LSG Hamburg, Urteil vom 03.05.2005 - L 3 RA 48/04
Fundstelle
openJur 2011, 14133
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte an die Klägerin überzahlte Rentenleistungen in Höhe von 959,79 EUR zurück zu überweisen hat.

Die Klägerin zahlte dem bei ihr versicherten R S, der am 31. August 2002 verstarb, zuletzt eine monatliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 959,79 EUR. Der Versicherte unterhielt ein Konto bei der Beklagten. Die Rentenzahlung für den Monat September 2002 ging noch auf dieses Konto ein.

Am 4. September 2002 forderte der Rentenservice der D P AG die für September 2002 überzahlte Rente von der Beklagten zurück. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 10. September 2002 mit, sie könne den Rentenrückruf nicht ausführen, da über den Betrag bereits verfügt worden sei. Von dem Sterbefall habe sie erst durch den Rückruf erfahren.

Mit Schreiben vom 18. September 2002 wandte sich die Klägerin selbst an die Beklagte und forderte Rücküberweisung der Überzahlung vom 1. bis 30. September 2002 in Höhe von 959,79 EUR. Die Beklagte erwiderte, sie könne den Rückruf nicht berücksichtigen, da sich das Konto zum Zeitpunkt der Gutschrift der Rentenzahlung nach dem Tode des Versicherten Ende August 2002 mit über 4.600 EUR im Soll befunden habe. Über den Rentenzahlbetrag sei vor Eingang der Rückforderung bereits berechtigt verfügt worden. Zum Nachweis legte die Beklagte eine Aufstellung der Kontenbewegungen zwischen dem 16. August und 5. September 2002 vor. Weitere Versuche der Klägerin, die Beklagte zur Zahlung zu bewegen, scheiterten.

Am 28. August 2003 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Hamburg Leistungsklage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, an sie 959,79 EUR zu zahlen: Die Beklagte habe den fraglichen Betrag nach § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) zu erstatten. Da sich das Konto des Versicherten zum Zeitpunkt der Überweisung der Rente mit über 4.600 EUR im Soll befunden habe, habe die Beklagte mit Gutschrift der Rentenzahlung unzulässigerweise eigene Forderungen befriedigt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, aus der Aufstellung der Kontobewegungen ergebe sich, dass es nach Gutschrift der Rentenzahlung von 959,79 EUR unter dem 29. August 2003 zu Verfügungen zu Lasten des Kontos im Umfang von mehr als 1.500 EUR gekommen sei. Bei den Begünstigten handele es sich um Gläubiger des Kontoinhabers bzw. des Nachlasses. Wäre die Rentenzahlung ausgeblieben, hätte sie, die Beklagte, in Anbetracht des bereits am 29. August 2003 bestehenden Negativsaldos weitere Verfügungen nicht zugelassen. Eigene Forderungen habe sie nicht befriedigt. Ein Kontoguthaben sei nicht verblieben. Vom Ableben des Kontoinhabers habe sie erst am 10. September 2002 erfahren.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14. Oktober 2004 die Beklagte kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin 959,79 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin fordere von der Beklagten den überzahlten Rentenbetrag zu Recht gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI zurück. Die Klägerin habe die Rente für den Monat September 2002 zu Unrecht auf das Konto des Versicherten überwiesen. Ein Rentenanspruch habe aufgrund des Todes des Versicherten für diesen Zeitraum nicht mehr bestanden. Die Beklagte sei daher nach § 118 Abs. 3 SGB VI zur Erstattung verpflichtet. Zwar entbinde die Vorschrift des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI das Geldinstitut von seiner Erstattungspflicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Anforderung bereits anderweitig - nicht zur Befriedigung eigener Ansprüche - verfügt worden sei und das restliche Guthaben für die Rücküberweisung nicht ausreiche. Verfügungen aus einem durchgehend im Soll befindlichen Konto seien jedoch nicht geeignet, den "Entreicherungseinwand" zu eröffnen, weil dies nicht der in § 118 SGB VI enthaltenen Risikoverteilung auch unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaft entspreche. Das vom Geldinstitut zu tragende Risiko eines Verlustes entspreche dessen Bereitschaft, durch Einräumung großzügiger und hochverzinslicher Überziehungsmöglichkeiten auch Kontobelastungen zu erlauben, deren Ausgleich angesichts der Höhe der periodischen Eingänge auf dem belasteten Konto bei objektiver Betrachtung risikobehaftet sei. Das Konto des Versicherten habe sich zum Zeitpunkt vor der letzten Rentengutschrift schon mit einem Betrag von 4.450,33 EUR im Soll befunden, mithin ausgehend von den erkennbaren Gutschriften diese in mehr als doppelter Höhe weit überschritten. Räume aber die Beklagte dem Versicherten einen derart weiten Spielraum für die Belastung seines Kontos ein, habe sie letztlich auch das Risiko zu tragen, welches sich aus der Rückforderung der Klägerin ergebe.

