SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015 - S 24 KR 254/14
Fundstelle
openJur 2015, 17495
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2014 verurteilt, die Klägerin mit einem "Bioness L300 Fußhebersystem rechts" entsprechend dem Kostenvoranschlag des Sanitätshauses N vom 13.01.2014 zu versorgen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit einem Elektrostimulationsgerät für die Füße.

Die am 00.00.1963 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert.

Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Neurologen und Psychiaters Dr. M vom 08.01.2014 sowie eines Kostenvoranschlags des Sanitätshauses N vom 13.01.2014 beantragte die Klägerin am 15.01.2014 bei der Beklagten die Kostenübernahme für ein "Bioness L300 Fußhebersystem" rechts. Es handelt sich hierbei um einen Fußschrittmacher, welcher im Alltag getragen wird und durch elektrische Impulse die Wadenmuskulatur wieder zur Kontraktion bringt. Ziel des Hilfsmittels ist die Verbesserung des Gangbildes und der Gangsicherheit. Das Sanitätshaus N hatte für das Hilfsmittel Kosten in Höhe von 5.490,00 EUR veranschlagt.

In einem Schreiben vom 20.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin folgendes mit:

"Sehr geehrte Frau T,

vielen Dank für Ihren Antrag. Wir haben diesen am 15.01.2014 erhalten.

Zur weiteren Klärung haben wir Ihre Unterlagen an den medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK WL) weitergeleitet.

Das Patientenrechtegesetz verpflichtet die Krankenkassen, über den Antrag auf Kostenübernahme innerhalb von fünf Wochen zu entscheiden, wenn ein Gutachter eingeschaltet wurde.

Selbstverständlich möchten wir schnellstmöglich eine Entscheidung treffen. Sobald uns die Antwort des Gutachters vorliegt, werden wir den Antrag umgehend weiterbearbeiten. ( )"

In einer nach Aktenlage erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 21.01.2014 führte Dr. S vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) aus, dass bei der Klägerin eine armbetonte Hemiparese rechts mit kleinschrittigem, ataktischem Gehvermögen vorliege. Gutachterlich werde davon ausgegangen, dass eine Fußheberschwäche rechts bestehe. Eine geeignete Versorgung hierfür sei eine konventionelle Fußheberorthese, über die die Klägerin bisher noch nicht verfüge. Es werde deshalb empfohlen, die Klägerin zunächst mit einer derartigen Orthese zu versorgen. Nach einer Tragezeit von 14 Tagen solle im Rahmen einer Arztanfrage festgestellt werden, ob die Klägerin ausreichend versorgt sei. Eine Versorgung der Klägerin mit dem beantragten Fußhebersystem sei jedenfalls medizinisch nicht erforderlich.

Die Beklagte teilte dem MDK daraufhin am 30.01.2014 mit, dass die Klägerin unter anderem mit einer Fußheberorthese versorgt sei. Für die Fußheberorthese sei laut Aussage des Ehemannes der Klägerin der Muskel, der den Fuß nach innen ziehe, zu kräftig. Seine Ehefrau würde Vieles nur noch über die Hüfte steuern und mit dem beantragten Elektrostimulationsgerät würde sie wieder besser laufen können.

In einer weiteren nach Aktenlage erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 03.02.2014 führte Dr. S aus, dass anhand der vorgelegten Unterlagen die Versorgung mit dem Elektrostimulationsgerät nicht nachvollziehbar sei. Um der Klägerin selbst zu ermöglichen, ggf. medizinisch gewichtige Sachverhalte vorzutragen, werde eine persönliche Begutachtung für den 18.02.2014 vorgeschlagen.

