VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12.08.2015 - 10 K 1698/12
Fundstelle
openJur 2015, 19700
  • Rkr:

Erfolgreiche Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung zu einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb

Tenor

Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 29. Februar 2012 (Az.:°°°°°°°°) wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich seit Längerem gegen gewerbliche Aktivitäten der Beigeladenen auf ihren Nachbargrundstücken.

Die Beigeladenen sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung N. , Flur °, Flurstück ° unter der Straßenbezeichnung N1. T.----straße °° in E. .

Auf dem Grundstück befindet sich ein früher für einen landwirtschaftlichen Betrieb genutzter Gebäudekomplex. Nach eigenen Angaben der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren wird auf dem Grundstück bereits seit 1969 ein Garten- und Landschaftsbaubetrieb -heute die H. M. M1. H1. - betrieben.

Die Beigeladenen erwarben von der Beklagten auch das nordöstlich ihres Grundstücks liegende Flurstück °°° (heutige Flurstücksbezeichnung °°° u.a.), bezeichnet als H2. B. , unter der Straßenbezeichnung F. °°° in E. . Auf diesem Grundstück befindet sich das ehemalige Wirtschaftsgebäude des °°°° B. , das teilweise unter Denkmalschutz steht.

Nördlich und westlich des Flurstücks °°°, mit seiner östlichen Seite an das Grundstück F. °°° angrenzend, liegt das ehemals als landwirtschaftliche Fläche genutzte Flurstück °°°, das von den Beigeladenen als Pachtgrundstück in der Vergangenheit bis heute teilweise als zu ihrem Betrieb zugehörige Fläche für Zwecke des Garten- und Landschaftsbaus genutzt wird.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung N. , Flur °, Flurstücke °°°, °°° und °°°, die östlich des Grundstücks der Beigeladenen N1. T.----straße °° und südlich des Grundstücks F. °°° liegen. Die Flurstücke °°° und °°° grenzen direkt an das Grundstück der Beigeladenen N1. T.----straße °° und die Flurstücke °°° und °°° direkt an das Grundstück F. °°° an. Das östlich der Flurstücke °°° und °°° liegende Flurstück °°° unter der Straßenbezeichnung F. °°° in E. ist mit einem Wohnhaus bebaut, welches von der Klägerin und ihrer Familie bewohnt wird. Bei dem Wohnhaus handelt es sich um das Herrenhaus des ehemaligen H3. B. .

Der örtliche Bereich, in dem die Grundstücke der Beteiligten liegen, liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und wird von der Beklagten als Außenbereich i.S.d. § 35 BauGB eingestuft. Im Flächennutzungsplan der Stadt E. sind die Grundstücke als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.

Sie liegen im Übrigen im Landschaftsschutzgebiet L 5 des Landschaftsplans E. - Nord.

Die Beigeladenen beabsichtigen, ihren Gewerbebetrieb auf beiden Flurstücken - N1. T.----straße °° und F. °°° - zu führen und im Zusammenhang zu legalisieren.

Die Beklagte erteilte den Beigeladenen unter dem 26. Juli 2010 einen planungsrechtlichen Vorbescheid für die Nutzungsänderung einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle zum Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit Büroeinheit und neben den zwei vorhandenen Wohneinheiten zur Erstellung von drei zusätzlichen Wohneinheiten im baulichen Bestand. Die Klägerin erhob gegen diesen Vorbescheid die Klage 10 K 4650/10 bei dem erkennenden Gericht. In der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2013 änderte die Beklagte den streitgegenständlichen Vorbescheid dahingehend ab, dass die Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit nicht die Frage der Einhaltung des Gebotes der Rücksichtnahme umfasst. Die Klägerin und die Beklagte erklärten den Rechtsstreit insofern für erledigt, als die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 2010 teilweise aufgehoben und geändert hatte. Mit Urteil vom 17. Juli 2013 stellte das erkennende Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Mit Bauantrag vom 4. Dezember 2010 beantragten die Beigeladenen bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für das Grundstück N1. T.----straße °°. Das Vorhaben war als Nutzungsänderung einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle zum Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit Büroeinheit bezeichnet. Es wurde eine Baubeschreibung vom 4. Dezember 2010 vorgelegt. Zu den eingereichten Bauvorlagen gehörte ebenfalls ein Lageplan vom 13. Januar 2011.

Im April 2011 legten die Beigeladenen bei der Beklagten eine Geräuschimmissionsprognose vor. Nach Ergänzung dieses Gutachtens unter dem 9. Mai 2011 gab die Gemeinsame Untere Umweltschutzbehörde der Städte C. , E. und I. hierzu unter dem 19. Mai 2011 ihre Stellungnahme ab und gab folgende Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz vor: 1. Die von der Genehmigung erfasste Anlage ist schalltechnisch so zu errichten und zu betreiben, dass die von dieser Anlage einschließlich aller Nebeneinrichtungen, wie z. B. Maschinen, Geräte, Lüftungsanlagen, Fahrzeugverkehr, verursachten Geräuschimmissionen folgende Werte -gemessen jeweils 0,50 m vor geöffnetem, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster (von betriebsfremden schutzbedürftigen Räumen nach DIN 4109) der nachstehend genannten Häuser- nicht überschreiten: F. °°° bei Tage 60 dB(A) und bei Nacht 45 dB (A)... . Als Nachtzeit gilt die Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB (A) und in der Nachtzeit um nicht mehr als 20 dB (A) überschreiten. Die zulässigen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 6.1 und 6.7 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in der zu Zeit gültigen Fassung. 2. Grundlage der Genehmigung ist die Geräusch-Immissionsprognose des J. .-C1. für technische Akustik und Bauphysik -ITAB- vom 9. März 2011 mit der Ergänzung vom 9. Mai 2011, d.h. die dort gemachten Angaben zum innerbetrieblichen Verkehr, zu den Standorten gekoppelt mit den zeitlichen Begrenzungen des Betriebes und des Schallleistungspegels der einzelnen Maschinen (z.B. Holzzerkleinerer) sind einzuhalten, bzw. stellen den max. möglichen Umfang für die Nutzung der Gesamt-Anlage dar. 3. Bei geräuschintensiven Arbeiten innerhalb der Werkstatthalle sind die Fenster und Tore der Halle geschlossen zu halten. Des Weiteren wurden Hinweise zum Immissionsschutz gegeben.