Das Urteil ist der Beklagten am 9. November 2004 zugestellt worden. Am 9. Dezember 2004 hat sie Berufung eingelegt.

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, das Sozialgericht habe ihr zu Unrecht den Einwand nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI verweigert. Danach bestehe eine Verpflichtung zur Zurücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag - wie hier - bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen könne. Ein Guthaben sei nicht mehr vorhanden gewesen. Für den Einwand mache es entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinen Unterschied, ob das Konto des Versicherten durchgängig im Soll geführt worden sei oder nicht. Die Risikoverteilung nach § 118 Abs. 3 SGB VI sei dadurch geprägt, dass das Geldinstitut den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden dürfe (S. 4). Darüber hinaus bestehe keine Veranlassung, das Institut mit einem Schaden zu belasten, der sich daraus ergebe, dass nach Eingang einer Zahlung Verfügungen durch Berechtigte auf dem Konto zugelassen werden und späterhin gleichwohl Rückzahlung geleistet werden muss. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaft nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt. Der hier in Rede stehende Betrag der Kontoüberziehung könne nicht als außergewöhnlich hoch angesehen werden, sondern liege in dem Bereich, wie er üblicherweise Beziehern von laufenden monatlichen Leistungen eingeräumt werde. Das Sozialgericht habe verkannt, dass sie, die Beklagte, die Verfügungen auf dem Konto nach Eingang der Zahlung der Klägerin nur deshalb zugelassen habe, weil sie diesen Zahlungseingang vom 29. August 2003 berücksichtigt habe. Wäre ihr das Ableben des Kontoinhabers bereits zuvor bekannt geworden, hätte sie die Verfügungen nicht zugelassen. Ohne diese Kenntnis habe sie davon ausgehen müssen, dass der Kontoinhaber weiter regelmäßig die üblichen monatlichen Zahlungen erhalten werde, so dass die vergleichsweise geringfügige Kontoüberziehung im Rahmen der üblichen Auf- und Abwärtsbewegung des Kontos gelegen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Rentenzahlbetrag werde nach § 118 Abs. 3 SGB VI zurückgefordert, da er zur Befriedigung eigener Forderungen der Beklagten, nämlich der Reduzierung des Kontensolls, verwendet worden sei. Das Bestehen einer Forderung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut in derartigen Fällen sei durch das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 20. Dezember 2001 bestätigt worden.

Die Sachakten der Klägerin haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist form- und fristgerecht schriftlich eingelegt worden (§ 151 SGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht statt gegeben.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es nicht deswegen, weil die Klägerin zur Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs sich einen Zahlungstitel in Form eines Verwaltungsaktes hätte verschaffen dürfen (vgl. Urteil des Senats vom 15.02.2005, L 3 RA 36/03). Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Nach § 118 Abs. 3 SGB VI gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht (S. 1). Das Institut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (S. 2). Eine Verpflichtung zur Zurücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (S. 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (S. 4). Danach hat die Beklagte der Klägerin die für September 2002 überwiesene Rentenzahlung nicht zu erstatten.

Die Klägerin fordert allerdings Leistungen zurück, die dem Versicherten für die Zeit nach dem Tode zu Unrecht erbracht worden sind. Dessen Rentenanspruch hat nach § 102 Abs. 5 SGB VI nur noch bis zum Ablauf des Sterbemonats, d.h. bis zum 31. August 2002, bestanden. Die für den Monat September 2002 noch überwiesene Rente ist damit zu Unrecht geleistet worden.

Die Beklagte kann sich jedoch auf den Einwand gemäß § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI berufen, weil über den "entsprechenden Betrag" bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden war und das Konto zum Zeitpunkt der Rückforderung kein Guthaben aufwies. Bei den Abgängen von dem Konto zwischen dem 29. August 2002 und dem 5. September 2002, die den Rückforderungsbetrag übersteigen, handelt es sich im Wesentlichen um Lastschriften, die von dem Versicherten noch zu Lebzeiten zur Einziehung erteilt worden waren, um von ihm in Auftrag gegebene Überweisungen oder um offenbar von einem Berechtigten getätigte Barabhebungen (vgl. BSG, Urteil v. 9.12.1998, BSGE Bd. 83 S. 176).