Die Klägerin wurde daraufhin von der Beklagten gebeten, sich am 18.02.2014 beim MDK vorzustellen, was jene auch tat. In einem entsprechenden sozialmedizinischen Gutachten vom 18.02.2014 führte Dr. S aus, dass durch die armbetonte Hemiparese rechts das Gehvermögen erheblich beeinträchtigt sei. Zum Ausgleich der sich daraus ergebenden Behinderungen sei die Klägerin frühzeitig mit einer konfektionierten Fußheberorthese versorgt worden, die jedoch nicht getragen werde, weil es dadurch zu Schwellungszuständen des Fußes komme. Im Rahmen der Begutachtung könne die Fußheberlähmung der Klägerin durch den Einsatz der vorhandenen Orthese deutlich kompensiert werden. Jedoch ändere sich hierdurch das Gangbild der Klägerin insgesamt nicht wesentlich, da dieses vornehmlich durch die Halbseitenlähmung rechts beherrscht werde. Um der Klägerin dennoch Gelegenheit zu geben, eine richtungsweisende Verbesserung durch den Einsatz eines elektrischen Muskelstimulators zu erproben, werde die leihweise Versorgung mit einem derartigen Produkt für 1 bis 2 Wochen empfohlen. Am Ende der Erprobungsphase solle eine Begutachtung zur Evaluation der Gebrauchsvorteile erfolgen. Das Gutachtenergebnis - so Dr. S abschließend - sei der Klägerin nicht mitgeteilt worden.

Der Klägerin wurde daraufhin das Elektrostimulationsgerät leihweise zur Verfügung gestellt. Sie wurde zu einer weiteren Untersuchung durch den MDK für den 01.04.2014 eingeladen und an diesem Tag auch körperlich untersucht. In einem entsprechenden sozialmedizinischen Gutachten vom 03.04.2014 führte Dr. T1 vom MDK aus, dass die bisherige Erprobungszeit von drei Tagen nicht ausreiche, um eine abschließende Beurteilung über das beantragte System zur Verbesserung des Gangbildes und der Selbsthilfefähigkeiten vornehmen zu können. Es wurde für den 15.04.2014 ein Folgetermin vereinbart, den die Klägerin auch wahrnahm.

In einem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 25.04.2014 führte Dr. S auf Grundlage einer körperlichen Untersuchung der Klägerin vom 15.04.2014 aus, dass sich das Gangbild der Klägerin auch unter Einsatz des verordneten Elektrosimulationsgerätes nicht richtungsweisend verbessern lasse und insbesondere keine Verbesserung der Gangsicherheit zu erzielen sei, so dass die Klägerin weiterhin nicht in der Lage sei, frei zu gehen und sich entweder im häuslichen Umfeld an Wänden und Möbeln abstützen oder vom Ehemann an den Händen geführt werden müsse. Insofern stünden aus gutachterlicher Sicht die Kosten einer derartigen Versorgung in keinem angemessenen Verhältnis zum erreichbaren Behinderungsausgleich, der zudem in nahezu gleicher Weise durch eine konventionelle Fußheberorthese sichergestellt werden könne. Zum ausreichenden und zweckmäßigen Ausgleich der Behinderung sei die Versorgung mit einer konventionellen dynamischen Fußheberorthese in Kombination mit einem knöchelhohen Schuh sinnvoll. Zusätzlich könne auf die Prothese eine entsprechende Bettung gearbeitet werden, die dem Fuß weiteren Halt gebe.

Mit Bescheid vom 28.04.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Kostenübernahme für das Bioness L300 Fußhebersystem nicht erfolgen könne. Zur Begründung verwies sie auf den Inhalt des Gutachtens des MDK vom 25.04.2014.

Dagegen legte die Klägerin am 05.05.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie im Rahmen der Probeversorgung unter Beweis gestellt habe, dass sie die Funktionen des Elektrostimulationsgerätes nutzen könne. Sie profitiere von den Gebrauchsvorteilen in ihrem gesamten Alltag.

In einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme vom 06.06.2014 führte Dr. T1 aus, dass die Ausführungen der Klägerin nicht geeignet seien, eine Empfehlung für die Versorgung mit dem Elektrostimulationsgerät abzugeben.

