert nach Juris; VG Köln, Beschl. v. 26.4.2004, Az.: 6 L 721/04, in NVWBl. 2004, 392 ff.). Der Zulässigkeit steht nicht § 80 Abs. 6 VwGO entgegen. Die Antragsgegnerin hat nämlich den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 23. August 2004 abgelehnt.

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung dürfte der Antragsteller zwar der Gebührenpflicht unterliegen (a), es bestehen aber in diesem Fall hinreichend gewichtige Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Festsetzung dieser Studiengebühr (b). Unter diesen Umständen kann es grundsätzlich nicht - und so auch hier nicht- bei der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO vom Gesetzgeber generell angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit verbleiben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, 2003, § 80, Rn. 161). Dabei ist darauf hinzuweisen, daß das Gericht in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht verpflichtet ist, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (Kopp, a.a.O., § 80 Rn. 161). Diese Entscheidung bleibt in Fällen wie diesen, in denen über den geltend gemachten Anspruch nicht abschließend im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden wird, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.2.1983, Az.: 1 BvL 20/81, in BVerfGE 63, 131 ff.).

a) Ermächtigungsgrundlagen für die Erhebung der vorliegenden Studiengebühr sind § 6 Abs. 7 i.V.m. §§ 6 Abs. 6 und 8 HmbHG i.V.m. §§ 2 und 4 der Studiengebührensatzung.

Nach § 6 Abs. 7 HmbHG erheben die Hochschulen für das Studium an ihren Einrichtungen Gebühren, soweit kein Studienguthaben nach Absatz 6 zur Verfügung steht. § 6 Abs. 6 HmbHG bestimmt, daß Studierende der Studiengänge nach §§ 52 und 54 HmbHG mit Hauptwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg oder in ihrer Metropolregion über ein einmaliges Studienguthaben in Höhe der Semesterzahl der Regelstudienzeit eines Studiums zuzüglich vier weiterer Hochschulsemester verfügen. Gemäß § 8 Abs.1 Satz 1 HmbHG betragen die Studiengebühren für jedes Semester 500 Euro, nach Satz 3 dieser Vorschrift treffen die Hochschulen durch Satzung die näheren Bestimmungen über die Studiengebühren, insbesondere über begründete Ausnahmefälle, in denen Studierende von der Gebührenpflicht befreit sind.

§ 4 Satz 1 der Studiengebührensatzung wiederholt die Regelung, daß gebührenpflichtig ist, wer über kein Studienguthaben nach §§ 2, 3 verfügt; in § 2 dieser Satzung heißt es weiter, daß immatrikulierte Studierende mit Hauptwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg oder ihrer Metropolregion in Studiengängen nach § 1 über ein einmaliges Studienguthaben in bestimmter Höhe verfügen.

Der Antragsteller dürfte nach allem gebührenpflichtig sein, da ihm mit seiner Hauptwohnung in ..., also außerhalb der Grenzen der Metropolregion nach § 1 MetroVO-H, aufgrund der fraglichen Regelung kein Studienguthaben zur Verfügung steht.

Eine Ausnahme von dieser Gebührenpflicht ist im Falle des Antragstellers nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat selbst nur eine unbillige Härte nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 der Studiengebührensatzung geltend gemacht. Danach liegt eine unbillige Härte in der Regel bei nachgewiesenen Wahrnehmungen einer ehrenamtlichen Tätigkeit in gemeinnützigen Vereinen oder Organisationen oder in einer bei den Selbstverwaltungsorganen der Hochschule oder der Studierendenschaft eingerichteten Arbeitsgruppe in nicht unerheblichem zeitlichen Umfang, der sich studienzeitverlängernd auswirkt, vor. Abgesehen davon, daß der Antragsteller nichts zur Begründung einer solchen Härte vorgetragen und keinerlei Belege dazu eingereicht hat, kann in seinem Fall voraussichtlich auch deshalb keine unbillige Härte aus den Gründen des § 5 Abs. 2 Nr. 7 der Studiengebührensatzung angenommen werden, weil diese Härtegründe nach dem Sinn und Zweck der Regelung wohl allein von Studierenden geltend gemacht werden können, die wegen zu langer Studienzeiten gebührenpflichtig geworden sind.

b) Es bestehen jedoch hinreichend gewichtige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Hamburgischen Hochschulgesetzes wie auch der Studiengebührensatzung, soweit diese eine Gebührenpflicht für Studierende mit Hauptwohnung außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer Metropolregion begründen. Damit steht auch die Rechtmäßigkeit des auf diese Grundlagen gestützten Gebührenbescheides und des Widerspruchsbescheides in Frage.

aa) Zweifel bestehen insbesondere daran, ob die umstrittene Studiengebühr mit Art. 12 GG vereinbar ist.