Die Beigeladenen legten des Weiteren eine Betriebsbeschreibung vom 7. Juni 2011 vor. Unter der Rubrik 1 ist zu den Arbeitsabläufen angegeben: "Entsprechend dem Garten- und M1. . Siehe Anlage, erweiterte Betriebsbeschreibung." Unter der Rubrik -Maschinen, Apparate, Fördereinrichtungen, Betriebsfahrzeuge- ist angegeben: "Kleintransporter, Sattelschlepper und Traktoren, Baumaschinen, siehe Anlage, erweiterte Betriebsbeschreibung". Die Betriebszeit unter der Rubrik 2 ist an Werktagen von 6.00 bis 20.00 Uhr angegeben. Der Betrieb habe insgesamt 65 Beschäftigte am Betriebsort (Rubrik 3). Unter der Rubrik 7.2 Geräusche -Ursache, Dauer und Häufigkeit- heißt es: "An- und Abfahrt von Betriebsfahrzeugen, Ladetätigkeiten, Wartungsarbeiten, Werkstatt- Schlosserarbeiten. Siehe Anlage, erweiterte Betriebsbeschreibung". Die Uhrzeit ist von 6.00 bis 20.00 Uhr angegeben. Unter der Rubrik -Lage der Geräuschquellenheißt es: "Werkstatt, siehe Anlage, erweiterte Betriebsbeschreibung". Weiter heißt es unter Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher Geräusche: "Bei geräuschintensiven Arbeiten innerhalb der Werkstatthalle bleiben die Fenster und Tore der Halle geschlossen".

Darüber hinaus legten die Beigeladenen bei der Beklagten einen als solchen bezeichneten Grünordnungsplan vom 24. Januar 2012 vor. Der Grünordnungsplan stellt auch einen Teilbereich des nördlich des Flurstücks 440 liegenden Pachtgrundstücks dar. In der Planung ist direkt nördlich an das Flurstück 440 angrenzend ein ca. 20 m tiefer Geländestreifen hellgrau schraffiert als Verkehrsfläche, Lager- und Aktionsfläche sowie eine über das nördlich Flurstück führende verkehrliche Verbindung zwischen den Grundstücken N1. T.----straße °° und F. 167 ausgewiesen. Im ebenfalls aufgeführten Bestand ist direkt nördlich an das Flurstück °°° angrenzend ein ca. 32 m tiefer Geländestreifen als Lagerfläche für Baumaterial und Geräte ausgewiesen. Wiederum nördlich daran angrenzend sind verschiedene Bodenmieten gekennzeichnet.

Im Februar 2012 wurde seitens der Beigeladenen die Geräuschimmissionsprognose des J1. für technische Akustik und Bauphysik -ITAB- aus E. vom 15. Februar 2012 bei der Beklagten vorgelegt.

Ebenfalls im Februar 2012 legten die Beigeladenen zu ihrem Bauantrag eine Anlage zur Betriebsbeschreibung (Erweiterte Betriebsbeschreibung zum Bauantrag) vom 14. Februar 2012 vor, in der Angaben zu den Betriebszeiten und der Betriebsweise gemacht wurden.

Die Untere Landschaftsbehörde erteilte für das Vorhaben unter dem 28. Februar 2012 eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes von den Verboten der Landschaftsschutzbestimmungen des rechtsverbindlichen Landschaftsplans E. -Nord mit bestimmten Auflagen und Hinweisen.

Mit Baugenehmigung vom 29. Februar 2012 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die Genehmigung zur Nutzungsänderung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes zu einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit Büroeinheit auf dem Grundstück N1. T.----straße °° in E. , Gemarkung N. , Flur °, Flurstück °°° (Az.: °°°°°°°°°). Das Vorhaben sei nach den beigefügten und mit Genehmigungsvermerk gekennzeichneten Bauvorlagen auszuführen. Bei dem dieser Genehmigung zu Grund liegenden Begrünungsplan handele es sich um ein Gesamtkonzept, das auch die Parallelverfahren einschließe (°°°°°°°°, °°°°°°°° und °°°°°°°°°). Der Baugenehmigung waren u.a. folgende Auflagen beigefügt: (10001) Nach Umsetzung dieser und der unter obigen Aktenzeichen ausgewiesenen und beantragten bzw. genehmigten baulichen Maßnahmen ist die nicht genehmigte Nutzung auf dem nördlichen Nachbargrundstück unverzüglich einzustellen; (1700) Die als Anlage beigefügten Nebenbestimmungen der Stadt I. -Untere Umweltschutzbehörde- vom 19. Mai 2011 sind Bestandteil dieser Genehmigung und für die Ausführung verbindlich. Die weiter dort enthaltenen Hinweise sollten Sie beachten; (1995) Bestandteil der bauordnungsrechtlichen Prüfung war die Schallimmissionsprognose des J1. ITAB ...in ihrer Fassung vom 15. Februar 2012. Die der Prognose zugrunde liegenden baulichen und organisatorischen Annahmen, ausgewiesen durch die genehmigten Planvorlagen und durch die Bau- und Betriebsbeschreibung insbesondere ausgewiesen in der Anlage vom 14. Februar 2012 sind für die Ausführung bindend. Abweichungen hiervon bedürfen einer erneuten schallgutachterlichen Bewertung und einer Nachtragsgenehmigung der diesbezüglichen veränderten Ausführung; (1996) Der Begrünungsplan vom 24. Januar 2012 ist Bestandteil der Genehmigung und für die Ausführung bindend.

Als Anlagen zur Baugenehmigung wurden u.a. der Lageplan (überarbeitete Fassung vom 13. Januar 2011), die Baubeschreibung vom 4. Dezember 2010, die Betriebsbeschreibung vom 7. Juni 2011, die Anlage zur Betriebsbeschreibung vom 14. Februar 2012, der Begrünungsplan vom 24. Januar 2012, die immissionsrechtliche Stellungnahme der Stadt I. vom 19. Mai 2011 und der Befreiungsbescheid nach dem Landschaftsrecht vom 28. Februar 2012 bezeichnet.

Auf ihren entsprechenden Bauantrag wurde den Beigeladenen unter dem 1. März 2012 die Baugenehmigung zum Umbau von zwei Bestandswohnungen und Erweiterung um drei Wohneinheiten auf insgesamt fünf Wohneinheiten und Errichtung einer Stellplatzanlage auf dem Grundstück N1. T.----straße °° erteilt (Az.: °°°°°°°°°°).

Die Baugenehmigungen wurden dem früheren Bevollmächtigten der Klägerin unter dem 1. März 2012 übersandt.