Am 02.06.2014 hat die Klägerin Klage erhoben (Az.: S 24 KR 254/14). Zur Begründung führt sie aus, dass sie einen Anspruch gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geltend machen könne. Die Beklagte habe nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V entschieden. Es greife daher die dort geregelte Genehmigungsfiktion.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 28.04.2014 mit einem Widerspruchsbescheid vom 10.10.2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Versorgung mit einem Elektrostimulationsgerät medizinisch nicht erforderlich sei.

Dagegen hat die Klägerin am 10.11.2014 ebenfalls Klage erhoben (Az.: S 24 KR 537/14).

Mit Beschluss vom 11.03.2015 wurden die Verfahren S 24 KR 254/14 und S 24 KR 537/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Führendes Verfahren ist dabei das Verfahren S 24 KR 254/14.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass neben einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V auch die medizinischen Voraussetzungen für eine Versorgung mit dem Elektrostimulationsgerät vorliegen würden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2014 zu verurteilen, die Klägerin mit einem "Bioness L300 Fußhebersystem rechts" entsprechend dem Kostenvoranschlag des Sanitätshauses N vom 13.01.2014 zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche und daher nicht zu beanstanden sei. Sie meint, dass eine Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nicht greife, weil die Leistung medizinisch erforderlich und wirtschaftlich sein müsse, was auf das beantragte Hilfsmittel nicht zutreffe.

Das Gericht hat am 15.05.2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Klägerin persönlich angehört. Das Gericht hat ferner einen Befundbericht von Dr. M vom 17.06.2015 angefordert. Die Beklagte hat ihrerseits ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 30.01.2015 eingereicht. Auf die Sitzungsniederschrift vom 15.05.2015, den Befundbericht und das MDK-Gutachten wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Gründe

Die Klagen sind zulässig und begründet.

Die Klagen sind als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen statthaft.

Mit der echten Leistungsklage kann die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Diese Prozesssituation ist vorliegend gegeben, da die Klägerin ihren Versorgungsanspruch auf die Regelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V stützt. Danach gilt eine Leistung nach Ablauf der in Satz 1 und 4 genannten Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Dies ist dahingehend auszulegen, dass mit Eintritt der Fiktion der Rechtsanspruch auf die beantragte Leistung besteht, ohne dass hierüber noch ein Bescheid der Beklagten zu erteilen wäre. Die Fiktion ersetzt somit den Genehmigungsbescheid (so auch Sozialgericht [SG] Augsburg Urteil vom 03.06.2014 - S 6 KR 339/13 -; SG Nürnberg Urteil vom 27.03.2014 - S 7 KR 520/13 -; SG Dessau-Roßlau Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 -; jeweils juris). Die prozessuale Situation entspricht daher dem Fall, dass die Klägerin bereits einen Bewilligungsbescheid erhalten hat, dieser aber von der Verwaltungsbehörde nicht vollzogen wird. Auch hier ist die echte Leistungsklage zulässig, da auch hier nicht nochmals ein Bescheid zu ergehen hat.

Eine Feststellungsklage wäre demgegenüber subsidiär und daher unzulässig. Insbesondere entfaltet die Feststellungsklage auch nicht dieselben Rechtsschutzwirkungen wie die echte Leistungsklage, da mit dieser kein vollstreckbarer Titel erwirkt werden kann.

Die allgemeine Leistungsklage konnte hier auch mit einer Anfechtungsklage verbunden werden, da der Klägerin gerichtlicher Rechtsschutz dafür zustehen muss, einen formellen Verwaltungsakt, zu dessen Erlass die Beklagte nicht befugt war, zu beseitigen, um sich nicht mit dem Risiko zu belasten, dass dieser später in anderen Zusammenhängen unzutreffend als bestandskräftiger Verwaltungsakt qualifiziert wird (Bundessozialgericht Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R -; SG Augsburg Urteil vom 03.06.2014 - S 6 KR 339/13 -, jeweils juris; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, Anhang § 54 Rn. 4).

