OLG Hamburg, Urteil vom 02.05.2006 - 7 U 19/06
Fundstelle
openJur 2011, 13876
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 13.1.2006 - Geschäftsnummer 324 O 674/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(gemäß §§ 540 Abs. 1 und 2, 313a ZPO)

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung und einer fiktiven Lizenzgebühr sowie Erstattung von Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen, denen der Senat folgt.

Demgegenüber führt das Berufungsvorbringen zu keiner abweichenden Entscheidung.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung auf Grund der Veröffentlichung ihrer Abbildung mit teilweise entblößter Brustwarze. Denn die - wenn auch rechtswidrige - Veröffentlichung stellt keinen so schwerwiegenden Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, dass er nur durch die Zuerkennung einer Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.

Der überzeugenden Argumentation in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist ergänzend hinzuzufügen, dass der Klägerin nicht verborgen geblieben sein kann, dass es sich bei dem trägerlosen Oberteil ihres Abendkleides ersichtlich nicht um eine fest und gleichsam "sicher" sitzende Korsage handelte, sondern dass der Schnitt und Stoff des Oberteils bei entsprechend schwungvollen Bewegungen ein Herunterrutschen nicht ausschlossen, sondern begünstigten. Die zahlreichen Fotos der Klägerin, die dem Senat in den ähnliche Bildveröffentlichungen von demselben Ereignis betreffenden (insgesamt vier) Akten vorgelegt worden sind, zeigen anschaulich, dass der obere Rand des besagten Oberteils beim Tanz in der "1. Wiener Ballnacht" in unterschiedlichem Maße und nicht nur beim Tanz mit Herrn B. heruntergerutscht ist. Beispielhaft wird auf das (der Klägerin bekannte) Foto in der Anlage B 1 in der Sache 7 U 17/06 hingewiesen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Klägerin das Risiko, dass ihr Kleid in dieser Weise verrutschen und für die Anwesenden den Blick auf ihre Brustwarze freigeben würde, bewusst war. Dass damit zugleich die Möglichkeit bestand, dass von den zahlreich anwesenden Pressefotografen eine solche Szene fotografiert werden würde, lag auf der Hand.

Ferner ist zu ergänzen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Veröffentlichung des beanstandeten Fotos kein schweres Verschulden trifft, wie sich aus den besonderen Umständen bei Aufnahme des Fotos ergibt. Da die Klägerin nach dem Missgeschick nicht gegen die Fotoaufnahmen protestiert hatte, obwohl nicht zu übersehen war, dass die Objektive mehrerer Kameras auf sie gerichtet waren, und da zudem ein Betrachter der Situation annehmen konnte, dass sie bemerkt hatte, dass ihr Oberteil, ihre Brustwarze teilweise entblößend, heruntergerutscht war, war für die Beklagte nicht offensichtlich, dass die Klägerin Einwände gegen die Veröffentlichung der Fotoaufnahmen hatte.

2.Auch ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr unter dem Gesichtspunkt einer entsprechenden Ersparnis auf Seiten der Beklagten besteht nicht.

a) Ein aus § 812 Abs.1 S.1, 1. Alt BGB herzuleitender Anspruch kommt dann in Betracht, wenn der in Anspruch Genommene auf Kosten des Verletzten einen vermögenswerten Vorteil erlangt hat. Voraussetzung eines Bereicherungsanspruchs ist, dass die Nutzung des konkreten Bildes zu dem konkreten Zweck einen Vermögenswert hatte, so dass die Verwertung einen Eingriff in ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht darstellte.

Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn durch die rechtswidrige Veröffentlichung ein für die Nutzung normalerweise nach der Verkehrssitte zu entrichtendes Entgelt erspart wird (vgl. auch Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 14, Rn.10 m.w.N.). In diesen Fällen ist das ersparte Honorar, von dem der Abgebildete die Erlaubniserteilung hätte abhängig machen können, herauszugeben. Entscheidend ist somit, ob aus der Bildveröffentlichung geldwerte Vorteile gezogen wurden, und ob dies nach der Verkehrsübung nicht hätte geschehen können, ohne den Abgebildeten an ihnen in Form eines Entgelts zu beteiligen (so BGH NJW 1979, 2205,2206).