Die Studiengebühr ist wie eine Regelung der Berufsausübung zu beurteilen und muß den diesbezüglichen Anforderungen des Regelungsvorbehaltes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG genügen.

Der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG umfaßt auch das Recht zur freien Wahl der Ausbildungsstätte. Die Grundsätze, die für die die Berufsfreiheit beschränkenden Regelungen gelten, sind hier entsprechend heranzuziehen. Derartige Regelungen bedürfen zunächst einer gesetzlichen Grundlage. Die materiellen Anforderungen hängen von der Tragweite und Intensität der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ab. Die Regelungsfreiheit ist um so enger begrenzt, je mehr sie die Freiheit der Berufswahl berührt. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist in Bezug auf die Bedingungen und Modalitäten der Berufsausübung am weitesten. Berufsausübungsregelungen stehen in Einklang mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen. Berufsausübungsregelungen, die nicht nur in Einzelfällen Beschränkungen der Berufsfreiheit bewirken, müssen die für diese geltenden Anforderungen erfüllen. In jedem Fall ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (ständige Rspr.; vgl. BVerfG, Entscheidung vom 18.7.1972, Az: 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71, in BVerfGE 33, 303, 337 f.; BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, Az.:6 C 8/00, in BVerwGE 115, 32 ff.).

Die umstrittene Studiengebühr ist als Benutzungsgebühr zu qualifizieren. Mit der Einführung einer solchen Gebühr wird nicht der Zugang zum Hochschulstudium geregelt, vielmehr werden die Studienbedingungen in bestimmter Weise ausgestaltet, so daß vorliegend die für die Beurteilung von Berufsausübungsregelungen geltenden Maßstäbe heranzuziehen sind (vgl. BVerwG, Urt.v. 25.7.2001, a.a.O.).

Die Studiengebühr ist hier durch förmliches Gesetz eingeführt worden. Es bestehen allerdings Zweifel daran, ob sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist:

Der Hamburgische Gesetzgeber wird mit dieser Gebühr die Zielsetzung verfolgt haben, zur Finanzierung der Hochschulen beizutragen.

Da er die hier umstrittene Gebührenpflicht nicht zur allgemeinen gemacht hat, sondern sie -unabhängig von der Länge der Studiendauer- allein daran knüpft, daß der Ort der Hauptwohnung der Studierenden außerhalb Hamburgs und der Metropolregion liegt, stellt sich die Frage, welchen Grund er für diese Differenzierung gehabt und welche weiteren Zwecke er mit dieser Regelung verfolgt hat.

Die Entstehungsgeschichte gibt - soweit ersichtlich - wenig Aufschluß über die Motive des Gesetzgebers.

Denkbar wäre es, daß der Gesetzgeber die Hochschulen Hamburgs gerade durch die Zahl auswärtiger Studierender für besonders stark belastet hält und daraus die Berechtigung herleitet, von diesen einen finanziellen Ausgleich zu fordern. Dementsprechend heißt es im Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin auch, daß der Gesetzgeber der Auffassung sei, daß das Bundesland Hamburg überproportional mehr Studienplätze bereitstelle, als es seinem Anteil an der Einwohnerzahl des Bundesgebietes und auch seinem Steueraufkommen entspräche. Darin käme also die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, andere Länder hätten zu Lasten Hamburgs nicht genügend für den Hochschulausbau getan, so daß auf diesem Wege ein Teil der Aufwendungen für die Bereitstellung der Studienplätze einzufordern sei oder andere Bundesländer zur stärkeren Beteiligung am Hochschulausbau zu veranlassen seien. Bei diesen Erwägungen dürfte es sich um ein Problem des innerstaatlichen Finanzausgleichs und der zweckmäßigen Lösung der Gemeinschaftsaufgabe des Hochschulausbaus (vgl. Art. 91 a GG) handeln (vgl. BVerfG, in BVerfGE 33, 303ff.), nicht aber um einen sachgerechten Grund, um die Berufsfreiheit einzelner Studierender zu beschränken. Hinzu kommt, daß der möglicherweise beabsichtigte Ausgleich der Mehraufwendungen Hamburgs für den Hochschulbetrieb bei der hier zu prüfenden Gebührenregelung dann nicht erreicht wird, wenn die Studierenden aus anderen Bundesländern ihre Hauptwohnung in Hamburg oder in der umliegenden Metropolregion anmelden. Dann entfiele die Gebührenpflicht und Hamburg erhielte keinerlei Ausgleich für etwaige überobligatorische Leistungen. Damit stünde die Geeignetheit des Mittels und damit zugleich die Verhältnismäßigkeit der Gebühr in Frage. Zu dieser Frage bedarf es weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren

Ferner könnte der hamburgische Gesetzgeber mit dieser Regelung darauf hinwirken wollen, daß Studierende mit auswärtiger Hauptwohnung ihren Hauptwohnsitz nach Hamburg verlegen. Dieser Effekt der Erhebung einer Gebühr läßt die Einführung der hier umstrittenen Studiengebühr voraussichtlich auch nicht als zweckmäßig erscheinen. Denn dem Bundesland Hamburg sind in diesem Fall schon deshalb keine nennenswerten Vorteile sicher, weil Studierende ihren Hauptwohnsitz ebenso in der -benachbarten- Metropolregion, also auch außerhalb Hamburger Staatsgebietes, anmelden können, um nicht unter die Gebührenpflicht zu fallen. Ein in diesem Zusammenhang als gewichtig zu bemessendes Interesse des Landes Hamburgs daran, daß sich Studierende mit der Hauptwohnung in der Metropolregion niederlassen, ist nicht ersichtlich.

Weiter könnte der Gesetzgeber darauf abgezielt haben, gerade diejenigen mit Gebühren zu belasten, die ihren Hauptwohnsitz außerhalb Hamburgs oder seiner Metropolregion angemeldet haben und nicht bereit sind, ihre Hauptwohnung nach Hamburg zu verlegen. Ein vernünftiger Grund, der die Belastung dieser Studierenden rechtfertigen könnte, ist wohl auch nicht gegeben.

Es mag zweifelhaft sein, ob diejenigen, für die es aus den verschiedensten legitimen Gründen nicht möglich oder attraktiv ist, ihre Hauptwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg oder ihrer Metropolregion anzumelden, durch die Gebühr zum Besuch einer Hochschule außerhalb Hamburgs bewogen werden. So führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26. Januar 2005 aus, daß - soweit finanzielle Erwägungen bei der Wahl des Studienortes überhaupt eine Rolle spielen - Studiengebühren in der Größenordnung von 500,- EUR je Semester im Vergleich zu den von Ort zu Ort unterschiedlichen Lebenshaltungskosten von nachrangiger Bedeutung seien (vgl. BVerfG, Urt. v. 26.1.2005, Az.: 2 BvF 1/03, zitiert nach www.bundesverfassungs-gericht.de/entscheidungen). Der etwaige Versuch einer Verdrängung auswärtiger Studierender könnte jedenfalls als bundesunfreundliches Verhalten und damit als verfassungswidrig anzusehen sein (vgl. BVerfG, Urt.v.22.5.1990, in BVerfGE 81, 310; vgl. auch BVerwG, Urt.v. 25.7.2001, Az.: 6 C 8/00).

Um an der Verfassungsmäßigkeit dieser Gebühr zweifeln zu können, bedarf es jedoch keines feststellbaren bundesunfreundlichen Verhaltens. Hinreichende gewichtige Bedenken an der Vereinbarkeit dieser Studiengebühr mit Art. 12 Abs. 1 GG entstehen bereits dann, wenn die Belastung der Gruppe der auswärtigen Studierenden mit der Studiengebühr durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls nicht zu rechtfertigen ist. So liegt es nach dem jetzigen Kenntnisstand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wohl hier:

