VG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2015 - 6 K 2894/13
Fundstelle
openJur 2015, 16550
  • Rkr:

Ein Arbeitgeberverband, dessen Mitglieder zu 90 % von öffentlichrechtlichen Körperschaften ganz oder überwiegend beherrscht werden, kann sich nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG (Koalitionsfreiheit) berufen.

Grundrechtsberechtigte private Mitglieder eines mehrheitlich von nicht grundrechtsfähigen Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen beherrschten Vereins (Arbeitgeberverband) vermitteln diesem noch keine Grundrechtsfähigkeit.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1. Das Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen - TVgG-NRW) vom 10. Januar 2012 (GV. NRW. 2012, 17) verpflichtet öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in § 4 Abs. 2 Satz 1 TVgG-NRW, öffentliche Aufträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Straße und Schiene nur an Unternehmen zu vergeben, die sich bei Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Beschäftigten (ohne Auszubildende) bei der Ausführung der Leistung mindestens das in Nordrhein-Westfalen für diese Leistung in einem der einschlägigen und für repräsentativ erklärten Tarifverträge vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zu zahlen und während der Ausführungslaufzeit Änderungen nachzuvollziehen. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe und wird sie nicht spätestens nach Fristsetzung vom Bieter vorgelegt, so ist das Angebot nach § 8 Abs. 2 TVgG-NRW von der Wertung auszuschließen. Die Abgabe einer unwahren Verpflichtungserklärung sowie die Nichteinhaltung der eingegangen Verpflichtungen stellt nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 TVgG-NRW eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis 50.000,- Euro geahndet werden kann (§ 16 Abs. 2 TVgG-NRW).

Welche Tarifverträge als repräsentativ anzusehen sind, hat gemäß §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 21 Abs. 1 Nr. 1 TVgG-NRW das für Arbeit zuständige Ministerium (MAIS) durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Bei der Feststellung der Repräsentativität eines Tarifvertrages ist nach § 21 Abs. 2 TVgG-NRW auf die Bedeutung des Tarifvertrages für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer abzustellen. Hierbei kann insbesondere auf die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Beschäftigten (Nr. 1) oder die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat (Nr. 2), Bezug genommen werden.

Auf Grundlage von § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 TVgG-NRW erklärte das MAIS durch die Verordnung zur Feststellung der Repräsentativität von Tarifverträgen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (Repräsentative TarifverträgeVO - RepTVVO) vom 31. Oktober 2012 den Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) für den ÖPNV-Bereich Straße und 13 Tarifverträge im Bereich des Schienenverkehrs für repräsentativ.

2. Der Kläger ist ein Arbeitgeberverband mit Sitz in L. . Er vertritt nach eigenen Angaben bundesweit derzeit (Stand April 2015) die Interessen von 105 Mitgliedsunternehmen, die etwa 10.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Zwei sind bundeseigene Unternehmen, 103 sind nicht bundeseigene Unternehmen. 26 Mitgliedsunternehmen betreiben Schienenpersonennahverkehr (SPNV mit der Bahn), 34 Mitgliedsunternehmen betreiben ÖPNV mit dem Bus, 19 Mitgliedsunternehmen sind Seilbahnen und sieben Mitgliedsunternehmen sind in den Bereichen Logistik, Spedition oder Eisenbahninfrastruktur tätig. Bundesweit sind 95 Mitgliedsunternehmen des Klägers von öffentlichrechtlichen Körperschaften ganz oder überwiegend und zehn Mitgliedsunternehmen sind von privaten Personen bzw. Gesellschaften kontrolliert.

Von den 105 Mitgliedsunternehmen sind siebzehn im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs mit dem Bus im überwiegend ländlichen Bereich in NRW tätig. Diese Unternehmen befinden sich jeweils zu 100 Prozent in öffentlicher Hand und beschäftigen insgesamt ca. 2600 Arbeitnehmer. Ein weiteres Mitgliedsunternehmen mit rund 190 Arbeitnehmern betreibt Schienenpersonennahverkehr in NRW. Die öffentliche Hand hält hieran Anteile in Höhe von 75 Prozent.

Der Kläger hat mit der ver.di Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einen bundesweiten Flächentarifvertrag, den sog. Eisenbahntarifvertrag (ETV) mit Stand 1. August 2014, abgeschlossen. Dieser Flächentarifvertrag findet auch Anwendung auf den ÖPNV mit Bus und Bahn in NRW. Für fünfzehn der achtzehn Mitgliedsunternehmen des Klägers, welche im Bereich des ÖPNV in NRW tätig sind, hat der Kläger darüber hinaus sog. firmenbezogene Verbandstarifverträge abgeschlossen. Diese sind teilweise inhaltlich an den Flächentarifvertrag (ETV) angelehnt, enthalten aber eine mehr oder weniger große Zahl von Modifikationen.