Ein solches vermögenswertes Nutzungsrecht ist regelmäßig bei der Verwendung von Aufnahmen zu Werbezwecke anzunehmen, für die üblicherweise eine Lizenz an den Abgebildeten gezahlt zu werden pflegt.

Bei der rein publizistischen Verwendung einer Abbildung, wie sie hier vorliegt, kann dies hingegen allenfalls ausnahmsweise in Betracht kommen. Derartige Bilder verkörpern regelmäßig, ebenso wie das hier abgedruckte, keinen Vermögenswert für die abgebildete Person.

Der (publizistische) Wert des vorliegenden Bildes erschöpft sich in der Darstellung des abgebildeten - wenngleich unbedeutenden - Ereignisses, nämlich der unfreiwilligen Entblößung der Klägerin auf einem Ball.

Nach seinem Gegenstand ist es nicht mit einem üblicherweise nur gegen Entgelt zu veröffentlichenden Nacktfoto gleichzusetzen, da es den Blicken des Betrachters lediglich den oberen Rand der Brustwarze der Klägerin preisgibt und - im Unterschied zu gestellten Nacktaufnahmen - nicht einmal den Anschein einer bewussten Zurschaustellung von Blöße und Nacktheit vermittelt. Auch wenn der Klägerin von der Zeitschrift "Playboy" bereits Honorare für die Erstellung und Veröffentlichung von Nacktaufnahmen angeboten sein mögen, erscheint es undenkbar, dass sich dieses Angebot auf Fotos wie das hier abgebildete erstrecken würde.

Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage auch von derjenigen, wie sie dem Landgericht bei der in AfP 1995, 526f veröffentlichten Entscheidung vorlag. Bei dem dort ohne Einwilligung der Abgebildeten veröffentlichten Foto handelte es sich um ein gestelltes Foto, auf welchem die Abgebildete, eine bekannte Sängerin, mit Bodypainting auf freiem Oberkörper zu sehen war. Auch wenn diese Sängerin sich im Interesse des zeitgeschichtlichen Ereignisses einer Bodypainting-Aktion für die Aufnahmen und deren Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hatte, handelte es sich doch um ein Bild, bei dem die Einwilligung in die Veröffentlichung wegen der Präsentation ihres nackten Oberkörpers üblicherweise von der Zahlung einer Lizenz an die Abgebildete abhängig gemacht worden wäre, so dass ihr aufgrund der einwilligungslosen Zweitveröffentlichung ein Bereicherungsanspruch zuzusprechen war.

Da hingegen für ein Foto üblicherweise keine Lizenzvergütung an die Abgebildete gezahlt wird, welches in der hier dargestellten Weise zustande gekommen ist und welches nur geringfügig mehr vom Körper der Abgebildeten zeigt, als diese ohnehin bewusst der Öffentlichkeit präsentiert hat, stellt seine Veröffentlichung zwar eine Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts der Klägerin an ihrem eigenen Bild, nicht aber einen Eingriff in ein vermögenswertes Recht der Klägerin dar, so dass ein Bereicherungsanspruch nicht gegeben ist.

b) Auch ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 KUG kommt aus diesem Grunde nicht in Betracht. Voraussetzung für den Ersatz eines deliktischen Vermögensschadens ist nämlich gleichfalls ein Eingriff in ein Ausschließlichkeitsrecht, welcher üblicherweise nur gegen Entgelt gestattet zu werden pflegt (vgl. BGHZ 20, 345 ff). Die Frage, ob die Klägerin zu einer solchen Einwilligung bereit gewesen wäre, bedarf deshalb keiner Erörterung.

3. Da der Klägerin keiner der mit der Zahlungsaufforderung geltend gemachten Ansprüche zustand, kommt auch kein Anspruch auf Ersatz der dadurch entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert weder zur Fortbildung des Rechts, noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs.2 ZPO).