Auch wenn angenommen werden kann, daß sich diejenigen Studierenden, die sich allein aus versicherungstechnischen oder sonstigen Gründen eingeschrieben haben, aber nicht um zu studieren, grundsätzlich durch diese Gebühr von einer Immatrikulation an einer Hamburgischen Hochschule abhalten lassen, rechtfertigt dies nicht die Einführung der hier umstrittenen Studiengebühr. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, daß die überwiegende Mehrzahl derjenigen Studierenden, die nur mit Nebenwohnung in Hamburg gemeldet sind oder die in Hamburg gar keine Wohnung gemietet haben und dementsprechend pendeln müssen, gar nicht ernsthaft studieren. Allein schon wegen der Länge der vorlesungsfreien Zeit dürfte es ohne weiteres möglich sein, ernsthaft und ohne Gefährdung des Studienziels an einer Hamburger Hochschule zu studieren und dabei die Wohnung in Hamburg oder Umgebung nicht als Hauptwohnung, sondern lediglich als Nebenwohnung zu nutzen. Dies gilt erst recht, wenn es sich um ein Teilzeitstudium gemäß § 36 Abs. 4 HmbHG handelt. Selbst wenn Studierende keine Wohnung in Hamburg gemietet haben und nicht allzu weit von Hamburg entfernt wohnen, ist es ihnen ohne weiteres möglich, engagiert und zügig zu studieren.

Nach allem dürften es vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls jedenfalls nicht rechtfertigen, bei der Erhebung von Studiengebühren an den Ort der Hauptwohnung der Studierenden anzuknüpfen.

bb) Sofern es nur in Einzelfällen zur Beschränkung der Berufsfreiheit kommen sollte, was im Hauptsacheverfahren näher zu untersuchen ist, und damit ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Frage gestellt wäre, so wäre jedenfalls ernsthaft ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht zu ziehen.

Im Gebührenrecht steht aus der Sicht des Art. 3 Abs. 1 GG der Grundsatz im Vordergrund, daß die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften des Benutzers in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslösen wird. Dieser Grundsatz gilt nicht uneingeschränkt. Das Bundesverfassungsrecht läßt dem jeweiligen Bundes- oder Landesgesetzgeber Raum, die Höhe der Benutzungsgebühren aus sachlichen Gründen auch bei gleichartiger Inanspruchnahme unterschiedlich zu bemessen, solange der Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung sowie die Beziehung zu den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung nicht verlorengeht. Dementsprechend ist auch anerkannt, daß die Berücksichtigung lenkender Nebenzwecke nicht nur die Gebührenerhebung als solche, sondern auch die Modifizierung der Gebührenhöhe rechtfertigen kann (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Beschl. v. 30.1.1997, Az.: 8 NB 2/96, in BVerwGE 104, 60 ff.).

Ein sachlicher Grund für die Benachteiligung derjenigen Studierenden mit Hauptwohnung außerhalb Hamburgs und seiner Metropolregion, ist vorliegend nicht ersichtlich. Diese Gruppe der Studierenden nutzt die gleichen Leistungen der Antragsgegnerin wie die anderen Studierenden und verursacht weder höhere Kosten noch zieht sie einen größeren Vorteil aus den angebotenen Leistungen, so daß daraus keine Rechtfertigung erwächst, allein diese Gruppe mit einer Gebührenpflicht unabhängig von der Länge des Studiums zu belasten. Bereits die Ausführungen unter Punkt aa) haben ergeben, daß Zwecke der Verhaltenslenkung die Gebührenerhebung mit der Anknüpfung an den Ort der Hauptwohnung voraussichtlich sachlich nicht rechtfertigen können; soziale Zwecke sind ebenfalls nicht zu erkennen. An dieser Stelle ist zudem darauf hinzuweisen, daß der Gebührentatbestand nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte eine gesetzgeberische Entscheidung insoweit auch nicht hinreichend klar erkennbar macht.

cc) Da das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26. Januar 2005 (Az.: 2 BvF 1/03) Artikel 1 Nummer 3 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 8. August 2002 (BGBl. S. 3138) für nichtig erklärt hat, ist vorliegend auch deshalb nicht mehr zu prüfen, ob die Erhebung einer Studiengebühr für Studierende mit Wohnsitz außerhalb der Hansestadt Hamburg und ihrer Metropolregion auch in Widerspruch zu § 27 Abs. 4 Hochschulrahmengesetz (HRG) vom 19. Januar 1991 (BGBl. I S. 18, in der Fassung des 6. HRGÄndG v. 8.8.2002, BGBl. I S. 3138) steht.

3. Da die Antragsgegnerin unterlegen ist, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 3, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I 2004 S. 718). Gemäß Punkt 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 wurde der Streitwert auf ¼ des damit für die Hauptsache maßgeblichen Streitwertes von 500,- EUR festgesetzt.