Die Klagen sind auch begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 28.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Versorgung mit einem "Bioness L300 Fußhebersystem rechts" aufgrund einer gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetretenen Genehmigungsfiktion.

Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung (Satz 4). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7). Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden (Satz 8). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen (Satz 9).

§ 13 Abs. 3a SGB V beruht auf dem am 26.02.2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (Patientenrechtegesetz, BGBl. I 2013, 277). Die Norm verfolgt das Ziel, die Entscheidungsprozesse der Krankenkassen im Interesse der Patienten zu beschleunigen. Deshalb werden der Krankenkasse durch diese Vorschrift im Verwaltungsverfahren bestimmte Fristen auferlegt, die verhindern sollen, dass Versicherte unzumutbar lange auf eine Entscheidung warten müssen (Joussen, in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.03.2015, § 13 SGB V Rn. 21a). Der spezifische Schutzzweck dieser Norm liegt also darin, Versicherte in dem grundrechtsrelevanten Bereich des Gesundheitsschutzes vor den Folgen eines unangemessen langen Verwaltungsverfahrens zu schützen (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: EL I/2014, § 13 Rn. 58l). Insoweit kommt der Vorschrift gegenüber der zu langsam arbeitenden Krankenkasse auch eine gewisse Sanktionswirkung zu (SG Mannheim Urteil vom 03.06.2014 - S 9 KR 3174/13 -, juris Rn. 20; SG Lüneburg Urteil vom 17.02.2015 - S 16 KR 96/14 -, juris Rn. 15; Wenner, SGb 2013, 162 ff.).

Die Beklagte hat die hier einschlägige 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten und der Klägerin die Gründe hierfür nicht vor Ablauf der Frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch am auf den Auftragseingang folgenden Tag - hier am 16.01.2014 - und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht, hier mit Ablauf des 19.02.2014. Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Klägerin erfolgte dagegen erst am 28.04.2014 und damit außerhalb der Frist.

Eine den Eintritt der Genehmigungsfiktion verhindernde schriftliche Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V erfolgte nicht. Zwar hat die Beklagte mit einem Schreiben vom 20.01.2014 mitgeteilt, dass es eine 5-Wochen-Frist gibt und dass sie bemüht sei, eine schnellstmögliche Entscheidung zu treffen. In diesem Schreiben wurde jedoch nicht mitgeteilt, dass diese gesetzliche Frist nicht eingehalten werden kann. Für die Beklagte und die Klägerin stand zu diesem Zeitpunkt (5 Tage nach Antragseingang) ohnehin nicht fest, ob eine fristgemäße Entscheidung erfolgen würde. Die Beklagte hätte daher zwingend noch vor Ablauf der Frist mitteilen müssen, dass sie die Frist nicht einhalten können würde und sie hätte die Gründe hierfür benennen müssen. Dies wäre v.a. deshalb erforderlich gewesen, weil die Hinweispflicht der Krankenkasse eine wichtige Brückenfunktion zwischen der Bindung an die Entscheidungsfristen und den an die Überschreitung geknüpften Sanktionen nach § 13 Abs. 3a Satz 6 und 7 SGB V hat. Normzweck ist es, den Versicherten Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Entscheidung fristgerecht erfolgt oder eine Selbstbeschaffung zulässig ist. Die vorgeschriebene Schriftform trägt der Bedeutung der Mitteilung Rechnung und hat Klarstellungs- und Beweisfunktion (vgl. SG Marburg Urteil vom 15.01.2015 - S 6 KR 160/13 -; SG Lüneburg Urteil vom 17.02.2015 - S 16 KR 96/14 -, jeweils juris). Hervorzuheben ist insoweit, dass der Gesetzgeber ausdrücklich und unmissverständlich im Wortlaut von einer Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die Nichteinhaltung der Frist spricht und damit an die benannte Warnfunktion anknüpft. Wenn die Nichteinhaltung der gesetzlichen 5-Wochen-Frist schon nicht mitgeteilt wird und auch nicht die Folgen aufgeführt werden, dann wird die mit § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V gesetzlich normierte Warnfunktion nicht erfüllt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin am 18.02.2014 beim MDK war. Denn am 18.02.2014 war die 5-Wochen-Frist noch nicht verstrichen. Die Klägerin wusste daher nicht, ob es der Beklagten gelingen wird, die Frist einzuhalten. Das Begutachtungsergebnis des MDK wurde der Klägerin am 18.02.2014 auch nicht bekannt gegeben. Entscheidend bleibt jedenfalls, dass die Klägerin aufgrund eines fehlenden Hinweises der Beklagten nicht wusste, ob sie sich die Leistung selbst beschaffen könnte.