Der Kläger hat am 6. März 2013 gegen die durch die RepTVVO getroffene Feststellung, welche Tarifverträge im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs repräsentativ im Sinne des § 4 Abs. 2 TVgG-NRW sind, Klage erhoben. Seine Klage begründet er im Wesentlichen wie folgt:

Die Klage sei als Feststellungsklage im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Der Kläger begehre die Feststellung, dass ihn die aufgrund §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 TVgG-NRW erlassene RepTVVO in seinen Rechten verletze. Der Erlass der Verordnung begründe ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Land als Normgeber, weil die Repräsentativentscheidung - welche ohne weiteren Vollzugsakt gegenüber dem Kläger Wirkung entfalte - diesen in seinen Rechten, insbesondere im Hinblick auf seine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie verletze. Ungeachtet der Grundrechtsfähigkeit seiner Mitgliedsunternehmen könne sich der Kläger auf die Koalitionsfreiheit berufen, da er - ohne dass es eines Rückgriffs auf Art. 19 Abs. 3 GG bedürfe - seine Grundrechtsfähigkeit direkt und unmittelbar aus Art. 9 Abs. 3 GG ableite. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Kläger nicht nur Eigengesellschaften und gemischt-öffentliche Unternehmen zu seinen Mitgliedern zähle, sondern auch solche, die zu 100 Prozent in den Händen Privater stünden. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage des Grundrechtsschutzes von Privatrechtsgesellschaften in öffentlicher Hand spreche nicht gegen eine Grundrechtsberechtigung des Klägers. Der Kläger nehme bereits keine öffentlichen Aufgaben wahr. Seine Betätigung im Koalitions- und Tarifvertragssystem erfassten die Vorbehalte der Grundrechtsberechtigung von Privatunternehmen in öffentlicher Hand damit nicht. Schließlich seien insgesamt 45 Mitgliedsunternehmen des Klägers privatrechtlich organisierte Eisenbahnunternehmen, die trotz einer Beteiligung der öffentlichen Hand aufgrund Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG grundrechtsberechtigt seien.

Die Klage sei begründet. Die aufgrund §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 TVgG-NRW erlassene RepTVVO verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 TVgG-NRW stellten bereits keine formell und materiell verfassungskonforme Verordnungsermächtigung dar. Das beklagte Land verfüge nicht über die Kompetenz zum Erlass einer Tariftreuregelung, wie sie in §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 und 2 TVgG-NRW Ausdruck gefunden habe. Die Regelung der Tariftreue sowie die damit verbundene Verordnungsermächtigung seien ferner zu unbestimmt und genügten nicht den Vorgaben des Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelung verstoße darüber hinaus gegen Art. 31 GG i.V.m. § 2 Abs. 1 TVG und §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 ArbGG sowie gegen Art. 31 GG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG, weil sie sich über die Wirkung der Rechtsnormen von Tarifverträgen hinwegsetze und mit der Einführung des Merkmals der Repräsentativität über die Tariffähigkeit von Koalitionen bestimme. Insbesondere aber begründe die Regelung einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit des Klägers, der in seiner Betätigungsfreiheit, vor allem mit Blick auf das Ausverhandeln der Vergütung, erheblich beeinträchtigt und in seinem Bestand gefährdet werde. Die aufgrund §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 TVgG-NRW erlassene Rechtsverordnung vertiefe diese Grundrechtsverletzung. Aufgrund der lediglich auf Zahlen beruhenden Auswahlentscheidung, welcher Tarifvertrag repräsentativ sei, erfolge eine ungerechtfertigte Bevorzugung großer Koalitionen. Das beklagte Land habe sich ausschließlich von den Arbeitnehmerzahlen bei der Feststellung des repräsentativen Tarifvertrags leiten lassen und andere Aspekte, etwa ob bestimmte Tarifverträge in einem regionalen Bereich innerhalb von NRW oder innerhalb eines abgrenzbaren Bereichs des ÖPNV in NRW besondere Bedeutung aufweisen, gänzlich außen vor gelassen. Gerade aber im ländlichen Bereich sei die Bedeutung der klägerischen Tarifverträge besonders groß. Dass eine derartige Bevorzugung größerer Koalitionen wegen der Beseitigung eines Missstandes erforderlich sein könnte, sei nicht ersichtlich. Der mit dem Tariftreuegesetz verfolgte Schutz vor Niedriglöhnen werde bereits mit dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns verfolgt. Schließlich sei die Tariftreueregelung auch mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar. Dies folge zum einen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, welcher mit Urteil vom 18. September 2014 - C-549/13 - die Unvereinbarkeit des § 4 Abs. 3 TVgG-NRW mit Unionsrecht festgestellt habe. Aus der Unanwendbarkeit des § 4 Abs. 3 TVgG-NRW folge auch die Unanwendbarkeit des § 4 Abs. 2 TVgG, da die Regelungen in einem untrennbaren Zusammenhang stünden. Darüber hinaus verstoße § 4 Abs. 2 TVgG-NRW gegen die Niederlassungsfreiheit.

Die Kläger beantragt,

festzustellen, dass die aufgrund des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 TVgG NRW vom 10. Januar 2012 erlassene Verordnung zur Feststellung der Repräsentativität von Tarifverträgen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs (RepTVVO) vom 31. Oktober 2012 den Kläger in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt und nichtig ist.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, dass die Klage bereits unzulässig sei, da die RepTVVO weder einen Verwaltungsakt darstelle, dessen Nichtigkeit nach § 43 VwGO festgestellt werden könne, noch sei durch die RepTVVO ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Land begründet worden. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, denn die RepTVVO verletze den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten. Sie beruhe auf einer verfassungsgemäßen, hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage, zu deren Erlass das beklagte Land sich auf seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70, 72, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG berufen könne. Die Regelung verstoße nicht gegen Art. 31 GG. Insbesondere bleibe § 2a Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 97 ArbGG unberührt, wonach die Tariffähigkeit von Koalitionen in einem besonderen Verfahren vor den Arbeitsgerichten überprüft wird. Denn weder die Tariffähigkeit noch die koalitionsmäßige Betätigung werde durch das Repräsentativitätserfordernis eingeschränkt. Auch stehe die Tariftreueregelung nicht im Konflikt mit den gesetzlichen Regelungen zur normativen Geltung tarifvertraglicher Regelungen nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG.

§§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 TVgG-NRW verstoße nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es läge bereits kein Eingriff in den Schutzbereich vor. Ein etwaiger Eingriff wäre aufgrund der mit dem Gesetz verfolgten Ziele - Schutz der Arbeitgeber vor einem über die Lohnkosten finanzierten Verdrängungswettbewerb, Schutz der Arbeitnehmer vor Lohn- und Sozialdumping, Schutz der Sozialversicherung vor den Kosten für Transferleistungen und Schutz des Tarifsystems vor einer lohnkostenmotivierten Verdrängung von Tarifverträgen - aber jedenfalls gerechtfertigt. Schließlich sei die Tariftreueregelung mit Unionsrecht vereinbar. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 ff. AEUV komme bereits nicht in Betracht, weil die Tariftreueregelung auf die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Bereich des ÖPNV begrenzt sei, für welchen gem. Art. 58 Abs. 1 AEUV die spezielleren Regelungen über den Verkehr in Art. 90 ff. AEUV Anwendung fänden. Auch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV werde nicht beeinträchtigt. Erwägungsgrund 17 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gestatte vielmehr ausdrücklich, dass die für die Vergabeentscheidung zuständigen Behörden die Bieter zur Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen sowie zur Einhaltung sozialer Normen zur Verhinderung des Risikos von Sozialdumping verpflichten können. Entsprechendes folge auch aus Art. 4 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

1. Zwar ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Streitgegenständlich ist eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger durch die vom MAIS durch Verordnung festgestellte Repräsentativität des TV-N NW in seinen subjektiven Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt wird. Die damit einhergehende Kontrolle der getroffenen Maßnahme der Exekutive, welche auf öffentlichrechtlichen Normen beruht und einen Gegenstand des öffentlichen Rechts betrifft - den Erlass einer Verordnung als Akt der Rechtsetzung als staatlichen Hoheitsakt -, stellt eine öffentlichrechtliche Streitigkeit dar.

Die Streitigkeit ist nicht verfassungsrechtlicher Art. Eine Streitigkeit ist verfassungsrechtlicher Art, wenn zum einen das Rechtsverhältnis staatsverfassungsrechtlicher Natur ist und zum anderen Verfassungsrechtssubjekte Streitbeteiligte sind (sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit). Dies ist hier nicht der Fall. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger eine Verletzung von Grundrechten durch staatliche Rechtsetzung geltend macht. Denn die gerichtliche Kontrolle der Exekutive, auch soweit sie rechtsetzend tätig wird, ist Aufgabe der Verwaltungsgerichte.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1988 - 7 C 115/86 -, juris Rn. 14 (= BVerwGE 80, 355-373), vom 28. Januar 2010 - 8 C 19/09 -, juris Rn. 30 (= BVerwGE 136, 54-74), und vom 15. September 2014 - 8 B 30/14 -, juris Rn. 5 (= NVwZ-RR 2015, 69-70).

Schließlich fehlt es auch an einem Streit zwischen Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben unmittelbar Beteiligten.

2. Die Feststellungsklage ist aber nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO unstatthaft. Es liegt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vor. Darunter sind diejenigen rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Rechtsbeziehung zwischen einer Person und einem Dritten in Bezug auf eine Sache ergeben. Das Rechtsverhältnis ist gekennzeichnet durch subjektive Rechte und ihnen korrespondierende Pflichten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1992 - 3 C 50.89 - juris Rn. 29 f. (= BVerwGE 89, 327-334), vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 - juris Rn. 10 (= BVerwGE 100, 262-275), vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 -, juris Rn. 18 (= NVwZ-RR 2004, 253-256); und vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 24 (= BVerwGE 136, 54-74); Sodan, in: ders./Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 7 f., jeweils m.w.N.

Voraussetzung ist ein konkreter und überschaubarer Sachverhalt als Bezugsgegenstand des Feststellungsbegehrens. Ein derartiger Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass Rechtsfragen hinsichtlich eines Einzelfalls relevant werden und in Bezug auf diesen Fall entschieden werden können.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Oktober 1971 - 6 C 57.66 -, juris Rn. 26 (= BVerwGE 38, 346-358), und vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 12. November 1987 - 3 B 20.87 -, juris Rn. 4 (= Buchholz 310 § 43 VwGO Nr 97); Sodan, in: ders./Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 43 ff. m.w.N.

An einem konkreten Sachverhalt fehlt es regelmäßig, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 24 (= BVerwGE 136, 54-74).

Die Gültigkeit von parlamentsgesetzlichen und untergesetzlichen Normen kann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber mit der allgemeinen Feststellungsklage inzident überprüft werden, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits von Relevanz ist; die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm darf also nicht nur der Beantwortung einer bloßen Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines ungewissen künftigen Sachverhalts dienen, sondern der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 25 (= BVerwGE 136, 54-74) m.w.N.

Das feststellungsfähige Rechtsverhältnis kann auch darin begründet sein, dass die umstrittene Norm den Kläger zwar nicht unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, mittelbar aber zu einer Grundrechtsbeeinträchtigung des Klägers führt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 47 (= BVerwGE 136, 54-74).

Dem steht § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, der Normenkontrollen von untergesetzlichem Landesrecht regelt, nicht entgegen. Denn Gegenstand einer Feststellungsklage ist nicht unmittelbar die gesetzliche Norm, sondern es sind die von deren Gültigkeit abhängigen subjektiven Rechte und Pflichten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 25 (= BVerwGE 136, 54-74); Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Ergänzungslieferung 2015, § 43 Rn. 25; Gisbert, in: Posser/Wolff, BeckOK, Stand 1. Juli 2013, § 47 Rn. 8; Möstl, in: ebda., § 43 Rn. 11, 30.

Abgesehen davon hat NRW von der Möglichkeit, eine untergesetzliche Normenkontrolle zuzulassen, keinen Gebrauch gemacht.

Im Regelfall eröffnet sich ein Rechtsverhältnis zwischen Normadressat und Normanwender, wobei als Normanwender der Rechtsträger der Vollzugsbehörde zu verstehen ist. Dies gilt grundsätzlich auch für sog. selfexecuting-Normen, d.h. solche, aus denen sich ohne verwaltungsmäßige Umsetzung bereits Rechte und Pflichten ergeben, soweit dort noch Verwaltungsvollzug möglich ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. August 2007 - 7 C 13.06 -, juris Rn. 22 (= NVwZ 2007, 1311, 1313-11314), und vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 29 (= BVerwGE 136, 54-74); Sodan, in: ders./Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 58 ff.

Darüber hinaus kann eine allgemeine Feststellungsklage auch gegen den Normgeber in Betracht kommen, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressat begründet, die Rechtsbeeinträchtigung bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt wird und effektiver Rechtsschutz nur im Rechtsverhältnis zwischen Normgeber und Normadressat gewährt werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 -, juris Rn. 30 (= BVerwGE 136, 54-74); Krumm, DVBl 2011, 1008 (1010 ff.); Sodan, in: ders./Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 58c; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Ergänzungslieferung 2015, Rn. 25 f.; Möstl, in: Posser/Wolff, BeckOK, Stand 1. Juli 2013, § 43 Rn. 30.

Dies zugrunde gelegt liegt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vor. Ungeachtet der Frage, ob bereits unmittelbar durch die aufgrund § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 TVgG NRW erlassene RepTVVO subjektive Rechte einer Koalition beeinträchtigt werden, kann jedenfalls der Kläger nicht geltend machen, durch die mit der RepTVVO getroffenen Feststellung der Repräsentativität des TV-N NW in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG beeinträchtigt zu sein. Er ist insoweit nicht grundrechtsberechtigt.

Art. 9 Abs. 3 GG schützt - ohne dass es eines Rückgriffs auf Art. 19 Abs. 3 GG bedürfte - als sog. Doppelgrundrecht nicht nur das individuelle Recht, zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, sondern auch das Freiheitsrecht der Koalitionen selbst (kollektive Koalitionsfreiheit).

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 -, juris Rn. 33 (= BVerfGE 84, 212-232), vom 10. September 2004 - 1 BvR 1191/03 -, juris Rn. 13, und vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 -, BVerfGE 116, 202-228 (juris Rn. 70); Bauer, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 9 Rn. 69 ff. A.A., derzufolge allein Art. 19 Abs. 3 GG die Frage der Grundrechtsberechtigung von Koalitionen regelt: Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 90 m.w.N. aus der Literatur.

Die individual- und kollektivrechtliche Dimension des Doppelgrundrechts stehen damit zwar in keinem Rang- oder Ableitungsverhältnis; sie sind aber doch notwendig aufeinander bezogen. Die Kammer kann der Ansicht des Klägers nicht folgen, dass die Begründungsbedürftigkeit der Grundrechtsträgerschaft einer Koalition, insbesondere wenn sie juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. die öffentliche Hand in privatrechtsförmiger Organisationsform zu ihren Mitgliedern zählt, von vornherein entbehrlich wäre. Dass der Schutzbereich auch die kollektive Koalitionsfreiheit umfasst, lässt ebenso wenig zwingende Rückschlüsse auf die Grundrechtsfähigkeit einer Koalition zu, wie von der Tariffähigkeit einer Koalition ohne Weiteres auf ihre Grundrechtssubjektivität geschlossen werden kann.

Zur differenzierten Behandlung von Tariffähigkeit und Grundrechtsfähigkeit siehe bereits BVerfG, Entscheidung vom 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 -, BVerfGE 20, 312; Berlit, Koalitionsfreiheit und öffentlicher Dienst. Bemerkungen zur Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Arbeitgeber und ihrer Koalitionen, in: ZTR 1994, 143 (152).

Ausgangspunkt ist, dass auf juristische Personen des öffentlichen Rechts Grundrechte prinzipiell unanwendbar sind, weil diese nicht Träger, sondern Adressaten der Grundrechte sind (Art. 1 Abs. 3 GG).

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, juris Rn. 66 ff. (= BVerfGE 61, 82-118).

Dies gilt für den Bereich, in dem juristische Personen des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben wahrnehmen,

st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1967 - 1 BvR 578/63 -, juris Rn. 23 ff. (= BVerfGE 21, 362), vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73, 1 BvR 424/73, 1 BvR 226/74 -, juris Rn. 46 (= BVerfGE 45, 63-81), vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, juris Rn. 58 (= BVerfGE 61, 82-118), und vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82, 1 BvR 356/82, 1 BvR 794/82 -, juris Rn. 37 (= BVerfGE 68, 193-226),

ebenso wie für die Tätigkeit außerhalb des Bereichs der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, wenn sich die juristische Person des öffentlichen Rechts hierbei in keiner "grundrechtstypischen Gefährdungslage" befindet.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, juris Rn. 66 (= BVerfGE 61, 82-118), vom 23. Juli 2002 - 2 BvR 403/02 -, juris (= DVBl 2002, 1404-1406): jeweils zur Berufung auf die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG außerhalb der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben.

Gleiches gilt, wenn ein Verwaltungsträger in privatrechtlicher Rechtsform handelt. So sind sog. Eigengesellschaften, bei denen die öffentliche Hand alle Anteile des von ihr gegründeten oder übernommenen Unternehmens selbst hält, ebenso wie gemischtöffentliche Unternehmen, an denen verschiedene Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind, grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt. Der bloße Rechtsformwechsel würde andernfalls zu einer Selbstverleihung der Grundrechtsberechtigung führen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1967 - 1 BvR 578/63 -, juris Rn. 19 ff. (= BVerfGE 21, 362), und vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73, 1 BvR 424/73, 1 BvR 226/74 -, juris Rn. 50 (= BVerfGE 45, 63-81); Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 72.

Sind neben kommunalen oder staatlichen Verwaltungsträgern auch Privatpersonen (natürliche oder juristische) an den Unternehmen beteiligt (sog. gemischtwirtschaftliche Unternehmen), hängt die Grundrechtsberechtigung entscheidend davon ab, ob eine Mehrheitsbeteiligung des Staates vorliegt oder eine Beherrschung des Unternehmens durch die öffentliche Hand anzunehmen ist.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, juris (= NJW 1990, 1783 - sog. HEW-Beschluss - 72 % in öffentlicher Hand); Fortführung dieser Judikatur durch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 -, juris (= JZ 2009, 1069-1071 - 75,2 % in öffentlicher Hand); zur Grundrechtsbindung: BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 52 f. (= BVerfGE 128, 226-278 - ca. 52 % in öffentlicher Hand); zum Diskussionsstand Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 73 ff.

Denn soweit die öffentliche Hand die juristische Person des Privatrechts weiterhin beherrscht, sie also dem bestimmenden Einfluss eines Hoheitsträgers unterliegt, trifft auch auf sie die für Eigengesellschaften der öffentlichen Hand geltende Erwägung zu, dass ein Hoheitsträger nicht durch die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts die eigene Grundrechtsbindung abstreifen und mittelbar eine eigene Grundrechtsfähigkeit erwerben darf.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 -, juris Rn. 17 m.w.N. (= JZ 2009, 1069-1071); Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 72.

Die Frage der Grundrechtsberechtigung einer Koalition aus Art. 9 Abs. 3 GG ist anhand dieser Maßstäbe zu beantworten. Stehen hinter der Koalition überwiegend juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. die öffentliche Hand in privatrechtsförmiger Organisationsform in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber, kann sie den Schutz der Koalitionsfreiheit nicht beanspruchen. Dies folgt zwingend daraus, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts auch in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber nicht Träger der Koalitionsfreiheit sein können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 1213/85 -, BVerfGE 88, 103-117. Hier hat das BVerfG den öffentlichen Arbeitgebern - ungeachtet ihrer Tariffähigkeit - weder ausdrücklich noch implizit den Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG zugebilligt. Siehe hierzu auch Berlit, Koalitionsfreiheit und öffentlicher Dienst. Bemerkungen zur Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Arbeitgeber und ihrer Koalitionen, in: ZTR 1994, 143 (146); a.A. F. Depenheuer, Die Grundrechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihrer Arbeitgebervereinigungen, ZTR 1993, 364 (367).

Folglich kann der privatrechtsförmig handelnde Staat die ihm fehlende Grundrechtsfähigkeit auch nicht durch einen tarifgemeinschaftlichen Zusammenschluss erwirken. Dann aber kann auch die Koalition selbst nicht aus Art. 9 Abs. 3 GG grundrechtsberechtigt sein.

Vgl. Berlit, Koalitionsfreiheit und öffentlicher Dienst. Bemerkungen zur Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Arbeitgeber und ihrer Koalitionen, in: ZTR 1994, 143 (148); Höfling, in: Sachs, Grundgesetz. Kommentar, 6. Aufl. 2011, Art. 9 Rn. 114; Kemper, in: Mangoldt/Klein/Stark (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, 2005, Art. 9 Abs. 3 Rn. 171; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 66; Park, Verfassungs-, zivil- und arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitgeberverbände, 1997, S. 73; a.A. F. Depenheuer, Die Grundrechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihrer Arbeitgebervereinigungen, in: ZTR 1993, 364-367; Löwisch/Rieble, in: Richardi/Wlotzke/Wißmann/Oetker (Hrgs.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 3. Aufl. 2009, § 155 Rn. 40;

Auch wenn eine als Verein im Sinne des § 21 BGB organisierte Koalition nicht staatlich beherrschte - also grundrechtsfähige - Unternehmen zu seinen Mitgliedern zählt, begründet das für sich genommen die Grundrechtsfähigkeit der Koalition nicht. Ebenso wenig wie eine private Minderheitsbeteiligung an einem mehrheitlich von der öffentlichen Hand beherrschten Privatrechtssubjekt die Grundrechtsfähigkeit verschaffen kann, vermögen private Mitglieder einer mehrheitlich von Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen beherrschten Vereinigung Grundrechtsfähigkeit zu vermitteln. Die für gemischtwirtschaftliche Unternehmen entwickelten Grundsätze sind insoweit übertragbar. Wie die Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung bei Kapitalgesellschaften (vgl. § 48 GmbHG, § 118 AktG) bestimmt auch die Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) eines Vereins im Sinne des § 21 BGB - welcher die Grundform der korporativen Zusammenschlüsse darstellt -,

vgl. Heider, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 1 Rn. 15; Hüffer, Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014, § 1 Rn. 2 f. m.w.N.,

maßgeblich über die Körperschaftsangelegenheiten. So sind es die staatlich beherrschten Mitgliedsunternehmen, welche aufgrund ihrer Mehrheit in der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 Satz 3 BGB) die Willensbildung der Koalition steuern und die Tätigkeit des Verbandes im Interesse der hinter ihnen stehenden öffentlichen Hand leiten. Insofern besteht eine augenfällige Parallelität zu gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen die öffentliche Hand Hauptanteilseigner ist.

Die Rechte der nicht staatlich beherrschten Unternehmen erfahren hierdurch auch keine ungerechtfertigte Einbuße. Ob diese Mitglied in einem mehrheitlich von staatlich beherrschten Mitgliedsunternehmen dominierten Verband werden oder nicht, liegt in ihrer freien Entscheidung. Auch wenn sich die Mehrheitsverhältnisse erst nachträglich ändern, steht es ihnen frei, hierauf zu reagieren. Ohnehin unberührt bleibt ihre eigene individuelle Rechtsstellung als Grundrechtsträger gegenüber der öffentlichen Gewalt. Auch insofern besteht ein Gleichklag mit der Rechtstellung der privaten Gesellschafter eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens.

Dies zugrunde gelegt, kann sich der Kläger nicht auf die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit berufen, soweit er geltend macht, auf dem Gebiet des ÖPNV in NRW in seiner Tätigkeit als Arbeitgeberverband durch die aufgrund §§ 4, 21 TVgG-NRW erlassene RepTVVO beeinträchtigt zu sein.

Der Kläger ist ein in das Vereinsregister eingetragener Verein im Sinne des § 21 BGB. Nach den dargelegten Grundsätzen ist 95 seiner 105 Mitgliedsunternehmen die Grundrechtsfähigkeit nicht zuzuerkennen. Denn diese werden von öffentlichrechtlichen Körperschaften ganz oder überwiegend beherrscht. Auf dem Gebiet des ÖPNV in NRW vertritt er derzeit sogar ausschließlich die Interessen von sechs Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, elf gemischtöffentlichen Unternehmen und einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, an welchem die öffentliche Hand mit 75 Prozent und damit beherrschend beteiligt ist. In ihrer Eigenschaft als Verkehrsunternehmen nehmen die Mitgliedsunternehmen Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs und damit eine öffentliche Aufgabe wahr.

Die Mitgliedsunternehmen bilden auch keinen Ausnahmefall, in dem auch einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Grundrechtsfähigkeit zuzuerkennen ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1967 - 1 BvR 578/63 -, juris Rn. 32 f. (= BVerfGE 21, 362); Entscheidung vom 27. Juli 1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 -, juris Rn. 22 (BVerfGE 31, 314).

Die im Bereich des ÖPNV in NRW tätigen Mitgliedsunternehmen sind unmittelbar keinem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet. Das setzte voraus, dass es sich - wie bei den Kirchen, Universitäten und Rundfunkanstalten - um juristische Personen handelte, die den Bürgern zur Verwirklichung ihrer individuellen Grundrechte dienen und als eigenständige, vom Staat unabhängige oder jedenfalls distanzierte Einrichtungen Bestand haben. Davon kann bei den betroffenen Mitgliedsunternehmen des Klägers aber keine Rede sein.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt anderes auch nicht aus Art. 87e Abs. 3 GG. Danach werden Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. Die Regelung soll die kommerzielle Ausrichtung der bundeseigenen Eisenbahnen absichern und ihnen ein Bereich unternehmerischer Selbstbestimmung einräumen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 -, juris Rn. 29 (= BVerfGE 129, 356-376).

Ob Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG über die verfassungsrechtliche Vorgabe eines privatwirtschaftlichen Funktions- und Organisationskonzepts hinaus Grundrechtsfähigkeit verleiht, oder es auch im Anwendungsbereich des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG bei dem dargelegten Grundsatz, dass bei Verwendung von zivilrechtlichen Handlungsformen die öffentliche Hand die Grundrechtsberechtigung nicht erlangen kann, verbleibt,

die Grundrechtsfähigkeit verneinend: OVG NRW, Urteile vom 18. Februar 2013 - 13 A 474/11 -, juris Rn. 56, und vom 8. April 2014 - 13 A 1054/13 -, juris Rn. 40; BayVGH, Beschluss vom 24. Juli 2008 - 22 ZB 07.1938 - juris Rn. 5 (NVwZ-RR 2009, 16-19); Kramer, Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 18. 5. 2010 - 3 C 21.09 -, DVBl. 2010, 1052 (1052); bislang offen gelassen: BVerwG, Urteile vom 18. Mai 2010 - 3 C 21.09 - juris (= BVerwGE 137, 58-74); 7. Dezember 2011 - 6 C 39.10 -, juris Rn. 12 (= BVerwGE 141, 143), und vom 29. September 2011 - 6 C 17.10 -, juris Rn. 20 (= BVerwGE 140, 359); Beschluss vom 8. Januar 2015 - 6 B 36/14 -, juris Rn. 15 (= N&R 2015, 117-120); a.A. Uerpmann-Wittzack, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 87e Rn. 13; Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 5. Aufl. 2009, Art. 87e Rn. 49,

bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn Eisenbahnen des Bundes nach 87e Abs. 3 Satz 1 GG Grundrechtsfähigkeit zukommen würde, würde dies an der fehlenden Grundrechtsfähigkeit des Klägers nichts ändern.

Der Kläger trägt vor, dass 45 Mitgliedsunternehmen privatrechtlich organisierte Eisenbahnunternehmen (26 im Bereich SPNV und 19 im Bereich Güterverkehr) seien. Auf sie findet Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG aber keine Anwendung. Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG erfasst ausschließlich Eisenbahnen des Bundes. Ob es sich um Eisenbahnen des Bundes handelt, hängt wie bei Art. 73 Nr. 6a GG von den Eigentumsverhältnissen ab. Infolge der Privatisierung der Bundeseisenbahnen kommt es darauf an, dass der Bund über die Mehrheit der Anteile an den Eisenbahnunternehmen verfügt.

Vgl. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz. Kommentar, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn.14; Windthorst, in: Sachs, Grundgesetz. Kommentar, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 15.; Wieland, in: Dreier (Hrsg), Grundgesetz. Kommentar, Band III, 2. Aufl. 2008, Art. 87e Rn. 21.

Dies ist bei den im Bereich Schienenverkehr tätigen Mitgliedsunternehmen nicht der Fall, an denen der Bund - soweit ersichtlich - nicht jeweils über die Mehrheit der Anteile verfügt. Selbst wenn für die vom Kläger benannten zwei bundeseigenen Mitgliedsunternehmen der Anwendungsbereich des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG eröffnet sein sollte und diesen hiernach - entgegen der obergerichtlichen Rechtsprechung - Grundrechtsfähigkeit zukommen würde, führte dies nicht zur Grundrechtsfähigkeit des Klägers. Denn der, nach den dargelegten Grundsätzen für die Beurteilung der Grundrechtsfähigkeit des Klägers maßgebliche, beherrschende Anteil der Mitgliedsunternehmen (dann 93 von 105 Mitgliedsunternehmen/ca. 88 Prozent) wäre weiterhin nicht grundrechtsfähig. Keines der ggf. unter den Anwendungsbereich des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG fallenden Unternehmen ist darüber hinaus im Bereich ÖPNV in NRW tätig.

Schließlich vermag auch die von dem Kläger zur Begründung der Grundrechtsfähigkeit seiner Mitgliedsunternehmen herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Grundrechtsfähigkeit der Deutschen Telekom AG zu keinem anderen Ergebnis führen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, BVerwGE 114, 160-195.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Grundrechtsfähigkeit der Deutschen Telekom AG wegen ihrer ausschließlich privatwirtschaftlichen Tätigkeit und Aufgabenstellung (Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG) angenommen. Unerheblich sei insoweit, dass die Deutsche Telekom AG aus dem öffentlichrechtlichen Sondervermögen Deutsche Bundespost bzw. dem öffentlichrechtlichen Teilsondervermögen Deutsche Bundespost TELEKOM hervorgegangen sei und bis zur Entscheidung trotz der Veräußerung von Aktien an private Investoren mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehe.

BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, juris Rn. 65 (= BVerwGE 114, 160-195).

Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass die Einflussnahme des Bundes bereits 1994 im Rahmen der Errichtung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost gesetzlich erheblich eingegrenzt worden ist. Diese Einschränkung wurde auch nach der Privatisierung fortgesetzt.

Siehe § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, und § 32 der Satzung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2331; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 87f Rn. 23.

Es fehlt damit an dem die Grundrechtsfähigkeit ausschließenden beherrschenden Einfluss des Bundes auf das Unternehmen Deutsche Telekom AG. Der Staat hat seinen Einflussbereich damit soweit aufgegeben, dass hinter der Unternehmenspolitik im Ganzen nicht mehr eine Umsetzung der Interessen des staatlichen Mehrheitsaktionärs gesehen werden kann.

Siehe hierzu bereits ausführlich v. Arnauld, Grundrechtsfragen im Bereich von Postwesen und Telekommunikation, DÖV 1998, S. 437-451.

Eine vergleichbare, verfassungsrechtlich speziell vorgezeichnete, und einfachgesetzlich ausgeformte Einschränkung der Beherrschungsmöglichkeit der die Mitgliedsunternehmen des Klägers beherrschenden öffentlichen Hand ist nicht gegeben. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Grundrechtsfähigkeit der Deutschen Telekom AG ist auf den Kläger bzw. dessen Mitgliedsunternehmen nicht übertragbar.

Dass der Kläger bundesweit nicht ausschließlich Unternehmen mit beherrschendem Einfluss der öffentlichen Hand zu seinen Mitgliedern zählt und eine Mitgliedschaft grundsätzlich jeder natürlichen oder juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts offen steht (§ 3 Nr. 1 AGVDE-Satzung), vermag die Grundrechtsfähigkeit des Klägers nach den dargelegten Grundsätzen ebenfalls nicht zu begründen. Die Tätigkeit des Klägers wird angesichts der rund 90-prozentigen Mitgliedermehrheit von Eigengesellschaften und gemischtöffentlichen Unternehmen von der öffentlichen Hand geleitet und beherrscht. Es sind die staatlich beherrschten Mitgliedsunternehmen, welche aufgrund ihrer Mehrheit die Willensbildung des Klägers steuern (vgl. § 9 Nr. 6, § 10 AGVDE-Satzung).

Abgesehen davon hat der Kläger nicht geltend gemacht, dass überhaupt eines seiner nicht öffentlich beherrschten Mitglieder in NRW seine Leistungen anbieten will, sodass er jedenfalls aufgrund des auf NRW begrenzten Anwendungsbereichs des TVgG-NRW im konkreten Fall keine Verletzung subjektiver Rechte geltend machen kann. Denn Voraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage ist ein konkreter und überschaubarer Sachverhalt als Bezugsgegenstand des Feststellungsbegehrens. Maßgeblich für die Frage der möglichen subjektiven Rechtsverletzung ist danach allein die tatsächliche Tätigkeit des Klägers im Bereich des ÖPNV in NRW. Die bloß abstrakte Möglichkeit, dass private Mitgliedsunternehmen des Klägers in Zukunft auf dem Gebiet des ÖPNV in NRW tätig werden könnten, deren Interessen er bei der Verhandlung von Tarifverträgen vertreten würde, genügt nicht, um den Sachverhalt im Rahmen der Feststellungsklage zur Überprüfung zu stellen.

3. Dem Kläger fehlt darüber hinaus die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung,

st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juli 1973 - VII C 6.72 -, juris Rn. 18 (= BVerwGE 44, 1-11), und vom 3. November 1988 - 7 C 115/86 -, juris Rn. 19 (= BVerwGE 80, 355-373), Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar, 20. Aufl. 2014, § 42 Rn. 66,

welche auch im Rahmen einer Feststellungsklage zur Vermeidung einer dem Verwaltungsprozess fremden Popular- und Interessentenklage eine notwendige Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt,

st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 32/94 -, juris (= BVerwGE 99, 64-69); ablehnend Sodan, in: ders./Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 72,

scheidet vorliegend mangels Grundrechtsfähigkeit des Klägers bezüglich Art. 9 Abs. 3 GG in jeglicher Hinsicht aus.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 709 Satz 1 ZPO.

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

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