Die Klägerin hat am 26. März 2012 gegen die Baugenehmigung betreffend die gewerbliche Nutzung (Az.: °°°°°°°) Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie in ihren Nachbarrechten verletzt sei. Sowohl das Flurstück °°° als auch die nördlich daran angrenzende Fläche werde von den Beigeladenen als Bauhof betrieben. Von dem auf der Parzelle °°° betriebenen Recyclinghof führe eine nicht genehmigte Zufahrt über die nördlich des Flurstücks °°° liegende Parzelle, die als illegaler Lagerplatz genutzt werde, zum Bauhofgelände auf dem Grundstück N1. T.----straße °°°. Die Zufahrt werde ständig mit schweren LKW´s befahren. Das Gebot der Rücksichtnahme sei zu ihren Lasten verletzt. Die Auflage (10001) in der Baugenehmigung sei unklar, da nicht deutlich werde, welches Grundstück bzw. welcher Grundstücksteil genau gemeint sei.

Weiter lässt die Klägerin ihre Klage im Wesentlichen wie folgt begründen: Die Baugenehmigung lasse nicht erkennen, auf Basis welcher rechtlichen Vorschriften sie erteilt worden sei. Es werde in Frage gestellt, ob die Beklagte eine denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt habe. Auf dem Hofgelände des "H3. Alt N. " sei offenbar schon lange keine Landwirtschaft mehr betrieben worden, so dass die landwirtschaftliche Prägung der Flächen seit Jahrzehnten aufgegeben sei. Die Beklagte sei bei der Vermarktung der Auffassung gewesen, dass allenfalls eine Entwicklung zu Wohnzwecken, nicht jedoch eine gewerbliche Nutzung denkbar sei. Nach dem Internet- Auftritt der Firma der Beigeladenen biete diese insbesondere Baufeldvorbereitungen und Erdbau mit eigenem Maschinenpark an. Demzufolge seien auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen hohe Aktivitäten mit schweren Maschinen, LKW`s etc. zu beobachten. Hierzu werden nähere Ausführungen gemacht. Aufgrund des Betriebslärms auf dem Betriebsgrundstück werde regelmäßig ein Dauerschallpegel erreicht, der tagsüber 60 dB (A) und nachts 45 dB (A) überschreite. Das Vorhaben der Beigeladenen beeinträchtige öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB; die Baugenehmigung sei aufgrund ihrer schwerwiegenden Mängel als nichtig anzusehen. Die Baugenehmigung sei hinsichtlich der enthaltenen Auflagen nicht hinreichend bestimmt und verstoße gegen § 37 Abs. 1 VwVfG. Dies gelte auch für die Auflage (10001). Es bleibe unklar, was mit dieser Auflage überhaupt gemeint sei. Welche Maßnehmen müssten umgesetzt werden und welche nicht genehmigte Nutzung sei einzustellen ? Welches nördliche Nachbargrundstück werde hier angesprochen ? Die Auflage (1995) sei offensichtlich unbestimmt. Die bloße Inbezugnahme eines Sachverständigengutachtens sei nicht ausreichend, dem Bestimmtheitserfordernis der Baugenehmigung Rechnung zu tragen. Es hätte eine genaue Beschreibung der Tätigkeiten auf dem Freigelände aufgenommen werden müssen. Die Baugenehmigung verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie werde über das ihr zumutbare Maß hinaus gestört und belästigt. Die von dem Gutachter (in der Immissionsprognose) zugrunde gelegten Annahmen entsprächen nicht dem durch die Baugenehmigung legalisierten Betrieb und den damit einher gehenden Tatsachen. Die gebotene Interessenabwägung müsse zu ihren Gunsten ausfallen. Ein früher existierender landwirtschaftlicher Betrieb sei in keiner Weise mit dem jetzt genehmigten Gewerbebetrieb vergleichbar. Insbesondere sei auch der Gartenbereich als Ruhebereich stark betroffen. Während der normalen Betriebszeiten sei ein Aufenthalt im Garten nahezu unmöglich. Durch eine konkrete Gestaltung der Betriebsabläufe, deren Festschreibung in der Baugenehmigung und die Schaffung weiterer aktiver Schallschutzmaßnahmen wären die auf ihr Grundstück einwirkenden Belästigungen grundsätzlich erheblich reduzierbar. Die Klägerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. Februar 2015 eine Fotodokumentation zu den Gerichtsakten reichen lassen. Hierdurch würden die illegalen Tätigkeiten und Arbeiten auf dem Baugelände veranschaulicht. Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 16. Juli 2015 und vom 10. August 2015 ist für die Klägerin weiter vorgetragen worden.

Die Klägerin beantragt,

die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 29. Februar 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht in ihren geschützten Nachbarrechten verletzt. Insbesondere durch die Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz werde sichergestellt, dass das Rücksichtnahmegebot gewahrt werde.

Die Beigeladenen beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die ihnen erteilte Baugenehmigung für rechtmäßig.

Unter dem 28. Januar 2014 hat die Beklagte den Beigeladenen zu dem Vorhaben Nutzungsänderung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes zu einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit Büroeinheit betreffend Grundrissänderungen und Veränderung der Gauben und des Treppenhauses eine Nachtragsgenehmigung erteilt. Hiergegen hat die Klägerin keine Klage erhoben.

Unter dem 12. Juni 2014 haben die Beigeladenen der Beklagten die abschließende Fertigstellung der baulichen Anlagen am 7. Juli 2014 angezeigt.

Die Beklagte hat unter dem 9. Juli 2015 eine von den Beigeladenen gefertigte Erläuterung der Betriebsbeschreibung vom 8. Juli 2015 - ohne einen Grünstempel zu den Gerichtsakten übersandt und zum Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten einschließlich der Verfahren 10 K 4650/10 und 10 K 2635/12 sowie die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge zu den Grundstücken N1. T.----straße °° und F. °°° verwiesen.

Gründe

Die gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Die von der Klägerin angefochtene, den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 29. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ein Abwehrrecht eines Dritten gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung besteht nur, wenn das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt bzw. bei Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Nachbarschützend in diesem Sinne sind Normen nur, wenn sie nicht nur die Interessen der Allgemeinheit und damit faktisch auch die Interessen des Einzelnen schützen, sondern nach ihrer Zweckbestimmung zumindest auch auf den Schutz gerade dieser Individualinteressen gerichtet sind.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NRW-, Beschluss vom 09. März 2007 -10 B 2675/06-, BauR 2007, 1550 ff.

Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist in nachbarrechtsrelevanter Weise entgegen § 37 Abs. 1 VwVfG NRW unbestimmt und verstößt deswegen zugleich zum Nachteil der Klägerin gegen das in § 35 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme.

Das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und - zusätzlich - wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 -2 A 3010/11- und Beschluss vom 12. Februar 2015 -2 A 616/14- jeweils m.w.N., juris.

Die Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der getroffenen Regelung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn zulässigen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche, dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss der Baugenehmigung selbst -gegebenenfalls durch Auslegung- entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung heranzuziehen sind. Andere Unterlagen oder sonstige Umstände sind für ihren Inhalt regelmäßig nicht relevant.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2013 -10 A 2269/10-, BauR 2013, S. 1239 ff.

Gemessen daran wird die streitige Baugenehmigung vom 29. Februar 2012 den an sie zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen nicht gerecht, was zu einem eigenständigen Abwehrrecht der Klägerin führt. Die Baugenehmigung weist Widersprüche auf und lässt Merkmale des Vorhabens der Beigeladenen unreglementiert, deren Regelung es nach Lage der Dinge zwingend bedurft hätte, um den genehmigten Betrieb absehbar im Verhältnis zur Klägerin nachbarrechtskonform auszugestalten. Weder der angefochtenen Baugenehmigung noch den zugehörigen Bauvorlagen lassen sich die maßgeblichen nachbarrechtsrelevanten betrieblichen Rahmenbedingungen umfassend, zuverlässig und mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen.

Allerdings folgt die Unbestimmtheit der Baugenehmigung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits daraus, dass in der Auflage (1995) die Schallimmissionsprognose des J1. ITAB vom 15. Februar 2012 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt worden ist.

Zwar führt eine bloße Bezugnahme auf den Inhalt von Gutachten regelmäßig nicht zu einem eindeutig bestimmbaren und damit ggf. vollstreckungsfähigen Regelungsgehalt einer Baugenehmigung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 1996 -10 B 248/96-, NWVBl 1997,62; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. März 2002 -5 L 503/02-, juris.

Die Geräuschimmissionsprognose ist hier jedoch nicht undifferenziert in die Baugenehmigung mit einbezogen worden.

Vielmehr ist in der Auflage (1995) bestimmt, dass die der Prognose zugrunde liegenden baulichen und organisatorischen Annahmen, ausgewiesen durch die genehmigten Planvorlagen und durch die Bau- und Betriebsbeschreibung für die Ausführung bindend sind. Abweichungen hiervon bedürfen einer erneuten schallgutachterlichen Bewertung und einer Nachtragsgenehmigung der diesbezüglich veränderten Ausführung. Insbesondere durch die Verbindlicherklärung der der Prognose zugrunde liegenden baulichen und organisatorischen Annahmen ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts die erforderliche Bestimmbarkeit grundsätzlich gegeben. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass die Geräuschimmissionsprognose vom 15. Februar 2012 nicht grüngestempelt ist.

Jedoch weist die Baugenehmigung im Verhältnis der Auflagen (1700) und (1995) zueinander eine erhebliche Widersprüchlichkeit und Unklarheit auf. Durch die Auflage (1700) werden die Nebenbestimmungen der Stadt I. -Untere Umweltschutzbehörde- vom 19. Mai 2011 zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht und für die Ausführung verbindlich erklärt. In den grüngestempelten und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärten Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz der Stadt I. vom 19. Mai 2011 heißt es unter Punkt 2. : "Grundlage der Genehmigung ist die Geräusch-Immissionsprognose des J. .-C1. für technische Akustik und Bauphysik -ITAB- vom 9. März 2011 mit der Ergänzung vom 9. Mai 2011, d.h. die dort gemachten Angaben zum innerbetrieblichen Verkehr, zu den Standorten gekoppelt mit den zeitlichen Begrenzungen des Betriebes und des Schallleistungspegels der einzelnen Maschinen (z.B. Holzzerkleinerer) sind einzuhalten, bzw. stellen den max. möglichen Umfang für die Nutzung der Gesamt-Anlage dar."

Hier werden demnach nebeneinander zwei verschiedene Geräuschimmissionsprognosen zum Bestandteil der Baugenehmigung und für die Ausführung des Bauvorhabens für verbindlich erklärt. Es kann nach Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass die Prognosen insbesondere auch im Hinblick auf die zugrunde gelegten betrieblichen Vorgänge und Abläufe identisch sind. Die Geräuschimmissionsprognose vom 9. März 2011 befindet sich nicht bei den Akten, so dass der Inhalt des Gutachtens auch gar nicht bekannt und überprüfbar ist.

Es bleibt unklar, welche Geräuschimmissionsprognose nunmehr für das Bauvorhaben der Beigeladenen verbindlich sein soll.

Insofern ergibt sich schon in der Baugenehmigung selbst eine Unklarheit, die im Ergebnis zu ihrer Unbestimmtheit führt.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die Auflage in der Baugenehmigung (10001) zu Lasten der Klägerin gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt.

Die Auflage bestimmt, dass nach Umsetzung dieser und der unter obigen Aktenzeichen ausgewiesenen und beantragten bzw. genehmigten baulichen Maßnahmen die nicht genehmigte Nutzung auf dem nördlichen Nachbargrundstück unverzüglich einzustellen ist.

Zwar bezieht sich die erteilte Baugenehmigung vom 29. Februar 2012 zunächst ausschließlich auf das Flurstück °°°, wie sich der Baugenehmigung selbst und dem Lageplan entnehmen lässt. Die Auflage (10001) trifft jedoch im Ergebnis zu Gunsten der Beigeladenen auch eine rechtlich relevante Regelung für das Flurstück °°°.

Die Auflage ist zunächst im Verhältnis zwischen den Bauherrn und der Beklagten ergangen; ihr Inhalt kann durch die erforderliche und auch mögliche Auslegung ermittelt werden. Mit dem nördlichen Nachbargrundstück ist für alle Beteiligten erkennbar die Teilfläche des Flurstücks °°° gemeint, die nördlich des Flurstücks °°° liegt und die in der Vergangenheit bis heute von den Beigeladenen für betriebliche Zwecke genutzt worden ist bzw. genutzt wird. Mit der Formulierung "nach Umsetzung dieser und der unter obigen Aktenzeichen ausgewiesenen und beantragten bzw. genehmigten baulichen Maßnahmen" ist, wie sich aus dem Kontext mit den vorstehenden Ausführungen in der Baugenehmigung schließen lässt, die abschließende Fertigstellung aller vier Vorhaben unter den Aktenzeichen °°°°°°°°, °°°°°°°, °°°°°°° und °°°°°°° -gewerbliche Nutzung und Erstellung von Wohnungen- auf den Grundstücken N1. T. . °°° und F. °°°° gemeint. Die Auflage ist im Ergebnis -im Umkehrschluss- dahingehend zu verstehen, dass die Beigeladenen die Nutzung des Teilstücks des Flurstücks °°° zumindest im bisherigen Umfang solange fortsetzen können bis die abschließende Fertigstellung aller vier Bauvorhaben angezeigt ist und die Beklagte ihrerseits solange hiergegen ordnungsrechtlich nicht einschreiten wird.

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beklagte den Beigeladenen mit dieser Auflage (10001) eine rechtsbeachtliche Duldung der weiteren Nutzung des Flurstücks °°°° erteilt hat.

Die sog. "aktive" Duldung beinhaltet eine (vertrauensbildende) Erklärung/Zusicherung der Bauaufsichtsbehörde, sich in Kenntnis der formellen und ggf. materiellen Illegalität (vorerst) mit einem baulichen Vorhaben abfinden zu wollen, d.h. bauordnungsrechtlich gegen das baurechtswidrige Vorhaben nicht einzuschreiten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2014 -2 A 690/14-, juris.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Beklagten war bewusst, dass auf dem Flurstück °°° eine nicht genehmigte, aber genehmigungsbedürftige Nutzung durch die Beigeladenen stattfand und stattfindet (vgl. Gesprächsprotokoll vom 23. Dezember 2011, Bl. 170 und 171 der Beiakte Heft 2 zum Verfahren 10 L 179/12). Mit der Auflage (10001) hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen den baurechtswidrigen Zustand bis zur abschließenden Fertigstellunganzeige betreffend aller vier Vorhaben nicht einschreiten wird. Zwar ist diese Erklärung nicht unbedingt und dauerhaft erfolgt, sondern nur bis zur Vorlage der abschließenden Fertigstellungsanzeigen. Dies ist jedoch hier im Verhältnis zur Klägerin unbeachtlich. Die Beigeladenen haben es im Wesentlichen selbst in der Hand, wie lange das Pachtgrundstück noch von ihnen genutzt werden kann. Nur sie disponieren darüber, wann sie sämtliche Bauvorhaben fertigstellen. Im Übrigen können Baugenehmigungen auch verlängert werden. Daher ermöglicht die Auflage, dass das Pachtgrundstück noch eine längere und im Ergebnis beachtliche Zeit genutzt werden kann, ohne dass die Beklagte hiergegen einschreiten wird.

Die solcherart in der Baugenehmigung ausgesprochene Duldungserklärung ist zu Lasten der Klägerin unbestimmt, da die Rahmenbedingungen dieser Duldung im Verhältnis zur Klägerin nicht geregelt sind. Es ist nichts Genaues darüber bekannt, für welche Zwecke die Beigeladenen das Pachtgrundstück genau nutzen und in Zukunft nutzen werden. Auf dem Grundstück wird augenscheinlich Baumaterial gelagert, Geräte werden abgestellt oder auch im dortigen Bereich eingesetzt, im nördlichen Bereich befinden sich Bodenmieten (vgl. auch die Darstellungen des Grünordnungsplans zum Bestand). Das bedeutet im Ergebnis, dass auf dem Pachtgrundstück auch gearbeitet wird. Den Umfang der geduldeten Nutzung legt die Auflage (10001) nicht fest, es wird vielmehr nur von der nicht genehmigten Nutzung gesprochen, die aufgrund ihrer Unbestimmtheit im Ergebnis jegliche Nutzung beinhalten kann.

In welchem Umfang und mit welchen Immissionen die weitere Nutzung des Pachtgrundstücks für die Klägerin verbunden ist, ist mit Ausnahme der beabsichtigten LKW-Durchfahrten, die Eingang in die Immissionsprognose vom 15. Februar 2012 gefunden haben, weder festgelegt noch ermittelt worden. Dies führt zur Unbestimmtheit der streitigen Auflage.

Auch im Weiteren enthalten die Bauvorlagen zu Lasten der Klägerin zahlreiche Unklarheiten und Lücken, die ebenfalls zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung führen. Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung lassen sich der Baugenehmigung und den zugehörigen Bauvorlagen nicht eindeutig entnehmen:

Ausweislich des Lageplans vom 13. Januar 2011 befindet sich auf der nordöstlichen, den Grundstücken der Klägerin zugewandten Seite des Betriebsgrundstücks, ca. 22 m von der Grundstücksgrenze entfernt, ein Kraftstoffabfüllplatz mit einem 10.000 L Tank. Der Lageplan ist durch die Grünstempelung Genehmigungsgegenstand geworden. Der Kraftstoffabfüllplatz ist jedoch weder Gegenstand der ebenfalls grüngestempelten Baubeschreibung vom 4. Dezember 2010, der Betriebsbeschreibung vom 7. Juni 2011 sowie der erweiterten Betriebsbeschreibungen vom 14. Februar 2012 und vom 8. Juli 2015 noch Gegenstand der Geräuschimmissionsprognose des ITAB vom 15. Februar 2012. Sämtliche mit dem Betrieb des Kraftstoffabfüllplatzes verbundene Lärmbelastungen sind daher unberücksichtigt geblieben. Es bleibt unreglementiert, wie oft Tankfahrzeuge das Betriebsgrundstück anfahren und Kraftstoff liefern, der Abfüllvorgang bleibt unberücksichtigt; insbesondere bleibt aber offen, welche Fahrzeuge und Maschinen in welcher Anzahl und Häufigkeit auf dem Platz betankt werden. Fahrten bzw. Transporte zum und vom Kraftstoffabfüllplatz werden nicht berücksichtigt, Lärmbelastungen sind hierzu nicht ermittelt worden. Aufgrund der Größe des Betriebes der Beigeladenen und des angebotenen umfassenden Leistungsspektrums (s. www.°°°°°°.de) ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen eine Vielzahl von auch schweren Fahrzeugen und Baumaschinen aller Art unterhalten, die regelmäßig betankt werden müssen. Über die Größe des Fahrzeug- und Maschinenbestandes ist jedoch nichts bekannt. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Betriebsbeschreibungen verhalten sich hierzu -entgegen § 5 Abs. 2 BauPrüfVO- nicht. Die Erläuterung zur Betriebsbeschreibung vom 8. Juli 2015, die nicht grüngestempelt ist, lässt im Ergebnis ebenfalls nicht erkennen, wie viele und welche Fahrzeuge und Baumaschinen die Beigeladenen unterhalten. Der Umfang des Betriebes des Kraftstoffabfüllplatzes kann damit in keiner Weise bestimmt werden. Letztlich lässt die erteilte Baugenehmigung vom 29. Februar 2012 dadurch, dass der Tankbetrieb in den Bauvorlagen nicht beschrieben und reglementiert worden ist, einen beliebigen und damit unbegrenzten Tankbetrieb -nicht nur für firmeneigene Fahrzeuge und Maschinen- zu. So ist es etwa auch möglich und nicht fernliegend, dass Fahrzeuge und Maschinen der nahe gelegenen Schwesterfirma der H. M. M1. H1. , der O. H1. -ebenfalls ein größeres Unternehmen im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus- dort betankt werden. Zu betankende Fahrzeuge und Maschinen können den Kraftstoffabfüllplatz auf dem Betriebsgrundstück über die Ostseite und damit der den klägerischen Grundstücken zugewandten Seite anfahren bzw. wieder abfahren.

Mit einem im Ergebnis möglichen beliebigen Tankbetrieb können erhebliche Lärmbelastungen für die Klägerin verbunden sein.

Es ist des Weiteren unklar, wo die Betriebsfahrzeuge geparkt werden und zwar sowohl die Kolonnenfahrzeuge als auch die anderen LKW sowie die Traktoren und ggf. andere (größere) fahrbare Baumaschinen, die nicht (durchgehend) auf Baustellen eingesetzt werden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 14 BauPrüfVO muss der Lageplan -soweit erforderlich- die Aufteilung der nicht überbauten Flächen auf dem Baugrundstück unter Angabe der Lage, Anzahl und Größe der Stellplätze für Kraftfahrzeuge enthalten. Diese Angaben sind hier erforderlich, da sie im Hinblick auf die damit verbundene Lärmentwicklung nachbarrechtsrelevant sind.

Auf dem Lageplan vom 13. Januar 2011 sind Stellplätze für Betriebsfahrzeuge nicht gekennzeichnet; bei den ausgewiesenen 40 Stellplätzen im Freien und in Garagen handelt es sich vielmehr um die Stellplätze und Garagen für die Wohnungen und die im Betrieb beschäftigten Personen (vgl. Baubeschreibung vom 4. Dezember 2010 und Stellplatznachweis, Bl. 21 der Beiakte Heft 2 zum Verfahren 10 L 179/12). Das Abstellen der LKW im Sinne eines Parkens ist auch nicht bereits von den in der Geräuschimmissionsprognose vom 15. Februar 2012 berücksichtigten Stellplatzwechseln erfasst. Die Stellplatzwechsel -offenbar im Zusammenhang mit den Lade-/Entladevorgängen an den Schüttboxen und bei den Bodenmieten - sind nur durch die Quellen Q11 bis Q14 und damit nur an bestimmten festgelegten Standorten berücksichtigt. Insbesondere im nordöstlich (nördlich der im Lageplan ausgewiesenen Schüttboxen) gelegenen, grenznahen Bereich sind keine Stellplatzwechsel berücksichtigt, obwohl dort eine erhebliche Zahl von LKW, aber auch Kolonnenfahrzeuge, Traktoren und fahrbare Baumaschinen abgestellt und geparkt werden könnte.

Davon, dass Kolonnenfahrzeuge, LKW und Traktoren auf dem Betriebsgrundstück geparkt werden, geht nunmehr auch die Erläuterung zur Betriebsbeschreibung vom 8. Juli 2015 aus, ohne jedoch hierzu die notwendigen Angaben zu machen.

Da die Bauvorlagen keine Angaben und keine Regelung enthalten, wo die Fahrzeuge abgestellt werden, ist das Parken im Ergebnis beliebig auf dem Betriebsgrundstück, also u.a. auch im grenznahen Bereich möglich. Die Betriebsfahrzeuge, über deren Größenordnung nichts bekannt ist, können so etwa auch an der östlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin geparkt werden. Insbesondere nördlich der Garage mit zwei Stellplätzen befindet sich eine rund 50 m tiefe Freifläche, auf der direkt an der Grenze zum Grundstück der Klägerin eine beträchtliche Anzahl von Betriebsfahrzeugen abgestellt werden kann.

Die mit dem Parken verbundenen Geräuschimmissionen müssten in jedem Fall auch in der Geräuschimmissionsprognose berücksichtigt werden, was jedoch ebenfalls nicht geschehen ist.

Darüber hinaus sind die Kolonnenfahrzeuge in der Geräuschimmissionsprognose vom 15. Februar 2012 zwar bei der Betriebsweise (ca. 30 Klein-LKW) aufgeführt worden; sie sind jedoch bei der Geräuschimmissionsberechnung als Geräuschquellen auf dem Betriebsgelände nicht berücksichtigt worden.

Soweit in der Erläuterung vom 8. Juli 2015 weiterhin das Be- und Entladen von Kolonnenfahrzeugen angegeben wird, ist nicht ersichtlich, dass diese Vorgänge in der Immissionsprognose berücksichtigt worden sind. In diesem Zusammenhang kann nicht -ohne Weiteres- davon ausgegangen werden, dass diese Be- und Entladevorgänge von den Flächenquellen Stapler/Radlader erfasst sind. Zum Einen ist es möglich, dass die Kolonnenfahrzeuge auch -geräuschrelevant- von Hand be- und entladen werden, zum Anderen sind die Be- und Entladevorgänge überall auf dem Betriebsgrundstück denkbar.

In diesem Zusammenhang weist das Gericht auch darauf hin, dass die Angabe "ca. 30 Klein-LKW" problematisch und wohl zu unbestimmt ist. Eine ca.-Angabe entbehrt einer genauen Festlegung und lässt offen, wie viel mehr oder weniger Fahrzeuge von dieser Angabe noch erfasst werden.

Dies gilt im Übrigen für alle ca.- Angaben in den Betriebsbeschreibungen und in der Geräuschimmissionsprognose. Soweit die Beigeladenen in der Erläuterung vom 8. Juli 2015 die ca.- Angaben durch die Angabe "bis zu" ersetzen, weist das Gericht darauf hin, dass die früheren ca.- Angaben nach wie vor in den genehmigten Bauvorlagen und in der Geräuschimmissionsprognose enthalten und damit Bestandteil der Genehmigung sind.

Weiterhin sind in der Betriebsbeschreibung vom 7. Juni 2011 unter der Rubrik 1 Maschinen, Apparate, Fördereinrichtungen, Betriebsfahrzeuge angegeben und durch die Grünstempelung genehmigt worden: Kleintransporter, Sattelschlepper und Traktoren; Baumaschinen; Siehe Anlage, erweiterte Betriebsbeschreibung.

Zumindest hinsichtlich des Einsatzes der angegebenen Traktoren fehlt es jedoch sowohl in den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Betriebsbeschreibungen, insbesondere auch in der Anlage zur Betriebsbeschreibung vom 14. Februar 2012, als auch in der Geräuschimmissionsprognose an jeglicher Angabe und Festlegung hinsichtlich des Umfangs ihres Einsatzes als auch an einer Bestimmung ihres Einsatzortes. Geräuschimmissionen hinsichtlich des Traktoreneinsatzes sind in der Geräuschimmissionsprognose auch nicht ermittelt worden. Soweit die Beigeladenen in der Erläuterung der Betriebsbeschreibung vom 8. Juli 2015 nunmehr angeben, es sei die An- und Abfahrt und das Parken von bis zu vier Traktoren vorgesehen, so fehlt es dennoch weiterhin an der Beschreibung des Umfanges und des Ortes des Einsatzes der Traktoren als auch an einer Berücksichtigung in der Geräuschimmissionsprognose.

Im Rahmen der Berücksichtigung der LKW-Stellplatzwechsel in der Geräuschimmissionsprognose vom 15. Februar 2012 wird der Ansatz gemäß der Parkplatzlärmstudie gemacht, dabei werden jedoch Rangiervorgänge und Rückwärtsfahrsignale zuzüglich eines Zuschlages für Tonhaltigkeit nicht erfasst.

Bei der Berücksichtigung von PKW-Fahrbewegungen ist zunächst auch hier auf den wiederholten Gebrauch von ca.- Angaben zu verweisen (ca. 50 PKW, ca. 50 PKW- Stellplätze).

Nach dem Lageplan vom 13. Januar 2011 befinden sich neben 7 Garagenparkplätzen 19 Stellplätze an der nordwestlichen Grundstücksseite und 14 Stellplätze im mittleren Bereich des Grundstücks vor den vorhandenen Hauptgebäuden. Ausweislich des grüngestempelten Grünordnungsplans befinden sich ebenfalls Mitarbeiterparkplätze auf der Nordwestseite, aber auch direkt östlich der Grundstückszufahrt. Die Garagen sind ebenfalls dargestellt. Im mittleren Grundstücksbereich vor den Bestandsgebäuden sind im Grünordnungsplan keine Stellplätze ausgewiesen. Es stellt sich daher die Frage nach der genauen Anzahl und Lage der Stellplätze.

Da der Gutachter in der Geräuschimmissionsprognose statt des Lageplans den Grünordnungsplan als Grundlage genommen hat, hat er die im mittleren Bereich liegenden Stellplätze nicht berücksichtigt und die im nordwestlichen Grundstücksbereich liegenden Stellplätze wohl in Bezug auf die Abstandsverhältnisse zu den maßgeblichen Immissionsorten für vernachlässigbar angesehen. Daher hat er die PKW- Stellplatzwechsel auf dem Betriebsgelände zu der Quelle P1 zusammengefasst, die direkt östlich der Betriebshofzufahrt liegt. Die Stellplätze im mittleren Grundstückbereich hat der Gutachter nicht berücksichtigt, obwohl sie hinsichtlich der Geräuschbelastung für die Klägerin durchaus relevant sein können, da die PKW weiter in das Grundstück hineinfahren.

Darüber hinaus kann mit Sicherheit angenommen werden, dass PKW- Stellplatzwechsel nicht nur durch die im Gutachten berücksichtigten An- und Abfahrten der Mitarbeiter der Beigeladenen ausgelöst werden.

Wesentlich für die Validität einer Immissionsprognose ist, dass sie ein realistisches, d.h. repräsentatives bzw. typisches Betriebsgeschehen widerspiegelt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2015 -2 B 99/15- m.w.N., juris.

Hier sind mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere An- und Abfahrten mit PKW außerhalb des Mitarbeiterverkehrs zu erwarten. So ist etwa davon auszugehen, dass auch Kunden und Geschäftspartner das Betriebsgrundstück anfahren. Diese sind jedoch weder in der Betriebsbeschreibung noch in der Prognose berücksichtigt, obwohl sie einzustellen sind.

Dementsprechend werden in der Prognose vom 15. Februar 2012 bei den PKW- Ein- und Ausfahrten an der Ein- und Ausfahrt N1. T.----straße °° 200 PKW-Bewegungen am Tag berücksichtigt, d.h., es fahren 100 PKW das Gelände N1. T. . °° an und wieder ab. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum nur die PKW-Stellplatzwechsel der Mitarbeiter berücksichtigt werden, andere -betriebsbedingte- jedoch nicht.

Nach der Erläuterung der Betriebsbeschreibung vom 8. Juli 2015 sollen nunmehr auch Hydraulikbagger auf dem Grundstück N1. T. . °° eingesetzt werden. Zu diesem Einsatz fehlt es an jeglichen Angaben in den Bauvorlagen und einer Berücksichtigung in der Geräuschimmissionsprognose.

Als Schallschutzmaßnahme ist in der Betriebsbeschreibung vom 7. Juni 2011, in den Nebenbestimmungen der Unteren Umweltschutzbehörde vom 19. Mai 2011 und in der Geräuschimmissionsprognose vom 15. Februar 2012 vorgesehen, dass bei geräuschintensiven Arbeiten innerhalb der Werkstatthalle die Fenster und Tore der Halle geschlossen zu halten sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ab wann geräuschintensive Arbeiten vorliegen und wie diese definiert werden. Dies bleibt in den Bauvorlagen völlig offen. Auch insoweit liegt eine Unbestimmtheit vor.

Des Weiteren werden in der Geräuschimmissionsprognose des ITAB vom 15. Februar 2012 unter Punkt 3.2.5 Geräuschemissionen durch LKW-Stellplatzwechsel in der Nähe der Schüttboxen berücksichtigt und zwar durch die genannten Quellen Q11 bis Q14. Unter Punkt 3.2.6 werden Geräuschemissionen durch LKW Abkippvorgänge berücksichtigt. Es heißt dort u.a., dass die Lage der Quellen LKW Abkippvorgänge Entladung (Q06 - Q10) in der Anlage 2 dargestellt sind. Es würden insgesamt 90 Abkippvorgänge auf dem Betriebsgelände bei der Berechnung der Geräuschimmissionen berücksichtigt. In der Anlage 2-2 werden die Punktquellen Q06 - Q10 Abkippvorgänge (2 Min/Vorgang) und Q11 - Q14 LKW- Stellplatzwechsel als Geräuschquellen genannt; im Lageplan selbst sind die Punktquellen Q06 und Q13 jedoch nicht vorhanden bzw. gekennzeichnet. In den Anlagen 3 und 4 sind die Punktquellen Q06 und Q13 nicht aufgeführt, sondern bleiben bei den Darstellungen und Berechnungen unberücksichtigt. Es ist demnach zum Einen nicht bekannt, auf welchem Grundstück und wo genau diese im textlichen Teil vergebenen Punktquellen liegen. Nicht auszuschließen ist, dass sie auf dem hier streitgegenständlichen Grundstück N1. T.----straße °° liegen. Zum Anderen sind die Punktquellen Q06 und Q13 als Geräuschquellen zu Lasten der Klägerin bei der Ermittlung der Immissionsbelastung auch nicht berücksichtigt worden sind. Es reicht in diesem Zusammenhang auch nicht aus, dass nach den textlichen Ausführungen in der Prognose 90 Abkippvorgänge berücksichtigt worden sind. Dies ist einerseits nicht zutreffend, denn nach der Anlage 3 sind für die Quellen Q07 bis Q10 insgesamt nur 150 Minuten berücksichtigt worden, was im Ergebnis lediglich 75 Abkippvorgängen entspricht. Andererseits kommt es für die Ermittlung der Geräuschbelastung nicht nur auf die Anzahl der lärmverursachenden Vorgänge, sondern auch auf die Lage der Geräuschquellen zu den bestimmten Immissionspunkten an. Die Lage der Geräuschquelle Q06 ist aber eben nicht bekannt.

Soweit sich das Fehlen der Punktquellen Q06 und Q13 durch die Historie der verschiedenen Immissionsprognosen erklären lassen sollte -in einer als ungültig gestempelten zeitlich früheren Prognose vom 9. Juni 2011, vgl. Bl. 133 der Beiakte Heft 2 zum Verfahren 10 L 179/12 ist das nördliche Pachtgrundstück mit jeweils einer Punktquelle Abkippvorgang und einer Punktquelle LKW-Stellplatzwechsel versehen worden-, so ist darauf hinzuweisen, dass dieses Gutachten hier nicht Gegenstand der Baugenehmigung ist und die der hier streitigen Baugenehmigung zugrunde liegende Prognose vom 15. Februar 2012 selbst in sich schlüssig sein muss und keine Unklarheiten zu Lasten der Klägerin aufweisen darf.

Im Übrigen hält die Kammer es insgesamt nochmals für überprüfungsbedürftig, ob in der Betriebsbeschreibung und in der Geräuschimmissionsprognose ansonsten tatsächlich alle immissionsrechtlich relevanten Vorgänge auf dem Betriebsgrundstück erfasst worden sind, ob also das typische Betriebsgeschehen umfänglich widergespiegelt wird.

Hier ist etwa zu denken an das Auf- und Entladen von (fahrbaren) Baumaschinen, das Bewegen und Abstellen von (schweren) Baumaschinen auf dem Betriebsgrundstück außer Staplern und Radladern, das Umherfahren von Staplern und Radladern auf dem Betriebsgrundstück außerhalb der Flächenquellen, das Verladen von schwerem Stückgut -etwa Container, Kanalrohre oder Stammholz- mittels mobilen Krans, geräuschintensives Verladen von Hand, Durchführung von Sägearbeiten etc.. Hier wird nochmals eine sehr sorgfältige Bestandsaufnahme und Bewertung des Betriebsgeschehens erforderlich sein. In diesem Zusammenhang spricht auch Einiges für die Notwendigkeit, die genaue Lage der Lagerflächen auf dem Betriebsgrundstück im Lageplan darzustellen.

Es reicht hier zur genügenden Konkretisierung der Baugenehmigung auch nicht aus, dass in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vorgegeben ist, dass die Immissionsrichtwerte für Mischgebiete nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm -TA Lärm- vom 26. August 1998 am Haus der Klägerin nicht überschritten werden dürfen. Drohen die bei der Nutzung der genehmigten Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu überschreiten, genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Zielwert festzulegen. Vielmehr muss die genehmigte Nutzung in diesen Fällen schon in der Baugenehmigung durch konkrete immissionsmindernde Regelungen eingeschränkt werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2013 -2 B 1336/12- und Beschluss vom 14. November 2014 -2 A 767/14-, juris.

Eine solche Situation ist hier deshalb anzunehmen, weil vorliegend eine Summe von Unklarheiten und regelungsbedürftigen, tatsächlich aber nicht geregelten Lärmquellen gegeben ist, die jedenfalls insgesamt weitere wesentliche Immissionen für die Klägerin mit sich bringen können. Dabei ist es auch nicht auszuschließen, dass es zu einer erheblichen, die Grenze des Zumutbaren übersteigenden Lärmbelastung für die Klägerin kommen kann.

Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2010 -7 A 1573/09-.

Es muss sich daher aus der Baugenehmigung selbst positiv und umfassend ergeben, welche betrieblichen Tätigkeiten und Nutzungen zugelassen sind.

Dabei ist es grundsätzlich Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhält; dabei sind an die im Genehmigungsverfahren vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien insoweit hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall "auf der sicheren Seite" liegen muss.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2003 -7 B 2434/02-, juris.

Durch die in verschiedener Hinsicht nicht oder nicht hinreichend festgelegten betrieblichen Rahmenbedingungen können unzumutbare Immissionen für die Klägerin nicht hinreichend sicher und verlässlich ausgeschlossen werden.

Dies gilt auch angesichts des Umstandes, dass das Gutachten in der Geräuschimmissionsprognose zu dem Ergebnis kommt, dass der Gesamtbeurteilungspegel am Haus der Klägerin (IP01 und IP02) in der Tageszeit 54,6 dB(A) und 48,0 dB(A) beträgt und insoweit ausgehend von dem Richtwert für ein Mischgebiet von 60 dB(A) am Tag noch ein nicht unerheblicher Puffer gegeben ist. Insofern wäre es auf Seiten des Gerichts reine Spekulation, abzuschätzen, wie sich die möglichen, aber nicht bewerteten Geräuschquellen für die Klägerin auswirken. Eine zuverlässige und abgesicherte Überprüfung der Nachbarrechtskonformität ist hier im Ergebnis weder für die Klägerin noch für das Gericht möglich.

Aus den aufgeführten Gründen folgt die Unbestimmtheit und die Nachbarrechtswidrigkeit der Baugenehmigung vom 29. Februar 2012.

Aufgrund ihrer Unbestimmtheit verstößt die Baugenehmigung deswegen zugleich zum Nachteil der Klägerin gegen das in § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot.

Vgl. zur Verankerung des Rücksichtnahmegebotes in § 35 BauGB OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 -2 A 3010/11-, a.a.O. und Beschluss vom 12. Februar 2015 -2 A 616/14-, juris.

Die Baugenehmigung vom 29. Februar 2012 war daher aufzuheben, ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, ob noch weitere Rechtsverstöße vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen einen erfolglos gebliebenen Klageabweisungsantrag gestellt haben, konnten ihnen auch Kosten auferlegt werden, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aufgrund des erfolglosen Antrags nicht erstattungsfähig, vgl. § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.