Durch die Genehmigungsfiktion gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen. Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: EL I/2014, § 13 Rn. 58l). Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen ausgeschlossen.

Die von der Beklagten und teilweise in der Rechtsprechung vertretene Ansicht, wonach die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nur bei einer Leistung greifen kann, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.05.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KR155/14 B -; SG Dortmund Beschlüsse vom 16.07.2014 - S 40 KR 742/14 ER - und 31.01.2014 - S 28 KR 1/14 ER -; SG Würzburg Urteil vom 15.01.2015 - S 11 KR 100/14 -, jeweils juris), wird von der Kammer in Anlehnung an die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.05.2014 (Az.: L 5 KR 222/14 B ER) und anderer Sozialgerichte (vgl. SG Nürnberg Urteil vom 30.04.2015 - S 7 KR 496/14 -; SG Mannheim Urteile vom 27.03.2015 - S 9 KR 3123/14 - und 03.06.2014 - S 9 KR 3174/13 -; SG Koblenz Urteil vom 23.03.2015 - S 13 KR 977/14 -; SG Heilbronn Urteil vom 10.03.2015 - S 11 KR 2425/14 -; SG Düsseldorf Urteil vom 02.03.2015 - S 9 KR 903/14 -; SG Lüneburg Urteil vom 17.02.2015 - S 16 KR 96/14 -; SG Gelsenkirchen Urteile vom 05.02.2015 - S 17 KR 524/14 -, 29.01.2015 - S 17 KR 479/14 - und 02.10.2014 - S 11 KR 180/14 -; SG Marburg Urteil vom 15.01.2015 - S 6 KR 160/13 -; SG Karlsruhe Urteil vom 15.12.2014 - S 5 KR 2284/14 -; SG Augsburg Urteile vom 27.11.2014 - S 12 KR 183/14 - und 12.11.2014 - S 12 KR 3/14 -; SG Osnabrück Urteile vom 06.11.2014 - S 13 KR 164/14 und S 13 KR 189/14 -; SG Dessau-Roßlau Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 -, jeweils juris) nicht geteilt.

Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], vgl. Urteil vom 21.05.1952 - 2 BvH 2/52 -; Beschluss vom 17.05.1960 - 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60 -; Urteil vom 20.03.2002 - 2 BvR 794/95 -; Urteil vom 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 -, jeweils juris). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BVerfG Urteil vom 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11-, juris). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich das Gericht nicht entgegenstellen darf (vgl. BVerfG Beschluss vom 15.01.2009 - 2 BvR 2044/07 -, juris Rn. 97). Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.11.1997 - 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94 -, juris Rn. 54). In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl. BVerfG Beschluss vom 09.02.1988 - 1 BvL 23/86 -, juris Rn. 14).

§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V kann nach den voranstehend genannten Kriterien aus Sicht der Kammer nur dahingehend ausgelegt werden, dass das Wirksamwerden der Genehmigungsfiktion nur von der Nichteinhaltung der Frist bzw. der unzureichenden oder fehlenden schriftlichen Mitteilung der Nichteinhaltung der Frist abhängt, nicht hingegen auch von der Einhaltung des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebotes nach § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V.

Dies ergibt sich zunächst aus einer grammatikalischen Auslegung der Norm. Nach dem klaren Wortlaut gewährt § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch, wohingegen § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V einen Kostenerstattungsanspruch für eine erforderliche Leistung zum Gegenstand hat. Der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V knüpft die Genehmigungsfiktion ausschließlich daran, dass innerhalb der Frist keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Eine Einschränkung dahingehend, dass sich diese Genehmigungsfiktion nur auf solche Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sind, enthält die Vorschrift semantisch und grammatikalisch eindeutig nicht. Dass dies kein "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers gewesen sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass dieser vielfach mit Genehmigungsfiktionen arbeitet. Diese sind weder dem Sozialrecht im Allgemeinen (vgl. § 88 Abs. 5 Satz 2 SGB IX, § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX, § 6 Abs. 3 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 17 Abs. 2 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 18b Abs. 3 Satz 2 SGB XI) noch dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung im Speziellen (vgl. § 32 Abs. 1a Satz 3 Halbsatz 2 SGB V, § 110 Abs. 2 Satz 5 SGB V, § 116b Abs. 2 Satz 4 SGB V) fremd. Für diese Auslegung spricht auch die Legaldefinition, die der Gesetzgeber in § 42a Verwaltungsverfahrensgesetz getroffen hat. Danach gilt eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Auch hier unterstellt das Gesetz, dass von der Behörde ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen worden wäre ("fiktiver Verwaltungsakt"). Der Versicherte kann den Eintritt der Genehmigungsfiktion dann zum Anlass nehmen, entweder von der Krankenkasse die Leistung zu verlangen oder sich gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. SG Nürnberg Urteil vom 30.04.2015 - S 7 KR 496/14 -, juris Rn. 33).

Diese grammatikalische Auslegung wird durch eine systematische, historische und teleologische Auslegung bestätigt: Zwar hatte der Gesetzgeber zunächst lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für erforderliche Leistungen vorgesehen, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtegesetz ergibt (BR-Drucks. 312/12, S. 46, siehe auch BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710, S. 30), um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 - ohne weitere den klaren Wortlaut einschränkende Erläuterungen - in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme der Norm kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3a SGB V aus (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -, juris Rn. 7 m.w.N.).

Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -; SG Heilbronn Urteil vom 10.03.2015 - S 11 KR 2425/14 -; SG Gelsenkirchen Urteil vom 29.01.2015 - S 17 KR 479/14 -; SG Augsburg Urteil vom 27.11.2014 - S 12 KR 183/14 -; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.05.2014 - L 16 KR 154/14 B ER -, jeweils juris). Zudem hätte bei einer solchen Auslegung ein Versicherter ungeachtet eines Verstoßes der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V normierte Hinweispflicht keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies kann nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die Rechte des Patienten zu stärken. Im Übrigen hatte und hat es die Beklagte selbst in der Hand, die in § 13 Abs. 3a SGB V festgelegten Fristen einzuhalten, und, wenn sie dies nicht schafft, den Versicherten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich hierüber zu informieren.

Die sprachliche Gestaltung von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V steht der oben dargestellten Auslegung nicht entgegen. Soweit das Gesetz darin den Begriff des "Leistungsberechtigten" und der "erforderlichen" Leistung verwendet, erlaubt es nach Auffassung der Kammer nicht, den Kostenerstattungsanspruch (und die Wirkungen der vorgeschalteten Genehmigungsfiktion) an die materielle Leistungsberechtigung der Klägerin zu knüpfen bzw. nur auf solche Leistungen zu beschränken, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -, juris). Denn ein solches Vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 Abs. 3a SGB V entgegen der besonderen Zielsetzung des Patientenrechtegesetzes weitgehend "leerlaufen" würde. Allenfalls erscheint es aufgrund der angeführten Begriffe denkbar, die Anwendung von § 13 Abs. 3a SGB V in "Evidenz-Fällen" auszuschließen. Ein solcher Fall dürfte vorliegen, wenn eine Leistungsberechtigung gegenüber der betreffenden Krankenkasse offenkundig nicht in Betracht kommen kann, etwa wenn eine Antragstellung durch eine Person erfolgt, die gar nicht Mitglied der betreffenden Krankenkasse ist. Gleiches kann gelten, wenn die beantragte Leistung offenkundig im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsspektrums (medizinisch) nicht erforderlich sein kann, beispielsweise wenn die Durchführung eines Erholungsurlaubs auf Mallorca oder die Versorgung mit Heroin oder anderen illegalen Drogen beantragt wird (SG Koblenz Urteil vom 23.03.2015 - S 13 KR 977/14 -, juris). In solchen Fällen dürfte es naheliegend sein, schon begrifflich nicht von einer "Leistung" im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen und den Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V insoweit teleologisch zu reduzieren. Ein solcher "Evidenz-Fall" ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.

Einer Verurteilung der Beklagten steht auch nicht die Regelung in § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V entgegen, wonach für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die §§ 14 und 15 SGB IX zur Zuständigkeitserklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistung gelten. Der Auffassung des SG Stralsund aus dem Gerichtsbescheid vom 07.04.2014 (Az.: S 3 KR 112/13), wonach § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V nicht auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anwendbar ist, folgt die Kammer nicht. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V regelt seinem Wortlaut nach nicht die Frage der Erstattung selbst beschaffter Leistungen, sondern eine Genehmigungsfiktion bei Nichteinhaltung der in der Vorschrift genannten Bescheidungsfrist. Das gesetzgeberische Ziel der Einführung des § 13 Abs. 3a SGB V bestand darin, das Verwaltungsverfahren bei den Krankenkassen zu beschleunigen, damit Leistungsansprüche zügig geklärt und Leistungen kurzfristig bewilligt werden können. Dieselbe Intention liegt § 14 SGB IX zugrunde. Im Interesse von Leistungsberechtigten und Rehabilitationsträgern soll die Zuständigkeit beschleunigt geklärt und die Leistung möglichst schnell erbracht werden. Es ist kaum anzunehmen, dass der Gesetzgeber für einen Bereich, in dem er schon vor Jahren die Notwendigkeit gesehen hat, die Krankenkasse und andere Rehabilitationsträger durch die Fristenregelungen des § 15 SGB IX zur Beschleunigung anzuhalten, nunmehr eine Regelung trifft, die hinter der Genehmigungsfiktion zurückbleibt. Die Möglichkeit einer Erstattung selbst beschaffter Leistungen nach § 15 SGB IX eröffnet für den Versicherten nur die Möglichkeit, nach Ablauf der dortigen Fristen sich die Leistung selbst zu beschaffen und sie dann vom Rehabilitationsträger zurückzufordern, was für viele Versicherte bereits aus finanziellen Gründen kaum möglich sein dürfte. Überdies ist dieses Prozedere mit dem erheblichen Risiko verbunden, danach in einer Auseinandersetzung um die Leistungsvoraussetzungen zu unterliegen und die Kosten letztlich selber tragen zu müssen. Die in § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V geregelte Genehmigungsfiktion ist begrifflich etwas anderes als die Zuständigkeitserklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen. Mithin gelten die Fristenregelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V sowohl für die medizinische Akutbehandlung als auch für medizinische Rehabilitationsleistungen (vgl. Motz, Anm. zu SG Stralsund Gerichtsbescheid vom 07.04.2014 - S 3 KR 112/13 -, abgerufen unter: http://www.reharecht.de/fileadmin/download/foren/a/2014/A26-2014 Paragraph 13 Abssatz 3a SGB V und Leistungen der medizinischen Rehabilitation Teil 2.pdf, abgerufen am 07.07.2015).

Für diese Auslegung spricht auch die Gesetzeshistorie: Der Verweis auf die §§ 14, 15 SGB IX mit seiner Wortlautbeschränkung auf die "Zuständigkeitserklärung" und die "Erstattung selbst beschaffter Leistungen" war bereits im ursprünglichen Entwurf des Patietenrechtegesetzes enthalten. Dieser sah jedoch nur eine Kostenerstattung und noch keine dem § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V entsprechende Genehmigungsfiktion vor (BR-Drucks. 312/12, S. 5). Die dort zuvor enthaltene Pflicht des Versicherten zur Fristsetzung und dessen anschließende Möglichkeit zur Selbstbeschaffung wurden erst im Rahmen der späteren Beratung durch eine Genehmigungsfiktion ersetzt, während der Ausschluss für die "Zuständigkeitserklärung" und die "Erstattung selbst beschaffter Leistungen" dagegen unverändert blieb (BT-Drucks. 17/11710, S. 30). Die Kammer zieht daraus den Schluss, dass es nicht Ziel des Gesetzgebers war, den Ausschluss nach § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V auf die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu erstrecken.

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V nicht auf Hilfsmittel anwendet. Die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und der GKV-Spitzenverband haben ein Gemeinsames Rundschreiben vom 15.05.2013 herausgegeben, um die Neuregelung in § 13 Abs. 3a SGB V zu kommentieren und die Grundlage für eine einheitliche Anwendung durch die Krankenkassen zu schaffen. Das Rundschreiben legt für die Krankenkassen bundeseinheitlich u.a. fest, in welchen Fällen die Fristenregelung zur Leistungsgewährung nicht anzuwenden ist. Ein Leistungsausschluss für Hilfsmittel findet sich in diesem Gemeinsamen Rundschreiben nicht. Als von § 13 Abs. 3a SGB V erfasste Sozialleistungen werden unter Abschnitt 2.3 Abs. 6 Nr. 20 Hilfsmittel nach § 33 SGB V ausdrücklich benannt. Die Ausnahmen für bestimmte Produkte sind bezeichnet, liegen hier jedoch nicht vor. Wenn aber unter Abschnitt 2.3 Abs. 6 Nr. 3 des Rundschreibens sogar außervertragliche Leistungen (z.B. neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode) als von § 13 Abs. 3a SGB V erfasste Sozialleistungen benannt werden, kann einer einschränkenden Auslegung dergestalt, dass Hilfsmittel ausgenommen sind, kein Raum gegeben werden (vgl. SG Gelsenkirchen Urteile vom 02.10.2014 - S 11 KR 180/14 - und 29.01.2015 - S 17 KR 479/14 -; SG Augsburg Urteil vom 27.11.2014 - S 12 KR 183/14 -, jeweils juris).

Die Krankenkasse kann sich von den Rechtsfolgen der fingierten Genehmigung allenfalls über den Weg einer Rücknahme bzw. Aufhebung des Verwaltungsakts gemäß §§ 44 ff. SGB X lösen. Hierauf kommt es vorliegend aber nicht an, denn der angefochtene Bescheid kann nicht in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X umgedeutet werden. Denn einerseits fehlt insoweit das notwendige Rücknahmeermessen, darüber hinaus hat die Beklagte auch von der für eine Rücknahme zwingend erforderlichen vorherigen Anhörung der Klägerin abgesehen (§ 24 SGB X). Mittlerweile ist auch die einjährige Rücknahmefrist verstrichen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).

Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit einem "Bioness L300 Fußhebersystem rechts" entsprechend dem Kostenvoranschlag des Sanitätshauses N vom 13.01.2014, ohne dass es auf die Voraussetzungen des § 33 SGB V ankäme.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.