OLG Hamm, Beschluss vom 28.07.2015 - 32 W 9/15
Fundstelle
openJur 2015, 15991
  • Rkr:

Der Streitwert für ein Ablehnungsverfahren gegen einen Richter bestimmt sich nach dem Streitwert des zugrunde liegenden Rechtsstreits.

Tenor

Die Gegenvorstellung vom 16.06.2015 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Senats vom 27.05.2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Gegenvorstellung gibt keine Veranlassung zur Abänderung des Streitwertes. Wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt, bemisst sich der Streitwert nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm für ein Ablehnungsgesuch gegen Richter nach dem Wert des zu Grunde liegenden Rechtsstreits.

Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, IX ZB 60/06, MDR 2007, 669; BGH, IV ZB 3/68, NJW 1968, 796) und dem überwiegenden Teil der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Naumburg, 8 WF 201/12 , BeckRS 2012, 24101; OLG Rostock, 3 W 160/11, BeckRS 2012, 16267; OLG Bremen, 4 WF 156/10, MDR 2011, 1134; OLG Düsseldorf, 10 W 190/07, MDR 2008, 1067; OLG Frankfurt, 4 W 93/06, MDR 2007, 674; OLG Bamberg, 8 W 79/99, BauR 2000, 773; OLG Brandenburg, 1 W 9/99, OLGR 1999, 469; Münchener Kommentar- Wöstmann, ZPO, 4. Auflage, § 3 Rn. 110; Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage, Anh I § 48 GKG (§ 3 ZPO) "Ablehnung des Richters").

In der Sache hat der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 17.01.1968 (a.a.O.) überzeugend ausgeführt, dass die Zwischenentscheidung über die Richterablehnung aus Sicht einer Partei keine geringere Bedeutung als die Entscheidung in der Hauptsache hat. Der Richter wird in der Befürchtung abgelehnt, er werde infolge seiner Befangenheit in der Hauptsache zum Nachteil der Partei entscheiden. Das Interesse der ablehnenden Partei an seiner Nichtmitwirkung deckt sich daher regelmäßig mit ihrem Interesse am Ausgang des Rechtsstreits (BGH a.a.O.).

Denn im Verfahren über die Begründetheit eines Ablehnungsgesuchs ist darüber zu befinden, ob der Richter am gesamten Verfahren und der Entscheidung über den prozessualen Anspruch mitwirken darf. Im Falle einer erfolgreichen Ablehnung ist er vom Richteramt für den gesamten Rechtsstreit ausgeschlossen, so dass das Interesse der ablehnenden Partei an ihrem Gesuch ihrem Interesse in der Hauptsache entspricht (OLG Frankfurt, 4 W 33/05, MDR 2006, 1079). Etwas anderes gilt etwa für die Ablehnung eines Sachverständigen, weil dieser dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe dient und damit für den Prozess eine gegenüber dem Gericht nur eingeschränkte Bedeutung hat (OLG Frankfurt a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht gerechtfertigt, den Wert des Beschwerdeverfahrens über eine Richterablehnung nur mit einem Bruchteil des Streitwertes in der Hauptsache zu bemessen, weil es bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch lediglich um die Besorgnis der mangelnden Neutralität und eine mögliche Verletzung des Grundrechts aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG gehe. Zwar ist im Ablehnungsverfahren nicht der gesamte Streitstoff des Rechtsstreits zu beurteilen. Bei der Frage nach dem gesetzlichen Richter im Sinne von Art. 101 GG geht es aber - wie die Klägervertreter zu Recht ausgeführt haben - um eine mögliche Verletzung des Grundgesetzes und damit um die elementaren Grundlagen eines ordnungsgemäßen Verfahrens, nämlich die Besetzung des Gerichts durch unbefangene Richter.

Schließlich hat das Oberlandesgericht Frankfurt zu Recht ausgeführt, dass die Beschränkung des Streitstoffes im Ablehnungsverfahren auf einen Teilaspekt vom Gesetzgeber im Gebührenrecht für das Beschwerdeverfahren (Festgebühr nach GKG und 0,5 fache Verfahrensgebühr nach RVG) bereits hinreichend berücksichtigt wurde. Eine Reduzierung des Wertes des Beschwerdeverfahrens unter den Streitwert der Hauptsache ist daher nicht geboten (OLG Frankfurt a.a.O.).