Allerdings soll nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (ergangen zu gemäß § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI geltend gemachten Ansprüchen) das Geldinstitut unverändert nach § 118 Abs. 3 SGB VI immer zur "Erstattung" verpflichtet sein, "wenn die Übertragung des Werts der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt ist und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert werden", und zwar unabhängig von späteren berechtigten Verfügungen. Hier führe das relative öffentlich-rechtliche Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI i.V.m. dem gesetzlichen Vorbehalt in § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI dazu, dass die Verrechnung im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger und zum Bankkunden unwirksam sei (Urteil v. 20.12.2001, Sozialrecht 3-2600 § 118 SGB VI Nr. 10; Urteil v. 9.4.2002, Sozialrecht 3-2600 § 118 SGB VI Nr. 10; Urteil v. 8.6.2004, Grundeigentum 2004 S. 1239). Dieser nicht näher begründeten und insbesondere nicht den Gesetzeswortlaut des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berücksichtigenden Auffassung folgt das Berufungsgericht nicht. Vielmehr hält es die entgegenstehende Auffassung des 9. Senats des BSG, wie sie in dessen Urteil vom 9. Dezember 1998 (BSGE Bd. 83 S. 176) unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung der Gesetzesvorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI ausführlich dargelegt worden ist, für überzeugender. Nach dieser Entscheidung, mit der sich der 4. Senat nicht inhaltlich auseinandersetzt, kann der Versicherungsträger von dem Geldinstitut eine zu Unrecht überwiesene Geldleistung auch dann nicht nach § 118 Abs. 3 SGB VI zurückfordern, wenn sie einem durchgehend im Soll befindlichen Girokonto gutgeschrieben und über das Konto später bis zur Rückforderung durch einen anderen Berechtigten als die Bank in Höhe mindestens eines entsprechenden Betrages verfügt worden ist. Hiernach dient die gesetzliche Regelung einem typisierten Interessenausgleich zwischen Leistungsträger und Bankinstitut: Die Bank soll aus einer ungerechtfertigten Geldüberweisung keinen offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteil ziehen. Sie soll aber auch nicht wirtschaftliche Nachteile erleiden, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügungen berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangenen Geldleistungen ausführt. Als berücksichtungsfähige Verfügung, so der 9. Senat des BSG weiter, ist jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos anzusehen, durch welches sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient. Solche Verfügungen sind insbesondere nicht deswegen ungeeignet, den Rücküberweisungsbetrag zu mindern bzw. aufzuzehren, weil die Überweisung auf ein Konto erfolgt war, welches einen höheren Sollstand aufwies, als er dem gutgeschriebenen Geldbetrag entsprach. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Gesetzgeber in § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI offensichtlich davon ausgeht, dass Verfügungen Berechtigter auch dann beachtlich sind, wenn sich das Konto des verstorbenen Leistungsberechtigten im Minus befindet. Würde nämlich die Verbuchung der eingehenden Sozialleistungen auf einem debitorisch geführten Konto von vornherein eine Minderung des Rücküberweisungsbetrages ausschließen, so wäre die Regelung des Satzes 3 unverständlich, wonach Verfügungen Berechtigter nur ausnahmsweise den "entsprechenden Betrag" nicht mindern, nämlich soweit das Konto ein Guthaben aufweist. Im Übrigen stünde die fragliche Auslegung des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI nicht mit dem Charakter der Bestimmung als Schutzvorschrift für die Bank im Einklang. Aus § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI ergibt sich - auch insoweit ist dem 9. Senat des BSG zu folgen - nichts anderes. Zwar darf danach die Bank den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden. Die Regelung ist indes nur so zu verstehen, dass die Bank nach Gutschrift der Sozialleistungen nicht gehindert ist, weiterhin auch eigene Forderungen gegen den Kontoinhaber mit dessen Forderung gegen sich selbst zu saldieren, dass ihr aber nicht das Recht zusteht, aufgrund dieser Verfügung über das Konto die Auszahlung des von ihr nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI zurück zu überweisenden Betrages nach Abs. 3 S. 3 der Bestimmung ganz oder teilweise zu verweigern. Eine darüber hinausgehende Wirkung, dass auch spätere Verfügungen Berechtigter im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 3 den Rücküberweisungsanspruch unberührt lassen, hat § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI indes nicht. Für eine derartige Regelung ist dem Gesetz, so der 9. Senat des BSG, nichts zu entnehmen (a.a.O.).

Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der in der Rechtsprechung zu findenden Erwägung, dass die Zubilligung des "Entreicherungseinwandes" (gemeint ist der Einwand der anderweitigen Verfügung über den entsprechenden Betrag) nicht der vom Gesetz beabsichtigten Risikoverteilung unter Berücksichtigung auch der Interessen der Versichertengemeinschaft entspreche. Es ist zwar - so auch vom Sozialgericht - argumentiert worden, ein vom Geldinstitut zu tragendes Risiko des Verlustes entspreche dessen Bereitschaft, durch Einräumung großzügiger und hochverzinslicher Überziehungsmöglichkeiten auch Kontenbelastungen zu erlauben, deren Ausgleich angesichts der Höhe der periodischen Eingänge auf dem belasteten Konto risikobehaftet sei (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 15.10.2003, L 8 RJ 15/03). Eine solche Betrachtung übersieht jedoch, dass die Frage hier nicht ist, wie das sich aus der Einräumung eines Überziehungskredits ergebende Ausfallrisiko zwischen der Versichertengemeinschaft und dem Geldinstitut zu verteilen sei. Vielmehr geht es bei § 118 Abs. 3 SGB VI allein darum, wer das Rückabwicklungsrisiko trägt, das daraus resultiert, dass die öffentliche Kasse trotz Wegfalls eines Rechtsanspruchs des Versicherten (§ 102 Abs. 5 SGB VI) weiter gezahlt hat, ein Problem, das durch die grundsätzlich bestehende Pflicht des Leitungsträgers zur bargeldlosen Auszahlung der Rente (vgl. § 47 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -, § 119, § 120 SGB VI, § 9 Abs. 1 S. 1 Postrentendienstverordnung) im Voraus (§ 118 Abs. 1 SGB VI) noch verstärkt wird. Das Geldinstitut, das lediglich zahlungstechnisch als Vermittler zwischen Leistungsträger und dem die Leistung empfangenden Rentenbezieher fungiert (vgl. auch § 55 Abs. 1 SGB I), hat mit der Entstehung dieses Risikos ersichtlich nichts zu tun.

Unabhängig davon finden Billigkeitserwägungen der vorgenannten Art im Gesetz keine Stütze. Es trifft zwar zu, dass die den Einwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI begründenden Verfügungen von dritter Seite nur dadurch möglich sind, dass das Geldinstitut den erhobenen Forderungen im Rahmen des dem Versicherten eingeräumten Überziehungskredites entsprochen hat. Dieses Argument verfängt aber jedenfalls dann nicht, wenn der Überziehungskredit gerade deswegen eingeräumt worden ist, weil die Bank auf den regelmäßigen Eingang der Rentenzahlungen baute. So lag es auch hier. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die fraglichen Verfügungen nicht zugelassen hätte, wenn sie rechtzeitig vom Wegfall des Rentenanspruchs erfahren hätte. Dies ist glaubhaft, zumal die Höhe des Überziehungsrahmens entgegen der Darstellung der Klägerin keineswegs so hoch war, dass ein Zusammenhang mit der Höhe der dem Versicherten zustehenden Rentenansprüche nicht begründbar wäre. Ob überhaupt die Minderung des Rücküberweisungsbetrages rechtlich zwingend davon abhängig ist, dass die Bank spätere Überweisungen Berechtigter gerade im Hinblick auf die eingegangene Sozialleistung oder im Vertrauen auf deren weiteren regelmäßigen Bezug vorgenommen hat (siehe dazu BSG, Urt. v. 9.12.1998, a.a.O.), braucht daher nicht entschieden zu werden.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme der Bank nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI für den Leistungsträger zwar die einfachste, aber nicht die einzige Möglichkeit ist, den zu Unrecht überwiesenen Betrag zurück zu erlangen. Vielmehr kann er auch nach § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI verfahren oder sich wegen einer Erstattung nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch an die Erben (vgl. § 118 Abs. 4 S. 3 SGB VI) halten (BSG, Urteil v. 09.12.1998 a.a.O.). Der Rücküberweisungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut dürfte zwar in der Regel wesentlich leichter zu realisieren sein als Rückzahlungsansprüche gegenüber Dritten. Dies kann jedoch kein Grund sein, das Institut bei Eingang der Rente auf ein durchgehend im Soll befindliches Konto schlechter zu behandeln als bei Eingang auf einem im Haben befindliches Konto. Andernfalls würden die Banken veranlasst, Rentnern in diskriminierender Weise den üblichen Kredit zu verweigern, um Rückzahlungsansprüche des Rentenversicherungsträgers für den Fall von über den Todesmonat hinaus gezahlter Rente zu vermeiden (SG Karlsruhe, Urteil v. 18.02.2003, HVBG-Info 2003 S. 1697). Dieses sich in der Praxis der Banken bereits abzeichnende Ergebnis hält der Senat nicht für wünschenswert.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung sowie aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG.