FG Münster, Urteil vom 16.04.2015 - 5 K 815/12 U
Fundstelle
openJur 2015, 16330
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Haftungsinanspruchnahme gemäß § 13 c Umsatzsteuergesetz (UStG) für Steuerbeträge bei erfolgter Globalzession.

Die Klägerin (Klin.), eine ...bank, unterhielt zu der Firma J GmbH mit Sitz in C (im Folgenden: J) bankmäßige Geschäftsbeziehungen. Sie führte für die J mehrere Kontokorrentkonten mit den Nrn. aaa und gewährte ihr mehrere Betriebsmittelkredite, indem sie der J jeweils entsprechende Kontokorrentlinien einräumte. Zur Sicherheit für ihre Kreditforderungen vereinbarte die Klin. mit J am 17.10.2006, dass zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Forderungen der Klin. gegenüber der J sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A-Z im Rahmen einer Globalzession sicherungshalber an die Klin. abgetreten werden. Diese Globalzession wurde nicht offengelegt.

Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 25.09.2009 (Az. 00 IN 00/09) wurde das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der J eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr X M aus I bestellt. Dieser wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der J einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner waren aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten. Das Gericht ordnete darüber hinaus an, dass Verfügungen der J nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Insolvenzordnung - InsO).

Infolge der Einleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens kündigte die Klin. alle Betriebsmittelkredite der J mit Schriftsatz vom 28.09.2009 fristlos mit sofortiger Wirkung (Gerichtsakte Bl. 165). Zu diesem Zeitpunkt waren der J ausweislich des Kündigungsschreibens folgende Kontokorrentlinien eingeräumt:

Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 1.150.000 €

Kontokorrentkonto Nr. aaa.701 5.000 €

Kontokorrentkonto Nr. aaa.715 10.000 €

Kontokorrentkonto Nr. aaa.716 450.000 €

Kontokorrentkonto Nr. aaa.721 2.000 €

Avalkredit Nr. aaa.786 50.000 €.

Infolge der fristlosen Kündigung wurden die gesamten in dem Zeitpunkt in Anspruch genommenen Kontokorrentkredite in Höhe von insgesamt 877.467,00 € zuzüglich weiterer Zinsen und Gebühren zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt. Die gemäß Ziffer 3.5 Satz 1 der Globalzession bestehende Befugnis der J , die abgetretenen Forderungen im eigenen Namen einzuziehen, wurde mit sofortiger Wirkung widerrufen (Gerichtsakte Bl. 166).

Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 30.09.2009 wurde der J im vorläufigen Insolvenzverfahren ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der J einschließlich des Rechts zum Einzug von Bankguthaben und anderer Forderungen auf den vorläufigen Insolvenzverwalter überging.

Da die J keine Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldung für 08/2009 abgegeben hatte, schätzte der Beklagte (Bekl.) die Besteuerungsgrundlagen für diesen Voranmeldungszeitraum mit Bescheid vom 22.10.2009. Mit diesem an Herrn X M "als Insolvenzverwalter / Konkursverwalter" gerichteten Bescheid vom 22.10.2009 setzte der Bekl. die USt 08/2009 auf 174.800 € mit Fälligkeit 02.11.2009 fest.

In seinem Sachverständigengutachten im Insolvenzeröffnungsverfahren vom 27.11.2009 stellte der vorläufige Insolvenzverwalter fest, dass aus dem Forderungsbestand der J 372.644,82 € aus dem Zeitraum vor dem 01.10.2009 resultieren. Dieser Betrag falle unter die mit der Klin. vereinbarte Globalzession.

Über das Vermögen der J wurde am 01.12.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Herr X M ernannt. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung war die J wegen der USt für den Voranmeldungszeitraum August 2009 im Zahlungsrückstand. Diese Umsatzsteuerschuld wurde von der J lediglich i.H.v. 5.268 € durch Zubuchung eines Guthabens aus dem Voranmeldungszeitraum 09/2009 am 08.12.2009 beglichen, so dass ein Rückstand von 169.532 € verblieb.

Nach der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens zahlten Kunden der J insgesamt 105.882,81 € auf das ehemalige Geschäftskonto der J bei der Klin. ein. Der Insolvenzverwalter zahlte aus der von ihm verwalteten Insolvenzmasse am 07.12.2009 und 08.12.2009 einen Betrag von insgesamt 450.000 € auf die bei der Klin. ehemals für die J geführten Kontokorrentkonten. So ging auf dem Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 am 07.12.2009 ein Betrag von 310.000 € und auf dem Kontokorrentkonto Nr. aaa.716 am 08.12.2009 ein Betrag von 140.000 € ein. Das Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 wies danach einen Saldo von + 25.055,63 € und das Kontokorrentkonto Nr. aaa.716 einen Saldo von ./. 310.000 € aus (Gerichtsakte Bl. 127 f.). Als Verwendungszweck war jeweils "IHR SCHREIBEN VOM 02.12.09 GLOBALZESSION" angegeben. In diesem Schreiben hatte die Klin. um die genannten Zahlungsanweisungen gebeten (Gerichtsakte Bl. 167). Diese Beträge zahlte der Insolvenzverwalter auf bis zum 27.09.2009 entstandene und noch offene Forderungen. Den Betrag von 450.000 € kehrte der Insolvenzverwalter aus Zahlungen aus, die auf seinem Anderkonto bei der Bank B und auf ehemaligen Konten der J bei der Bank C und der Bank D eingegangen waren.

Nach einer Berechnung des Insolvenzverwalters, die dieser einem Vorschlag für einen Vergleich mit der Klin. vom 14.12.2010 zugrunde legte (Haftungs-Akte, Anlage 1 zu Schriftsatz mit Vergleichsvorschlag vom 14.12.2010), stand der Klin. aus den insgesamt erfolgten Zahlungseingängen auf Altforderungen bis 27.09.2009 in Höhe von 1.278.250,75 € auf dem Anderkonto bei der Bank B sowie auf den ehemaligen Konten der J bei der Klin., der Bank C und der Bank D nach Abzug von Kostenpauschalen nach InsO und Sozialversicherungsbeiträgen insgesamt 663.973,92 € zu. Nach Abzug der gezahlten 450.000 € und der auf dem ehemaligen Geschäftskonto der J bei der Klin. eingegangenen 105.882,81 € sei noch ein weiterer Betrag von 108.091,11 € an die Klin. auszukehren. Eine separate Abrechnung der Zession getrennt nach Voranmeldungszeiträumen 08/2009 und 09/2009 nahm er hierbei nicht vor.

Am 11.01.2010 meldete der Bekl. für den Voranmeldungszeitraum 08/2009 eine USt in Höhe von 169.532 € zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter bestritt den angemeldeten Betrag in voller Höhe und stellte die Abgabe der fehlenden Steuererklärung in Aussicht. Nach einer Aufrechnung mit Kfz-Steuer meldete der Bekl. am 29.04.2010 für den Voranmeldungszeitraum 08/2009 eine USt in Höhe von 168.418,00 € zur Insolvenztabelle an.

Auf Anfrage des Bekl. vom 26.02.2010 teilte der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 31.03.2010 (Gerichtsakte Bl. 54 ff.) mit, dass nach seiner Amtsübernahme insgesamt 267.650,90 € aus im Voranmeldungszeitraum 08/2009 von der J getätigten Umsätzen auf folgenden Konten eingegangen seien:

Anderkonto des Insolvenzverw. Nr. bbb 229 bei der Bank B 122.849,88 €

ehemaliges Geschäftskonto J GmbH Nr. aaa.700 bei der Klin. 72.346,04 €

ehem. Geschäftskonto J GmbH Nr. ccc 00 bei der Bank C 72.454,98 €

Summe 267.650,90 €.

Dem Schreiben war eine Anlage beigefügt, in der die genannten Zahlungseingänge in Einzelbeträgen nach Zahlungseingangsdatum, Debitor, Buchungstext, Rechnungsnummer, Umsatz, Rechnungsdatum, Leistungszeitraum laut Rechnung und Qualifizierung als Altforderung 08/2009 aufgegliedert sind.

Mit Haftungsbescheid vom 09.04.2010 nahm der Bekl. die Klin. i.H.v. 38.931,60 € gemäß § 191 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 13c UStG in Haftung. Vom Insolvenzverwalter der J seien wegen der Globalzession vom 17.10.2006 insgesamt 243.835 € aus Forderungseinzug an die Klin. weitergeleitet worden. Diese Geldeingänge hätten ausschließlich Forderungen betroffen, die im August 2009 entstanden seien, abzüglich von 9 % Feststellungs- und Verwertungskostenpauschale. Die Haftung sei begrenzt auf die im vereinnahmten Forderungsbetrag enthaltene USt i.H.v. 19 % aus 243.835 = 38.931,60 €.

Mit ihrem gegen den Haftungsbescheid vom 09.04.2010 gerichteten Einspruch machte die Klin. geltend, dass sie durch die Globalzession keine Beträge vereinnahmt habe, da die Abtretung nicht offengelegt worden sei. Die Vereinnahmung der Forderung durch den Abtretungsempfänger stelle ein wesentliches Element des Haftungstatbestandes nach § 13c UStG dar. Stille Abtretungen würden nicht in diesen Anwendungsbereich fallen. Die Klin. wies hierzu auf Tz. 1 des BMF-Schreibens vom 24.05.2004, BStBl I 2004, 514, hin. Danach erfasse die Vorschrift lediglich Abtretungen, Verpfändungen und Pfändungen, bei denen die Forderung durch den Abtretungsempfänger auch eingezogen oder einem Dritten übertragen werde. Für die Vereinnahmung sei nicht nur der Geldeingang auf dem Konto des Abtretungsempfängers erforderlich. Zusätzlich müsse der Kontoinhaber nach dem BMF-Schreiben vom 30.01.2006, BStBl I 2006, 207, auch die Verfügungsbefugnis über die eingegangenen Zahlungen erhalten. Die generelle Haftung eines Zessionars für Umsatzsteuerschulden des abtretenden Unternehmens sei nicht Gegenstand des Haftungstatbestandes des § 13 c UStG, wenn das Unternehmen die Forderungen selbst einziehe. Eine generelle Bevorzugung des Fiskus gegenüber Sicherungseigentümern an Forderungen in Bezug auf die darin enthaltenen Umsatzsteueranteile sei vom Gesetzgeber nicht gewollt. Weiter sei § 13 c UStG gemeinschaftsrechtswidrig. Die Vorschrift beruhe nach der Gesetzesbegründung auf Art. 21 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie), seit 01.01.2007 Art. 205 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL, (BT-Drucks. 15/1562), der an den konkreten Umsatz und nicht wie § 13 c UStG an die Zahllast für einen Besteuerungszeitraum anknüpfe. Es würde ein unverhältnismäßiges System einer unbedingten Haftung begründet werden, wenn der Haftungsschuldner im Zeitpunkt des Geschäfts keine Kenntnis von der Nichtentrichtung der USt habe bzw. hätte haben können. Sie, die Klin., habe eine solche Kenntnis im Zeitpunkt des Abschlusses der Globalzession nicht gehabt. Das Haftungsrisiko sei ihr auch nicht in dem notwendigen Maße greifbar gewesen, da der leistende Unternehmer die Forderungen selbst eingezogen habe. Außerdem seien ihr gegenüber lediglich 72.346,04 € ausgekehrt worden. Die auf den beiden anderen Konten eingegangenen Beträge i.H.v. 122.849,88 € bzw. 72.454,98 € seien nicht an sie, die Klin., bezahlt worden. Eine entsprechende Anforderung sei vom Insolvenzverwalter unter Hinweis auf ausstehende Sozialversicherungsbeiträge für 09/2009 sowie vorfinanziertes Insolvenzgeld für 09/2009 in Höhe von insgesamt 500.000 € zurückgewiesen worden.

Nach Berücksichtigung der hieraufhin erfolgten Zahlung durch die Klin. und verrechneter Kfz-Steuer minderte der Bekl. den zur Insolvenztabelle angemeldeten und weiterhin vom Insolvenzverwalter bestrittenen Betrag wegen USt 08/2009 auf 129.985,40 € (Anmeldung vom 21.05.2010).

Für die J wurde beim Bekl. eine USt-Jahreserklärung 2009 am 05.08.2011 eingereicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 01.02.2012 setzte der Bekl. die Haftungssumme unter Änderung des Bescheides vom 09.04.2010 auf 38.888,10 € herab. Im Übrigen wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung hieß es dort:

Die Klin. werde zu Recht nach § 13c UStG in Haftung genommen. Die Tatbestandsvoraussetzungen seien erfüllt. Insbesondere habe die Klin. die in den Forderungen enthaltenen USt-Beträge im Sinne des § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG vereinnahmt. Sie habe aufgrund der Globalzession die Möglichkeit gehabt, auf sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr der J zuzugreifen. Sie sei ermächtigt gewesen, die abgetretenen Forderungen auch im eigenen Namen einzuziehen. Die Sicherungsgeberin sei verpflichtet gewesen, der Klin. jederzeit Einblick in die Zahlungseingänge zu diesen Forderungen zu verschaffen. Bei der Beurteilung der Vereinnahmung sei auf die Einziehungs- oder Verfügungsbefugnis abzustellen. Auch wenn die J als leistende Unternehmerin die Forderungen selbst eingezogen habe, habe sie den Geldbetrag entsprechend ihrer Verpflichtung aufgrund der Globalzession an die Klin. weiterleiten müssen, damit diese die eingegangenen Forderungen zum Ausgleich ihrer eigenen Forderungen gegen die J habe verwenden können. Unbedeutend sei, dass die Forderungen der J durch die Leistungsempfänger auch auf Konten anderer Kreditinstitute überwiesen worden seien. Dies ändere nichts an der Verpflichtung der J , diese Vorgänge gegenüber der Klin. darzulegen und die Beträge auf deren Verlangen dieser zu überlassen. § 13 c UStG sei auch dann anzuwenden, wenn im Rahmen eines Insolvenzverfahrens beim leistenden Unternehmer anstelle des Abtretungsempfängers der Insolvenzverwalter die abgetretenen Forderungen einziehe oder verwerte (§ 166 Abs. 2 InsO). Der Abtretungsempfänger vereinnahme den vom Insolvenzverwalter eingezogenen Geldbetrag nach Abzug der Feststellungs- und Verwertungskosten (§ 170 InsO) aufgrund des durch die Abtretung begründeten Absonderungsrechts (Abschn. 13c.1 Abs. 28 UStAE). Die Klin. habe hier von ihrem Einziehungsrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter Gebrauch gemacht und von diesem als Folge der Globalzession insgesamt 555.882,81 € erhalten. Hiervon würden 267.650,90 € abzüglich der Kostenpauschalen auf den Veranlagungszeitraum 08/2009 entfallen. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Gesetzeszweck des § 13 c UStG. Der Tatbestand der Vereinnahmung sei dabei als Korrektiv zur Steuerentstehung nach dem Soll-Prinzip zu verstehen. Wie der vereinnahmte Betrag dem Abtretungsempfänger zugegangen sei, sei dabei ohne Bedeutung.

Die Vorschrift des § 13 c UStG verstoße zudem nicht gegen Unionsrecht. Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 205 MwStSystRL), auf dem § 13c UStG beruhe, stelle zwar auf die tatsächlich für einen Umsatz angefallene Steuer ab, während § 13 c UStG die je Voranmeldungszeitraum festgesetzte Steuer zu Grunde lege. Dies führe jedoch nicht dazu, die Vorschrift als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar anzusehen.

§ 13 c UStG entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Klin. habe sich mit der Globalzession auch die USt aus künftigen Forderungen abtreten lassen. Sie habe daher damit rechnen müssen, dass die J bei Inanspruchnahme der Sicherheit durch sie nicht in der Lage sein werde, die rechnerisch in der vereinnahmten Gegenleistung enthaltene USt an das Finanzamt abzuführen. Die Klin. könne sich daher nicht darauf berufen, dass sie im Zeitpunkt des Geschäftes keine Kenntnis von der Nichtentrichtung der USt gehabt habe, denn sie habe selbst die Grundlage hierfür gelegt. Das Haftungsrisiko sei daher für die Klin. auch greifbar gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Vermögensverhältnisse der J gerade der Klin. als Hausbank bekannt gewesen seien.

Die i.H.v. 174.800 € festgesetzte USt für August 2009 sei nur in Höhe von insgesamt 5.883 € entrichtet worden. Entgegen der Darstellung der Klin. habe der Insolvenzverwalter auch die auf den anderen Konten eingegangenen Beträge von 122.849,88 € bzw. 72.454,98 € und damit insgesamt 267.650,90 € abzüglich der Feststellungs- und Verwertungskostenpauschalen an die Klin. ausgekehrt, so dass der Bekl. zutreffend auch diese Beträge in die Berechnung der Haftungssumme nach § 13 c UStG einbezogen habe. Die Haftungssumme sei lediglich aufgrund eines Rechenfehlers wie folgt zu berichtigen:

Beim Insolvenzverwalter eingegangener Betrag betr. VZ 8/2009 267.650,90 €

abzüglich Feststellungs- und Verwertungskostenpauschale 9 % 24.088,59 €

Auszukehrender Betrag aus Umsätzen 08/2009 243.562,31 €

In dem auszukehrenden Betrag enthaltene USt 38.888,10 €

Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 01.02.2012 Bezug genommen.

Am 15.03.2012 berichtigte der Bekl. seine Anmeldung zur Tabelle erneut und meldete nunmehr hinsichtlich der USt für den Voranmeldungszeitraum August 2009 einen Betrag in Höhe von 93.578,85 € zur Tabelle an (Minderung des zuvor angemeldeten Betrags um weitere 36.406,55 €, Gerichtsakte Bl. 117). Diesen Betrag bestritt der Insolvenzverwalter ebenfalls. Am 21.03.2012 minderte der Bekl. seine Anmeldung betreffend USt 08/2009 wegen erfolgter Aufrechnung mit Körperschaftsteuer 2008 und 2009 schließlich auf 47.242,45 €. Der nunmehr hinsichtlich USt 08/2009 zur Tabelle angemeldete Betrag von 47.242,45 € (Gerichtsakte Bl. 119) wurde am 17.09.2013 festgestellt (Gerichtsakte Bl. 120).

Die Klin. hat gegen die Einspruchsentscheidung fristgerecht Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie ergänzend zum Vorbringen im Einspruchsverfahren wie folgt vor:

Im Streitfall habe sie, die Klin., von Drittschuldnern aus Umsätzen der J im Veranlagungszeitraum 08/2009 lediglich 65.834,89 € (72.346,04 € ./. 9 % Kostenpauschalen) erhalten. Nur hinsichtlich der in diesem Betrag enthaltenen USt i.H.v. 10.511,45 € sei eine tatsächliche Vereinnahmung im Sinne des § 13c UStG anzunehmen. Nicht im Sinne des § 13 c UStG vereinnahmt habe sie demgegenüber die Beträge, die die Schuldner der J auf Konten anderer Banken (Bank C, Bank B) überwiesen habe. Über diese Beträge habe sie, die Klin., niemals tatsächlich verfügen können, so dass eine Haftung gemäß § 13c UStG insoweit nicht in Betracht komme. Hieran ändere auch die Forderungseinziehung durch den Insolvenzverwalter nichts. Diese eingezogenen Forderungen seien physisch nicht an sie weitergeleitet worden, so dass sie sich aus dem Betrag auch nicht habe befriedigen können. Sie habe nicht die Möglichkeit erhalten, insoweit etwas "abzuschöpfen". Nach der Gesetzesbegründung des § 13c UStG solle jedoch gerade die USt "abgeschöpft" werden, die in den Beträgen enthalten sei, die ein Abtretungsempfänger zu seiner Befriedigung erhalte. Eine Vereinnahmung im Sinne des § 13 c UStG liege danach nicht vor, wenn zwar der Insolvenzverwalter Forderungen eingezogen habe, sie als Abtretungsempfängerin über die fraglichen Gelder jedoch nicht habe verfügen können, weil diese Gelder an andere Gläubiger ausgezahlt worden seien. Außerdem setze eine haftungsbegründende Vereinnahmung im Sinne des § 13 c UStG bei der Globalzession von Forderungen voraus, dass die Abtretung gegenüber dem Schuldner offengelegt werde und der Zessionar die Forderung selbst einziehe. Vorliegend sei die Globalzession von den Beteiligten nicht offengelegt worden. Auch habe sie, die Klin., keine eigenen Maßnahmen zur Einziehung der Forderungen der J ergriffen.

§ 13c UStG erstrecke die Haftung zudem nur auf USt-Beträge, die in vom Abtretungsempfänger tatsächlich vereinnahmten Beträgen enthalten seien. Soweit von der Finanzverwaltung in Abschn. 13c.1 Abs. 23-28 UStAE eine Vereinnahmung ausdrücklich "fingiert" werde, werde die Grenze der Gesetzesauslegung eindeutig überschritten. Das Gesetz sehe in § 13 c Abs. 1 Satz 1 UStG lediglich vor, dass die betreffende Forderung von dem Abtretungsempfänger vereinnahmt werde, nicht dagegen, dass die Vereinnahmung durch einen Dritten (den Abtretenden) dem Abtretungsempfänger "zugerechnet" werde. Unter Vereinnahmung sei vielmehr der tatsächliche Übergang von Geld oder Geldeswert in den Macht-/Verfügungsbereich des Vereinnahmenden (Abtretungsempfänger bzw. Zessionar) zu verstehen. Diese Auslegung entspreche auch der Begründung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren (BR-Drucks. 630/03 S. 25, BT-Drucks. 15/1945 S. 13). Eine Vereinnahmung im Sinne des § 13 c UStG könne erst dann angenommen werden, wenn der jeweilige Abtretungsempfänger tatsächlich über abgetretene Forderungsbeträge verfügen könne, d.h. wenn die entsprechenden Gelder auf ein ihm allein zuzurechnendes Konto eingegangen seien. Die Rechtfertigung für eine Haftung entfalle aber, wenn der leistende Unternehmer befugt sei, über die Gegenleistung selbst zu verfügen und er mithin auch die USt-Schuld selbst erfüllen könne. Die Rechtfertigung für eine Haftung bestehe erst, wenn der leistende Unternehmer, hier die J , aus dem bestehenden Sicherungstreuhandverhältnis heraus verpflichtet sei, die Zahlungseingänge dem Kreditinstitut, hier der Klin., zur Verfügung zu stellen. Dies geschehe in der Regel mit der Zahlung auf ein so genanntes Sicherheitenerlöskonto des Kreditinstitutes, das der Verfügungsbefugnis des leistenden Unternehmers entzogen sei. Erst dann habe das Kreditinstitut die Verfügungsbefugnis sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich erlangt. Allein die abstrakte rechtliche Möglichkeit, den Geldbetrag in das eigene Vermögen zu überführen, reiche hingegen nicht aus.

Die Finanzverwaltung spreche der gesetzlichen Haftungsvorschrift einen Sinn und Zweck zu, der sich in den Gesetzesmaterialien nicht finde. Soweit nach der Gesetzesbegründung zu § 13 c UStG Anknüpfungspunkt für die USt-Haftung eine Einziehung von abgetretenen Forderungen durch den Zessionar sein solle, erfordere dies eine Offenlegung der Globalzession gegenüber dem Forderungsschuldner und unmittelbare Zahlungseingänge beim Abtretungsempfänger. Nicht Gegenstand des vom Gesetzgeber beschriebenen Haftungstatbestandes sei dagegen die generelle Haftung eines Zessionars für USt-Schulden des abtretenden Unternehmers, wenn dieser die Forderungen selbst einziehe. Eine generelle Bevorrechtigung des Fiskus gegenüber Sicherungseigentümern an Forderungen in Bezug auf darin enthaltene USt-Anteile sei vom Gesetzgeber offenbar nicht gewollt gewesen. Die vom Gesetzgeber geschaffene Haftungsvorschrift betreffe ausschließlich Fälle, in denen eine tatsächliche Einziehung von Forderungen durch den Abtretungsempfänger erfolge. Hätte der Gesetzgeber die generelle Haftung eines Sicherungseigentümers von Forderungen aus steuerpflichtigen Leistungen begründen wollen, wäre der Tatbestand der "Vereinbarung" von Forderungen nicht erforderlich gewesen.

Unzutreffend sei die Auffassung des Bekl., dass sie, die Klin., gegen den Insolvenzverwalter der J einen Anspruch auf Auszahlung sämtlicher abgetretener Forderungen habe. Außerdem verkenne der Bekl. hier, dass sie vom Insolvenzverwalter Zahlungen nicht nur betreffend August 2009, sondern auch betreffend September 2009 erhalten habe. Von den Gesamtforderungen habe sie nur 44,47 % vereinnahmt. Ausweislich der Aufstellung des Insolvenzverwalters vom 26.02.2010 hätten die Gesamtforderungen, die ihr im Rahmen der Globalzession zugestanden hätten, insgesamt 1.174.579,64 € betragen (GA Bl. 76, 83). Von diesem Gesamtbetrag habe sie vom Insolvenzverwalter am 07.12.2009 und 08.12.2009 zunächst einen Gesamtbetrag von 450.000 € erhalten. Darüber hinaus habe sie einen Betrag i.H.v. 72.346,04 €, der von den Kunden der J auf ein bei ihr geführtes Geschäftskonto eingezahlt worden sei, vereinnahmt. Sie, die Klin., habe damit nur rund 44,47 % der ihr zustehenden Forderung tatsächlich erhalten (450.000,00 € + 72.346,04 € = 522.346,04 € : 1.174.579,64 € = 44,47 %). Dieser Prozentsatz der tatsächlichen Vereinnahmung sei auch auf den Betrag von 267.650,90 € anzuwenden, so dass sich ein nur anteiliger Betrag i.H.v. 119.024,36 € hinsichtlich der Forderungseingänge des Monats August 2009 ergeben würde (Gerichtsakte Bl. 76). Eine genauere Berechnungsweise sei der Klin. nicht möglich. Es sei aber nicht anzunehmen, dass der Insolvenzverwalter 100 % der Forderungen des Monats August 2009 an die Klin. ausgekehrt habe, jedoch nur einen deutlich geringeren Prozentsatz für die Monate September und Oktober 2009.

Abschließend müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass die Insolvenzschuldnerin tatsächlich für den Voranmeldungszeitraum August 2009 die USt nicht oder teilweise nicht an die Finanzverwaltung abgeführt habe.

Soweit die Klin. darüber hinaus hilfsweise geltend gemacht hatte, dass § 13c UStG bereits keine geeignete Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines Haftungsbescheides gegen sie darstelle, weil die Vorschrift europarechtswidrig und verfassungswidrig sei, hält sie diese Bedenken wegen der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Rechtsprechung nicht mehr aufrecht (Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 16.04.2015) und beantragt nunmehr,

den Haftungsbescheid vom 09.04.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 01.02.2012 aufzuheben,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klin. als Abtretungsempfängerin habe sich auch die USt durch die Globalzession abtreten lassen. Sie habe stets damit rechnen müssen, dass der leistende Unternehmer bei Inanspruchnahme der Sicherheiten nicht in der Lage sein würde, die rechnerisch in der vereinnahmten Gegenleistung enthaltene USt an das Finanzamt abzuführen (FG München vom 22.06.2010 14 K 1707/07, EFG 2010, 1937).

Die Klin. habe die in den Forderungen enthaltenen USt-Beträge auch im Sinne des § 13 c Abs. 1 Satz 1 UStG vereinnahmt. Zwar seien die künftig entstehenden Forderungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Globalzession nicht konkret bestimmt gewesen, so dass der Klin. als Sicherungsnehmerin daher zunächst kein Anspruch auf bereits individualisierte Sicherungsgegenstände verschafft worden sei. Die Begründung zukünftiger Forderungen sei jedoch dem freien Belieben der J entzogen gewesen, da der Umfang der in Zukunft auf die Klin. übergehenden Forderungen durch die Globalzession in abstrakter Form bereits rechtlich bindend festgelegt gewesen sei. Aufgrund der Globalzession habe die Klin. auch an den ab dem 25.06.2009 (also während des Dreimonatszeitraums vor dem Eingang des Insolvenzeröffnungsantrags vom 25.09.2009) entstandenen oder werthaltig gewordenen Forderungen ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO erworben (vgl. BGH vom 01.10.2002 IX ZR 360/99, NJW 2003, 260). Dementsprechend habe die Klin. auch den Erlös aus den im Voranmeldungszeitraum 08/2009 durchgeführten umsatzsteuerpflichtigen Leistungen der J als wahre Berechtigte erhalten, obwohl eine Offenlegung der Globalzession gegenüber den Forderungsschuldnern nicht erfolgt sei. Dies sei auch nicht erforderlich gewesen, da die Klin. durch die Abtretung Inhaberin der Forderung gewesen sei und der Insolvenzverwalter zu einer Weiterleitung der Beträge an die Klin. verpflichtet gewesen sei. Die Klin. habe dann auch von dem Insolvenzverwalter als Folge der Globalzession insgesamt 555.882,81 € erhalten, wovon 267.650,90 € auf den Voranmeldungszeitraum 08/2009 entfallen würden. Diese Beträge seien von den jeweiligen Forderungsschuldnern zwar nur i.H.v. 72.346,04 € auf ein Konto der Klin. überwiesen worden, letztendlich seien sie aber insgesamt aufgrund der Globalzession von dem Insolvenzverwalter an die Klin. weitergeleitet worden, so dass die Beträge tatsächlich von ihr vereinnahmt worden seien. Eine Vereinnahmungsfiktion, wie sie die Klin. darstelle, habe somit nicht stattgefunden.

Die Berechnungsmethode der Klin., die Haftungssumme nach dem Verhältnis ihrer Forderungen zu dem insgesamt eingegangenen Betrag zu ermitteln, stimme nicht mit den gesetzlichen Vorgaben des § 13 c UStG überein. Im Streitfall seien mit den auf den Konten bei ihr, der Bank B und der Bank C eingegangenen Zahlungen von insgesamt 267.650,90 € ausschließlich Forderungen beglichen worden, deren Grundlage umsatzsteuerpflichtige Leistungen der J im Voranmeldungszeitraum 08/2009 gewesen seien. Hierzu werde auf die Anlagen zum Schreiben des Insolvenzverwalters vom 31.03.2010 verwiesen. Die Beträge seien von dem vorläufigen Insolvenzverwalter vor Insolvenzeröffnung eingezogen worden. Hinsichtlich des Gesamtbetrags habe die Klin. aufgrund der Globalzession unstreitig ein insolvenzfestes Aus- und Absonderungsrecht gemäß § 50 InsO. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klin. insgesamt einen Betrag von 555.882,81 € oder 522.346,04 € erhalten habe. In diesem Betrag sei in jedem Fall der eingezogene Gesamtbetrag von 267.650,90 € enthalten, so dass auch die von § 13 c UStG geforderte Vereinnahmung durch den Abtretungsempfänger stattgefunden habe. Soweit zwischen dem Insolvenzverwalter und der Klin. hinsichtlich der Abrechnung der Umsätze des Voranmeldungszeitraums 09/2009 aufgrund der Vorfinanzierung von Insolvenzgeld und Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen aus der Insolvenzmasse unterschiedliche Auffassungen bestanden hätten, seien die Umsätze des Voranmeldungszeitraums 08/2009 von dieser Auseinandersetzung nicht betroffen gewesen. Sofern eine Einigung in dem Abrechnungsstreit erfolgt sei, gehe der Bekl. daher entgegen der Auffassung der Klin. davon aus, dass dieser sich zahlenmäßig ausschließlich in dem den Wert von 267.650,90 € übersteigenden Auszahlungsbetrag ausdrücke.

Der Insolvenzverwalter hat noch zwei berichtigte Erklärungen beim Bekl. eingereicht (21.03.2013 und 24.03.2014).

Eine vor dem Landgericht N unter dem Aktenzeichen 000 O 00/10 vom Insolvenzverwalter der J gegen die Klin. geführte Klage wurde aufgrund eines am 15.04.2013 geschlossenen Vergleichs zwischen den Parteien des Rechtsstreits (Gerichtsakte Bl. 207) zurückgenommen. Die Parteien hatten sich auf die weitere Zahlung von 90.000 € netto an die Klin. geeinigt. Außerdem waren sich die Parteien u.a. darüber einig geworden, dass das Restguthaben auf dem Konto Nr. aaa.700 in Höhe von 4.465,49 €, Stand 19.02.2013, der Klin. zusteht.

Die Sache wurde am 16.04.2015 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

Das Insolvenzverfahren war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht abgeschlossen. Ebenso ist eine Befriedigung des Bekl. nach § 187 InsO noch nicht erfolgt.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Haftungsbescheid vom 09.04.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).

Der Bekl. durfte den Haftungsbescheid auf § 191 AO i.V.m. § 13c UStG stützen. Denn wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), hier die Klin. als Abtretungsempfängerin von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 13c UStG, kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG ordnet eine Haftung des Zessionars für eine Steuerschuld des Zedenten an. § 13c UStG lautet wie folgt: Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an einen anderen Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger nach Maßgabe des § 13c Abs. 2 UStG für die in der Forderung enthaltene USt, soweit sie im vereinnahmten Betrag enthalten ist (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG). Gemäß § 13c Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Abtretungsempfänger ab dem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, in dem die festgesetzte Steuer fällig wird, frühestens ab dem Zeitpunkt der Vereinnahmung der abgetretenen Forderung. Bei der Inanspruchnahme nach § 13c Abs. 2 Satz 1 UStG besteht abweichend von § 191 AO kein Ermessen (§ 13c Abs. 2 Satz 2 UStG). Die Haftung ist der Höhe nach begrenzt auf die im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht entrichtete Steuer (§ 13c Abs. 2 Satz 3 UStG).

Die Vorschrift des § 13c UStG verstößt nicht gegen Unionsrecht. § 13c UStG beruht - wie aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 15/1562, 46) hervorgeht - auf Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie (für den hier streitigen Haftungszeitraum auf Art. 205 MwStSystRL). Nach Art. 205 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten in den in den Art. 193 bis 200 MwStSystRL sowie in den in den Art. 202 bis 204 MwStSystRL genannten Fällen bestimmen, dass eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten hat. Die Mitgliedstaaten dürfen danach eine gesamtschuldnerische Haftung auch im Anwendungsbereich des Art. 193 MwStSystRL und damit für den Regelfall anordnen, dass der Steuerpflichtige (Unternehmer) Steuerschuldner für eine steuerpflichtige Leistung ist. Wie der EuGH mit Urteil vom 11. Mai 2006 C-384/04 - Federation of Technological Industries - (Slg. 2006, I-4191 Rdnr. 29) zu Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie entschieden hat, muss der Mitgliedstaat, der die Ermächtigung zur Schaffung einer gesamtschuldnerischen Haftung ausüben will, die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts und dabei insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit beachten (BFH, Urteil vom 21. November 2013 V R 21/12, BFHE 244, 70). Der BFH hat entschieden, dass die Haftung nach § 13c UStG weder gegen höherrangiges Recht noch gegen allgemeine Rechtsgrundsätze verstößt und auch unionsrechtskonform ist (Urteile vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739 und vom 21. November 2013 V R 21/12, BFHE 244, 70, BFH/NV 2014, 646). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.

Die Haftung setzt nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG voraus, dass die Steuer, die in der übertragenen Forderung enthalten ist, festgesetzt ist. Vorliegend war im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme der Klin. durch Haftungsbescheid vom 09.04.2010 gegenüber der J die USt für den Voranmeldungszeitraum 08/2009 durch den an den Insolvenzverwalter der J gerichteten Vorauszahlungsbescheid vom 22.10.2009 bereits festgesetzt. Die für die Haftung nach § 13c UStG erforderliche Steuerfestsetzung kann sich aus einem Vorauszahlungsbescheid (§ 18 Abs. 1 UStG i.V.m. § 168 Satz 1 AO) ergeben (BFH-Urteil vom 21.11.2013 V R 21/12, BFHE 244, 70, BFH/NV 2014, 548). Zwar hat sich der der Haftung zugrunde liegende Vorauszahlungsbescheid durch die spätere Feststellung des zur Insolvenztabelle angemeldeten (berichtigten) Betrags zur USt für August 2009 am 17.09.2013 in Höhe von 47.242,45 € (Gerichtsakte Bl. 120) erledigt, doch tritt diese Feststellung für die Berechnung der Haftungsschuld an die Stelle des Vorauszahlungsbescheides (vgl. BFH-Urteil vom 21.11.2013 V R 21/12, BFHE 244, 70, BFH/NV 2014, 548).

Die Klin. war Abtretungsempfängerin i.S. des § 13c UStG. Der Haftungstatbestand umfasst alle Formen der Abtretung und damit auch die Abtretung bestimmter künftiger Forderungen aus bestehenden Geschäftsbeziehungen zugunsten eines Dritten im Zusammenhang mit Waren- oder Bankkrediten, insbesondere die Globalzession (BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739). Dem steht nicht entgegen, dass die Globalzession vorliegend nicht offengelegt wurde. Denn § 13c UStG ist auch im Fall der stillen Zession anzuwenden (BFH-Urteile vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739 und vom 21. November 2013 V R 21/12, BFHE 244,70, BFH/NV 2014, 646, HFR 2014, 646 Rz. 16). Hat der Abtretungsempfänger den Forderungsbetrag vereinnahmt, ist es unerheblich, ob die Abtretung offengelegt worden ist. Der Globalzession unterliegen nur die Forderungen aus Umsätzen, solange der Abtretende hierüber verfügen kann. Fällt der Schuldner in Insolvenz, unterliegen der Globalzession die Forderungen bis zum Übergang der Verfügungsbefugnis auf den (starken) Insolvenzverwalter. Im Streitfall hat die J der Klin. ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A-Z mit am 17.10.2006 vereinbarter Globalzession sämtlich abgetreten. Der Bekl. hat die Klin. nur für USt-Anteile in abgetretenen Forderungen, welche aus im Monat August 2009 von der J erbrachten Leistungen resultieren, in Haftung genommen und damit berücksichtigt, dass nur bis zum Übergang der Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter entstandene Forderungen der hier vereinbarten Globalzession unterliegen konnten und die Klin. damit nur für bis zum 29.09.2009 entstandene Forderungen Abtretungsempfängerin i.S. des § 13c UStG sein kann. Denn mit Beschluss des AG N vom 30.09.2009 hatte die J über ihr Vermögen keine Verfügungsmacht mehr - auch nicht mehr gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter.

Die Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG ist begrenzt auf die USt-Beträge, die dieser bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners vereinnahmt hat. Denn ist im Insolvenzfall trotz Fortbestehens eines Gesamtunternehmens von mehreren eigenständigen Unternehmensteilen auszugehen, werden die bei Verfahrenseröffnung noch nicht vereinnahmten Entgelte aus vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil aus Rechtsgründen uneinbringlich, da der Entgeltanspruch ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr durch diesen Unternehmensteil vereinnahmt werden kann. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nach § 80 Abs. 1 InsO die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, welche auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, auf den Insolvenzverwalter über (BGH-Urteil vom 16. Juli 2009 IX ZR 118/08, BGHZ 182, 85, unter II.1., m.w.N.). Der Unternehmer ist somit aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, da diese in die Insolvenzmasse zu leisten sind. Damit korrespondiert auch, dass dieser Unternehmensteil rechtlich nicht mehr befugt ist, "öffentliche Gelder" entsprechend der Rechtsprechung des EuGH als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen (EuGH-Urteile vom 20. Oktober 1993 C-10/92, Balocchi, Slg. 1993, I-5105 Rdnr. 25; und vom 21. Februar 2008 C-271/06, Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771 Rdnr. 21; BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 22/10, BFHE 232, 301, BStBl II 2011, 996). Erst nach der Insolvenzeröffnung eingezogene Forderungen aus vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen führen dann zu einer erneuten Berichtigung gemäß nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG. Diese Berichtigung ist nach § 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 7 UStG aber erst im Zeitpunkt der Vereinnahmung vorzunehmen und begründet lediglich eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 22/10, BFHE 232, 301, BStBl II 2011, 996). Dies hat zur Folge, dass der Abtretungsempfänger insoweit kein Absonderungsrecht hat, sondern nur noch entsprechend der Insolvenzquote befriedigt wird. Ob infolge des mit Wirkung vom 01.04.2012 eingefügten § 55 Abs. 4 InsO eine Berichtigung der Steuerbeträge gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erfolgen hat, was eine weitere Haftungsbegrenzung zur Folge hätte, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls ist das Insolvenzverfahren im Streitfall vor dem 01.04.2012, nämlich am 01.12.2009, eröffnet worden, so dass § 55 Abs. 4 InsO vorliegend keine Anwendung findet.

Im Streitfall hat der Bekl. die Klin. nur für die in der Zeit vom 30.09.2009 bis zum 30.11.2009 vom Insolvenzverwalter eingezogenen Forderungen (brutto 267.650,90 €) enthaltenen USt´n in Haftung genommen und damit zutreffend berücksichtigt, dass die Haftung nach § 13c UStG auf die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingezogenen Forderungen begrenzt ist.

Die Klin. hat ihr von der J abgetretene Forderungen in Höhe von 267.650,90 € einschließlich der darin enthaltenen USt in Höhe von 38.888,10 € auch im Sinne von § 13c UStG vereinnahmt.

Eine "Vereinnahmung" einer abgetretenen Forderung durch den Abtretungsempfänger i.S. von § 13c UStG liegt - außer in den Fällen einer (Weiter-)Abtretung der Forderung an einen Dritten (§ 13c Abs. 1 Satz 3 UStG) - unter den Voraussetzungen vor, wie sie allgemein im Rahmen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG oder § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG gelten (vgl. Leipold in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13c Rz 38). Danach liegt eine Vereinnahmung i.S. von § 13c UStG vor, soweit der Abtretungsempfänger eine Zahlung aus der abgetretenen Forderung erhalten hat (BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739; Blesinger in Offerhaus/Söhn/ Lange, § 13c UStG Rz 45).

Die Klin. hat die der Globalzession unterliegenden Forderungen in Höhe von 195.304,86 €, welche zunächst auf dem Anderkonto des Insolvenzverwalters bei der Bank B (122.849,88 €) und auf dem Konto der J bei der Bank C (72.454,98 €) eingingen und sodann vom Insolvenzverwalter an die Klin. weitergeleitet wurden, im Sinne von § 13c UStG vereinnahmt. Unschädlich für eine Vereinnahmung im Sinne von § 13c UStG ist entgegen der Ansicht der Klin., wenn - wie im Streitfall - die abgetretenen Forderungen nicht unmittelbar an den Abtretungsempfänger geleistet werden, sondern vom vorläufigen Insolvenzverwalter eingezogen und mit der darin enthaltenen USt zur Abgeltung der Absonderungsrechte des Abtretungsempfängers an den Abtretungsempfänger weitergeleitet werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739). Damit kann der Abtretungsempfänger über den eingezogenen Forderungsbetrag einschließlich USt verfügen. Vorliegend hat der Insolvenzverwalter den Gesamtbetrag von 195.304,86 € durch Überweisung eines Gesamtbetrags von 450.000 € am 07.12.2009 und 08.12.2009 an die Klin. als Abtretungsempfängerin weitergeleitet. Diese Weiterleitung entsprach im Übrigen - ohne dass es darauf für die Anwendung des § 13c UStG ankommt - der Rechtslage. Denn der vorläufige Insolvenzverwalter hatte aufgrund richterlicher Ermächtigung die der Klin. zur Sicherheit abgetretenen Forderungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nämlich bis zum 30.11.2009 eingezogen, so dass der Klin. ein Anspruch auf Herausgabe der Erlöse zustand (vgl. BGH-Urteil vom 21. Januar 2010 IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, NJW 2010, 2585, Leitsatz und Rz 30 ff.; BFH-Urteil vom 20. März 2013 XI R 11/12, BFHE 241, 89, HFR 2013, 739).

Weiter unschädlich für eine Vereinnahmung im Sinne von § 13c UStG ist in diesem Zusammenhang, dass der Insolvenzverwalter das Geld nicht auf ein ausdrücklich als Sicherheitenerlöskonto bezeichnetes Konto der Klin., sondern auf ehemalige Kontokorrentkonten der J bei der Klin. gezahlt hat. Die Forderungen gelten in voller Höhe als durch die Klin. vereinnahmt. Es entsprach der Anforderung der Klin., das Geld auf die ehemaligen Kontokorrentkonten der J zu zahlen. Diese hatte den Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 02.12.2009 entsprechend angewiesen. Dies zeigt, dass die Klin. über dieses Geld verfügen konnte, auch obwohl es sich nicht um ein Sicherheitenerlöskonto handelte. Anderenfalls hätte die Klin. um Überweisung auf ein anderes Konto, auf das nur sie Zugriffsrecht hat, gebeten. Da vorliegend aber alle mit J geschlossenen Kreditverträge und damit auch die eingeräumten Kontokorrentlinien mit Schreiben der Klin. vom 28.09.2009 mit sofortiger Wirkung gekündigt worden waren, war J bzw. deren Insolvenzverwalter nicht befugt, über die auf die Konten der J angewiesenen Beträge zu verfügen, soweit sich das jeweilige Kontokorrentkonto weiter im Debet befand. Zugleich hatte die Klin. das Recht, die vom Insolvenzverwalter auf die Kontokorrentkonten überwiesenen Beträge ausschließlich zum Ausgleich der eigenen Forderung gegenüber J zu verwenden und der J bzw. deren Insolvenzverwalter insoweit eine anderweitige Verfügung zu versagen, soweit sich das jeweilige Kontokorrentkonto weiter im Debet befand. Das Kontokorrentkonto Nr. aaa.716 wies auch nach der Zahlung des Insolvenzverwalters vom 07.12.2009 in Höhe von 140.000 € einen Sollsaldo aus, nämlich einen Sollsaldo in Höhe von 310.000 € (Gerichtsakte Bl. 128). Das Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 wies zwar nach der Zahlung des Insolvenzverwalters vom 08.12.2009 in Höhe von 310.000 € einen Habensaldo auf (Gerichtsakte Bl. 127). Doch entsprach der Betrag von 310.000 € ausweislich des Schreibens der Klin. an den Insolvenzverwalter vom 02.12.2009 (Gerichtsakte Bl. 167) der aktuellen Kontokorrentinanspruchnahme auf diesem Konto in Höhe von rund 287.000 € (Gerichtsakte Bl. 127) zzgl. angefallener Zinsen sowie Zinsen aus dem Kontokorrentkredit Nr. aaa.716. Die Klin. und der Insolvenzverwalter waren sich vorliegend einig, dass der angewiesene Betrag von 310.000 € voll in die Verfügungsbefugnis der Klin. übergeht, um so auch die Zinsverbindlichkeiten der J zu bedienen. So hat auch der Insolvenzverwalter deutlich zu verstehen gegeben, dass er auf die weitergeleiteten Beträge selbst dann nicht zugreifen würde, wenn sich die Konten im Haben befinden würden, indem er die Überweisungen ausdrücklich zur Abgeltung der Absonderungsrechte der Klin. vorgenommen hat. So lautete schließlich auch der zwischen dem Insolvenzverwalter der J und der Klin. geschlossene Vergleich vom 15.04.2013 dahingehend, dass das Restguthaben auf dem Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 in Höhe von 4.465,49 €, Stand 19.02.2013, der Klin. zusteht (Gerichtsakte Bl. 207).

Die Klin. hat darüber hinaus auch die von den Kunden der J in der Zeit vom 30.09.2009 bis zum 30.11.2009 unmittelbar auf das bei ihr von der J geführte ehemalige Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 72.346,04 € im Sinne des § 13c UStG vereinnahmt. Ausweislich der vorgelegten Umsatzübersichten (Gerichtsakte Bl. 129 ff. und 169 ff.) befand sich das Kontokorrentkonto während dieser gesamten Zeit im Debet. Auch im Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung der laufenden Kreditverträge mit sofortiger Wirkung (Schreiben der Klin. vom 28.09.2009) befand sich das Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 im Debet (Tagesanfangssoldo 28.09.2009: ./. 514.846,22 €, 29.09.2009: ./. 422.466,68 €, 30.09.2009: ./. 364.278,85 €). Ab Zugang des Kündigungsschreibens vom 28.09.2009 hatte die Klin. wie bereits ausgeführt das Recht, die auf dem Kontokorrentkonto eingehenden Beträge ausschließlich zum Ausgleich der eigenen Forderung gegenüber J zu verwenden und der J bzw. deren Insolvenzverwalter insoweit eine anderweitige Verfügung zu versagen. Der Senat geht davon aus, dass die Kündigung der Kreditverträge der J bereits am 30.09.2009 zugegangen war und damit sämtliche Zahlungseingänge der Kunden der J nach Kündigung der Kreditverträge eingegangen sind. Doch selbst wenn Zahlungseingänge noch vor Zugang des Kündigungsschreibens vom 28.09.2009 betroffen sein sollten, hat die Klin. auch diese Beträge im Sinne von § 13c UStG vereinnahmt. Denn wie ausgeführt, war der Insolvenzverwalter nicht gewillt, auf die bei der Klin. geführten Kontokorrentkonten zuzugreifen. Es bestand insoweit ein Absonderungsrecht der Klin., so dass der Insolvenzverwalter diese Beträge wieder hätte zurückgeben müssen. Dementsprechend nahm der Insolvenzverwalter die auf dem Kontokorrentkonto Nr. aaa.700 eingegangenen Beträge in seine Berechnungen zu den Absonderungsrechten der Klin. und in seinen Vergleichsvorschlag mit auf. Von einem etwa bestehenden Verfügungsrecht wollte der Insolvenzverwalter keinen Gebrauch machen und hat der Insolvenzverwalter auch keinen Gebrauch gemacht (siehe auch Vergleich vom 15.04.2013, Gerichtsakte Bl. 207).

Auch die übrigen Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 13c UStG sind vorliegend gegeben. Den abgetretenen Forderungen liegen - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - steuerpflichtige Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugrunde. Sowohl die J als auch die Klin. sind Unternehmer i.S. des § 2 UStG.

Der Bekl. hat die Klin. auch der Höhe nach zu Recht in Haftung genommen. Für die J als leistender Unternehmer ist für den Voranmeldungszeitraum August 2009 eine USt von 169.532,00 €, abzüglich Aufrechnungen und Zahlungen noch offen 47.242,45 €, festgestellt worden (Gerichtsakte Bl. 109-120). Bei der Berechnung dieser Steuer sind nur steuerpflichtige Umsätze berücksichtigt worden, bei denen die anfallende USt bei Fälligkeit nicht entrichtet worden ist. Der Bekl. hat auf Nachfragen des Gerichts mit Schriftsatz vom 29.01.2015 bestätigt, dass eine weitere Befriedigung nach § 187 InsO bislang nicht stattgefunden hat. Die für den Voranmeldungszeitraum August 2009 noch offene USt in Höhe von 47.242,45 € übersteigt die Haftungssumme von 38.888,10 €.

Entgegen des Vortrags der Klin. waren die von der Klin. vereinnahmten Forderungen betreffend der im August 2009 von der J ausgeführten Umsätze auch nicht nur in Höhe einer Realisierungsquote von 44,47 %, mithin in Höhe von 119.024,36 € (267.650,90 € x 44,47 %), anzunehmen. Die Klin. hat mit ihrem Vortrag keinen Erfolg, weil aus der Anlage zu dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 31.03.2010 (Gerichtsakte Bl. 54 ff.) im Einzelnen hervorgeht, dass tatsächlich jeder einzelne vereinnahmte Betrag, der im vereinnahmten Gesamtbetrag von 267.650,90 € enthalten ist, aus im August 2009 von der J ausgeführten Umsätzen resultiert. Den jeweiligen Leistungszeitraum hat der Insolvenzverwalter hierbei den von der J erstellten Rechnungen entnommen. Das Gericht sieht keinen Grund, an den auf den Rechnungen angegebenen Leistungszeiträumen zu zweifeln. Anzumerken ist auch, dass die Klin. ihrer Berechnung einer Realisierungsquote die "Neuforderungen ab 01.10.2009" (Gerichtsakte Bl. 83) zugrunde gelegt hat. Ab dem 01.10.2009 entstehende Forderungen werden aber vorliegend von der Haftungsnorm des § 13c UStG nicht erfasst. Denn fällt der Schuldner in Insolvenz, unterliegen der Globalzession - wie ausgeführt - nur die Forderungen bis zum Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter. Die Klin. kann damit nur für bis einschließlich 29.09.2009 entstandene Forderungen Abtretungsempfängerin i.S. des § 13c UStG sein, da die J mit Beschluss des AG N vom 30.09.2009 keine Verfügungsmacht mehr über ihr Vermögen hatte - auch nicht mehr gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Einer Berechnung hätten auch aktuellere Zahlen, wie zumindest die aus dem Vergleichsvorschlag des Insolvenzverwalters vom 14.12.2010 zugrunde gelegt werden sollen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO benannten Zulassungsgründe vorliegt.

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